Chaos in Kapstadt - Joan Unclear Fall 5   41

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches

Von:    Susan Quark      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 5. Februar 2004
Bei Webstories eingestellt: 5. Februar 2004
Anzahl gesehen: 2281
Seiten: 22

Diese Story ist Teil einer Reihe.

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   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


Blödsinn. Die Kultisten wurden immer frecher. Nun brachten Sie sogar schon Comics, Filme, Spiele und Groschenromane heraus, die den Cthulhu Mythos zum Inhalt hatten. Ich legte den Heftroman mit dem Titel "Cthulhu lebt!" von einem gewissen Robert Craven unter meinen Liegestuhl und blinzelte in die Sonne. Lichtreflexe vom Swimmingpool tanzten auf den weissen Mauern der Hotelterrasse.



War es am Ende doch wie Urlaub? Es war Nachmittag. Unser Chef, seine Königliche Hoheit Prinz Charles, machte in seinem Zimmer im obersten Stockwerk des Kapstadt Ritz eine Ruhepause. Und wir hatten es uns am Hotelpool bequem gemacht und liessen uns kühle Drinks von einem livrierten schwarzen Kellner servieren. Ich blickte an der glitzernden Fassade des Hotels hoch, einer schmalen Säule aus Glas und Stahl mit 20 Stockwerken gekrönt von einem scheibenförmigen Drehrestaurant. Die Sonne war angenehm warm, nicht zu heiss, und die Mauern des Hotels schirmten uns nicht nur vom Treiben auf der Strasse sondern auch von dem heftigen Wind ab, der in dieser Gegend ständig blies. Der Himmel war wolkenlos und doch war das Licht nicht zu grell. Choco trug ein grün-leuchtfarben getupftes Bandeau-Oberteil, das sehr gut mir ihrer braunen Haut konstrastierte. Ich trug einen schwarzen Badeanzug mit dekorativen goldfarbenen Akzenten, den ich eigentlich nicht so gerne anzog, da ich nie sicher war, ob er nicht zu dunkel für meinen Typ war.





Offiziell waren wir auf einem Oldtimer - Automobiltreffen, das vom IOC (International Oldtimer Club, nebenbei auch Ausrichter der Olympischen Spiele) ausgerichtet wurde und im dortigen Ritz stattfand. Für seine Hoheit wäre dies an sich nichts Besonderes gewesen, denn Einladungen zu irgendwelchen Veranstaltungen waren gewissermassen das Wasser, in dem er schwamm, aber in diesem Fall waren die Umstände anders.



Das IOC war nämlich ausserdem die International Organisation against Cultists und somit sozusagen die Dachorganisation unserer Abteilung bei Scotland Yard. Auch wenn es die Öffentlichkeit nicht wusste, ja niemals wissen durfte, so hatte der Prinz sein ganzes Leben der Bekämpfung des Cthulhus Mythos gewidmet und deswegen sogar auf die Thronfolge verzichtet. Der IOC, der die Oldtimer zu Ehren des amerikanischen Schriftstellers H.P. Lovecraft, der in den 1920er Jahren Enthüllungsromane über den Cthulhu Mythos veröffentlicht hatte, ausstellte, lud in unregelmässigen Abständen zu Kongressen ein - meistens wenn eine besondere Entwicklung auf dem Gebiet der Dämonologie oder Okkultismus stattfand.
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Genauso wie auch die Olympischen Spiele, die jedesmal ein hervorragender Vorwand zu einem regen Informationsaustausch von Agenten aller Herren Länder darstellten.



Und nette Gesellschaft hatten wir auch noch. Choco flirtete mit einem Typen namens Dorian Hunter, der als Privatmann gegen die Mächte die Finsternis kämpfte. Ich hatte schon von ihm gehört und wusste, dass er verheiratet war. Dieser Hunter hatte offenbar recht ausgefallene Theorien über eine Art Dämonen-Mafia die ihn in meinen Augen allerdings als Spinner abstempelten. Aber das war mir im Moment ohnehin egal, denn auf meiner anderen Seite bemühte sich ein recht netter und gutaussehender Kerl namens Larry Brent um meine Aufmerksamkeit.

