Ach ja und Nasenhaare hab ich auch   2

Nachdenkliches · Kurzgeschichten

Von:    Robert Zobel      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 9. August 2006
Bei Webstories eingestellt: 9. August 2006
Anzahl gesehen: 2048
Seiten: 2

Endlich ist es soweit und ich schreibe endlich, weil ich es bald überstanden habe. Seit ein paar Jahren habe ich meine Mittellebenskrise und achte ganz genau auf meine Haare und deren Zwischenräume, beobachte aus der Vogelperspektive meinen Bauch und frage mich schon mal, ob meine Vergesslichkeit zunimmt oder konstant bleibt.

Zu meinen Haaren kann ich nur sagen. Toll, war eine schöne Zeit und ich fühle mich wie die Stadt Schwerin 1991 als die Russen abzogen. Nur mit dem Unterschied, dass die Stadt den Besatzern in kleinster Weise hinterher trauerte. Wieso dann dieser Vergleich? Na ja, mein Kopf wird sich dabei schon was gedacht haben. Vielleicht hat er an die Geheimratsecken gedacht und früher habe ich einmal einen Russen gesehen mit sehr breiten, großen Haarwüsten und beides wurde im Kopf zusammenkomponiert. Eine Friseuse wies mich darauf hin. Alleine hätte ich den Haarverfall/Haarausfall/Haarrückgang/die Hautausuferung wohl gar nicht bemerkt. Man bemerkt ja auch nicht, dass die Frau zwanzig Pfund zugenommen hat. Was man “immer” sieht, ist für einen selbst veränderungsfrei und ich habe den Weg zum Spiegel nie gemieden.

Ich hab mich ein paar Wochen hindurch damit getröstet, dass diese hinterlistige Haarhenkerin nur Haarmittel dadurch verkaufen wollte und meine Haare supi wie immer sind, aber dann fruchtete es und ich erkannte, sie hatte recht. Meine Freundin mag mich und wenn ich mag kann ich mir von ihr den Satz “Ach Quatsch, Du siehst doch gut aus und Deine Harre werden gar nicht weniger” anhören. Das nutze ich immer mehr.

Mein Bauch ist nicht dicker, er ist breiter geworden. Das sieht bei mir nicht gerade adrett, schick oder apart aus. Ansonsten bin ich ja ziemlich dürr, wenn man meine Schultern nicht mitberechnet und meinen formidablen Penis. Ich bin wohl, wenn man nur den Körper betrachtet, gerade eine Mischung aus einem Hungerbauch und einem geplätteten Bierbauch. Eine lange Schnur mit Mittelknoten. Auch dies ein Zeichen des Alterns. Denn ich war immer bauchdünn und habe meine sportlichen Aktivitäten auch nicht geschmälert. Es liegt an den trägen Bauchzellen, die nun keine Lust mehr haben herumzuwuseln und sich in die Hängematte legen und Bauchspeck bilden. Andere Männer würden jetzt anfangen mit mehr Sport und ihren Essensplan umstellen. Ich kämpfe keinen Kampf gegen mich selbst. Ich lass das fein bleiben und versuche, mich trotzdem cool zu finden.
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Mit der Vergesslichkeit ist das so eine Sache. Eben musste ich zum Beispiel nach oben schauen, was denn die dritte angeführte Sache noch mal war und schwupps; Vergesslichkeit.

Um keine Geburtstage zu vergessen, habe ich mir übrigens grundsätzlich keine gemerkt und die Namen irgendwelcher Menschen prägen sich mir nur ein, wenn ich schon einmal mit ihnen geschlafen habe. Manchmal setze ich diesen Stempel ganz gezielt ein.

Dinge verlieren, weil vergessen, tue ich gar nicht mehr so oft, denn ich habe gelernt mit meiner Behinderung umzugehen und vergewissere mich bei jedem Ortswechsel pedantisch darüber ob ich auch noch alle Relevanzien bei mir habe. Aber manchmal fallen mir halt ganze Wörter weg und es werden immer mehr. Vielleicht fehlen mir bald ganze Sätze und dann kommt nichts und noch schlimmer, ich merke es dann gar nicht mehr.

So und nun kann ich wirklich mal einen Schlussstrich unter meiner Krise setzen, denn schlimmer geht es nicht mehr. Ich habe am rechten Bein eine Krampfader entdeckt und gehöre rein körperlich nun schon ins Rentenalter. Sie ist sehr klein und irgendwie ist es nur eine kleine Verästelung und ich hab da nun so lange immer wieder rumgefummelt, dass sie regelrecht dick geworden ist. Meine Freundin meint, man muss die ziehen lassen, aber bevor mir jemand eine Ader aus dem Körper zieht werde ich freiwillig ein Bein ans “Rote Kreuz” spenden. Die können dann das Bein in den Entsafter werfen und ihre Blutbeutel mit dem Gewinn füllen. Eigentlich können die mich auch gleich haben. Hat ja alles keinen Zweck mehr und Sinn schon gar nicht.

Da kann ich mich jetzt stundenlang drüber auf….

Häh, wieso lieg ich eigentlich nicht im Bett und schlafe? Was such ich am PC? Keine Ahnung. Uahh. Wo ist eigentlich meine Perücke? Ach hier, unter meiner Bauchfalte. Damit ich sie nicht vergesse. Ach wie schlau ich doch bin.
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Kommentare zur Story:

  Jep, das kann ich nachvollziehen.  
anonym  -  21.03.08 08:53

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  Ist das ernst gemeint????  
Unbekannt  -  12.01.07 15:58

   Zustimmungen: 1     Zustimmen

  Ist in Deinem Kopf nichts anderes als ein Vakuum?  
Unbekannt  -  06.01.07 21:11

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