Nachdenkliches · Kurzgeschichten

Von:    Sommertänzerin      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 10. April 2006
Bei Webstories eingestellt: 10. April 2006
Anzahl gesehen: 2051
Seiten: 3

Es war zum Heulen. Schon zu fünften Mal an diesem Tag hatte Lina versucht ihren Freund Tim zu erreichen, vergebens. Das Handy war aus und ans Festnetz ging auch Niemand ran. Frustriert liess sich Lina auf die Couch fallen, stütze ihren Kopf in ihre Hände und schmollte. Sie war den Tränen nah. Hätten sie sich gestern doch nicht wegen einer belanglosen Kleinigkeit gezofft. Aber nun war es zu spät. Ein Streit gehörte mitlerweile zur Tagesordnung. Die Luft war eindeutig raus. Fünf Jahre hin, fünf Jahre her.

Lina wurde wütend und krallte ihre Hände in den Oberschenkel. Sie wollte Schmerz spüren. Einen Schmerz, der stärker als ihr innerer Schmerz war.

Langsam füllten sich ihre Augen mit Tränen, sie konnte sich nicht mehr länger zurückhalten und liess den ganzen Frust raus. Laut schluchtzend kauerte sie wie ein Häufchen Elend auf dem Boden und wollte einfach nur sterben. Es tat so weh, so unheimlich weg. Kein Vor, kein Zurück, kein Lichtblick. Sie hatte sich immer wieder innig gewünscht, dass es mal irgendwann wieder so wird, wie es mal war. Aber seit ihr Freund in eine andere Stadt gezogen war, wurde der Traum immer ungreifbarer. Lina lag immer noch auf dem Boden und dachte darüber nach, was Tim wohl macht. Sicherlich hatte er sich am Vortag wieder die Kante gegeben, wie so oft. Ob aus Lust oder Frust, sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass er es tat. Und am Donnerstag ganz besonder gern, denn da war freier Eintritt im Maxx, der Studentendiscothek von Bremen. Sie malte sich aus, wie Melanie, die Mitstudtentin von Tim, ihren Freund anbaggerte. Sie war schon seit dem ersten Semester hinter Tim her und sie gefiel ihm anscheinend auch recht gut...

Wütend griff Lina zu ihrem Handy und ging das Verzeichnis durch. Andi, Alex, Biggi, Bert, Benno, Christian, Daniel, Dennis... Dennis...Warum nicht.

Ohne groß nachzudenken, schrieb sie Dennis eine SMS.

Dennis war natürlich dabei und antwortete schneller, als die Polizei erlaubt. Dennis war ihr Nachbar. Sie hatten ihn vor einiger Zeit zufällig mal durch das Internet kennengelernt. Dennis war schön, Dennis war cool, Dennis war nett, Dennis war sexy. Warum nicht mal ein Dennis? Er hatte schon mehrmals versucht, Lina anzubaggern, aber sie hatte immer abgeblockt wegen Tim. Heute war es ihr egal. Alles war ihr egal. Was Tim konnte, konnte sie schon lange.
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..

Schnell sprang sie unter die Dusche, schlüpfte in ihre Jeans und ein enges Oberteil und warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Ihre Augen waren noch ein wenig verheult, aber ansonsten ging es. Nein, hässlich war sie auf keinen Fall. Wie oft hat sie sich Gedanken gemacht, ob Tim sie vielleicht nicht mehr attraktiv fände. Aber sie wusste, dass der eigentlich Grund die Streitereien waren...

Lina nahm ihren Schlüssel und verliess das Haus. Bis zu Dennis war es nicht sehr weit. Sie kaufte noch Zigaretten an der Araltankstelle und klingelte kurz danach bei Dennis an der Tür. Freudig empfing Dennis sie und wunderte sich immer noch über Linas Direktheit. Erst war sie immerhin so verschlossen und zurückhaltend und nun die wirklich direkte, alles aussagende SMS. Nach einer Zigarette und einem Schluck Saft war es dann auch schon so weit. Nach einem zärtlichen Kuss wurden die Klamotten vom Leibe gerissen und es ging rund. Dennis hatte einen wunderschönen Körper. Muskeln wie aus Stahl. Leicht kräuselige Brustbehaarung und einen starken Freund.