Brent arbeitete für eine deutsche Einheit namens PSA. Er erzählte mir gerade, wie er vor einiger Zeit den Blutengel von Tschernobyl zur Strecke gebracht hatte aber ich hörte nur mit halbem Ohr hin. Ich stellte mir gerade genüsslich vor, wie wir uns später vielleicht auf unseren Zimmern vergnügen würden. Vielleicht waren Choco und Dorian nicht abgeneigt, das wäre ein ganz neuer Aspekt unserer Zusammenarbeit gewesen. Gerade malte ich mir alles in den schönsten Farben aus, da wurde aus meinen Gedanken gerissen.



"Joan, kommst du mit ins Wasser?" fragte mich Choco vergnügt. Die schlanke Brasilianerin und Dorian Hunter standen von ihren Deck Chairs auf. Ich wollte keine Spielverderberin sein und schloss mich an, was wiederum Larry natürlich nicht tatenlos mitansehen konnte.

Also sprangen wir alle 4 gleichzeitig in das kühle Nass. Der Pool war nicht sehr gross, vielleicht 30 mal 15 Fuss. An einem Ende befand sich eine Art Kaskade, in der ständig umgewälztes Wasser herabfloss. Ich schwamm eine Runde und hielt mich dann am Beckenrand unterhalb der Kaskade fest und liess das Wasser über meinen Kopf laufen. Die Welt verschwand hinter glasigen Schlieren. Die Geräusche wurden vom Plätschern des Wasservorhangs übertönt.



Ein gellender Schrei Chocos riss mich jäh aus meiner Idylle. Ich riss die Augen auf und versuchte etwas zu erkennen - Wasser lief mir immer noch ins Gesicht und raubte mir die Sicht.
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Alles war verschwommen und ich konnte nur Schemen erkennen. Langsam klärte sich die Szene. Der Pool hatte sich in einen Hexenkessel verwandelt. Choco stand wie gelähmt am Rand, Dorian Hunter kletterte gerade neben ihr an Land. Rings um das Becken waren die Gäste aufgesprungen und starrten entsetzt auf das, was sich in seiner Mitte abspielte. Das Wasser brodelte und spritzte in die Luft als ob es kochen würde. Und inmitten des Aufruhrs kämpfte ein Mann um sein Leben.

Der Boy wurde immer wieder unter die Wasseroberfläche gezogen, tauchte prustend und um sich schlagend auf, dann verschwand er wieder.

Etwas Schwarzes windete sich unter der Wasseroberfläche, ein Schemen, dessen Umrisse nicht deutlich wurden.



In diesem Moment schossen mir die vielfältigsten Möglichkeiten durch den Kopf. War es ein Schoggothe? Ein Oktopus? Wie war er in das Becken geraten? Es musste etwas geschehen! Ich packte den steinernen Überlauf der Kaskade über mir und zog mich mit beiden Händen aus dem Swimmingpool.

Das Wasser hatte einen rötlichen Farbton angenommen. Wessen Blut war das? Ich blickte an meinem Körper herunter - meines jedenfalls nicht. Der Schatten war verschwunden, was aber nichts heissen musste, denn vielleicht hatte er sich nur in einen Winkel zurückgezogen um sich auf seine nächste Attacke vorzubreiten. Sicher würde ich das Ziel sein. Aber wo war der Mann?



Ich drehte mich um. Meine Assistentin kniete am Beckenrand neben einem Körper, den sie offenbar aus dem Wasser gezogen hatte. Es war der Mann. Der Kopf fehlte. Neben ihr beugte sich ein anderer, älterer grauhaariger Mann über den Toten. Der Präsident des IOC, Dr. Zamorra, stand daneben und starrte finsteren Blickes vor sich hin, hinter ihm eine Gruppe von Leuten.

"Bitte packen Sie mit an. Wir müssen ihn und alle anderen aus der Gefahrenzone wegbringen" sagte der Mann neben Choco mit ruhiger Stimme zu mir. Ich nickte. "Meine Damen und Herren!" rief er "Der Poolbereich wird zum Sperrgebiet deklariert!" Der Doktor strahlte eine Autorität aus, die jedermann in seinen Bann zog.

