Trauriges · Fan-Fiction/Rollenspiele

Von:    Aves      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 13. Februar 2005
Bei Webstories eingestellt: 13. Februar 2005
Anzahl gesehen: 4178
Seiten: 11

San Jacinto





Geier kreisten über der Landschaft und fanden bald, was sie suchten: die kleine Missionsstation San Antonio de Valero, Alamo.

Die einstmals stolze Bastion war ein Trümmerfeld.

Löcher und Breschen in den Mauern zeugten von Artilleriebeschuss, der Boden um Alamo herum war von Kanonenkugeln aufgerissen.

Zerbrochene Sturmleitern, Gewehre, Degen und andere Waffen lagen nutzlos herum.

Hunderte von Toten säumten die Mauern, den grossen Platz, das Land vor Alamo und so ziemlich jeden einzelnen Quadratmeter innerhalb der Festung.

Viele davon trugen die blauschwarzen Uniformen der mexikanischen Armee.

Leutnant Colonel William Travis lag auf der Nordmauer. Seine Stirn zierte ein hässliches Einschussloch und getrocknetes Blut lag um ihn herum verspritzt.

In seiner kleinen Kammer lag James Bowie reglos da. Sein Körper war voll mit eingetrocknetem Blut, seine Hände hingen schlaff von der Bettkante.

Auf dem Platz vor der Kirche hatten sich die Überlebenden der mexikanischen Armee versammelt, zusammen mit frischen Einheiten, die nicht am Sturmangriff letzte Nacht teilgenommen hatten.

General Antonio Lopez de Santa Anna war doch ziemlich erschüttert.

Gut 1100 Soldaten hatte er zum Angriff geschickt, darunter einige seiner besten Füsilierkompanien. Fünfhundert hatten überlebt.

Die texanischen Rebellen hatten sich in rasender Verzweiflung gewehrt und der Ausgang der Schlacht war mehrmals auf Messers Schneide gestanden.

Doch schliesslich hatten Santa Annas Leute gewonnen und alle niedergemetzelt.

Alle bis auf einen…

„Wenn du um dein Leben bitten willst“, sagte der Präsident mit einem hochnäsigen Lächeln „wäre das jetzt der richtige Zeitpunkt dafür.“

Natürlich konnte ihn der verwundete, verdreckte Ausländer nicht verstehen, doch Cós würde es schon für ihn übersetzen.

„Unterwerfen Sie sich der Gnade seiner Exzellent, Antonio Lopez de Santa Anna.“, sagte Cós in Englisch.

Davy Crockett war auf die Knie gezwungen worden und verharrte jetzt dort. Seine Weste, seinen dunkelbraunen Mantel und seine übrigen Sachen hatte man ihm weggenommen.

Er trug nur noch seine Hose, das Hemd und sein grünes Halstuch.
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Aus einer Platzwunde an der Stirn tröpfelte immer noch ein wenig Blut und auch sonst sah Crockett sehr mitgenommen aus.

Mindestens ein Knochen am linken Bein war gebrochen, aus seinem Mund lief ein dünnes Rinnsal getrockneten Blutes klebte an seinem Kinn und er hatte unzählige blaue Flecken.

„Sie sind Santa Anna?“, fragte er leise.

Diese wenigen Worte verstand der General und nickte lächelnd.

„Ich hab gedacht, Sie sind grösser.“, meinte Crockett trocken.

Die wenigen Mexikaner, die Englisch verstanden, darunter auch Enrique Esparza, senkten überrascht die Köpfe oder tuschelten miteinander.

Crockett schaute sich langsam um.

Die texanische Sonne brannte warm vom Himmel und spiegelte sich in den Messinghelmen der Elitekavalleristen.

Der ganze Platz war gefüllt mit Mexikanern. Einige hatten Wertgegenstände erbeutet, darunter auch Crocketts Waschbärenmütze und seine Geige.

Ein anderer trug seine Weste und ein weiterer freute sich diebisch über Crocketts Betsy.

Bitter lächelnd senkte Crockett den Kopf.

„Davy Crockett…“, murmelte er leise „Der Löwe des Westens…“

Hier würde es also enden…

Dann hob er den Kopf wieder und sah Cós an.

