With or without you - Kapitel 14 Verlobungsball   346

Romane/Serien · Romantisches

Von:    Conva      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 22. August 2005
Bei Webstories eingestellt: 22. August 2005
Anzahl gesehen: 2640
Seiten: 16

Diese Story ist Teil einer Reihe.

Verfügbarkeit:    Die Einzelteile der Reihe werden nach und nach bei Webstories veröffentlicht.

   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


AN: Hehe, hier kommt das nächste Kapitel. Nicht dass ich lernen müsste oder so... *seufz*

Na ja, zwischendurch hatte ich beim Schreiben ein paar Schwierigkeiten, dass alles so verläuft, wie geplant. Ich hoffe, das Kapitel ist dennoch nicht zu schlecht geworden!



Vielen Dank an Doska (wann kommen die Hajeps endlich wieder???) und Peikko für die lieben Kommentare!

Besonderer Dank geht diesmal an ISA, die sich die Mühe gemacht hat, alle Kapitel auf einmal zu kommentieren und mich auf einige Verbesserungsmöglichkeiten hingewisen hat! Ich werde deine Story auch bald weiterlesen, man kann sich ja nicht den ganzen Tag (die ganze Nacht) nur aufs Lernen konzentrieren *g*



Ach, und was mich noch interessieren würde: Fandet ihr das mit den beiden "Zwischenspielen" okay so? Mir ist nämlich keine andere Lösung eingefallen, um Senécios Verhalten erklären zu können, wollte aber den Leser nicht ganz so im Dunkeln tappen lassen, wie die arme Núphar...



So, und nun (endlich) viel Spaß beim Lesen!

~Conva~







~Verlobungsball~



Ich war froh, dass Linárias Familie hier war. Indem ich mich um sie kümmerte – als inoffizielle Gastgeberin sozusagen – konnte ich es vermeiden, mit dem Comte allein zu sein. Als der Diener ihm am Vortag die Nachricht überbrachte, er werde umgehend bei seiner Mutter erwartet, war ich mehr als erleichtert gewesen. Wie vorausgesehen war das Gespräch sehr schwierig geworden, schon bevor ich meine letzte Bitte zur Wort brachte. Doch ich hatte die ganze Sache nicht mehr länger hinauszögern können. Ich hatte endliche klare Verhältnisse schaffen wollen. Schlimm genug, dass ich es überhaupt so lange rausgezögert hatte, dass er gar nicht anders konnte als zuzustimmen, wollte er den Skandal vermeiden, den eine Auflösung der Verlobung nach sich gezogen hätte. Denn damit hatte ich ja immerhin unausgesprochen gedroht: Entweder er stimmte zu oder ich würde ihn nicht heiraten. Andererseits geschah die Hochzeit auf Befehl des Königs, weder Senécio noch ich konnten etwas daran ändern. Als ich mir dies noch einmal überlegte, wurde es mir doch etwas mulmig zu Mute. Würde Senécio die Bedingungen einhalten? Welche Macht besaß ich schon über ihn? Die letzte Bedingung auszusprechen war am Schwierigsten gewesen.
Seite 1 von 17       
Doch konnte ich nicht anders, als sie zu stellen. Ich konnte – und wollte – mir einfach nicht vorstellen, wie unsere Ehe nachts in einem gemeinsamen Bett vollzogen wurde. Wieder einmal dachte ich an die Erklärungen meiner Mutter zurück. Es war einer der wenigen Momente gewesen, wo sie uncharakteristisch offen mit mir gesprochen hatte.

„Es ist etwas, was jede verheiratete Frau zu ertragen hat, es gehört zu ihren neuen Pflichten als Ehefrau.“ hatte sie gesagt. „Doch wenn du Glück hast ist dein Mann zuvorkommend und vorsichtig, bis du dich daran gewöhnt hast – je mehr du ihm vertrauen und ihn lieben kannst, desto schöner kann es sein.“ Ein wehmütiges Lächeln hatte um ihre Lippen gespielt, doch hatte ich damals nicht weiter darauf geachtet, zu geschockt von all den Erklärungen. Verschwommene Vorstellungen meiner selbst in den Armen des Comte hatten mich seither immer wieder nachts heimgesucht, und doch... Ich hatte den Entschluß, ihn um getrennte Schlafzimmer zu bitten, gefaßt, als ich in den letzten Wochen immer wieder von dem gleichen Traum heimgesucht wurde:

Senécio und ich waren in einem Zimmer. Ich schaute mich um und wußte plötzlich, dass es sein Schlafzimmer sein mußte, ein großes Himmelbett mit schweren roten Vorhängen stand in der Mitte des eher kleinen Raumes. Im Kamin prasselte ein Feuer, die Vorhänge vor den Fenstern waren zugezogen. Gerade als ich gehen wollte, weil ich nicht hierher gehörte, drehte sich Senécio zu mir um.

Er lächelte entspannt und sagte: „Ich werde dich heiraten. Du stimmst doch zu?“

Glückselig lächelnd nickte ich und ging auf ihn zu. Sein Lächeln war warm und liebevoll und er erwartete mich mit ausgebreiteten Armen.

Ich umarmte ihn inniglich, doch plötzlich wurde er kalt und distanziert und sagte: „Du weißt doch, dass dies nur eine arrangierte Ehe ist und ich dich nicht wirklich liebe!“ Ich versuchte weiter, ihn zu umarmen, doch er stieß mich weg. „Du liebst mich doch nicht etwa? Wie naiv von dir! Dabei habe ich doch schon längst jemanden, der mir das Bett und das Herz wärmt!“

Ich sah zum Bett und tatsächlich erblickte ich dort eine Frau, die mich belustigt anschaute uns zwitscherte: „Ach nein, das arme Kind.
Seite 2 von 17       
Jetzt ist ihr Herz gebrochen!“

Wie zur Bestätigung ihrer Worte blutete ich auf einmal aus einer großen Wunde direkt über meinem Herzen. Ungläubig faßte ich mir an die Brust und starrte voll Entsetzen das Blut an meinen Händen an. Während die Welt in Rot versank trat Senécio zu der Frau, umarmte und küßte sie. Sie trug mein Reitkleid.



