Kurzgeschichten · Aktuelles und Alltägliches · Experimentelles

Von:    Paul Halbuer      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 18. Dezember 2005
Bei Webstories eingestellt: 18. Dezember 2005
Anzahl gesehen: 2526
Seiten: 3

Stolz und zufrieden lehnte ich mich in meinem Gartenstuhl zurück und mein Blick glitt über sorgsam zusammengestellte Blumenkompositionen, ausgesuchte und fachmännisch beschnittene Kurzgehölze, eine exakt 1,95 m hohe Buchenhecke und meinem Prunkstück – einer makellosen, sattgrünen Rasenfläche, die jedem Golfplatz zur Ehre gereicht hätte.

„Na, ist das ein Garten!?“ Ich hatte mir gerade ein frisches Weizenbier eingeschenkt und prostete Ernst zu. Ernst war mein Schwager, und was noch wichtiger war, er war Fachmann; Garten- und Landschaftbau - von der Pieke auf gelernt. Sein Urteil hatte Gewicht.

Ernst nahm ebenfalls sein Glas und tat einen tiefen Schluck, wischte sich mit dem linken Handrücken den Schaum vom Mund und sagte: „Tjaa…“ Mehr nicht, nur „Tjaa…“

Ich wurde nervös.

„Alles Super, mein Lieber“, sagte er schließlich nach einer schier endlosen Pause. „Aber gegen deinen Maulwurf musst du was unternehmen.“

Maulwurf!

Hatte ich da Maulwurf gehört?

„Ist aber kein Problem. Ich kann dir da ein paar Tipps geben, wie du den Burschen loswirst.“ Sprach`s und schwang sich aus dem Gartenstuhl zwecks Ortsbegehung. Und tatsächlich, etwa in Höhe meiner kanadischen Zierpflaume und in gerader Linie zur daran anschließenden Buchenhecke wölbte sich ein schwarzer Maulwurfhügel und ragte wie ein Geschwür aus dem Rasenteppich hervor. „Eigentlich stehen die Viecher ja unter Naturschutz.“ Ernst kratzte sich am Kinn. „Aber wenn du nicht willst, dass der Bursche dir den ganzen Garten ruiniert, solltest du ihn schnellstens erledigen.“

Ich stand vor einer schweren Entscheidung. Einerseits war ich Tierfreund und lehnte das Töten selbiger, außer zu Ernährungszwecken, ab. Andererseits ging es hier um meinen Rasen, und der war mir nun mal heilig. Ich entschied mich für die humane Lösung. Der gemeine Maulwurf liebt die Ruhe. Also sorgte ich für Lärm. Nachdem ich den Maulwurfhügel geebnet und neu eingesät hatte kam der Rasenmäher zum Dauereinsatz.

Optimistisch und mit einer großen Tasse dampfenden Kaffee trat ich am nächsten Morgen auf die Gartenterrasse, und siehe da – die Stelle des Frevels war unberührt. Siehst du, Ernst, es geht auch ohne rohe Gewalt, sagte ich mir und nahm vorsichtig einen Schluck heißen Kaffee, wobei ich mich nach links drehte und… „Au!„ – Verdammt noch mal, war das heiß.
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Drei frische Maulwurfhügel prangten in der Morgensonne. Er war nicht verschwunden. Er hatte nur die Baustelle gewechselt. Ich wischte mir den heißen Kaffee aus dem Gesicht. „Wenn du Krieg willst, dann sollst du ihn haben“, rief ich und rannte ins Haus.

_



„Sie wissen, dass der Maulwurf ein geschütztes Tier ist?“ Der Verkäufer im Gartencenter sah mich durchdringend an. „Ich sagte doch schon – es handelt sich um Wühlmäuse“, entgegnete ich und vermied es ihn anzusehen. „Seien Sie vorsichtig. Die Fallen sind nicht ganz ungefährlich.“ „Ja, ja, ich kenn mich aus“, log ich und verließ fast fluchtartig das Geschäft.