Zusammen trugen wir das Opfer in den Speisesaal.



Ich kam endlich dazu, Dr.
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Morton, der sich nun vorstellte, genauer zu betrachten. Der Doktor der Medizin war ein schon älterer Mann von kräftiger Konstitution, dem etwas Althippieartiges anhaftete, was durch seine langen Haare und seinen Vollbart verstärkt wurde. Seine Augen hinter den getönten viereckigen Brillengläsern waren nicht zu sehen, aber sein Blick war trotzdem durchdringend dass ich eine Gänsehaut verspürte. Choco war so aufmerksam, uns kräftige Drinks aus der Poolbar zu herbeizubringen, die wir dankbar annahmen. Während ich noch ziemlich sprachlos an dem Bacardi nippte, musste ich mit wachsender Beunruhigung zu dem Pool hinüber sehen, für den sich immer mehr Unbeteiligte interessierten.

"Verdammt, es ist immer das Gleiche" meinte Dr. Morton trocken, und leerte sein restliches Glas in einem Zug. "Bitte gehen Sie auf Ihre Zimmer. Ich weiss, es sind viele Kollegen auf dem Gebiet des Okkulten und Paranormalen unter uns. Aber im Moment stehen wir uns wohl eher gegenseitig im Wege. Heute abend beim Empfang werde ich Ihnen allen ausführlich Bericht erstatten."



Dr. Morton sah zu mir herüber wie um sich meines Beistands zu vergewissern. Die Menge schien sich wirklich zu beruhigen und ging langsam auseinander. Wenn dies ein suggestiver Trick gewesen war, dann hatte ich Respekt vor diesem Mann.

"Miss Unclear, ich glaube nicht, dass ich Ihnen die Natur dieses Angriffs erklären muss" wendete er sich an mich.

"Schon, aber was wollen Sie dagegen tun?" fragte ich und betrachtete missmutig die völlig durchnässte Vektor, die auf dem Tresen der Bar vor mir lag.

"Ich bin überzeugt, dass der Schoggote nach einiger Zeit von selbst verschwinden wird" erklärte der Mediziner "So lange müssen wir den Pool beobachten und niemanden in seine Nähe lassen".



"Dann schlage ich vor, dass Sie hier Stellung beziehen und aufpassen" ich musste zugeben, dass ich nun doch ein wenig genervt war. Ein Schoggote im Swimmingpool, wo gab's den sowas! Es stimmte zwar, dass ein Mythoswesen nie lange an einem solch offensichtlichen Platz aufhalten würde, aber ich zumindest würde bestimmt nie wieder in diesem Pool schwimmen gehen.

"Yeah".

Dr. Morton begab sich hinter den Tresen und begann mit allerhand Starkprozentigem zu hantieren.
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Bei ihm klang das "yeah" allerdings eher wie eine Anrufung Shub Nigguraths. Cocktails konnte er also auch noch mixen. Aber irgenwie war er mir von Natur aus unsympathisch. Und eine halbe Stunde vor dem Empfang schauen Sie hier wieder vorbei und lösen mich ab" schlug Morton vor "Ich zähle auf Sie."









Ich sass in meinem Zimmer im 13. Stockwerk auf meinem Bett und hatte schlechte Laune. Dieser Brent war spurlos verschwunden bevor ich ihn näher kennenlernen konnte. Dafür hatte Choco diesen Hunter abgeschleppt und vergnügte sich mit ihm lautstark im Nebenzimmer. Ich konnte ihr ständiges "Ay! Ay!" Geschrei langsam nicht mehr hören.

Soweit also unser Urlaub. Zwar gab es hier auch traumhafte Strände und gleich 2 Ozeane zur Auswahl, den Atlantischen und Pazifischen, aber wie ich unseren Chef, Prinz Charles kannte, hatte der dafür nicht das Geringste übrig. Klar, er hätte auch viel zuviel Aufsehen erregt, wenn er das Hotel verlassen hätte und Choco und ich mussten immer in seiner Nähe bleiben, damit ihm nichts zustiess.