Während Senécio Maianthémum und dessen Brüdern die Ställe und seine Pferde zeigte, führte ich Mr. und Mrs. Nájas durch das Haus. Vor allem die Galerie mit den vielen Gemälden berühmter Maler fesselte sie. Meine Mutter und meine zukünftige Schwiegermutter (ich kann es immer noch nicht so recht fassen!) waren mit letzten Vorbereitungen für den Ball am Abend beschäftigt.

Gegend Mittag gab es einen kleinen Imbiß für uns, dann wurde mir befohlen, mich hinzulegen, um mich für den Ball zu erholen und zu stärken. Doch an Schlaf war nicht zu denken. Senécio hatte mir immer wieder merkwürdige Blicke zugeworfen und schien außergewöhnlich in sich gekehrt. Er hatte die Nájas höflich begrüßt und auf Nachfragen hin den Brüdern seine Pferde gezeigt. Doch sein Verhalten schien viel reservierter als sonst.

Auch ein anderer Gedanke plagte mich: Würde Linária rechtzeitig zum Ball kommen können? Ich hatte noch nie einen ohne sie erlebt und ich wußte, ich würde sie sehr vermissen.



Kurz bevor es Zeit wurde, sich für den Ball fertig zu machen, erschien meine Mutter, um mir letzte Verhaltensregeln zu erteilen. Doch ich hörte kaum hin, ich muss gestehen, ich war doch ziemlich nervös. Dies war der erste Ball, bei dem ich die Hauptperson sein würde, hoffentlich würde ich mich nicht blamieren!

Meine Zofe erschien und half mir in mein neues Kleid. Es war aus mitternachtsblauem Stoff, und an den Säumen mit roten Mohnblüten verziert. Meine, wie ich fand langweiligen, grauen Augen wirkten durch den Stoff beinahe blau, der Schnitt betonte meine Taille und der Ausschnitt war gerade so tief, dass ich mich noch wohl fühlte – also entgegen der Mode eher hochgeschlossen. Warum die sonst so prüde Gesellschaft von uns Frauen erwartet, die Mode der tiefen Ausschnitte mitzumachen, ist mir nach wie vor ein Rätsel! Lange cremefarbene Handschuhe und ein weißer Fächer, sowie eine Silberkette, in die kleine blaue Saphirsplitter eingefaßt waren, und dazu passende Ohrringe vervollständigten meine Garderobe.
Seite 3 von 17       


Meine Haare waren mit einer speziellen Lotion gebändigt worden und zu einer modischen Frisur hochgesteckt worden. Nur einzelne Locken durften keck daraus hervorfallen. Ich mußte zugeben, dass ich noch nie so gut ausgesehen hatte.

Als ich zusammen mit meiner Mutter langsam die Treppe hinunterschritt, erwartete der Comte uns in der Halle. Seine Augen verweilten nur kurz auf mir und ein merkwürdiger Ausdruck huschte für einen Moment über sein Gesicht. Dann fixierte er einen Punkt irgendwo hinter mir.

„Núphar, Lady Marjam, meine Mutter bittet Euch in den grünen Salon bis das Essen serviert ist.“ Er nahm uns rechts und links am Arm und führte uns in besagten Salon, in dem seine Eltern und die Nájas bereits saßen.

„Meine liebe Núphar, wie bezaubernd du aussiehst!“ rief Mrs. Nájas aus und stieß ihren Mann an. „Kaum zu glauben, dass beide Kinder jetzt verheiratet sind, oder so gut wie. Ich erinnere mich noch wie Núphar und Linária als kleine Mädchen ihren Lehrerinnen entwischten und bei uns im Garten spielten.“

„Aber Mutter, du machst Núphar mit diesen alten Geschichten ganz verlegen!“ lachte Maiánthemum und ich lächelte ihm dankbar zu.

Während er und seine Brüder dann Senécio mit Fragen über die banditos löcherten, setzte ich mich zu den Frauen, ganz wie es üblich war. Die Unterhaltung drehte sich um die neueste Mode aus der Hauptstadt, doch zwinkerte mir die Duchess zwischendurch aufmunternd zu als wolle sie mir sagen, ich solle Geduld mit den närrischen Frauen haben.

Weitere Dinnergäste erschienen und als alle vollzählig waren, erschien der Diener, um anzukündigen, das Dinner sei serviert.

Senécio kam, um mich ins Eßzimmer zu führen, wo ich an seiner Seite ganz oben am Kopfende des Tisches saß. Die übrigen Gäste waren entsprechend ihrer gesellschaftlichen Position immer weiter von uns entfernt. Ich mußte feststellen, dass Familie Nájas ganz unten am Fußende des Tisches ihre Plätze hatte.
Seite 4 von 17       
Ob dies an Linárias Fauxpas lag oder nicht, ließ sich nicht feststellen. Die Nájas waren bei diesem Essen die einzigen ohne Titel und daher war es ganz natürlich, dass sie ganz hinten saßen. An ihren Gesichtern sah ich jedoch, dass sie sich blendend unterhielten.

Ich seufzte, denn an meinem Ende des Tisches war die Unterhaltung nicht ganz so fröhlich. Die Männer unterhielten sich über die Politik und übertönten dabei jeden Versuch der Frauen, ihrerseits ein Gespräch anzufangen. Das war der Nachteil der modernen gemischten Sitzordnung.