„Sagen Sie dem General“, fing er an „Über die Kapitulationsbedingungen können wir sprechen.“

Cós nickte und wollte sich an Santa Anna wenden, doch Crockett war noch nicht fertig. „Sagen Sie ihm, wenn er seinen Leuten befiehlt, die Waffen zu strecken und sich friedlich zu sammeln, verspreche ich, dass ich sie alle zu General Houston bringe.“

Cós glaubte seinen Ohren nicht zu trauen.

„Und ich bemühe mich darum“, fuhr Crockett fort „dass so viele wie möglich am Leben bleiben.“ Er lächelte die Offiziere humorlos an.

„Sie wissen ja, der alte Sam ist reizbar.“, sagte er, als rede er mit alten Freunden „Und darum kann ich für nichts garantieren.“

Cós schaute den frechen Amerikaner ungläubig an.

„Sagen sie’s ihm.“, forderte Crockett. Cós wandte sich langsam an Santa Anna, sah dann jedoch wieder zurück zu Crockett.
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Wenn er dem General diese Worte ausrichtete, war der Gefangene schon so gut wie tot.

„Sagen sie’s ihm!“, fuhr Crockett ihn an.

Etwas verwirrt sah Santa Anna von Cós zu dem gefangenen Crockett und wieder zurück.

Cós ergab sich seinem Schicksal, wandte sich an Santa Anna und sagte: „Excelencia, él dice que debemos entregarnos.“ – Er sagt, wir sollen uns ergeben.

Ein ungläubiges Raunen fuhr durch die Reihen der Soldaten und Santa Anna blieb beinahe die Spucke weg. So eine Frechheit war ihm in seinem Leben noch nicht untergekommen.

Er blitzte Crockett wütend an und hob die Hand.

Ein fünfköpfiges Exekutionskommando, darunter auch Enrique Esparza, ging rasch in Stellung.

„Excelencia!“, sagte da Castrillon mit lauter Stimme „Bitte verschonen Sie sein Leben.“

Santa Annas Hand blieb vorerst in der Luft.

Crockett sah von Santa Anna zu dem Exekutionskommando und lächelte dann. „Aber ich warne euch“, sagte er „Ihr werdet mein Schreien niemals vergessen!“ Das war endgültig zu viel für Santa Anna. Er hatte erwartet, dass sich der Gefangene wenigstens entschuldigen würde, aber jetzt das…

Er liess die erhobene Hand nach unten sausen und die fünf Soldaten rannten, die Bajonette zum Stich gesenkt, auf Crockett zu.

Als sie noch einen Meter entfernt war, fing Crockett an zu schreien.

Und auch als sie Davy Crockett erstochen hatten, hallte ihnen der Schrei schmerzlich in den Ohren.

Und sie sollten ihn tatsächlich niemals vergessen…



„Wie weit sollen wir uns denn noch nach Osten zurückziehen?“, fuhr Colonel Stephen F. Austin Houston an.

Der gross gewachsene Mann mit dem ergrauten Haar starrte den General herausfordernd an.

Seit mehreren Tagen zog sich Houstons Armee vor den vorrückenden Mexikanern zurück.

Sie waren von Gonzales aufgebrochen, als sie hörten, dass sich Santa Annas Armee weiter vor wagte.

„Wenn Sie sich zurückziehen, müssen wir Ihnen folgen.“, fuhr Austin fort „Nennen Sie mir einen Grund, warum wir uns hier nicht eingraben und kämpfen?“

Houston antwortete ihm nicht und ritt weiter.

Die Armee, zu der auch eine Menge Zivilisten gehörten, marschierte weiter nach Osten.
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„Houston will Hilfe holen.“, erklärte Santa Anna seinen Offizieren. Sie standen in einem Halbkreis um ihren Präsidenten herum und hörten aufmerksam zu.

„Wir sind hier.“, sagte Santa Anna und ritzte ein kleines Kreuz in den Sand „Wir müssen uns beeilen und ihm den Weg abschneiden. Coronel Morales, nehmen Sie 1000 Soldaten und gehen Sie nach Süden.“

Er ritzte mit seinem Degen eine lange Linie in den Sand, die Houstons Stellung kreuzte.

„Coronel Romero, Sie ziehen mit 800 Mann nach Norden. Ich stosse dann mit 700 Mann dazu.“

Einige Offiziere nickten. Wenn Santa Annas Manöver klappte, würden sie Houstons Texaner von drei Seiten erwischen.