Ich überlegte unter der Arbeit gerade, ob ich nicht doch einen freien Tag für uns herausschlagen konnte, als es an der Tür klopfte. Ich bat, hereinzukommen. Die Türe ging auf und zu meiner Überraschung stand Larry Brent vor mir, der mich ein wenig schüchtern anlächelte.



"Verzeihung Miss, aber ich wohne in dem Zimmer gegenüber.." Ich war äusserst angetan und schenkte ihm mein strahlendstes Lächeln, das ich zustande brachte. Sollte ich doch noch zu meinem Teil kommen? "Äh, ich möchte Ihnen etwas mitteilen.." stotterte der braungebrannte und sportlich gebaute junge Mann, dessen schwarze Haare nach hinten gekämmt waren.

"Ich war vorhin drunten im Speisesaal, bloss um zu sehen, ob sich etwas getan hat. Dr. Morton wollte doch aufpassen aber nun ist er verschwunden."



"Vielleicht ist er nur mal kurz raus gegangen?" vermutete ich. Ein gewisser gelangweilter Ton in meiner Stimme war unüberhörbar.



"Nein, ich habe mindestens 5 Minuten gewartet und sogar nach ihm gerufen. Er ist nicht mehr auf seinem Posten.
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"



Ich stand von meinem Bett auf und ging hinüber zur Türe. "Gut. Dann sollten wir sofort nachsehen, wo er steckt. Ich hätte ihn ohnehin in 15 Minuten ablösen sollen."



Wir gingen zusammen vor zum Aufzug und warteten auf die Kabine. Brent wirkte nervös. Ich fragte mich, wieso er die Sache so ernst nahm. Dass es Morton langweilig wurde und er sich deshalb etwas anderes vorgenommen hatte, war doch das Wahrscheinlichste. Irgendwie hatte ich am Ende ohnehin das Gefühl gehabt, dass er ein Angeber war. Oder wusste Brent etwas, was er mir verheimlichte? Endlich kam der Lift. Wir fuhren damit direkt in den Speisesaal. Als sich die Türen öffneten war dieser völlig verlassen. In einer Dreiviertel Stunde würde der Empfang der Teilnehmer im Kongresszentrum stattfinden. Sicher waren die Gäste alle gerade dabei, sich darauf vorzubereiten. Ich ärgerte mich jetzt, dass ich diesem Tony Brent gefolgt war und jetzt keine Gelegenheit mehr dazu haben würde mich passabel herzurichten.

Also wo steckte dieser Dr. Morton? War er einfach in sein Zimmer zurückgekehrt?

"Nun rücken Sie schon raus. Sicher haben Sie mich nicht geholt, weil Sie mit der Situation alleine umgehen können!" forderte ich Brent auf, sein Herumdrucksen aufzugeben.

"Etwas stimmt nicht mit diesem Dr. Morton.." Ich sah ihn fragend an. Brent fuhr fort: "Es ist wegen dem Getöteten am Pool. Die Leitung des Kongresses hat die Leiche in einem Nebenraum der Toilette aufbahren lassen. Ich habe Morton gesehen, wie er sich dort rumtrieb."



Ich hatte Dr. Morton vor dem heutigen Tage noch nie getroffen, aber sein Ruf war ebenso bekannt wie umstritten. Es hiess, dass Morton in den 70er Jahren Menschenversuche durchgeführt hatte und etliche Morde auf sein Gewissen gingen. Auch wenn seine Opfer fast nur Verbrecher und Kultisten waren und er offiziell als "Mythos-Defiant" galt, so war er absolut skrupellos, was seine Methoden anging. Und er operierte mit seinen Experimenten für meinen Geschmack zu zu sehr in Kultisten-Gewässern. Vor allem seine Orgasmusreflextherapie kam mir zwar aufregend aber auch extrem unwissenschaftlich vor.



"Wollen wir mal nachsehen?" schlug ich vor. Brent schlich an der Wand des Speisesaales entlang zu einer Schwingtüre, hinter der ein Gang zu den Toiletten führte.
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Ich blieb dicht hinter ihm und strengte meine Ohren an, aber konnte nichts hören. Vorsichtig tasteten wir uns vor. Rechts ging es zu Gentlemen, links zu Ladies. Der PSA Agent ging geradeaus, wo eine weitere Türe mit der Aufschrift "Private" den Gang abschloss. Ich folgte ihm mit gemischten Gefühlen - er horchte zuerst an der Türe, dann probierte er vorsichtig den Türgriff. Es war abgeschlossen.



