Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten

Von:    Robert Zobel      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 1. Februar 2006
Bei Webstories eingestellt: 1. Februar 2006
Anzahl gesehen: 2016
Seiten: 2

Es ist 18:32 Uhr alt, also 7 Stunden und 12 Minuten her, dass Finn geboren wurde und sich die Welt verändert hat, weil jetzt noch ein weiteres Augenpaar zuschaut, wie alles existiert.

Um 04:14 wurde Judith nach geplatzter Fruchtblase in den Kreißsaal geschoben, ich kam um 07:20 dazu und fand eine tapfere Fastmama vor, die sich in meine Hand krallte wie eine Bärenfalle in einen Bären.

Die Wehen waren gewaltig und ich war durch und durch hilflos und musste zuschauen ohne helfen zu können. Ich wischte hier und da ein wenig Erbrochenes weg, hielt ihre Hand und motivierte sie indem ich ihr sagte, wie gut sie atmet. Dabei wusste ich gar nicht, ob sie gut atmet. Ich wollte nur irgendwas sagen. Es kamen aber noch schlimmere Wehen. Sie wand sich, aber weinte kein einziges Mal und ich weiß genau, ich hätte es niemals ohne Vollbetäubung nur bis zur Hälfte geschafft.

Dann am Ende sagte die Hebamme dann immerzu: „Ja ich sehe schon die Haare“ und es ging nur noch um Zentimeter und dann lag er da. Wie aus dem Fastnichts geschossen lag er da auf dem Bett, schnappte nach Luft und ich überlegte kurz was denn nun los sei und wieso jetzt ein Film eingespielt werde. Das war alles ziemlich irreal. Alle Beschreibungen würden unter der Brücke verlaufen. Nichts kann das wiedergeben.

Auf jeden Fall bekam Judith Finn gleich an die Brust, dann ich an meine milchleere und jetzt bin ich Vater.



Finn wurde in einem Kreißsaalzimmer geboren, das, ausgestattet mit Werken von Gustav Klimt, eine gemütliche Atmosphäre zauberte. Die Hebammen waren wieder total klasse. Das waren wieder ganz andere. Eine lästerte wieder mal über das Monster aus Judiths Zimmer. (Nachzulesen in „5 vor Papa“) Sie hasse halt fette Menschen und könnte dieser Frau jede Minute die Fresse polieren. Super Hebamme. Dann wurde aber die Schicht gewechselt und eine hübsche Mariella oder so kümmerte sich um Judith mit den wärmsten Worten. Als es so weit war, holte sie nicht die Ärztin, weil die rabiat sein soll und so verschonte man es, Finn mit einer Zange oder so zu holen.



Finn hat eine wunderschöne Kopfform mit viel Gehirnmasse unter der Fontanelle. Dass er jetzt schon clever ist, halt er schnell bewiesen.



1. Er runzelt ständig seine Stirn und heckt was aus.

2.
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Wenn ich quieke, quiekt er auch.

3. Er folgt mit seinen Augen den meinen.

4. Er schläft jetzt schon viel, weil er weiß, dass er eh nichts verpasst.



Gesund ist er auch. Von allen möglichen Punkten (30) die man nach der Geburt bekommen kann hat er 28 erhalten. Und zwei Punkte wurden von der Ärztin abgezogen, weil sie eh so pissig war.

Ich habe Finn gleich mit Zärtlichkeiten überzogen. Das Blut war mir egal und ich hab zu keiner Zeit gedacht: Ihhhh.

Er mag es hinten am Kopf gekrault zu werden und wenn man über seine Wangen streichelt, murrt er wohlig. Er hat heute 7 mal gegähnt (ich habe ihn ganz genau beobachtet), einmal seine Windel voll gemacht und einmal versucht meinen Ellenbogen als Brustwarze zu missbrauchen. Finn ist derzeit 51 cm groß und wiegt 3300 gramm. Weiterhin waren alle Schwestern über seine riesigen Füße erstaunt. Also von mir kann er die nicht haben. Nicht, dass Judith doch was mit Bud Spencer hatte. Ich hatte sie da schon im Verdacht und ihn ja sowieso. Na ja, ich sag nur Vaterschaftstest bei Britt.



Nein, ich bilde mir ein, er hat eins meiner Knickohren und ich hab ja auch nur eins. Also mein Knickohr hat er. Klingt hässlich, ist aber süß und erkennt nur ein Knickohrkenner und in meinem Flur hängt zufällig ein Knickohrspezialistendiplom aus Bobitz, das ich erworben habe. Natürlich nicht mit Geld sondern fabelhaftem Wissen. Von Judith hat er die Nase und hoffentlich die braunen, schönen Augen. Wenn man Glück hat wird sich der kleine rote Fleck über der schmalen Lippe zum Leberfleck wandeln und dann hat er auch den von mir. Ist aber egal, was er von uns hat. Wichtig ist, dass er keine Hasenscharte oder zwei Penisse hat. Kurz, dass er geusnd ist, ist das schönste. Wenn so ein kleines Baby im Bauch ist, kann ja wirklich nur vermuten und dann kommt es heraus und alles ist ok. Wobei das Baby hat ja auch was Inneres und das kann wiederum auch defekt sein oder defekt sein. Das ist die Sorge der Eltern.

Übrigens habe ich mir heute nur für einen Moment vorgestellt, dass dem Kind etwas passieren könnte und war allein bei dem Gedanken schon trauriger als bei manchen Menschen die ganz real von mir gegangen sind.



Wir haben jetzt eine totale Verantwortung. Keine leichtsinnigen Drahtseilakte mehr, darauf achten, dass Finn keine macht und zusammenhalten.
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Aber tun wir ja eh.

Es wird hart, aber es ist schöner.



Verdammt ich bin jetzt ein Papa. Und zwar nun schon seit 8 Stunden und 11 Minuten…
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Punktestand der Geschichte:   15
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Kommentare zur Story:

  Inzwischen sind ja nun schon ein paar Wochen vergangen, da kann mans ja sagen: Der Defekt heisst "Stillheimer", trifft eigentlich vornehmlich Frauen und verschwindet nach etwa 6 Monaten von selbst. Literarisch sind in dieser Zeit entstandene Texte eine Katastrophe, aber wer die Krankheit mal hatte, erinnert sich gern.
Aber zeigs keinem Lektor, von dem Du noch mal was willst...  
Petersilie  -  09.05.06 01:48

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Nausicaä" zu "frühling z2"

einfach toll, dieses frühlingsgedicht. du findest in deinen gedichten häufig ganz eigene, besondere bilder. wunderschön, ohne kitschig zu sein.

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