„Excelencia“, widersprach da Castrillon und Santa Anna unterdrückte nur mit Mühe ein Fluchen. Konnte dieser verdammte Narr nicht endlich seine Klappe halten?

„Ist es ratsam, unsere Streitmacht zu teilen?“

Santa Anna starrte ihn lange an, bevor er leise antwortete: „Es ist Zeit, diese Sache ein für alle mal zu beenden! Vamos!“



„Sir, der Feind lacht sich tot über Sie.“, las Austin vor „Sie müssen ihn bekämpfen. Sie dürfen sich nicht weiter zurückziehen. Das Land erwartet dass Sie kämpfen. Sie müssen zum Heil unseres Landes endlich entsprechend handeln. Gezeichnet: David G. Burnet, Präsident.“

Die Texaner hatten ihr Lager um einen kleinen See herum aufgestellt. Viele der Zivilisten waren von den anstrengenden Märschen nach Osten zu Tode erschöpft. Und alle fragten sich: Wann halten wir denn endlich an?

Houston schien das nicht zu kümmern. Er stand am See und schmiss Steine ins Wasser, als wäre dies ein Campingausflug.

„Sir?“, fragte Austin „Wann kämpfen wir endlich?“

Langsam drehte sich Houston zu ihm um.

„Dann, wenn wir weiter gezogen sind.“



Die gut 700 Mann der mexikanischen Armee unter der Führung von General Antonio Lopez de Santa Anna hatten es nicht leichter.

Santa Anna gönnte ihnen beinahe keine Atempause, schickte sie von Gewaltmarsch zu Gewaltmarsch.

Als sie schliesslich einen kleinen, sumpfigen Bach überqueren mussten, sackten die schweren Räder ihrer einzigen Kanone ein.
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Hastig rannten ein gutes Dutzend Soldados heran und zerrten an ihr. Sie banden dicke Seile an die Räder und schleppten die Kanone mühsam Zentimeter um Zentimeter aus dem Bach.

Doch dann rissen die Verstrebungen des linken Rades und die Kanone sackte vollends in den Bach.

„Zurücklassen.“, befahl Santa Anna von seinem Pferd herab.

„General?“, fragte Castrillon zweifelnd „Das ist unser einziges Geschütz! Wenn wir es - “

Der mörderische Blick Santa Annas liess ihn schnell verstummen.

Im Führungsstab der texanischen Armee begannen sich so etwas wie aufrührerische Gedanken zu hegen.

Colonel Neill, Colonel Austin und mehrere weitere Männer redeten leise miteinander.

„Es wird endlich Zeit zu kämpfen.“, flüsterte Austin und erntete zustimmendes Nicken „Wenn wir ewig weiter davonlaufen, reiben wir uns selber auf.“

Neill meinte leise: „Falls Houston nicht bald etwas beschliesst, werde ich boykottieren! Schlimm genug dass wir den armen Jungs in Alamo nicht helfen konnten, doch jetzt fliehen wir wie feige Hunde!“

„Wir brechen auf.“, erklang Houstons Stimme hinter ihnen. Erschrocken fuhren die Männer herum.

„Wir ziehen weiter nach Osten.“

Austin legte langsam sein Gewehr zur Seite und ging auf Houston zu.

„Die schlachten unsere Brüder ab und wir laufen weg.“, sagte er bedrohlich leise „Es wird Zeit, dass sie dafür bezahlen! Und wenn nicht jetzt, dann sagen Sie mir wann!“

Neill stellte sich mit verschränkten Armen hinter Austin.

„Brecht das Lager ab!“, befahl Houston seinen Männern laut. Dann liess er Austin stehen und ging davon.



Das nächste Lager errichteten die Texaner bei Anbruch der Dunkelheit. Sobald Houstons Zelt stand, verzog er sich dahin.

Juan Seguin trat langsam ein.

„Sam, wenn wir weiter weglaufen, wird sich ihre Armee auflösen.“, sagte er leise. Houston seufzte erleichtert. Zumindest Seguin schien begriffen zu haben, was hier getan wurde.

