Briefe an den Erzbischof # 3   42

Romane/Serien · Schauriges

Von:    Thomas Redfrettchen      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 14. März 2004
Bei Webstories eingestellt: 14. März 2004
Anzahl gesehen: 2141
Seiten: 3

Diese Story ist Teil einer Reihe.

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   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


An Erzbischof Alexander,



vergebt die Eile und fehlende Sorgfalt dieses in Schwindel und Bedrängnis geschriebenen Briefes. Zwar bin ich im Moment nicht der Ansicht, dass dieser Brief jemals sein Ziel erreichen wird, aber trotzdem will ich es versuchen, ein letztes Mal.

Der Bote des Grafen, der zu Euch gesandt wurde, um meine letzten beiden Schriften zu übermitteln, ward nicht mehr gesehen, denn er hatte den Befehl, unverzüglich zurückzukehren. Und da es dem Grafen aus finanziellen Gründen unmöglich ist, einen weiteren Boten zu verlieren, werden wir hier wohl nie erfahren, was mit ihm geschehen ist.



Ich schreibe nun am einundzwanzigsten Juni zu Euch, es ist wieder klarer, als im Monat zuvor. Ich glaube langsam, dass mit dem düsteren Himmel auch die Grauen, die diesen Ort das letzte halbe Jahr gegeißelt hatten, gegangen sind.

Ich bin nun allein hier im Kellerarchiv, keine weitere Menschenseele ist in diesem Kloster. Selbst mein Schützling, Seralia, verließ mich gestern, um ihren Rachefeldzug zu beginnen, den sie die letzten paar Wochen sorgfältig und (so dachte sie zumindest) unbeobachtet geplant hatte. So denn vergebt mir meine Neugier und alle andere Unzucht, die ich vergangen habe in den vorigen Monaten. Nun ist meine Seele sowieso dem Untergang geweiht, wie alles in diesen verfluchten Gemäuern, dass nicht schnell genug entfliehen konnte. Also werde ich meine letzte Beichte in schriftlicher Form an Euch oder an Gott, wer weiß, ablegen. Ich schreibe die nachfolgenden Zeilen in Scham, trotz leichter Trunkenheit, die nicht durch Wein, viel mehr durch die schwere Luft hier verursacht wurde.



Schon seit der Ankunft von Seralia verspürte ich die Liebe zur ihrem Körper. Es waren niedere Gelüste, die mich zu ihr trieben, krankhaft, doch zu stark, um ihnen zu widerstehen. In der Tatsache, dass ich sowieso nicht im Elysium weilen werde, beschreibe ich euch noch mit letzter Willenskraft die genauen Umstände zwischen Seralia und mir.

Im Februar hatte ich ihr meine Liebe gestanden. Als ob sie gewusst hätte, dass ich genauso verdorben war wie sie, nur scheinheilig vorgebend, sie wäre die Reinheit in Person, hatte sie auch eine starke Zuneigung zu mir. Im Geheimen verbrachten wir viele Nächte in meinem Gemach, Nächte angefüllt mit fleischlicher Wollust und immer währendem Verlangen nach ihr.
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Dies konnte natürlich nicht unbemerkt bleiben, wie ich mir hätte denken können. In diesem Monat bemerkte eine der Schwestern unsere unlautere Liebschaft, das ich ihr das Leben gewaltsam nehmen musste