Unglücklich starrte ich auf die vielen Speisen, die an mir vorüberzogen, während ich von allen nur einen Bruchteil aß. Senécio schien mich an diesem Tag überhaupt nicht zu beachten und ich hatte ein ungutes Gefühl in der Magengegend, fast als hätte ich Angst. Das war natürlich Unsinn, denn wovor sollte ich mich schon fürchten, dennoch war es ein merkwürdiges Gefühl, plötzlich derart im Mittelpunkt zu stehen.

Plötzlich erschien ein Diener neben meinem Stuhl und verbeugte sich. „Ihr habt doch befohlen, Euch sofort zu unterrichten, wenn Eure Freundin Lady Órchis ankommt. Der Butler führt sie und ihren Mann gerade auf ihr Zimmer.“

„Vielen Dank! Sorge doch bitte dafür, dass ihnen Essen auf ihrem Zimmer serviert wird.“ erwiderte ich und mit einer weiteren Verbeugung verschwand der Diener wieder.

Ich spürte wie sich ein Strahlen über mein Gesicht ausbreite.

„Gute Neuigkeiten?“ fragte Senécio und ich wandte mich ihm überrascht zu. Es war das erste Mal, das er meine Anwesenheit von sich aus wahrnahm.

„Sehr gute Neuigkeiten sogar! Meine Freundin Linária hat es doch noch geschafft, sie und Lord Órchis sind eben eingetroffen.“

„Das freut mich für dich. Ich hoffe, ihre Anwesenheit beruhigt dich soweit, dass du endlich etwas ißt, du wirst heute abend all deine Kraft benötigen.“ Er blinzelte mir zu und mein Herz machte einen kleinen Hüpfer, weil er offenbar nicht mehr böse auf mich war.

„Ich bemühe mich.“ lächelte ich und nahm als Beweis einen großen Happen der zarten Putenbrust in den Mund.

Leider verschluckte ich mich prompt daran und hustete krampfhaft.
Seite 5 von 17       


Die anderen sahen mich irritiert an, während Senécio mir kräftig auf den Rücken schlug.

„Danke,“ murmelte ich beschämt und senkte meinen knallroten Kopf so tief es ging über den Teller.

„Nichts zu danken!“ grinste er.

„Du findest das wohl komisch.“ maulte ich.

„Ich lache, damit ich nicht weinen muss!“ deklamierte er und ich schaute ihn böse an. „So gefällt mir das schon besser!“ lobte er. „Ich habe das kampflustige Funkeln in deinen Augen heute richtiggehend vermißt!“

„Ach wirklich?“ fragte ich sarkastisch. „Und ich dachte, du hättest mich heute gar nicht angesehen.“ Hoppla, da hatte ich mich wohl gerade ziemlich verplappert! Irgendwie klang das schon ziemlich wie ein Vorwurf einer gekränkten Ehefrau... Als er fragend eine Augenbraue hob, beeilte ich mich, meinen Fehler wieder gutzumachen. „Aber vielleicht liegt es auch daran, dass ich heute andere Gesellschaft um mich hatte. Schließlich bist du der einzige, den ich so „kampflustig anfunkele“, über die anderen muss ich mich nie so ärgern.“

„Bist du da sicher? Immerhin habe ich gesehen, wie du auch deine Mutter und sogar meine Mutter mit diesem Blick angesehen hast, wenn sie etwas von dir verlangten oder etwas sagten, was dir mißfiel. Ich muss zwar zugeben, dass du dein Temperament jedesmal bewundernswert in Zaum hattest, dennoch – du kannst nicht leugnen, auch sie angefunkelt zu haben!“

„Ich würde mich niemals so vergessen, deine oder auch meine Mutter „anzufunkeln“, wie du es nennst! Soweit beherrsche ich die Benimmregeln noch!“ zischte ich wütend.

„Ruhig, mein Herz, reg dich nicht auf. Die anderen sollen doch nicht glauben, wir haben schon vor unserer Hochzeit einen handfesten Ehestreit.“ spottete Senécio. „Außerdem wollte ich niemals andeuten, dass du die Benimmregeln nicht beherrschst. Doch zwischen beherrschen und befolgen liegt nun einmal ein Unterschied.“

Bevor ich eine entsprechende Entgegnung geben konnte, kamen die Diener um die Teller abzutragen und den nächsten und letzten Gang, den Nachtisch, aufzutragen. Die Köchin hatte sich selbst übertroffen und es kamen allerhand Cremes und Gelees und Törtchen, frisches Obst aus dem Treibhaus, flambierte Früchte zu Eiscreme, Kuchen und Kekse auf den Tisch.
Seite 6 von 17       


Über meinen Ärger hatte ich meine Ängste ganz vergessen und so langte ich nun tüchtig zu.

„Sich streiten macht hungrig, was?“ neckte der Comte mich. „Fühlst du dich jetzt besser?“

Mit vollem Mund nickte ich und er wandte sich dem Herrn gegenüber zu, dessen Name ich bereits wieder vergessen hatte, der aber offensichtlich eine wichtige Persönlichkeit war.

Nach dem Dessert erhob sich die Duchess zum Zeichen, dass sich die Damen nun in den angrenzenden Salon zurück ziehen würden. Die Diener erschienen, um das Geschirr abzuräumen und das Tischtuch abzunehmen. Sodann würde der Duke Portwein und Zigarren anbieten und die Männer würden über – ja über was eigentlich reden? Ich wußte es nicht und es war mir auch herzlich egal. Ich wußte, dass sich das Gespräch der Frauen großteils über den neuesten Klatsch, die neueste Mode und über häusliche Angelegenheiten drehen würde. Themen, die mich wenig interessierten. Zum Glück konnte ich mich an diesem Abend davor drücken mit der Ausrede, Linária begrüßen zu müssen.

Duchess Myosótis nickte verständnisvoll, als ich ihr erklärte, dass ich für einige Zeit verschwinden müsse.