„Hol mir Austin und Neill her.“

Als sich die beiden in Houstons Zelt eingefunden hatten, fing Houston langsam an zu erklären: „Vor ungefähr zwanzig Jahren kam Napoleon aus dem Exil von Elba zurück, stellte eine Armee auf und marschierte nach Osten.
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Unverzüglich. Bevor andere Nationen sich verbünden konnten.“

Houston ging langsam in seinem Zelt auf und ab.

„Wellington, mit weniger Männern und schlechter bewaffnet, befand sich einen Schritt vor den Franzosen und provozierte sie mit seiner Anwesenheit. Er wusste, dass eine grosse Armee sich teilen müsste, um ihm zu folgen. Er zog weiter und wartete. Er zog weiter und wartete darauf, dass Napoleon einen Fehler machte und in eine Situation geriet, die ihn zum Untergang verdammte. Wellington entschied sich für den Schauplatz des Sieges bevor es ihn gab, bevor er ihn gesehen hatte.“

Houston blieb stehen und sah seine Offiziere an.

„Es war ein offenes Schlachtfeld. Eine Ebene mit Gefälle. Deckung für das Lager. Und die Möglichkeit, dem Feind in die Flanke zu fallen. Santa Annas Armee ist bereits geteilt. Sie wissen es noch nicht, doch die Mexikaner klammern sich bereits an Strohhalme. Ich teile Wellingtons Vorstellung von einem Schlachtfeld, auch wenn ich noch nicht weiss wo es ist.“

Als Houston die angespannten Gesichter seiner Offiziere sah, beschwichtigte er sie rasch: „Nein, keine Angst, ich halte mich nicht für Wellington. Aber General Santa Anna hält sich, und keiner weiss warum, für den Napoleon des Westens. Wir werden weitermarschieren und warten. So lange bis er einen Fehler macht. Dann beschert er uns sein eigenes Waterloo…“



Steve O’Hara schlich langsam durch das Unterholz, seine Sinne angespannt. O’Hara war ein Scout der texanischen Armee. Stets patrouillierten diese Männer ausserhalb des Armeelagers, damit kein Feind überraschend auf sie zukommen konnte.

O’Haras kantiges Gesicht verzerrte sich zu einem Grinsen, als er nahe dem texanischen Lager die Hufschläge eines Pferdes hörte.

Langsam ging der Späher in die Hocke und spannte den Hahn seines Gewehres. Die Büsche würde ihm ausreichend Deckung geben, falls der Reiter ein Mexikaner sein sollte.

Ein schmales Lächeln erschien auf seinen Lippen, als sein Opfer in Sicht kam.

Es war ein junger mexikanischer Kurier.

Langsam legte O’Hara die Büchse an.

José Vasquez galoppierte hastig über den kleinen Waldweg.
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Er hasste Botenritte, zumal er sich im tiefsten Feindesland befand. Rechts konnte er durch die Bäume das Lager der Texaner sehen und er fing an zu schwitzen.

Seit ihn Santa Anna als Boten einsetzte, fühlte er sich immer unsicher. Im Schutz des Lagers und der anderen Soldaten fühlte er sich einigermassen geborgen, doch hier…

Ausserdem war Esparza nicht mehr bei ihm, da er in die Truppen von Coronel Morales versetzt worden war.

So in Gedanken versunken sah er den Späher Steve O’Hara erst, als es zu spät war.

Dessen Kugel traf ihn in den Bauch und riss ihn vom Pferd.



Als Steve O’Hara mit seinem Gefangenen zum Lager zurückkehrte, entstand helle Aufregung.

O’Hara schleppte den verwundeten Vasquez wie einen Sack hinter sich her, ein triumphierendes Grinsen im Gesicht.

Hastig nahmen sich die Tejanos des vor Schmerzen zitternden Vasquez an.

Sie lehnten ihn vorsichtig an einen Baum.

„Wasser!“, rief Juan Seguin „Wasser!“

Er versuchte Vasquez zu beruhigen, doch dieser zitterte nur unkontrolliert mit den Händen.

Langsam flösste Seguin ihm ein wenig Wasser ein und der Junge schluckte gierig.

„Keine Sorge.“, beruhigte Seguin ihn auf Spanisch „Es wird alles wieder gut.“

Vasquez spuckte auf einmal Blut, dann beruhigten sich seine zitternden Hände und sein Blick wurde starr.

Langsam schloss Seguin die Augen des jungen José Vasquez.