Der Dämonenjäger trat die Türe kurzerhand mit einem Tritt ein, dass sie krachend aufflog.



Die Szene war gespenstisch. Der Raum dahinter war von flackerndem Kerzenlicht erleuchtet. Weihrauchgeruch stieg mir in die Nase. Verdammt, was ging da vor?

Auf einem Tisch in der Mitte lag der Tote zugedeckt mit einem weissen Tuch. Um ihn herum brannten Kerzen und Räucherwerk in kleinen Schalen. Durch den Rauch konnte man kaum etwas erkennen, zumal nur ein Teil des Raumes erleuchtet war. Daneben auf einem kleinen Rollwagen befanden sich chirurgische Instrumente und Flaschen mit irgendwelchen Chemikalien. War hier ein kleiner Herbert West am Werk?

Ich griff den Agenten an seiner Schulter und zog ihn wieder in den Speisesaal hinaus. Im Hinausgehen hob ich ein kleines, ledergebundenes Büchlein vom Tisch auf, dessen Titel ich flüchtig als "Cthaat Aquadingen" entziffern konnte.









Der Empfang zur Eröffnung des Kongresses war bereits in vollem Gange. Jetzt musste ich schleunigst zu seiner königlichen Hoheit. Ich erreichte den Eingang. Der fensterlose Saal war hell erleuchtet und die etwa 150 Gäste standen mit ihren Sektgläsern herum. Livrierte Kellner huschten mit Tabletts umher und sorgten dafür, dass den Gästen der Stoff nicht ausging. Am anderen Ende befand sich eine mit einem Vorhang verhängte Bühne, vor der ein Rednerpult aufgestellt war, das von Spotlights angestrahlt wurde. Von Choco war nichts zu sehen, obwohl sie irgendwo hier stecken musste.

Ich hatte mich kaum umgesehen, als ich einige Dinge wahrnahm, die keine gute Entwicklung verhiessen. Zum einen seine königliche Hoheit Prinz Charles, der leicht irritiert gerade die Stufen zu einem Rednerpult hinaufstieg, wo er vom Präsidenten des IOC, Professor Zamorra erwartet wurde.
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Der grauhaarige, hagere Präsident schüttelte seiner Hoheit die Hand. Von der anderen Seite kam Dr. Morton auf die beiden zugesteuert. Das konnte ja heiter werden.

Jetzt war meine Sumo-Technik gefragt, denn Zeit zum Verhandeln hatte ich nicht. Das Überraschungsmoment war auf meiner Seite. Ich drängte die Gäste, die mir im Weg standen mit einem klassischen Tsukidashi beiseite und bahnte mir einen Weg.

Natürlich waren auch Prinz Charles und Professor Zamorra auf mich aufmerksam geworden und sahen zu mir herüber. Seine königliche Hoheit schien nicht gerade über meinen Auftritt amüsiert zu sein. Und Dr. Morton hatte selbstverständlich auch geschaltet und war bereits auf dem Podium! Ich würde es nicht mehr schaffen, ihn aufzuhalten. Metall blitzte in den Händen des wahnsinnigen Kultisten. Morton holte aus und traf Präsidenten mitten in die Brust. Zamorra wurde von dem Stoss zurückgeworfen und taumelte gegen Charles, der den Präsidenten des IOC zu stützen versuchte (wie sich später herausstellte, hatte Zamorras berühmtes Amulett, das er immer auf der Brust trug, ihm wieder einmal das Leben gerettet).



Ich raste zum Podium hoch, 3 Stufen auf einmal nehmend. In diesem Moment wurde der Bühnenvorhang in der Mitte auseinandergerissen und in der Lücke erschien eine Gestalt, die uns allen das Blut in den Adern gefrieren liess: es war der Geköpfte vom Pool! Welche okkulten oder cthuloiden Kräfte ihn zum Leben erweckt hatten, das eigentlich kein Leben war, konnte sich jeder Hobbykultist denken, aber diese taumelnde Gestalt ruderte mit ausgestreckten Armen direkt hinter meinem Schützling, dem Prinz of Wales herum und versuchte ihn zu packen! Dass der Zombie nichts sehen konnte, war offensichtlich und ein grosses Handicap für ihn, aber er war nichtsdestotrotz gefährlich, denn sicher wohnten seinen Armen die üblichen unnatürlichen Kräfte inne.