Dennoch war die Aktion nicht berauschend. Eher im Gegenteil. Schon nach kurzer Zeit hatte Lina keine Lust mehr. Sie spürte einfach nichts. Es war nicht vollkommen, nicht erfüllend. Weder emotional noch sexuell. Wie so oft, wenn sie wieder fremd ging.Frustriert machte sie sich auf den Heimweg und schmollte. Ihr kamen schon wieder die Tränen. Was hatte sie schon wieder gemacht? Ach, es war doch alles hoffnungslos. Sie kam an der Pizzeria vorbei, die ums Eck war und bestellte eine Pizza mit doppelt Knoblauch bei dem kleinen dicken Italiener, der sie immer freundlich grüßte. Zu Hause angekommen legte sie die Pizza auf den Tisch und zog sich die Jacke aus. Ihr Top roch noch nach dem wohlduftendem Parfum von Dennis. Das war Alles schon wieder so weit weg. So lange her. So kam es ihr auf jeden Fall vor.

Das erste was sie tat, war der Gang zum Schreibtisch. Dort lag ihr Handy. Immer noch kein Lebenszeichen von Tim. Lina biss drei kleine Stücke von der Pizza ab und legte sich dann ins Bett. Sie hatte einfach keine Lust mehr und wollte nur noch schlafen und nicht mehr nachdenken. Es schossen ihr wieder zig Gedanken durch den Kopf. Sie drehte sich von einer Seite zur anderen und konnte und wollte nicht einschlafen. Sie lag auch noch um drei Uhr nachts wach und heulte sich in den Schlaf.
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Der Alptraum in der Nacht gab ihr den Rest.

Am nächsten Morgen entdeckte Lina eine SMS von Tim.

Angelich war sein Akkuladegerät verloren gegangen und er konnte sein Handy nich aufladne. Lina schenkte dem Ganzen wenig Glauben und machte sich für die Uni fertig. Der gestrige Abend schoss ihr durch den Kopf. Auf der einen Seite war es sicherlich nicht fair, auf der anderen Seite jedoch hatte er es nicht anders verdient. Er verlangte immer von ihr, dass sie sich meldet, nahm sich sämtliche Dinge raus, die er ihr untersagte oder verbot, verletze sie. Nein, es war genau richtig, was sie getan hat. Mit dem Zwiespalt im Kopf verliess sie das Haus. Ihr MP3 Player spielte noch den song "give it a try" von "Bonfire", jenen song, den Tim und sie so verband, der erste song, den er ihr auf die CD gebrannt hat, der ultimative Versöhnungssong der Beiden... Bei der Stelle

"Givt ist a chance for a second romance" überquerte Lina die Strasse und wurde von der 712 erfasst...
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Punktestand der Geschichte:   27
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Kommentare zur Story:

  @ Rosmarin: Danke für den Kommentar. Stimmt, die lieben Fehlerchen...
@Homo Faber:Ebenfalls ein dickes Dankeschön. Ja, ja, die Verzweiflungstaten... Wer kennt das nicht....?
lg Sabine  
Sabine Müller  -  20.04.06 11:19

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Eine realistische und alltägliche situation. Aus verzweiflung macht man dann dinge, obwohl man weiß, dass sie falsch sind und bereut sie dann hinterher. Auch hier sind die gedankengänge sehr gut dargestellt. Trauriges ende, stilistisch passt dieser kurze schluss gut zur story.  
Homo Faber  -  11.04.06 23:26

   Zustimmungen: 5     Zustimmen

  hallo, bine. der text kommt einer guten alltagsgeschichte schon ziemlich nahe. leider häufen sich zum ende hin so einige fehlerchen. es liest sich, als wolltest du es schnell hinter dich bringen.
lg
rosmarin  
rosmarin  -  11.04.06 17:37

   Zustimmungen: 4     Zustimmen

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Homo Faber" zu "Der Zug"

Hallo, ein schöner text, du stellst deine gedanken gut dar, trifft genau meinen geschmack. lg Holger

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