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Ich verlor keine Zeit. Zu Hause angekommen begann ich gleich mit dem Aufstellen der Falle. Das konnte ja für einen halbwegs gebildeten Menschen kein Problem sein. Also legte ich, wie in der Anleitung beschrieben, erst einmal den Gang frei. Dann die Falle spannen und senkrecht in Laufrichtung vor den Eingang stellen. Das war noch nicht optimal. Also noch mal etwas nachjustieren…

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„Da haben Sie aber Glück gehabt. Der Finger hätte auch ab sein können“, sagte der freundliche Assistenzarzt und drückte den Klebestreifen auf den frischen Verband an meinem rechten Zeigefinger. „Was wollten Sie damit noch mal fangen?“ „Wühlmäuse“, murmelte ich und verabschiedete mich hastig.

Mein Gegner hatte aufgerüstet. Offensichtlich glaubte er sich auf Grund meiner Verletzung im Vorteil. Zwei neue Hügel prangten in der Nachmittagssonne und ließen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass er nicht im Geringsten daran dachte, sein Betätigungsfeld zu verlegen. „Du willst es ja nicht anders“, murmelte ich.

Kurze Zeit und einige dumme Kommentare meines Gartencenterverkaufsberaters später befand ich mich wieder auf dem Schlachtfeld. Ich packte die chemische Keule aus. Karbid war das Zauberwort. Ein graues Pulver, das unter zusetzen von Wasser giftige Dämpfe entwickelt. Diese verteilen sich dann in den Gängen und machen meinem pelzigen Gegner den Garaus. Soweit die Theorie.
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Hätte ich die Bedienungsanleitung nur bis zum Schluss durchgelesen, dann hätte ich mit Sicherheit die Windrichtung bedacht. So aber war ich in Sekundenschnelle von einer giftigen Wolke eingehüllt, die mir die Luft abschnitt. Von Hustenkrämpfen geschüttelt rettete ich mich auf die Terrasse und ließ mich mit letzter Kraft in einen Gartenstuhl fallen. Das überlebst du nicht, du Biest, frohlockte ich innerlich, nachdem ich meine brennende Kehle mit einem eiskalten Weizenbier gekühlt hatte. Die Überlegenheit des Homo sapiens hatte sich wieder einmal eindrucksvoll bestätigt.



_



Ich gab mich geschlagen. Demoralisierender konnte der Anblick meines geschundenen Rasens nicht sein. Alle Bemühungen, ihn zu vertreiben, hatten diesen pelzigen Kumpel nur noch mehr angespornt. Das einst satte Grün glich mittlerweile einer Mondlandschaft. Ich beschloss ihn einfach zu ignorieren und stellte jedwede Kampfeshandlung ein. Und siehe da – ein paar Tage und einige Maulwurfhügel später war mein Freund verschwunden. Ganz vorsichtig begann ich damit die Erdaufschüttungen zu beseitigen und neu einzusäen. Mit Herzklopfen betrat ich am Tag darauf meinen Garten. Kein Hügel mehr, nicht die kleinste Unebenheit. Es war vorbei.

„Verdammte Sauerei! Ich dreh dir den Hals um, du Mistvieh“! Mein Nachbar tobte wie ein Verrückter.

„Was ist denn los, Karl?“ fragte ich neugierig.

„Sieh dir doch mal die Schweinerei an“! Karl zeigt auf seinen Rasen. Da prangte doch mitten im schönen, satten Grün ein schwarzer Erdhaufen. „Maulwürfe!“, rief Karl. „Die ruinieren mir den ganzen Garten.“

„Also Karl“, ich legte mitfühlend meinen Arm um seine Schulter, „nun mal keine Panik. Die Lage ist zwar ernst, aber ich habe da ein paar Tipps für dich. Als erstes musst du…“



Ende
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Punktestand der Geschichte:   42
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Kommentare zur Story:

  Sauber Burschi !!!!!  
Mike  -  28.12.05 23:16

   Zustimmungen: 5     Zustimmen

  Schön zu lesen, witzisch ... aber irgendwie zu kurz ;)  
ISA  -  18.12.05 17:04

   Zustimmungen: 4     Zustimmen

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Interessante Kommentare

Kommentar von "ISA" zu "Das Hörspiel"

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Kommentar von "axel" zu "Die Belfast Mission - Kapitel 08"

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