In dieser Situation konnte ich nur noch eines tun: ich hechtete nach vorne und bekam den Prinzen an den Beinen zu fassen, riss ihn zu Boden und drehte mich so, dass ich von der Bühne herunterkam. Ein Aufschrei aus hundert Kehlen begleitete meine Aktion aber ich hatte weder Augen noch Ohren für die Leute. Ohne Rücksicht auf Blessuren seines edlen Körpers zog ich den Charles an seinen Hosenbeinen von der Bühne herab.
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Nie hätte ich mir träumen lassen, so mit dem englischen Thronfolger umzugehen. Zum Glück war er Stürze vom Polo Spielen her gewöhnt.



Oben beim Rednerpult entbrannte ein heisser Kampf zwischen einigen Gästen, Zamorra, Morton und dem Kopflosen. Hinter mir wurden Stimmen laut. Ein Wirrwarr von Beschwörungen, die man kaum auseinanderhalten konnte prasselte auf den Kopflosen ein, der wie ein Berserker kämpfte. Die geladenen Gäste hatten sich langsam von dem Schock erholt und besannen sich wieder auf ihre Profession, denn viele unter ihnen waren berufsmässige Dämonenjäger. Solange sie es mit Beschwörungen versuchte, war das okay, nur hoffentlich würden keine schweren Anti-Dämonen Waffen eingesetzt werden, da wir quasi genau in der Schusslinie standen.



Ich versuchte Prinz Charles auf die Beine zu helfen aber seine Hoheit lag wie betäubt auf dem Boden und rührte sich nicht. Auf einmal war Choco neben mir und packte mit an. Ich versuchte zu ignorieren, dass sie weitaus besser angezogen war als ich. Die junge Studentin hatte einen eleganten schwarzen Hosenanzug aus Jersey mit zwei Schlingverschlüssen vorne an, unter dem sie ein weisses Shirt trug und passend dazu weisse Pumps.



"O homem, é este companheiro pesado!" rief sie aus, als jeder von uns ein Bein seiner Hoheit packte und ihn mit vereinten Kräften aus der Schusslinie schleiften. Neben der Bühne war eine Seitentüre. Ich warf die Türe auf, wir schleppten uns in den Gang dahinter. Choco knallte die Türe wieder zu und lehnte sich aufstöhnend dagegen. Das war knapp gewesen.









Der Kampf mit dem Kopflosen hatte nicht mehr lange gedauert. Die geballte Schlagkraft von 100 Dämonenjägern hatte ihn in kürzester Zeit wieder zu dem zurückverwandelt was er eigentlich war - ein kopfloser Leichnam. Da der Empfang geplatzt war, hatte man die Begrüssung der Teilnehmer auf das Dinner verschoben.Unser Chef hatte sich in nach dem Vorfall seiner Suite verschanzt und Choco hielt Wache vor seiner Türe. Seine Hoheit hatte die rauhe, um nicht zu sagen brutale Behandlung durch uns mit keinem Wort erwähnt, sondern uns für unseren Einsatz ausdrücklich gedankt.
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Ich war in mein Zimmer zurückgekehrt und beseitigte die Spuren, die der Einsatz an mir hinterlassen hatte.



Was mir Kopfzerbrechen bereitete war, wo Dr. Morton steckte. Er war bei dem Handgemenge mit dem Kopflosen irgendwie verschwunden und seitdem nicht mehr auffindbar.

Ich wünschte, wir hätten unsere Ausrüstung aus London mitgenommen, den Dämonendetektor und Dämonenzerstäuber, mit denen wir gegen solche Attacken wesentlich besser gerüstet gewesen wären. Gerade weil es die Hauptversammlung der Internationalen Organisation against Cultists war, mussten wir mit übernatürlichen Angriffen rechnen.