„Natürlich, ich habe gehört, Lady Órchis sei deine beste Freundin. Es wäre schön, wenn sie nach der Reise nicht zu erschöpft ist, um am Ball teilzunehmen. Aber bitte beeile dich, die Ehrenperson darf nicht zu lange fehlen!“ Sie zwinkerte mir zu und schlenderte dann zu meiner Mutter, wahrscheinlich um ihr zu erklären, warum ich nun so unauffällig wie möglich davoneilte.



Ein gutgelauntes „Herein!“ ertönte, als ich an die Zimmertür von Lord und Lady Órchis klopfte.

Ich öffnete die Tür zu dem kleinen Salon, der an ihr Schlafzimmer grenzte und sah nur noch einen verschwommenen grünen Schatten, bevor Linária mir stürmisch um den Hals fiel.

„Na, na, meine Liebe,“ sagte Lord Órchis humorvoll, „du wirst das schöne Ballkleid deiner Freundin zerdrücken und ihre Frisur ruinieren. Und dann ist bei euch Frauen doch gleich der Teufel los.“

Lachend ließ Linária mich los.
Seite 7 von 17       
„Er hat Recht, tut mir Leid Núphar. Und so ein schönes Kleid hast du an. Ich kann es kaum glauben, dass wir es rechtzeitig geschafft haben! Ich freue mich so sehr, dich wiederzusehen!“

„Und ich freue mich erst!“ entgegnete ich und drückte sie nun meinerseits fest an mich. „Wie war eure Reise?“

„Sprecht bloß nicht davon, Lady Koeléria. Diese Furie hier hat mich und den Kutscher zu einer derartigen Eile angetrieben, dass ich dachte, mein letztes Stündlein habe geschlagen. Ich hätte nicht gedacht, dass die Kutsche eine derartige Geschwindigkeit verkraftet!“ stöhnte Lord Órchis dramatisch.

„Unsinn, mein Lieber. Wer hat den beim letzten Pferdewechsel derart geflucht, weil die Männer so langsam waren!“ entgegnete Linária lächelnd. „Aber wie auch immer, wir haben es rechtzeitig geschafft, um dir bei diesem Ereignis beizustehen. Ich hoffe nur, du bekommst keine Schwierigkeiten, weil du uns sozial Ausgestoßene empfängst?“ Ihre Stirn umwölkte sich besorgt.

„Unsinn!“ beruhigte ich sie. „Ich habe alles mit Senécio besprochen, er hat nichts dagegen. Und die sogenannte Gesellschaft kann sich ruhig schon daran gewöhnen, dass ich mir nicht vorschreiben lasse, wen ich empfangen darf und wen nicht. Im Gegenteil, ihr werdet heute abend meine Ehrengäste sein!“

„Ach Núphar, du bist so gut zu uns.“ Linária drückte meine Hand.

„Unsinn!“ sagte ich wieder. „Du glaubst gar nicht wie froh ich bin, dich zu sehen. Der Ball macht mich doch sehr nervös, all diese Leute, die mich anstarren. Ich habe das Gefühl, keinen unbeobachteten Schritt tun zu können und alles falsch zu machen, so dass mich die Leute auslachen. Bestimmt werde ich beim Tanzen alle Schritte vergessen werde und ich werde ihm auf die Füße treten und dann...“

„Setz dich erst einmal und atme tief durch,“ unterbrach Linária meinen immer hysterischer werdenden Ausbruch. Sie führte mich zu einem Stuhl, wo ich mich zitternd und fast hyperventilierend niederließ.

„Möchtet Ihr vielleicht etwas trinken?“ erkundigte sich Lord Órchis hilflos, von meinem plötzlichen Ausbruch sichtlich überfordert. Er brachte mir ein Glas von dem Portwein, der ihm nach dem Essen gebracht worden war.
Seite 8 von 17       


Dankbar nahm ich das Glas entgegen und trank einen großen Schluck. Langsam wurde ich wieder ruhiger, während mir Linária tröstend die Hand hielt.

„Keine Angst, du schaffst das schon!“ sagte sie. „Wenn du noch einen Moment wartest, ziehe ich mich rasch um und dann können wir gemeinsam runtergehen.“

Ich riß mich zusammen und sah sie dankbar an. „Nein, ich fürchte, ich muss jetzt wieder runter. Soll ich dir meine Zofe schicken? Sie ist sehr nett und geschickt.“

„Das wäre sehr lieb von dir.“ nickte Linária und versprach mir, sich zu beeilen.

Ich trank den restlichen Wein aus, dann verließ ich sie und tief Luft holend betrat ich wieder den Salon, wo die Damen noch immer auf die Herren warteten. Als hätten sie geahnt, dass ich wieder da war, kamen sie nun auch, und gleichzeitig rollten die ersten Kutschen mit den Ballgästen vor.



Die folgende Stunde verwischte zu einem verschwommenen Eindruck von Hunderten von Gesichtern und Namen. Ich konnte mir kein einziges Gesicht und den dazugehörigen Namen merken, doch ich lächelte und knickste unermüdlich. „Erfreut, Eure Bekanntschaft zu machen, Sir.“, „Guten Abend, Lady Sowieso, wie reizend dass Ihr kommen konntet“ und so weiter und so fort.

Als die Reihe an Linária kam, ging ein erstauntes Raunen durch die versammelten Leute, doch sie wurde von Senécio und seiner Familie empfangen wie alle anderen Gäste auch und auch meine Mutter lächelte ihr freundlich zu. Ich umarmte meine Freundin demonstrativ und küßte sie auf beide Wangen. „Hab’ viel Spaß!“ flüsterte ich ihr zu und sie lachte: „Bestimmt mehr als du!“

Schließlich jedoch war es vorbei und Senécio, der neben mir gestanden hatte, führte mich zur Tanzfläche.

„Noch immer nervös?“ fragte er, als er meine leicht zittrige Hand bemerkte.

