Romane/Serien · Fantastisches

Von:    Conva      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 1. Mai 2004
Bei Webstories eingestellt: 1. Mai 2004
Anzahl gesehen: 2536
Seiten: 5

Diese Story ist Teil einer Reihe.

Verfügbarkeit:    Die Einzelteile der Reihe werden nach und nach bei Webstories veröffentlicht.

   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


2.4 Flucht



Seit dem Zwischenfall war nun bald ein Jahr vergangen. Die Wunden auf Cáras Rücken waren dank der Salbe der Diza gut verheilt, auch wenn einige Narben zurückgeblieben waren.

Sie arbeitete hart und stahl sich nebenbei soviel Essen wie nur möglich, da sie dank Luilla immer wieder mit Hungerstrafen belegt wurde. Doch hatte das Mädchen nach einigen Wochen deutlich weniger Zeit, sie zu quälen, das sie auf eine Schule geschickt wurde und nebenbei dazu angehalten wurde, so viel wie nur möglich an „notwendigen gesellschaftlichen Fähigkeiten“ zu erlernen. Sie bekam außer dem normalen Unterricht in der Schule, der Hauswirtschaft, Nähen, etwas Lesen und Rechnen beinhaltete auch Stunden in Singen, Tanzen, Malen und Reiten, so dass sie meistens erst abends erschöpft nach Hause kam. Soweit Cára es beurteilen konnte, war Luilla in keinem der Fächer besonders erfolgreich, doch ihre Eltern schienen trotzdem zufrieden zu sein. Eines Tage kam jedoch heraus, dass dies daran lag, dass Luilla ihre Eltern die ganze Zeit über belog und auch die Berichte ihrer Lehrer durch eine viel begabtere Freundin fälschen lies. Das folgende Donnerwetter genoss Cára beinahe, da einmal nicht sie die Betroffenen war. Gleichzeitig fürchtete sie jedoch, Luilla könne ihre schlechte Laune wieder an ihr auslassen. Deshalb wich sie der Diza nicht von der Seite und diese sorgte dafür, dass Cára in der Küche immer viel zu beschäftigt war, als das sie irgendetwas anderes hätte tun können.

In der Diza hatte Cára eine treue Verbündete gefunden, auch wenn sie niemals wirklich freundlich zu ihr war. Aber sie half ihr gelegentlich gegen die Wirtsfrau, drückte ihre Augen zu, wenn Cára noch einen zweiten Teller Suppe aß und gelegentlich gab sie ihr sogar kleine Köstlichkeiten wie ein Stück Schinken oder Vioya, den würzigen Käse der Ziegen. Auch für ihre Verletzungen hatte Diza te Fuir immer eine passende Salbe. Während sie gemeinsam in der Küche arbeiteten, erklärte sie Cára, wie die Salben zubereitet waren und welche Kräuter bestimmte Leiden als Tee lindern konnten.

Cára versuchte sich all diese Informationen zu merken, denn sie konnten ihr womöglich noch einmal wichtig sein. Ihren Plan zu flüchten hatte sie nicht eine Sekunde lag vergessen, seit sie von der Giza so brutal bestraft worden war.
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Bisher hatte sich jedoch keine Möglichkeit dazu ergeben. Sie wurde nachts eingeschlossen und tagsüber waren zu viele Leute im und um das Wirtshaus, als das sie sich unbemerkt hätte fortschleichen können.

Doch Cára ließ sich nicht beirren.

Ohne schlechtes Gewissen bestahl sie die Wirtsleute, denn sie wusste dass Groot nicht besonders gut mit Zahlen umgehen konnte und kleine Fehlbeträge deshalb nicht auffielen. Auch hatte sie stets einen Vorrat an getrocknetem Fleisch bereit, falls sich unerwartet doch einmal eine Gelegenheit bieten sollte.

An einem geheimen Platz im Stall hatte sie ihre Kleidung für die Flucht versteckt: Es waren Hosen, Hemd und Wams, wie Jungen sie gewöhnlich trugen. Sie war zu dem Entschluss gekommen, dass es als Junge sicherer war, außerdem würde dies ihre Spur hoffentlich verwischen, so dass die Giz sie nicht finden würden. Zwischen dieser Kleidung lag ein scharfes Messer aus der Küche