Ich hatte kurz im Londoner Hauptquartier des ABCDEF angerufen und die Geräte per Expresskurier angefordert. Aber eigentlich war es dafür jetzt bereits zu spät. Bis die Ausrüstung bei uns eintraf, würden wir kurz vor der Abreise stehen. Immerhin hatte Scotland Yard mir versprochen, zu tun, was sie könnten.



Verdammt Joan, du wirst nachlässig! sagte ich zu mir. Erst jetzt musste ich wieder an Larry Brent denken, den ich im Speisesaal zurückgelassen hatte. Ich hatte nichts mehr von ihm gehört. Sollte ich nach ihm fragen? Aber da fiel mein Blick auf das Buch, das ich erbeutet hatte. Vielleicht würde mir das weiterhelfen..



Das "Cthaat Aquadingen" auf Englisch. Seltsam, meines Wissens existierte nur noch ein einziges Exemplar dieses Buches aus dem 14. Jahrhundert und das lag im Britischen Museum. Dies hier musste eine neuere Kopie sein, denn es war einfach zu gut erhalten. Wo hatte Dr. Morton das Buch, das selbst als Kopie von unschätzbarem Wert war, bloss her? Ich hob es hoch und liess die Seiten locker nach unten hängen. Ein kleiner Zettel fiel heraus. Interessiert hob ich den Zettel auf und staunte nicht schlecht: es handelte sich um eine Quittung der Firma Alhazred Import & Export ( siehe "Die Todesputzen von London") über 175£.



"Sieh mal einer an, die Welt ist doch wirklich klein" dachte ich mir, als ich sofort an unseren Erz-Gegenspieler Abdul Alhazred dachte, den verrückten Araber, der seit langem mit allen Mitteln versuchte, die Grossen Alten wieder in diese Welt zurückzuholen. Vor einiger Zeit hatte ihm eine Import/Export Firma gehört, die unter anderem auch mit solchen seltenen und gefährlichen Büchern handelte, bis ich ihm das Handwerk legte.
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Dafür hatte er mir das Necronomicon abgejagt (siehe " Invasion der Mumien ") wodurch er im Moment die Oberhand hatte. Sollte Alhazred hier die Finger im Spiel haben?



Alhazred war nicht hier, oder? Ich schüttelte den Gedanken ab und trat ans Fenster. 13 Stockwerke unter mir hatte sich bereits eine eindrucksvolle Versammlung der teuersten und edelsten alten Karossen eingefunden. Irgendwo dort unten stand auch Prinz Charles feuerroter Mc Farlan Cabriolet, mit dem wir später zusammen mit den anderen Gästen ausfahren würden. Das würde sicher einiges Aufsehen geben und sicher würde sich auch die Presse dafür interessieren.

Wenigstens hatte ich im Moment meine Ruhe. Da fiel mir zum ersten Mal ein leises, kaum wahrnehmbares Summen auf. Es klang wie das Brummen, das ausgeschaltete Elektrogeräten von sich geben, wenn sie noch unter Strom stehen.

Ich wandte mich um, neugierig, wo es herkommen könnte. Nein, der Wecker auf dem Nachttisch war es nicht. Es schien eher von meinem Bett zu kommen.

Ich blickte unter und über das Bett, hob die Matratze hoch, legte mein Ohr an den metallenen Rahmen, konnte aber nichts finden, ja nichteinmal eindeutig sagen, von welcher Stelle das Geräusch kam. Eine Abhöranlage? Wenn ja, dann musste es ja ein ziemlich primitives Modell sein, wenn es gleich so auffiel. Ich konnte es mir nicht richtig erklären. Vielleicht würde Choco etwas herausfinden, sie kannte sich mit Technik besser aus als ich.



Das laute Klingeln meines Zimmertelefons liess mich zusammenfahren. Es war jemand vom Hotel. Meine Gitarre sei eingetroffen, ob man sie mir heraufbringen solle. Was hatte das zu bedeuten? Obwohl ich in früheren Jahren Leadgitarre in einer Londoner Gothic Rockband gespielt hatte als im Batcave Club noch Live Bands auftraten.Nein danke, ich würde selber runtergehen.