„Ich mag es nur nicht, von allen so angestarrt zu werden.“ entgegnete ich, während ich meinen Blick über die vielen uns zugewandten Gesichter schweifen ließ. Die ersten Takte eines Walzers erklangen, da erblickte ich Linária. Sie blinzelte mir fröhlich zu und ich fühlte mich etwas besser.

Wir begannen unseren Tanz und nachdem wir einmal um den Saal getanzt waren, führte der Duke die Duchess auf die Tanzfläche und nach und nach gesellten sich andere Paare dazu und ich entspannte mich langsam.
Seite 9 von 17       


„Vergiß nicht, zu atmen.“ sagte der Comte leise an meinem Ohr.

Ich nahm zum ersten Mal wahr, wie nah wir einander waren, wie eng wir tanzten und mein Herz machte einen kleinen Hüpfer. Überdeutlich spürte ich seine Hand auf meinem Rücken, die mich fest umfaßt hielt. Er war ein ausgezeichneter Tänzer und führte mich sicher durch das Gewimmel auf der nun vollen Tanzfläche.

Meine Mutter walzte mit einem der Männer vorbei, die auch beim Dinner anwesend gewesen waren, und nickte mir fröhlich zu. Sie schien sich köstlich zu amüsieren. Auch Linária und ihr Lord tanzten kurz neben uns, bevor der Comte mich in eine andere Richtung wirbelte. Sie lächelte mir ebenfalls fröhlich zu, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Mann schenkte. Sie tanzten, falls das möglich war, noch enger als Senécio und ich. Ich spürte, wie mir langsam heiß wurde. Wieder einmal stellte ich mir vor, wie es wäre, in seinen Armen zu liegen, in einer richtigen Umarmung, von ihm geküßt zu werden...

„Alles in Ordnung?“ fragte das Objekt meiner Träume.

„Äh, ja, natürlich. Wieso fragst du?“

„Du hast plötzlich aufgehört, so grimmig konzentriert zu gucken und mich statt dessen angelächelt.“

„Äh, nun...“

„Nicht dass ich mich beschweren möchte, im Gegenteil, solch ein liebevolles Lächeln bekomme ich von dir viel zu selten zu sehen. Aber ich habe mich doch gefragt, was den plötzlichen Umschwung ausgelöst hat.“

„Also...“ stammelte ich. „Ich dachte nur, dass die Leute sicher von mir erwarten, zu lächeln, wenn ich mit meinem Verlobten tanze.“ Es war eine lahme Ausrede.

„Seit wann kümmert dich, was die anderen von dir erwarten?“ fragte er auch sofort.

„Selbst ich wünsche mir nicht, jeden vor den Kopf zu stoßen.“ entgegnete ich schärfer als nötig. Ich wollte ihn nur von diesem unglückseligen verirrten Lächeln ablenken.

In dem Moment erklangen die letzten Takte des Walzers, um dann übergangslos zu einem Cotillion zu werden.

„Soll ich einen Stuhl für dich besorgen?“ fragte der Comte höflich, während er mich von der Tanzfläche führte.
Seite 10 von 17       
„Ich hoffe, dein Bein bereitet dir nicht allzu große Schmerzen.“

Ich hatte während der ganzen Aufregung kaum darauf geachtet, doch plötzlich merkte ich, wie erschöpft ich von dem langen Stehen und dem Tanzen war. „Es würde mir besser gehen, wenn ich mich einen Moment hinsetzen kann.“ bekannte ich darum ehrlich.

Senécio brachte mich zu einem der Stühle rund um den Saal, dann verschwand er kurz und kam gleich darauf mit einem Glas kalter Bowle wieder. Dankbar nippte ich an dem kühlen Getränk und beobachtete die Leute um mich herum. Sie schienen sich alle gut zu amüsieren und die Lautstärke der Gespräche um mich herum übertönte beinahe die Musik, die am anderen Ende des Raumes spielte. Der Duft der Treibhausblumen mischte sich mit den teuren Parfums der Damen und den Rasierwassern der Herren, die Kerzen in den vielen Leuchtern ließen den Raum taghell erstrahlen und die Juwelen funkelten und glitzerten in ihrem Licht. Obwohl die Türen zur Terrasse offenstanden, fühlte sich die Luft auf einmal furchtbar stickig und verbraucht an und mir war viel zu warm.



Gerade wollte ich Senécio bitten, mich rauszuführen, da entstand auf einmal Unruhe an der Tür zum Ballsaal. Die Musik hörte auf zu spielen und die Gespräche verstummten. Ein Raunen ging durch die Menge. „Der König und die Königin sind da!“ und alles verneigte sich oder versank in einem tiefen Knicks.

Und tatsächlich, oben auf der Treppe, die mit wenigen Stufen in den Saal führte, standen der König, die Königin und einige Mitglieder ihres Hofstaates.

„Sind sie also doch gekommen!“ murmelte Senécio an meiner Seite. Fragend schaute ich ihn an und er erklärte: „Da der Kronprinz wieder einmal im Krankenbett liegt und man ernsthaft um sein Leben fürchten muss, weigerte sich die Königin, ihren Sohn allein zu lassen. Aber offenbar hat sich sein Zustand verbessert. Komm, wir sollten sie besser begrüßen!“

An seinem Arm schritt ich nun zu dem König und der Königin. Der König war ein überraschend kleiner und unauffälliger Mann. Nicht einmal eine Krone trug er an diesem Abend und ich war seltsamerweise ein wenig enttäuscht.
Seite 11 von 17       
Ich hatte ihn mir viel, nun, majestätischer vorgestellt. Die Königin jedoch übertraf meine Erwartungen bei weitem. Sie war viel größer als ihr Gatte und in kostbaren Stoff und Spitze gehüllt. Überall an ihr, an den Fingern, den Ohren, im Haar, um den Hals, um die Handgelenke und selbst an den Säumen ihres Kleides funkelten Juwelen. Sie trug eine kleine Krone, die den größten Diamanten enthielt, den ich je gesehen hatte. Sie strahlte eine solche Autorität aus, dass ich mich unwillkürlich fragte, wer in dieser Ehe „die Hosen anhatte“.