Ich betäubte sie und ließ sie dann im Schlafe ersticken, ganz ruhig war sie gewesen, wie in Gottes Armen gewiegt lag sie dann im ausgebrannten Vorratskeller, so als wäre sie dort erstickt. Das Theaterstück war perfekt inszeniert, niemand kümmerte sich noch um die Umstände des Todes, war ein mysteriöses Ableben doch im letzten halben Jahr keine Seltenheit mehr gewesen. Still und ruhig wurde sie auf dem Friedhof begraben, allen schauderte es wieder bei dem Grab der Schwester Anna, alles erinnerte sich wieder an die grausige Nacht. Wieder verließen einige Schwestern des Kloster, obwohl doch wieder Ruhe eingekehrt war, Erleichterung, dass der Himmel wieder strahlend blau auf uns hinab schaute. Doch es schien nicht nur die eine Vermutungen gehegt zu haben, alle gingen mir in den letzten Tag ihres Verweilens hier aus dem Weg. Vielleicht wussten sie alle, was die Monate geschehen war, vielleicht vermuteten sie viel zu vage, dachten, dass ich alle in den Wahnsinn getrieben hatte oder Seralia. Aber nein, Alexander, glaubt mir, ich habe sie nicht auf dem Gewissen, nur die eine, und meine und Seralias Seele.

Nach und nach, jeden zweiten Tag verließen sie das Kloster, mit fadenscheinigen Begründungen. Nun, es war ihnen nicht zu verübeln, hatte unsere Institution nun schon ihren Sinn und ihre Moral verloren. Am zwanzigsten dieses Monats war ich allein mit meiner geliebten Seralia. Es war einerseits eine Erleichterung unser Tun nicht mehr versteckt zu halten, doch auch eine gewisse Bedrücktheit, völlig allein hier zu leben, in diesem Kloster, das nun keines mehr war. Zudem hatte es anscheinend auch den Reiz verloren unserer Lust in leeren Hallen und Gängen zu frönen. Mein ganzes Leben hatte seinen Sinn verloren, erst recht, als meine Geliebte auf ewig ihren Dämonen nachzujagen begann.



Nun sitze ich hier, auf dem tiefsten Punkt. Meine Schrift sowie meine Sicht verschwimmen langsam vor meinen Augen. Schwindel und Müdigkeit plagt mich, doch bin ich glücklich dem Teufel jetzt näher zu sein, so dass er nicht so einen weiten Weg hat mich zu holen. Was auch immer meine Briefe ins Nichts verschwinden ließ, wird mich jetzt nicht davon abhalten, diesen an Euch oder Gott zu richten, wobei nur Er ihn lesen wird und jene, die mich finden werden, hier, beraubter Seele und beraubtem Verstand, vielleicht auch tot.
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Die Tür zu diesem Archiv ist geschlossen, ich schreibe fast ohne Licht, nur ein Fenster wurde hier eingelassen. Und doch spüre ich eine erdrückende Wärme, ein Anzeichen, dass der Finstere sich mir nähert? Ich kann seinen Atem förmlich spüren. Langsam haucht er mir zu, ich solle ihm folgen. Meine letzte Glaubenskraft erwehrt sich ihm standhaft. Ich hoffe es erfüllt Euch mit Stolz, dass ich auch in höchster Verzweiflung noch dem Herrn vertraue. Habt ihr mich aufgegeben? Habt ihr meine Briefe doch erhalten? Ja, ihr habt sie alle bekommen, habt Eure Seele an die Ignoranz verloren, ist es nicht so?



Ach, ich vergaß zu schreiben, dass ich kein Kleidungsstück an mir trage. Hier unten sieht mich keiner. So werde ich mein Schicksal anlocken. Soll es mich holen, das Luftholen fällt mir schon schwer.



Alexander! Jetzt habe ich es begriffen. weiß nun was geschah
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Punktestand der Geschichte:   42
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Kommentare zur Story:

  war schon aufs ende gespannt und es ist natürlich was anderes passiert als ich dachte^^
gefällt mir alles seeehr gut, leider kann ich ja nur 5 punkte geben aber die bekommst du zumindest^^  
darkangel  -  25.01.07 22:25

   Zustimmungen: 5     Zustimmen

  Da kann man nicht mehr viel zu sagen!
Sehr gut!  
K.C. Crow  -  25.03.04 13:17

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

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Kommentar von "SCvLzH" zu "Am Meer"

... melancholisch aber schön ...

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