Langsam trat Seguin in das Zelt und nahm den Hut ab.

„Was gibt’s?“, fragte Houston, ohne von seiner Karte aufzusehen.

„Steve hat einen mexikanischen Kurier gefangen.“, berichtete Seguin „In seinen Briefen steht, Santa Anna ist in der Nähe. Und er ist getrennt von seiner Armee…“

Houston ging langsam an ihm vorbei. Endlich hatte er die Mexikaner da, wo er sie haben wollte.

Er schritt aus dem Lager heraus und durch ein kleines Wäldchen.

Vor ihm erstreckte sich eine Ebene, etwa vierhundert Meter lang. Sie hatte ein leichtes Gefälle und war von allen Seiten von Wald umrahmt.

Und am anderen Ende befand sich das Lager Santa Annas.

Houston ging einige Meter auf die mit Gras bewachsene Ebene hinaus.
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Er sog die Luft tief in seine Lungen und schmeckte den frischen Duft des Waldes. Langsam nahm er den Dreispitz ab.

Die Atmosphäre des Ortes erfüllte ihn mit einem wohligen Schauer.

„Hast du einen Namen?“, fragte er leise und ehrfürchtig.



General Manuel Castrillon ging raschen Schrittes durch das kleine Lager.

Es waren nur etwa vierhundert Soldaten und ein Dutzend Kavalleristen. Keine einzige Kanone.

Viel zu wenige…

„Excelencia“, sagte er, als er Santa Anna erreichte und salutierte „Wir haben Berichte über Truppenbewegungen der Texaner. Houston ist nur zwei Meilen entfernt.“

Auf Santa Annas Gesicht erschien ein breites Lächeln. Endlich!

„Wir brechen auf!“, sagte er gutgelaunt „Jagen wir den feigen Hund!“

„Sénor“, unterbrach ihn Castrillon verärgert „Er läuft nicht weg. Er ist auf dem Weg hierher.“

Das Lächeln auf Santa Annas Gesicht verblasste.

Langsam wandte er sich von Castrillon ab und sah auf die Ebene hinaus, die sein Lager noch von der Armee der Texaner trennte.

Hier würde sich also das Schicksal aller Beteiligten besiegeln…



Im Lager der Texaner herrschte grosser Betrieb. Waffen wurden geputzt, Kanonen auf Räder montiert, Messer geschliffen und Munition und Pulver abgefüllt.

Alles bereitete sich auf die grosse Schlacht vor.

General Samuel Houston tat ebenfalls seinen Teil dazu. Er rasierte sich.

Beinahe schnitt er sich in die Wange, da er so aufgeregt war. Endlich bekämen sie ihre gerechte Rache.

„Es gibt eine Brücke hinter der Front.“, sagte er zu Captain Seguin, als er sein Gesicht mit einem Lappen abwischte „Die sollen Smith und seine Männer in Brand stecken.“

Keiner der Mexikaner sollte entkommen. Sie alle sollten büssen für ihre Taten.

Seguin nickte und wollte sich entfernen, als ihn Houston zurückhielt.

„Du und deine Leute, ihr bewacht das Lager.“, befahl er „Da draussen könnte es drunter und drüber gehen. Die Männer werden jeden Mexikaner erschiessen.“

Doch Seguin schüttelte den Kopf.

„General, Sie haben mir befohlen, nicht nach Alamo zurückzugehen.
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Und ich gehorchte Ihnen.“, sagte er mit fester Stimme „Aber das ist auch unser Kampf!“

Houston starrte den Tejano an.

Dann meinte er: „In Ordnung, ihr stosst zu Sherman auf der linken Flanke.“

Seguin entfernte sich zufrieden. Auch er würde seine Rache bekommen.

Die Vorbereitungen für die Schlacht gingen nun ihrem Ende zu und Houston befahl, durch den Wald vorzurücken.

Langsam setzte sich der Tross in Bewegung.

Späher sicherten den Platz hinter dem Wald und gaben dann das Zeichen, dass er sicher war.

Die Mexikaner hatten in aller Eile Barrikaden errichtet und gingen nun davor in Stellung.

Abteilung um Abteilung kamen die Texaner nun aus dem Wald heraus und stellten sich auf.

Beim Anblick der zwei Zwölfpfünder lief es den meisten mexikanischen Soldaten eiskalt den Rücken hinab.