Als ich in einem tiefen Knicks vor den Hoheiten versank, lächelten beide mir jedoch freundlich zu. Senécios Eltern und meine Mutter hatten bereits ihre Aufwartung gemacht und warteten offenbar angespannt auf etwas.

Der König strahlte leutselig Senécio an und meinte: „Nun, mein lieber Comte, ich denke, Ihr habt es glücklich getroffen mit Eurer Braut.“

„In der Tat, Euer Majestät, ich hätte mir keine bessere Frau wünschen können. Ich bin sehr dankbar für mein Glück, eine Ehe eingehen zu dürfen, die nicht nur meinem König und meinem Land, sondern auch mir gefällt“ entgegnete Senécio lächelnd.

„Und ich bin dankbar, dass es meinem Sohn wieder besser geht und ich mit Euch feiern kann.“

Als wäre dies das Signal gewesen, setzte die Musik wieder ein. Der König führte seine Frau auf die Tanzfläche und winkte uns, ihm zu folgen. Unsere Eltern lächelten uns erleichtert an, weil ich Gnade vor den Augen des Königs gefunden hatte. Ein wenig paradox fand ich das ja schon, da doch der König persönlich diese Ehe befohlen hatte!

„Schaffst du einen weiteren Tanz?“ fragte Senécio besorgt.

„Nun, einen langsamen Schreittanz wie dieses werde ich sicher noch schaffen.“ entgegnete ich zuversichtlicher als ich mich fühlte. In Wirklichkeit hatten die tiefen Knickse mich sehr angestrengt.

Die Tanzfläche füllte sich mit weiteren Paaren, deren soziale Stellung es erlaubte, bei einem Gruppentanz mit dem König mitzutanzen.

Ich hatte diesen etwas altmodischen Schreittanz noch nie getanzt, doch mein ehemaliger Tanzlehrer hatte mich gut vorbereitet. Im Übrigen achtete ich genau darauf, was die anderen Frauen taten.
Seite 12 von 17       
Der Tanz begann recht einfach, doch nach und nach wurden die Figuren immer komplizierter. Das die Paare ihre Partner immer wieder tauschten trug ebenfalls nicht zur Vereinfachung der Sache bei, doch irgendwie schaffte ich es, keine allzu auffälligen Fehler zu machen.

Als ich gerade wieder einmal mit Senécio tanzte, lächelte er mir anerkennend zu. „Du machst das großartig“ flüsterte er, denn Gespräche waren bei diesem Tanz eigentlich nicht erlaubt.

Ich lächelte bloß schwach als Erwiderung, bevor uns die vorgeschriebenen Schritte wieder trennten. Meine ganze Aufmerksamkeit richtete sich darauf, mit den Schritten nicht durcheinander zu kommen, und gleichzeitig zu lächeln, als wäre dieser Hoftanz die einfachste Sache der Welt für mich.

Endlich, endlich endete die Musik und die Zuschauer klatschten ihren Beifall. Die Musiker setzten zu einem fröhlichen Menuett an und weitere Paare strömten auf die Tanzfläche.

Ich mußte kurz die Augen schließen, denn alles schien sich um mich zu drehen.

„Núphar!“ rief der Comte erschrocken und schlang sofort stützend einen Arm um mich.

Auch Maiánthemum hatte gesehen, wie ich taumelte, und eilte sofort an meine Seite. „Komm, setz dich hin.“

Gemeinsam führten sie mich wieder an den Rand des Raumes zu einem Stuhl. „Es ist nichts.“ protestierte ich schwach. „Mir ist nur ein wenig heiß.“

„Bist du sicher? Nicht, daß du vor Erschöpfung noch ohnmächtig wirst.“ sagte Senécio besorgt.

„Keine Sorge, ich werde dich nicht derart vor den Hoheiten blamieren!“ zischte ich, seine Sorge mißverstehend.

„Das meinte ich nicht!“ entgegnete er gekränkt, doch ich achtete nicht darauf, denn eben drückte mir Maiánthemum ein Glas Wasser in die Hand.

„Vielen Dank!“ murmelte ich und stürzte das Wasser hinunter. Dann lächelte ich ihn bittend an. „Könntest du mir noch ein Glas bringen? Das wäre lieb von dir!“

„Aber natürlich, ich bin im Handumdrehen wieder da!“

Ich sah den Comte an, der Maiánthemum mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen hinterhersah. „Könntest du bitte Linária suchen? Ich würde mich gerne für eine Weile nach draußen setzten.
Seite 13 von 17       
“ bat ich ihn.

„Soll ich dich nicht begleiten?“ fragte er. Seine Stimme klang irgendwie seltsam, doch ich schob das auf meine überreizten Nerven und den Lärm um uns herum.

„Nun, ich bin mir nicht sicher, ob es schicklich wäre... Was würden die Leute denken?“

„Núphar, wir sind verlobt! Wieso sollte es nicht schicklich sein? Aber wenn es dich beruhigt, nehmen wir Linária oder deine Mutter als Anstandswauwau mit. Die Leute würden es sicher merkwürdiger finden, wenn du verschwindest und ich hier weiter fröhlich tanze!“

„Sehr fröhlich siehst du nicht gerade aus! Und ich bleibe dabei, ich finde es unschicklich, mit dir allein zu sein. Immerhin sind wir noch nicht verheiratet!“ erklärte ich gereizt.

Er schnaubte. „Nein, noch nicht!“ Dann ging er davon um, wie ich hoffte, Linária zu suchen.

