Der Google-Code (ein Fortsetzungskrimi)   106

Spannendes · Experimentelles · Zum Weiterschreiben

Von:    Nicolas van Bruenen      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 4. April 2007
Bei Webstories eingestellt: 4. April 2007
Anzahl gesehen: 2633
Beiträge: 1

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Die Acht-Quadratmeter-Wohnung roch nach Pestilenz. Beim Anblick der Leiche sinnierte der Kommissar: "Wie armselig! Völlig verludert. Die verstorbene Person trägt nur eine schmutzige graue Jogginghose. Überall türmen sich Lebensmittelreste. Der Kerl hatte die Wohnung seit Wochen nicht mehr verlassen."

"Ganz genau", bekräftigte sein Assistent. "Wahrscheinlich war er nur über das Internet mit der Außenwelt verbunden. Sehen Sie mal. Ein alter 386er-Computer mit einem mutmaßlich selbstgebastelten Modem. Moment mal... Hier liegt ein Zettel..."

Der Assistent hob den Zettel auf und blickte auf eine Zahlenkolonne:



424 246 3764 3277 424 9327867437 36833258 4223...



Dies konnte eine Nachricht sein. Eine Art Abschiedsbrief würde auf einen Freitod hindeuten. Vielleicht war es auch Mord. Solange die Gerichtsmediziner nicht alles untersucht hatten, konnte man keine Möglichkeit ausschließen. Die Nachricht auf dem Zettel war der einzige Schlüssel.



Professor Wachowiak, anerkannter Codierexperte, wurde ins Polizeipräsidium gerufen. Er blickte nur kurz auf den Zettel und fing spontan seinen Vortrag an: "Meine Herren, ich vermute, jeder von Ihnen schreibt schon mal gelegentlich eine SMS. Wenn Sie das Wort ‚liebe' schreiben, drücken Sie drei mal auf die 5, drei mal auf die 4, zwei mal auf die 3, zwei mal auf die 2 und zwei mal auf die 3. Codiert wäre das: 555444332233. Google hat im September 2002 ein Patent veröffentlicht, das eine einfachere, aber mehrdeutige Codierung ermöglicht. Die Codierung lautet dann einfach nur 54323. Es wird also nur die Ziffer notiert, die gedrückt wurde. Die 5 kann also für J, K oder L stehen. Die Kombination 54323 könnte also auch JIFAD heissen. Aber das ist natürlich ein Wort, das keinen Sinn ergibt. Neben dem Wort LIEBE gibt es kaum eine andere sinnvolle Kombination. Eine pfiffige Idee von Herrn Brin..."



Der Kommissar blickte seinen Assistenten fragend an. Würden Sie jetzt ermitteln können, woran Nicolas van Bruenen gestorben ist?

kalliope-ues am: 5. April 2007

Kommissario Brainbird und sein Assistent Copas blicken sich fragend an. Was Professor Wachowiak da zu erklärend versuchte, zeichnete nur Fragezeichen in ihre Augen. Was sollte er damit gemeint haben?

Das Handy klingelte - Tokia-Tune number two - Lautstärkeregelung auf zwei, gut dass der Vibrationsalarm sanft gegen den Oberschenkel summt ... Am anderen Ende der Leitung war Copas Freundin und Vertraute, Isabelle Nightwriter. Seit Wochen hat er mit ihr nur ganz kurze Begegnungen, meist über email, seltener über Handy. Gesehen hatten Sie sich letztmals - ja, wann war das nur - könnte irgendwann anfang Januar gewesen sein - das ist schon eine Weile her.

"Sag mal, können wir uns treffen? Ich muss etwas ganz merkwürdiges mit Dir besprechen. Es ist dringend. Ich bin in Sorge. Hast Du vielleicht gleich Zeit?"

Das war ja nun wirklich sehr merkwürdig. Seit Monaten blockt Isabelle jegliches Treffen ab - manchmal haben die Begründungen schon richtig nach Ausreden gerochen, Copas hatte schon den Verdacht, Isabelle habe endlich wieder einen Partner gefunden. Und nun dieses so plötzliche, drängende Ansinnen. Es muss wohl wirklich dringend sein. Ein kurzer Blickwechsel mit Kommissario Brainbird, "einverstanden, wir können uns gleich treffen - in 15 Minuten zum Latte im Stebwories? - Ok, also bis gleich!"