José Batres hatte sich ein wenig zurückgezogen, ebenso General Cós und Santa Anna. Castrillon stellte sich neben seine Soldaten an die vorderste Front.

Juan Seguin teilte unterdessen Jasskarten an seine Tejanos aus.

„Steckt euch diese Karten an die Hüte, damit ihr nicht verwechselt werdet.“, erklärte er.

Langsam gingen die Kompanien in Stellung. Sie bildeten zwei lange Reihen.

Sam Houston schwang sich auf seinen Schimmel und ritt langsam die Front ab.

Ein prüfender Blick sagte ihm, dass sie gegenüber den Mexikanern eindeutig im Vorteil waren. Es würde eine grossartige Schlacht werden…

Als er ein Mal die Reihen seiner Männer abgeritten war, kehrte er wieder zurück und hielt ungefähr in der Mitte vor seinen Leuten.

Alle sahen ihn erwartungsvoll an.

Mit einer raschen Bewegung holte er seinen Säbel aus der Scheide und hielt ihn in die Luft. Sein Pferd stellte sich wiehernd auf die Hinterbeine und Houston brauchte eine Weile, bis es sich wieder beruhigt hatte.

Dann rief er mit lauter Stimme: „Ihr werdet euch an diese Schlacht erinnern. An jeden Augenblick. An jede Sekunde! Bis zu dem Tag an dem ihr sterbt!“

Sein Pferd drehte sich einmal im Kreis, dann hatte Houston es wieder beruhigt. Sogar die Tiere schienen die Stimmung zu fühlen, die in der Luft lag.

„Aber das gilt für die Zukunft, Gentlemen!“, rief Houston „Heute denken wir an Alamo!“

Laute Jubelrufe erklangen.
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Die Männer brannten auf Rache.

Houston liess vorrücken.

Rufend und Verwünschungen ausstossend gingen die Texaner langsam auf die mexikanische Stellung zu.

Sie luden ihre Musketen und jeder hoffte insgeheim, Santa Anna vor die Flinte zu bekommen.

Die Flagge von Texas, der Lone Star, flatterte bedrohlich im aufkommenden Wind.

Als die Armee gut zweihundert Meter auf die Ebene hinausgegangen war, liess Houston anhalten.

„Feuer!“, rief er.

Die beiden Zwölfpfundkanonen schossen.

Beide trafen genau in die Verteidigungslinie der Mexikaner, zersplitterten Deckungen und liessen Soldados durch die Luft fliegen.

Dann schoss die erste Reihe der Texaner ihre Musketen ab.

Die gesamte Barrikade wurde von Schüssen gepeitscht, die meisten trafen die Soldaten.

„Vorwärts!“, brüllte Houston.

Die Texaner setzten zum Sturmangriff an. Viele luden im Laufen ihre Musketen neu.

José Batres machte sich beinahe in die Hosen, als er die grimmigen Gesichter der vielen Hundert Amerikaner sah, die da auf sie zustürmten.

Hastig rannten die Soldados hin und her und versuchten, eine bessere Stellung zu erwischen.

Besonderes Pech hatten die paar Musketiere, die vor den Barrikaden postiert waren. Eigentlich war es ihre Aufgabe, die Flanken zu schützen und einige gezielte Schüsse auf die Angreifer abzugeben, doch sie wurden von der texanischen Kavallerie einfach nieder geritten.

„Vorwärts!“, rief Houston über den donnernden Lärm hinweg und gab seinem Pferd die Sporen „In den Kampf!“

Immer näher kamen die Texaner. Dann wurde es Batres zuviel. Er floh.

Castrillon blieb aufrecht stehen und sah ihm mit Verachtung nach. Als er dann Santa Anna entdeckte, der – nur in seiner Hose und dem weissen Hemd – auf einem Pferd floh, spuckte er aus.

Castrillon verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

Die letzten noch gebliebenen Verteidiger schossen ihre Musketen ab und einige trafen sogar.

Eine Kugel erwischte Houstons Pferd und dieses stürzte brüllend zur Seite.
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Schwer fiel Houston zu Boden.

Hastig rappelte der General sich jedoch wieder auf und spürte einen brennenden Schmerz an seinem linken Bein.

Juan Seguins Tejanos kamen nun über die linke Flanke geprescht.

