Der Sucher (Endzeit) (Teil 2)   51

Romane/Serien · Fantastisches

Von:    neohy      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 11. April 2005
Bei Webstories eingestellt: 11. April 2005
Anzahl gesehen: 1956
Seiten: 3

Diese Story ist Teil einer Reihe.

Verfügbarkeit:    Die Einzelteile der Reihe werden nach und nach bei Webstories veröffentlicht.

   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


Nur wenig Licht dringt zu mir herab. Die Welt hier unten ist in tiefe Schatten gehüllt. Ich betrete ein weit verzweigtes Netz aus Abwasserrohen, welche einst den Dreck, dieser mir unbekannten Stadt, in einen nah gelegenen Fluss gespült haben. Die Luft hier unten riecht verbraucht und faulig. Meine Kehle schnürt sich bei jedem Atemzug ein Stückchen weiter zusammen. Ich lausche auf ein Lebenszeichen der Wölfin. Eine leise Melodie findet ihren Weg zu mir. Gespielt vom Wind, der anderenorts in die Kanäle pfeift. Nein, zu melodisch klingt es. Eine Flöte! Gespielt von einem alten Mann, den ich in einem Abwassersammelbecken, auf dem abgebrochenem Kopf einer Marmorstatue sitzend, vorfinde. Ich ertappe mich dabei, wie ich ihn anstarre. Er unterbricht sein melancholisches Lied, lächelt mir zu. Dann spielt er weiter. Ich starre immer noch.



„Was hoffst du zu finden?“ fragt er in einer weiteren Pause.

„Da war eine Wölfin. Bin ihr bis hier her gefolgt, nun ist sie weg. Sie hat vielleicht Junge hier unten.“

„ Soso, und sonst?“

„Wie sonst?“

„Du suchst doch nach etwas.“



Ich gewinne langsam meine Fassung zurück. Dieser Alte Mann, spärlich in einen Wollumhang gehüllt ist der erste Mensch seit… seit… sehr langer Zeit, der mir begegnet. Ich muss mich erst wieder an das Formen von Sätzen gewöhnen.



„Ich reise in den Norden. Dort gibt es noch sauberes Wasser, sagt man. Vielleicht finde ich auch einen Platz, an dem ich leben möchte.“

„Die Hoffnung ist eine treibende Kraft, gib sie nicht auf.“ entgegnet er mir grinsend.



Ich bin verunsichert, stecke meine Hände in die Taschen meiner zerschlissenen Lederhose. Dabei greife ich wieder auf den hölzernen Gegenstand von dem Mädchen. Nachdenklich betrachte ich mein Gegenüber. Was er wohl hier unten verloren hat? Wo mag er herkommen?



„Hast du Nachricht aus dem Norden, weißt du irgendetwas? Überlebende?“

„Warum sollte gerade im Norden das Wasser unverseucht sein?“

„Na das hab ich eben gehört.“

„Du musst dir dein eigenes Bild machen. Würde ich dir jetzt sagen, dass es im Norden nicht besser aussieht als hier, würdest du mir glauben?“

„Ist es denn so?“



Ich fingere immer nervöser an dem Gegenstand in meiner Tasche herum.
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Er ist länglich, dünn, scheint Löcher an einer Seite zu haben. An einem Ende befindet sich ein rundliches, raues Relief. Mir wird übel, der Raum beginnt vor meinen Augen zu tanzen. Auch das Gesicht des Alten verzerrt sich zu einer schaurigen Grimasse. Der Norden ist meine letzte Hoffnung. Es muss dort einfach anders aussehen!



„Der Sucher sucht und der Finder findet! Du wirst sehen.“

Aus endloser Entfernung dringen die Worte noch an mein Ohr. Mir entschwinden die Sinne, ich spüre noch, wie mein Kopf hart auf dem Boden aufschlägt.



Als ich erwache, liege ich auf heißem, aufgebrochenem Asphalt. Mir scheint es als wäre ich nur ein paar Sekunden Ohnmächtig gewesen. Vor mir gähnt der Abgrund, in den ich ursprünglich gar nicht hinabsteigen wollte. Seltsam. Der Alte muss mich hierher zurück gebracht haben. Aber warum? Mein Kopf schmerzt, meine Hand steckt immer noch in meiner Hosentasche, dass Holzstück fest umklammernd. Ich ziehe es heraus und betrachte es zum ersten Mal. Verwirrt drehe ich es in meinen Händen hin und her. Es ist eine Flöte, der des Alten Mannes seltsamerweise sehr ähnlich, mit einem geschnitzten Wolfskopf als Mundstück. Ein roter Tropfen landet auf dem Instrument als ich mich weiter vorbeuge. Es ist Blut. Ich betaste meine Stirn und entdecke eine frische Platzwunde neben unzähligen älteren Narben.