Als Isabelle wenige Minuten später die Café-Kneipe-Bar (mit Wlan!) betrat, erkannte Copas sie fast nicht mehr. Es schien ihr nicht gut zu gehen. Ihr Haar stand wild verwuschelt in alle Richtungen, ihr sonst so adrettes Outfit sah so zerknittert aus wie ihre blasse Haut. Noch im letzten Jahr hatte er es sehr bedauert, dass zwischen ihnen nie mehr als vertrauensvolle Freundschaft sich hatte entwickeln können. Er wollte am liebsten ihren wunderbaren Duft immer um sich haben. Nun aber war dieser gänzlich verschwunden, ja man könnte fast sagen, dass ihr Geruch etwas streng war.

"Danke Dir, mein Seelenbruder, ich bin richtig froh, dass du dich so schnell für mich Zeit nehmen konntest. Mir ist da etwas ganz merkwürdiges passiert. Vor ein paar Monaten habe ich eine Website von und für Autoren jeglicher Coleur entdeckt, von der ich total begeistert bin. Einer von denen, die ich wirklich ausgesprochen gern lese, und der mit seinen Kommentaren mehrmals täglich auf den verschiedensten Seiten anzutreffen war – nun, wie soll ich das sagen – nun ja, ich habe seit einer Woche nichts mehr von ihm gelesen.“

Copas: „Na vielleicht hat er keine Zeit mehr dafür, der Mensch hat ja auch noch anderes zu tun.“

Isabelle: „Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Nein, das ist mir gänzlich unvorstellbar, dass er dafür so ganz plötzlich keine Zeit mehr haben sollte. Nein. Nein, das hätte er angekündigt, davon wüsste ich etwas, das hätte ich mitbekommen. Nein, Cop, das kann nicht sein.“

Copas war erstaunt, mit welcher Vehemenz Isabelle diesen Einwand vom Tisch wischte, der ihm selbst doch so nahe liegend schien. Um seine langjährige Freundin nicht zu enttäuschen fragte er lieber weiter nach, obwohl für ihn daran gar nichts außergewöhnlich war, wenn jemand irgendeine Website eine Woche lang mal nicht besucht. „Wie heißt er denn, vielleicht kann ja dann mal ein Kollege nachschauen?“

Isabelle wurde nun noch unruhiger. Fahrig strich sie sich ihre in fettigen Strähnen ins Gesicht hängenden Haare beiseite, trank hastig von ihrer bereits zweiten Tasse Latte Macchiato – ja, früher trank sie diesen in kleinen Schlucken mit Strohhalm, und es war in jeder Faser ihrer Gestik und Mimik erkennbar, wie viel Genuss ihr dies bereitete. „Cop, das kann ich dir nicht sagen, wir kennen uns doch alle nur mit unseren Pseudonymen. Er könnte überall auf der Welt wohnen – und wir haben uns außerdem noch einen Rütli-Schwur geleistet, dass wir uns niemals im Reallife begegnen wollen.“

Copas konnte nur innerlich den Kopf schütteln. Er wollte Isabelle seine steigende Irritation nicht anmerken lassen, denn offensichtlich ging es ihr schlecht, und sie brauchte seine Hilfe. „Weißt Du denn gar nichts von ihm, was uns weiterhelfen könnte?“

„Doch“, sagte Isabelle, „ich habe eine email von ihm bekommen, die ich mir zunächst nicht erklären konnte. Er schrieb: ‚424 246 3764 3277 424 9327867437 36833258 4223’ und so weiter. Erst als ich dann Rosa-Maria Bestchecker - du kennst sie doch noch? – eine SMS schicken wollte, sah ich, was es damit auf sich haben könnte. Ich hatte nämlich dummerweise von T9-Eingabe nicht auf Zahleneingabe umgestellt, und weil ich so sehr auf das richtige abtippen der Zahlen konzentriert war, sah ich es erst, als ich damit fertig war. Da stand: ‚Ich bin froh, dass ich webstories entdeckt habe …’ – und seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört, oder besser gesagt, nichts mehr gelesen. Und nun bin ich natürlich in Sorge. Ich habe schon alle möglichen Leute, von denen ich eine mailadresse habe, oder deren mailadresse beim Kommentar hinterlegt angeschrieben – niemand weiß etwas, niemand hat mehr von ihm gelesen. Du musst etwas unternehmen, Cop!“

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Unbekannt" zu "Violett"

schöö :-)

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