Ihr Plan sah vor, sich nach Möglichkeit auf eines der Boote zu schleichen, die das Holz flussabwärts transportierten. Damit würde sie wesentlich schneller unterwegs sein als zu Fuß und würde somit einen entscheidenden Vorsprung vor dem Giz gewinnen können, der Reisen auf dem Fluss strikt ablehnte, aus Angst vor dem Wasser. Dann wollte sie versuchen, irgendwo eine anständige Arbeit zu finden, vielleicht sogar eine Lehre in einem handwerklichen Beruf ergreifen. Von Thetsa würde sie sich jedoch fernhalten, da sie dort sicher als erstes gesucht würde. Ob sie weiterhin als Junge oder als Mädchen auftreten würde, musste sich dann je nach den Gegebenheiten zeigen. Doch als Junge hätte sie es zweifellos leichter, einen Lehrplatz zu bekommen. Auch stellte man Jungen in der Regel weniger Fragen nach ihrer Herkunft. Cára befürchtete nicht, dass man ihre wahre Identität schnell entdecken würde, da sie mit ihren 13 Jahren zwar sehr groß, doch dabei auch sehr schlank und ohne jegliche weiblichen Rundungen war. Luilla zog sie damit gelegentlich auf, doch sie ahnte nicht, wie dankbar Cára für diesen Umstand war. Denn auch mit ihrer knabenhaften Gestalt zog sie in der Schenke mehr männliche Aufmerksamkeit auf sich, als ihr lieb war. Seit ihrem Erlebnis mit dem Min vor vielen Jahren hatte sie stets Angst, diese Szene würde sich wiederholen.
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Sie verabscheute Männer, vor allem die betrunkenen schmutzigen Gestalten, die bis nach Mitternacht im Wirtshaus gröhlten und lärmten und mit heldenhaften Taten prahlten, die sicher allesamt erfunden waren!



Es war ein heißer Sommer und die Hitze war noch stärker als gewöhnlich an diesem Tag. Cára schwitzte in der Küche über dem heißen Abwaschwasser, als der Giz sie rief.

„Wir haben eine Ladung Essen bekommen, sie liegt auf einem der Schiffe am Hafen. Giu ist krank, also musst du mir helfen, die Sachen auf den Karren zu laden und im Schuppen zu verstauen.“ erklärte er. Giu war der Junge eines Nachbarn, der gelegentlich bei schweren Lieferungen mithalf, da am Hafen alles schnell gehen musste. Der Kai war nur klein, so dass die Schiffe stets nur eine begrenzte Liegezeit bekamen.

„Spann schon einmal an, ich komme dann.“

Cára tat, wie ihr geheißen war. Innerlich jubelte sie dabei, denn eine Fahrt zum Fluss würde sie vielleicht etwas abkühlen. Sie war erst zweimal im Hafen gewesen, beide male mit der Giza, die frischen Fisch für die abendliche Suppe gekauft hatte, den Cára tragen musste. Einem plötzlichen Gefühl folgend verbarg sie unter den umfangreichen Röcken, die die Mode selbst der einfachsten Magd diktierte, ihr Kleiderbündel und das getrocknete Fleisch. Ihr Herz klopfte dabei, denn sie durfte sich auf keinen Fall mit diesen Dingen erwischen lassen.

Als sie und der Giz schon ein Stück die Strasse herunter gefahren waren, rief Groot auf einmal: „Mein Geld! Ich habe das Geld liegen lassen!“ Also fuhren sie zurück zum Wirtshaus. Groot sah Cára einen kurzen Augenblick misstrauisch an und brummte dann: „Lauf schnell in meine Stube. Auf dem Schreibtisch dort liegt ein Beutel mit Gold. Aber beeil dich und versuch nicht, mich zu betrügen, denn das würdest du schnell bereuen!“

Solcherart gewarnt und innerlich grinsend über die Arglosigkeit über den Ausmaß ihres bereits verübten Betrugs sprang Cára schnell die Treppe empor zu Groots Stube. Auf dem Schreibtisch fand sie, wie von ihm beschrieben, zwischen allerlei anderen Dingen den schweren Beutel mit Gold. Einen Augenblick lang war sie in Versuchung, ein oder zwei Goldstücke daraus an sich zu nehmen.
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Doch dann sagte sie sich, dass er sicher ganz genau nachzählen würde und so ließ sie es bedauernd sein. Gerade wollte sie sich abwenden, als ihr Blick auf etwas Glänzendes fiel, dass halb von einem Bogen Pergament, einem Beutel mit Tabak und einer Pfeife verborgen war. Neugierig sah sie nach und erblickte die Kette mit dem Medaillon, die sie nach den Angaben der Giza te Trang bei ihrer Ankunft im Waisenhaus bei sich gehabt hatte. Schnell steckte sie es in eine ihrer Schürzentaschen und rannte dann zurück zum Karren und dem ungeduldig wartenden Groot.

Wie sie es geahnt hatte, zählte er penibel das Gold nach, während sie den Wagen lenkte. Beruhigt grunzte er dann und trieb sie zur Eile.