Maiánthemum kam mit dem vollen Glas Wasser wieder. „Und, fühlst du dich besser?“

„Ja, vielen Dank. Aber ich glaube, ich halte dich von einer wichtigen Unterhaltung ab?“

Er errötete leicht. „War es so offensichtlich?“

„Nun, du hast die betreffende Dame fast angesabbert!“ grinste ich.

Mir spielerisch mit dem Zeigefinger drohend meinte er: „Paß nur auf, junge Dame. Eine solche Bemerkung schickt sich wahrhaftig nicht. Aber du hast Recht, Lady Cuscúta ist eine wirklich reizende Person.“ Er seufzte. „Leider werde ich bei ihr wohl keine Chance haben, sie bevorzugt bestimmt eher Herren mit einem Titel und mehr Geld.“

„Dann ist sie deiner auch nicht Wert“ tröstete ich ihn. „Und sie hat ja keine Ahnung, was ihr entgeht!“

„Vielen Dank. Aber ich kann es ihr nicht verübeln. Welche hochwohlgeborene Lady würde schon jemanden wie mich haben wollen, ohne Titel und mit einem Skandal in der Familie.“ Düster blickte er zu seiner Schwester, welche gerade an uns vorbeitanzte, so strahlend in ihrem Eheglück, dass sie die wenigen mißbilligenden Blicke, die ihr zugeworfen wurden, gar nicht wahrnahm. Allerdings mußte ich zugeben, dass die Gesellschaft ihr Erscheinen ausgesprochen gut aufgenommen hatte und nur die allerstrengsten Moralapostel es für nötig hielten, sie zu ignorieren, um hinter ihrem Rücken mißbilligend über sie zu tuscheln.
Seite 14 von 17       
Lord Órchis war von vielen seiner alten Freunde begrüßt worden und sie alle hatten ihm zu seiner Vermählung gratuliert. Genau wie ich gehofft hatte waren die meisten der Ansicht, wenn wir es uns leisten konnten, den beiden Sündern weiterhin die Freundschaft zu halten, so konnten sie es auch.

„Urteile nicht zu streng über deine Schwester!“ tadelte ich Maiánthemum nun. „Sie wollte bestimmt nicht, daß euch durch ihre Heirat irgendwelche Nachteile entstehen. Und wie es scheint, wurde den beiden von den meisten Anwesenden vergeben.“

„Das stimmt, und das ist dein Verdienst. Ich weiß gar nicht, wie ich dir dafür danken soll! Hättest du sie nicht so demonstrativ freundlich begrüßt...“

„Du übertreibst!“ erwiderte ich errötend. „Abgesehen davon ist sie schließlich meine beste Freundin, woran auch ihre Hochzeit nichts ändert.“

Eben in diesem Moment tauchte besagte Freundin am Arm meines Verlobten auf. Maiánthemum verabschiedete sich, um noch einmal sein Glück bei Lady Cuscúta zu versuchen.

Senécio half mir schweigend hoch und stützte mich, während ich zur Terrasse humpelte. Linária schwirrte wie eine aufgeregte Glucke um uns herum. „Tut dein Bein sehr weh, Núphar? Warum nur mußtest du auch noch einen zweiten Tanz durchstehen! Soll ich dir noch etwas zu trinken bringen? Wird dir nicht kühl werden hier draußen?“

„Schon gut, ich bin nicht krank, nur ein wenig erschöpft!“ unterbrach ich sie schließlich.

„Und dein Bein bereitet dir Schmerzen. Ich wünschte, du könntest dich einfach zurückziehen. Wenn du nur keinen Rückfall erleidest!“

„Hör bloß auf mir Angst zu machen! Wenn ich schon heiraten muss, dann will ich wenigstens aufrecht zum Altar gehen, und nicht mit Krücken mühsam darauf zu humpeln!“ grummelte ich.

Aus irgend einem Grund schien meine Antwort sie zu beruhigen. Sie lachte: „Stell dir das nur mal vor, die Braut...“ Doch als sie meinen bösen Blick bemerkte riß sie sich mühsam zusammen. „Schon gut. Ich bin sicher, du wirst keinen Rückfall erleiden. Zufrieden?“

„Oh ja, und wie!“ knurrte ich sarkastisch.
Seite 15 von 17       
Aufseufzend ließ ich mich auf der Gartenbank nieder, während sich Linária und der Comte neben mich setzten.

Der ganze Garten war mit Lampions illuminiert worden, die im sanften Abendwind sacht hin und her schaukelten. Wir waren momentan die einzigen Gäste hier und als sie sich an unsere Anwesenheit gewöhnt hatten, begannen die Grillen wieder zu zirpen. Ein paar mal zwitscherten einige nachtaktive Vögel in den Bäumen und der Springbrunnen plätscherte leise.

„Es ist herrlich hier draußen,“ sagte Linária nach einigen Minuten Schweigens mit gedämpfter Stimme. „So schön ruhig und friedlich!“

Ich stimmte ihr zu. Durch die geöffneten Türen drang leise Stimmengewirr, Gelächter und Musik zu uns und man sah die bunten Kleider der Damen und die dunklen Anzüge oder Uniformen der Herren durcheinander wirbeln.

In der kühlen Abendluft mischte sich der Duft der Blumen mit dem Geruch nach frischem Gras. Vom anderen Ende des Gartens her hörte man schwach ein Wiehern.

„Ich wünschte, ich könnte den restlichen Abend hier verbringen!“ seufzte ich.

„Man wird uns bald vermissen.“ meldete sich Senécio unerwartet zu Wort.

„Spielverderber!“ brummte ich gedämpft.

Er lachte leise. „Glaub mir, ich möchte auch nicht zurück. Aber ich verspreche dir, du darfst dich für den Rest des Abends setzten und mußt nicht mehr tanzen.“

„Das klingt gut! Wenn ich nur endlich wieder ganz gesund wäre! Es ist so furchtbar nervend, nicht wie früher ewig laufen und tanzen zu können!“

Senécio drückte mitfühlend meine Hand und zum wiederholten Mal an diesem Abend machte mein Herz einen Hüpfer. Doch damit nicht genug, behielt er meine Hand in seiner und massierte sie leicht mit seinem Daumen.