Kurz überlege ich noch einmal hinab zu steigen um den Alten und die Wölfin zu suchen. Ein Schauder überfällt mich, der Gedanke an die Kanalisation lässt mich würgen.

Plötzlich senkt sich ein düsteres Licht über die verfallene Stadt, so als wäre die Nachmittagssonne hinter einer tiefschwarzen Regenwolke verschwunden. Nur gab es seit gut 15 Jahren keine Wolken mehr, also konnte es nur eines bedeuten: ein Sandsturm zieht heran. Ich muss weiterziehen. Zu lange an einem Ort zu verweilen tut mir nicht gut, doch bei einem Sandsturm die Stadt zu verlassen bedeutet den sicheren tot. Ich öffne meinen Beutel und befördere meine übrig gebliebenen Vorräte ans Tageslicht. Salz, Samen von irgendeiner, mir fremden Frucht, Trockenfleisch, dessen Herkunft ich nicht nennen will, es reicht noch für zwei Tage, und ein Wasserschlauch, gefüllt mit einer bräunlich, schmierigen Flüssigkeit, meinem Trinkwasser.
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Ich versuche mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich für die nächsten fünf bis sieben Tage wohl hier festsitze. Ein sehr unbefriedigendes Gefühl. Ich muss zu den Polkappen gelangen, dem einzigen Platz auf diesem Götterverlassenen Planeten, an dem man als Mensch noch eine Chance hat. Die Flöte beschäftigt mich immer noch. Ich befestige sie an einem meiner Lederbänder aus dem Beutel und hänge sie mir um den Hals. Sie soll mir Glück bringen.

Dann erklimme ich die Ruine eines modernen Hochhauses. Seine Stahlträger ragen noch hoch in den Himmel und ermöglichen es einem die Umgebung im Auge zu behalten. Am Horizont ein verschleierter Feuerball. Der Sandsturm wird in etwa zwei Stunden die Stadt erreichen, bis dahin benötige ich ein geeignetes Versteck.

Die Beobachtung der Straßen bringt mich nicht weiter. Kein Leben auszumachen. Wenigstens bleibt mir das vielleicht erspart. In meiner momentanen Verfassung, die Wunde auf meiner Stirn ist zwar in zwischen versorgt, aber es überkommen mich immer wieder Schwindelanfälle, würde ich aus einem Zweikampf wohl kaum als Sieger hervorgehen. Zweikampf. Der Gedanke an meine bisherigen Auseinandersetzungen mit den restlichen Überlebenden macht mich traurig. Wir können uns nicht zusammenschließen. Wir können nicht gemeinsam ziehen. Jeder ist auf sich gestellt. Der Gedanke an den eigenen Tod ist immer präsent. Es liegt am Wasser. Man muss ständig umherziehen um neues zu finden, muss darum kämpfen, denn es reicht meist kaum für einen selbst. Eigentlich hätte ich den Alten und die Wölfin töten müssen. Eigentlich…

Was tun? Ein Versteck suchen, Wasser suchen, Fallen aufstellen in der Hoffnung, meine Trockenfleischvorräte aufzustocken. Wasser. Ich bin durstig. Wenn man einen Liter am Tag zu trinken bekommt, dann ist das viel. In anbetracht der hohen Temperaturen kann das ein Mensch nicht lange durchhalten, sollte man denken. Ich halte es schon mehrere Jahre durch.

Inzwischen ist es sehr ruhig geworden in der Stadt. Kein Lüftchen rührt sich, der Staub hat sich gelegt. Die Sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm, das große Atemholen. Ich mag diese Stimmung. Sie macht mich nachdenklich und schenkt mir Kraft.
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Trümmerhaufen für Trümmerhaufen erklettere ich auf der Suche nach einem geeigneten Unterschlupf. Die Gegend erscheint mir eigenartig vertraut. Instinktiv biege ich in eine Gasse ein und halte vor einem einstöckigen Haus. War ich schon einmal hier, bevor all der Irrsinn losbrach?
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Punktestand der Geschichte:   51
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Interessante Kommentare

Kommentar von "SCvLzH" zu "Am Meer"

... melancholisch aber schön ...

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