Eigentlich interessiert es uns auch nicht, ob unser Nachbar auf dem Tierfriedhof begraben wird. Er ist nur unser Nachbar, und wir nennen ihn Kaputtke.



Wenn unser Nachbar tot ist drehen wir die Musik lauter. Um das Schreien seiner Seele zu übertönen. Unser Nachbar heisst Krawuttke, aber wir nennen ihn Kaputtke. Denn das ist er: kaputt.



Er hat Abitur. Das ist aber auch alles. Macht Bildung das Leben lebenswert? Kaputtke nimmt keine Drogen. Macht Abstinenz das Leben lebenswert? Wir wissen jedenfalls, dass Einsamkeit das Leben nicht lebenswert macht. Kaputtke hat keine Freunde. Wer will auch schon mit so einem befreundet sein?



Manchmal geht unser Nachbar zum Arbeitsamt, und wenn er wiederkommt hat er keinen Whisky dabei. Das finden wir komisch, denn einen Job hat er noch nie bekommen. Wer würde ihn auch einstellen? Trotz seinem Abitur...



Kaputtke heisst er, und jetzt schon hören wir seine Seele manchmal schreien. Wir drehen die Musik lauter, und dann schreit er. Vielleicht muss er das, um am Leben zu bleiben. Wer nicht mehr schreien kann, ist glaube ich schon ziemlich tot.



Also lebt er noch, unser Nachbar, den wir Kaputtke nennen. Wir glauben aber, dass er bald sterben wird. Vielleicht wird einer von uns es sein, der ihn tötet. Um ihm - denn er ist ein guter Mensch - zu einem Platz im Himmel zu verhelfen. Oder um die Musik wieder lauter drehen zu können, ohne dass Kaputtke schreit.