Sie waren alle beritten und stürmten von der Seite ins Lager der Mexikaner.

„ Recuerdad el Tejanos del Alamo!”, rief Seguin – Erinnert euch an die Tejanos in Alamo! Ihre Gewehre und Pistolen fanden Nahrung im Überfluss.

Schliesslich erreichten die Texaner die Barrikade. Einige warfen sich direkt auf die in Panik geratenen Mexikaner, andere sprangen hinüber oder schossen aus dem Laufen heraus.

General Manuel Castrillon blickte die Texaner mit Hochmut an, dann traf ihn ein Kolbenhieb an der Schläfe und er ging zu Boden.

Sofort waren mehrere Texaner über ihm und einer rammte ihm sein Messer in die Brust.

Der Widerstand der Mexikaner war nun endgültig dahin. Die gesamte Streitmacht der Texaner hatte das Lager erreicht und tötete alle die sie sah.

Panisch flohen die Soldados in den nahen Wald.

Doch die Amerikaner verfolgten sie in unbezähmbarer Wut.

Einer nach dem anderen wurde eingeholt und erschlagen.

Schliesslich erreichten die Überlebenden die kleine Brücke hinter dem Lager, nur um zu sehen, dass diese brannte und weitere grimmige Texaner auf sie warteten.

Von Panik erfüllt stürzten die Mexikaner sich in den kleinen Fluss San Jacinto, verfolgt von den Kugeln der Texaner.

Die vordersten der Amerikaner stürzten sich auf die Mexikaner, hieben mit Dolchen, Gewehrkolben und Pistolen auf sie ein.

Einige wollten sich ergeben doch wie vor 15 Tagen in Alamo kannte man keine Gnade.

José Batres hatte sein Gewehr schon lange weggeworfen und paddelte über den Fluss. Wenn er nur das andere Ufer erreichen würde… Im Schutz der Bäume hätte er ausreichend Deckung um zu entkommen.

Dann erwischte ihn eine Kugel im Rücken und er erschlaffte.

Der gesamte Flussabschnitt war nun ein tosendes Inferno aus sterbenden Soldados und hasserfüllten Texanern.

Als Houston, dem man ein neues Pferd gegeben hatte, zusammen mit Seguin endlich am Fluss ankam und seinen Männern Einhalt gebot, war der Fluss von Blut rot gefärbt.
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Die Texaner hatten nur sechs Mann verloren.

Santa Annas einst so stolze Armee war in achtzehn Minuten besiegt worden.



„Hängt ihn auf!“, rief Austin „Hier an diesem Baum!“

General Santa Anna sah sich ängstlich um. Einige Texaner hatten ihn gefangen genommen, als er den Fluss zu durchschwimmen versucht hatte.

Zusammen mit vielen seiner Leute, allesamt Gefangene, war er in ein behelfsmässiges Lager geführt worden.

Es war General Cós gewesen, der ihn schliesslich – wenn auch unabsichtlich – verraten hatte. Er war vor Santa Anna stramm gestanden.

Santa Anna verstand nicht, was die Texaner so laut riefen, doch es konnte nichts Gutes für ihn bedeuten.

General Cós verstand die wütenden Schreie sehr wohl, doch er machte keine Anstalten, es seinem Präsidenten zu übersetzen. Cós war nämlich wie Castrillon im Lager geblieben. Ihn hatten sie allerdings gefangen genommen.

Doch Santa Anna war wie ein feiger Hund geflohen. Cós empfand keine Ehrfurcht mehr für diese Memme.

„Ja, hängen wir ihn auf!“, donnerte Neill und die Soldaten wollten sich eben daran machen, einen Strick zu holen, als Houston seine Stimme hören liess: „Nein!“

Sam Houston lag mit geschientem Bein auf einer Decke neben dem Baum. Die Texaner sahen ihn verwirrt an. Er hingegen blickte Santa Anna an.

„Ihr wollt Blut sehen.“, sagte er „Ich will Texas.“



Um sein Leben zu retten, trat Santa Anna alle mexikanischen Rechte an Texas ab.

Neun Jahre nach dem Fall Alamos wurde Texas zum 28. Bundesstaat der Vereinigten Staaten erklärt. Die Hauptstadt des frisch gegründeten Staates wurde nach dem siegreichen General von San Jacinto benannt: Houston.