Mir wurde ganz heiß von seiner sanften Berührung und verwirrt fragte ich mich, was dies zu bedeuten hatte. Wie gut, dass man in der Dunkelheit mein Gesicht nicht sehen konnte! Es war bestimmt flammend rot.

Abrupt stand ich auf. „Wir sollten vielleicht doch besser wieder reingehen.“ krächzte ich und räusperte mich. „Ich meine, bevor man uns wirklich vermißt...“ Diesmal klang meine Stimme schon kräftiger.

Senécio ließ endlich meine Hand los und bot mir seinen Arm.
Seite 16 von 17       
„Das ist meine tapfere Núphar!“ murmelte er an meinem Ohr und ich konnte seinen warmen Atem spüren. Was meinte er mit seinen Worten? Bezog er sich darauf, daß ich in die Höhle des Löwen, auch bekannt als Ballsaal, zurückkehren wollte? Oder verspottete er mich, weil er erkannt hatte, dass ich in Wahrheit vor ihm davonlief? Doch seine Berührung hatte mich dermaßen verwirrt, dass mir keine passende Erwiderung einfiel, und ich einfach schwieg.



Wie versprochen durfte ich den restlichen Abend wirklich sitzen bleiben. Während ich mit einer schier endloser Anzahl der Gäste über Nichtigkeiten plauderte, beschäftigte mich noch immer die Szene im Garten. Was hatte es zu bedeuten? Warum hatte er das getan? Als ich schließlich endlich im Bett lag, hatte ich noch immer keine Antworten auf meine Fragen gefunden.





Cuscúta - Seide
Seite 17 von 17       
Punktestand der Geschichte:   346
Dir hat die Geschichte gefallen? Unterstütze diese Story auf Webstories:      Wozu?
  Weitere Optionen stehen dir hier als angemeldeter Benutzer zur Verfügung.
Ich möchte diese Geschichte auf anderen Netzwerken bekannt machen (Social Bookmark's):
      Was ist das alles?

Kommentare zur Story:

  Hallo Conva
Endlich wieder ein Kapitel dieser hübschen Lovestory! Wieder einmal hast du gut die Ball-Atmosphäre geschildert, so dass es nicht langweilig wurde, auch wenn nicht sehr viel passiert ist. Bemerkenswert fand ich, dass Nuphars Mom wehmütig lächeln musste, als sie ihre Tochter über die ehelichen 'Pflichten' aufklärte. Und wie sie beim Ball aufgeblüht ist. Da fragt man sich, ob sie nicht noch an Ruaki hängt, so ganz tief in ihrem verhärmten Herzen. Immer noch nicht ausgeräumt ist also die beiderseitige Annahme von Seneció und Nuphár, der andere liebte jemanden anderen. Aaargh!
Und dabei schaute es doch für einen winzigen Moment so vielversprechend aus, als er ihre Hand nahm und sie massierte.
Ich will endlich von einem Kuss zwischen den beiden lesen!!!! :)) Aber die beiden sind ja stur, das wissen wir *sseufzzz*.
Nun ja, wenn alles so glatt ginge, wäre es ja nicht so spannend. Na schön, dann lasse ich mich eben weiter auf die Folter spannen. *vielleicht nur ein winziger Kuss im nächsten Kapitel????liebblinzel*
Liebe Grüße und Frohes Schaffen!  
ISA  -  01.09.05 11:59

   Zustimmungen: 5     Zustimmen

  Mann, war das ein Ball! Ich habe mit Nuphar richtig mitgefiebert. Ausgerechnet sie - ein Naturkind - musste nun der Mittelpunkt aristokratischer Festlichkeiten sein. Aber Senecio stand ihr ja treu zur Seite. Er ist ja so ein süßer Kerl *schwärm* und hat so viel Verständnis. Ich bin gespannt wie die beiden zueinander finden werden.  
doska  -  25.08.05 15:06

   Zustimmungen: 5     Zustimmen

Stories finden

   Hörbücher  

   Stichworte suchen:

Freunde Online

Leider noch in Arbeit.

Hier siehst du demnächst, wenn Freunde von dir Online sind.

Interessante Kommentare

Kommentar von "Nausicaä" zu "frühling z2"

einfach toll, dieses frühlingsgedicht. du findest in deinen gedichten häufig ganz eigene, besondere bilder. wunderschön, ohne kitschig zu sein.

Zur Story  

Aktuell gelesen

  In Arbeit

Funktion zur Zeit noch inaktiv. Über ein Konzept zur sicheren und möglichst Bandbreite schonenden Speicherung von aktuell gelesenen Geschichten und Bewertungen, etc. machen die Entwickler sich zur Zeit noch Gedanken.

Tag Cloud

  In Arbeit

Funktion zur Zeit noch inaktiv. In der Tag Cloud wollen wir verschiedene Suchbegriffe, Kategorien und ähnliches vereinen, die euch dann direkt auf eine Geschichte Rubrik, etc. von Webstories weiterleiten.

Dein Webstories

Noch nicht registriert?

Jetzt Registrieren  

Webstories zu Gast

Du kannst unsere Profile bei Google+ und Facebook bewerten:

Letzte Kommentare

Kommentar von "rosmarin" zu "Sich fühl'n wie Seifenblasen"

Hahaha, darauf muss man erstmal kommen. Köstlich. Habt alle ein schönes Osterfest. Gruß von

Zur Story  

Letzte Forenbeiträge

Beitrag von "Tlonk" im Thread "Winterrubrik"

wünsche ich euch allen. Feiert schön und kommt gut rüber.

Zum Beitrag