Erziehungsgeld und Vaterfragen   18

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten

Von:    Robert Zobel      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 26. Januar 2006
Bei Webstories eingestellt: 26. Januar 2006
Anzahl gesehen: 2240
Seiten: 2

Der heutige Tag war ein schwarzer Tag in meinem Leben. Ein gewitterumwobener Berg in einem Feld von Tälern. Ja, genau Tälern und das schreib ich jetzt auch so und wer was dagegen hat, kann gerne an meiner Tür schellen und sich ein paar Backpfeifen abholen. Schöne wunderbar deftige Backpfeifen, die einem Tränen in die Augen treiben und mir wieder ein wenig Freude ins Herz.

Ich bekomme ja bald ein Kind und natürlich wird es gesund, wunderschön und ein Alleinherrscher über die ganze Welt, aber was ist mit dem Erziehungsgeld? Meine Freundin wird ihre Ausbildung weitermachen und ich werde das Erziehungsjahr ausüben. Klingt blöd, kann man besser schreiben, aber mein Hals steht mir zwischen Rumpf und Kopf, ist voller imaginärer Chinaböller und wenn ich jetzt noch darauf achten sollte, wie ich irgendwas schreibe, knallt mir mein Kopf weg und dann kann keiner auf mein Kind aufpassen.

Das Hauptproblem ist, dass ich Geld vom Finanzamt beziehe. Quatsch - vom Arbeitsamt, und das wird irgendwie verrechnet mit dem Erziehungsgeld. Dat wusste man aber vorher nicht und irgendwie würde ich jetzt auch viel lieber arbeiten gehen, aber Judith muss ja ihre Ausbildung fertig machen. Ahhhh, außerdem wohne ich auch nicht in Judiths Wohnung, sondern in Schwerin in meiner eigenen.

Kann ich überhaupt das Erziehungsgeld beantragen, wenn ich gar nicht in der gleichen Wohnung gemeldet bin wie das Baby?



Na ja, ich rufe dann morgen mal das Versorgungsamt an, werde wahrscheinlich danach auflegen, den Kopf schütteln, gegen den Fußboden donnern, indem ich viele Kopfsprünge Richtung Erde mache und dann feststellen, dass ich nichts kapiert habe. Auf jeden Fall brachte das der Anruf heute beim Arbeitsamt.



Die Broschüre des Bundesministeriums „Erziehungsgeld, Elternzeit“ hat wunderbare Buchstaben im Innenleben. Ja, und ganz wunderbare Bilder mit kleinen Babys drauf, die unter den Achseln in die Höhe gehoben werden. Babys, die sich Finger in den Mund stecken und lächeln und, und, und.

Die Wörter, die dazwischen auftauchen, ergeben sogar vollständige Sätze, aber die kommen in meinem Kopf nicht an und beantworten meine Fragen.



So, ich mach mal Pause. Ich geh mal kacken und bin gleich wieder da. Im Fernsehen läuft gerade Heidi Klums Topmodels und meine Frau, die da gerade keine Chancen hätte, liegt hinter mir im Bett und spielt mit dem Babybauch.
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Wir haben vorhin flauschige Bälle gekauft, die klingeln können und die legt sie auf den Bauch und Finn (so wird der Junge heißen) stösst ihn herunter. So ich muss dann mal. Bis gleich. Nicht einschlafen, nicht einscheißen, vielleicht auch aufs Klo gehen. Soll wahre Darmwunder bewirken.



Bin wieder da. Jetzt wieder weg und nu wieder da.



Werde ich eigentlich ein guter Vater? Was muss ein guter Vater haben? Am besten ist, dass er nicht behindert ist, denn ein Rollstuhlpapa ist nicht wirklich so gut wie ein heiler Papa. Gut, wenn es um Liebe geht dann schon vielleicht, aber mit einem Rollstuhlpapa Fußball spielen macht wenig Spaß. Auch nicht wenn dieser sich ins Tor stellt und man schießen darf. Auch kann der Papa mit dem Rollstuhl gar nicht ordentlich durchgreifen. Konsequent sein.



„So, jetzt gehst Du aber ins Bett sonst….“



Also ok. Körperlich gesund bin ich erst einmal und will ich ja auch erst einmal bleiben. Hoffentlich will das auch das Schicksal.



Ich werde mein Kind auch fast kaputt lieben, werde die kleinen Füßchen löchrig beißen und ihm jeden Wunsch aus dem Babyschreien herauslesen. Daran wird es nun wirklich nicht hapern und ich denke auch nicht, dass mir Finn auf einmal unsympathisch ist, wenn ich ihn das erste Mal sehen werde. Falls doch werde ich umgehend einen Vaterschaftstest bei Britt machen lassen. Dann noch einen Lügendetektor- und Lackmussäuretest mit Britts Vagina machen.

Ansonsten aber werde ich ein regelrechter FinnBabyStalker sein.



Was brauch man aber noch?



Toleranz falls Finn schwul wird? Ok, alles klar ist gebongt.

Zärtlichkeit, um ihn betüddeln wie eine alte Oma? Hab icke.



Ich glaube, ich scheiß mal einfach auf das Erziehungsgeld und freu mich, dass ich so ein guter, passgenauer Papi werde und das wunderschönste Finnbaby haben werde, das es gibt.



Die ersten Zweifelattacken, Niederlagen und Stimmungsschwankungen dann demnächst. Habe die Ehre. Ich bins der erziehende Vater, der sich beim Erziehen selbst miterziehen muss.



Jetzt gehts mir besser.
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Jetzt gehts mir besser.
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Punktestand der Geschichte:   18
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Kommentare zur Story:

  Würde dir gern helfen, aber manchmal muss man sich vielleicht vorher Gedanken machen, bevor man ein Kind in die Welt setzt? Wie wäre es mit Telefondienst von Zu Hause aus oder Heimarbeit? Auch Kinder schlafen mal ;-)  
Unbekannt  -  29.01.06 21:20

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Homo Faber" zu "Der Zug"

Hallo, ein schöner text, du stellst deine gedanken gut dar, trifft genau meinen geschmack. lg Holger

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