Am Hafen war es etwas kühler, dennoch war der Geruch von in der Hitze schnell faulendem Fisch durchdringend. Groot übernahm die Zügel und lenkte den Wagen zu einem kleinen Schiff am äußeren Rand des Piers. Dann sprang er herunter, befahl Cára zu warten und sprach mit einem großen, stämmigen Mann, dem das Schiff offenbar gehörte. Dieser wies mit der Hand auf einige Kisten und Säcke, die schon abgeladen waren. Schon freute Cára sich, dass sie es nicht weit mit der Schlepperei hatte, da schüttelte der Wirt den Kopf. Nach einigen weiteren Satzwechseln kam er zum Karren zurück.

„Los komm, die Sachen sind noch unter Deck!“ befahl er.

Sie band Klepper an einen Ring der in die Wand eines der Lagerhäuser eingelassen war. Dann folgte sie dem Giz an Bord und durch eine schmale Luke eine Leiter hinunter in den Lagerraum. Der Giz befahl ihr, ihm die gekennzeichneten Kisten und Beutel durch die Luke hoch zu reichen.

Es war Schwerstarbeit, die Kisten hochzustemmen, doch sie war durch die harte Arbeit im Wirtshaus daran gewöhnt und ihre Muskeln waren stärker als die eines Mädchens vergleichbaren Alters normalerweise waren. Nachdem sie alles an Deck geschafft hatten, musste Cára die Kisten über eine Laufplanke zum Karren tragen. Der Giz arbeitete zu ihrem Erstaunen nach einer kurzen Zeit ebenfalls mit. Sie wusste ja nicht, dass einige Matrosen ihn aufgezogen hatten, dass er im Gegensatz zu seinem dünnen Mädel zu schwach wäre, um die Waren zu tragen.

Der Kapitän des Schiffes rief ihnen ungeduldig zu, sich zu beeilen, da er mit dem pünktlichen Ablegen keinesfalls warten würde, bis sie ihre Sachen abgeladen hätten.
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Dies brachte Cára auf eine Idee.

Während sie endlich alles Kisten und Säcke auf dem Karren, der bedrohlich knarrte, verladen hatte, ging Groot zum Kapitän, um die Waren zu bezahlen. Diesen Moment nutzte sie, um sich unbemerkt an Bord des Schiffes zu schleichen und sich in dem noch offenen Lagerraum zu verstecken.

Wie sie erhofft hatte,. kam gleich darauf der Kapitän ebenfalls an Bord und schon erschallten sie Kommandos zum Ablegen.

Cára jubilierte, als sie das Geräusch des Wassers hörte, das am Rumpf entlang strömte. Endlich frei!



So leise wie möglich zog sie ihre Kleidung aus und schlüpfte in die ungewohnten Hosen und das Hemd. Herrlich war das und so viel kühler als ihre schweren Unterröcke! Dann hängte sie sich die Kette um und verbarg sie unter ihrem Hemd. Als nächstes ergriff sie ohne zu zögern ihren Zopf mit den inzwischen rotblonden Haaren und schnitt ihn mit dem Küchenmesser ab. Eine zeitlang betrachtete sie ihn. Wie oft war sie von der Wirtsfrau oder Luilla daran gezogen worden! Beinahe kam es ihr vor, als hätte sie ihren Zopf symbolisch für die Ketten der Sklaverei – denn dies war ihr Leben im letzten Jahr gewesen – abgetrennt. Da sie keinen Spiegel hatte, versuchte sie so gut es ging, das Haar weiter zu kürzen, bis es wie ein Helm ihren Kopf umgab. Nun blieb nur noch eines zu tun: Sie ergriff die alten Klamotten bis auf eine Schürze und warf sie achterlich aus einem der Schießschartenartigen Löchern, die ringsherum zum kühlen in das Holz geschnitten waren. So gut es ging entfernte sie ihre Haare vom Boden und warf sie hinterher, während sie hoffte, das niemand diese verräterischen Spuren bemerken würde.

Von der Schürze trennte sie die Bändel ab, um damit das Messer an ihrer Wade unter der Hose zu befestigen. Der Rest der Schürze diente ihr als Kopfkissen, als sie sich dann hinter einigen Fässern in eine Ecke des Raumes legte. Vom sanften Schaukeln des Schiffes gewiegt, schlief sie alsbald ein. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen und sie träumte von der Freiheit. Wie ein wilder Drachenvogel flog sie über das Land und niemand konnte mehr über sie bestimmen, während in ihren Ohren eine süße aber ungezähmte Melodie erklang.
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, während in ihren Ohren eine süße aber ungezähmte Melodie erklang.
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Kommentar von "Sabine Müller" zu "verkaufte Seele"

Hallo, sehr berührend. Gefällt mir gut, auch wenn es sehr traurig ist. Gruß Sabine

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