Juan Seguin hielt sein Versprechen und kehrte nach Alamo zurück. Er begrub die Überreste seiner Freunde in San Antonio, wo sie noch heute ruhen.

Der erste Präsident des jungen Bundesstaates wurde General Samuel Houston, der den Wahlkampf gegen Austin gewann.

Die Kirche Alamos, die noch heute in San Antonio steht, ist ein Denkmal an die 189 tapferen Männer, die ihr Leben für die Freiheit von Texas liessen.













Ende.
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Ende
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Kommentare zur Story:

  Ein sehr schön spannend geschildertes Stück amerikanischer Geschichte. Du kannst gut erzählen und dich auch hervorragend in die Lage unterschiedlichster Personen hinein versetzen und daher kommen deine Protagonisten völlig überzeugend daher.
Man merkt, dass du sorgfältig recherchiert hast und ich danke dir und denen, die dich dabei unterschützt haben, für diesen Fleiß.
Toll fand ich auch dabei die vielen Bilder – allerdings wäre es NOCH schöner gewesen, es hätten ein paar Erklärungen dabei gestanden, denn oft musste ich raten, welche Person das denn jetzt sein könnte – und natürlich ganz besonders gut fand ich die humoristischen Teile. Alles in allem hast du also weitere fünf Punkte für diese Geschichte verdient und ich werde, wenn ich wieder einmal Zeit haben sollte, mich neugieriger weise dann an deinen nächsten Roman heran machen. Ich freue mich deshalb schon jetzt auf „Direkt aus der Hölle“
Deine Leseratte Doska  
doska  -  15.08.05 17:22

   Zustimmungen: 5     Zustimmen

  Hallo Aves,
eigentlich wollte ich nur mal reinlesen. Der erste Teil war auch ziemlich trocken, für mich. Und für Western habe ich mich interessiert, als ich so dreizehn, vierzehn Jahre alt war. Aber um einen Eindruck vom Erzählstil, von der Struktur, von der Handlungsführung zu bekommen, habe ich auch in Teil zwei reingelesen, und dann in Teil drei und dann, ... na ja, die Zeit verging recht schnell.
Du hast noch einige Fehler im Text. Aber das sind Sachen die schnell bereinigt sind.
Was soll ich anderes sagen als: Gut gemacht!
Überarbeite das Ganze und versuche es bei einem Verlag unterzubringen. Damit stimme ich mit meinem Vorredner überein. Ich glaube schon, du findest jemanden der die Geschichte druckt.
Gruß  
Charly  -  03.03.05 21:04

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Hi!

Was für eine Geschichte... und du bist so stilsicher geworden. Also, ich kann nur immer wieder sagen, dass das das Beste ist, was ich von dir gelesen habe. Warum veröffentlichst du das nicht? Ich kenne einen Verlag, der gerade zu einem der richtig großen wird und auf dem Weg dorthin nach jungen, aufstrebenden Autoren sucht. Und ich finde, eine Geschichte, in dem Stil und dieser Art und Weise hätte das richtige Zeug dazu!
Es endet irgendwie wie der Film über den Soldat James Ryan. Aber so endet doch fast jeder amerikanische Film über Krieg und Ehre... Ich finds auf jeden Fall gut, besonders das letzte Stück.
Wie fühlst du dich jetzt, da du so ein historisches Epos geschrieben hast? Bist du erleichtert? Hast du neue Ideen?
Vielleicht ein neuer Fantasy-Roman, aber diesmal in der Art, wie du Alamo geschrieben hast.
Ich bin übrigens mit dem zweiten Kapitel schon fertig und kurz vor dem Ende vom dritten, aber ich weiß nicht, ob die Richtung gut ist, in die ich manövriere... vielleicht kannst du ja mal ein bisschen objektiver beurteilen...  
Benedikt  -  03.03.05 15:14

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Kommentar von "Kleine Meerjungfrau" zu "Bah, Ekelattacke"

Muahhhh, bah, widerlich, ekelhaft... Wie kommt man denn auf soetwas?? Da hast du dich aber geekelt an dem Tag, oder? Und du steckst die anderen damit an. Auch wenn der Inhalt fies ist, ein gelungener ...

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Kommentar von "rosmarin" zu "Die Belfast Mission - Kapitel 02"

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