Das Tiefe Wesen führte seinen Auftrag gewissenhaft aus. Es war draussen vom Meer gekommen, hatte sich durch die Kanalisation von Kapstadt geschlagen und war dann im Keller des Ritz herausgekommen. Niemand hatte sich ihm entgegengestellt. Ein paar Hindernisse hatten aus dem Weg geräumt werden müssen, aber das bisschen Gitterverbiegen und Türeneinschlagen waren ein Kinderspiel für die muskelbepackte Kreatur gewesen.
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Das Zählen der Stockwerke kostete dagegen eine geistige Anstrengung, die ihm fast schon Kopfweh einbrachte.



Mit einem Fausthieb, der die Wucht eines Vorschlaghammers hatte, donnerte es die Tür, die das Treppenhaus vom Hotelflur trennte, aus den Angeln. Das machte Spass. Glassplitter aus dem Rahmen fielen klirrend auf den dunkelblauen Teppichboden. Es genoss einen Augenblick den Anblick der Trümmer. Der Gang, der vor ihm lag, war von in der Decke eingelassenen Lampen schwach beleuchtet. Links und rechts lagen die Zimmertüren der Menschenbewohner.



Geifer sammelte sich in dem breiten Mund des Ungeheuers und troff zäh zu Boden. Das Wesen stiess ein Knurren aus. Es war schon wieder das falsche Stockwerk - es musste sich wohl verzählt haben. Es drehte sich um und begann noch einmal von vorne.





Gedämpftes Licht, hin und her huschende Kellner. Das Dinner fand in dem Drehrestaurant auf dem Dach des Ritz statt. Choco und ich hatten die Ehre, am gleichen Tisch neben seiner königlichen Hoheit sitzen zu dürfen. Bei uns waren Professor Zamorras Sekretärin und Geliebte Nicole Duval sowie auf meinen und Chocos Wunsch Dorian Hunter und Larry Brent. Die Duval war mit einem türkisblauen Chiffonkleid angetan, für das sie eindeutig zu alt war.

Früher musste sie eine umwerfende Schönheit gewesen sein, aber es war offensichtlich, dass sie ihre Haare blond gefärbt hatte, um die grauen Strähnen zu verbergen. Nun gut, Zamorra war auch nicht mehr der Jüngste. Man munkelte, dass er seinen Titel "Meister des Übernatürlichen" auch im Bett bewahrheiten würde, aber das war wohl eher in früheren Jahren der Fall gewesen. Heute abend hatte er sich allerdings entschuldigen lassen. Die Aufregung war zuviel für ihn gewesen und er hatte sich sein Essen auf sein Zimmer bringen lassen.

Ich trug ein schwarzes Kostüm aus einem leicht taillierten Blazer mit Revers und einem raffinierten kurzen Rock. Choco trug ein beiges Top und einen geraden Rock, der bis zu den Knöcheln reichte, aber einen langen Seitenschlitz hatte.



Es gab jedenfalls einen hervorragenden Crayfish und Champagner.
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Der Prinz erzählte gerade die alte Anekdote, wie seine Mutter, die Queen einst auf einen splitternackten Kultisten im Buckingham Palace reagiert hatte, der dort heimlich eingedrungen war.

Ich hörte nur halb hin

".. als er seine Beschwörung anfing, war meine Mutti überhaupt nicht amüsiert.."

sondern sah aus dem Fenster auf die glitzernde Metropole hinab, die sich unter mir zum Meer hin ausbreitete. Wenn man lange genug sitzen blieb, zeigte das Drehrestaurant einem von seinem Platz aus die gesamte Umgebung. Im Osten lag der Tafelberg, dann kam Lions Head und die Küste, schliesslich die tausenden Lampen der Vorstadt.

".. Da gab Sie ihm kurzerhand eine von Daddys Unterhosen.."

Der Mond war gerade voll und beleuchtete die langen Wellenkämme, die völlig parallel hintereinander herangerollt kamen und sich an den Ufermauern weiss aufleuchtend brachen.

".. Sie müssen wissen, mein Lieblingshund, ein Rottweiler.."

Aber etwas simmte nicht dort draussen. Da waren Punkte auf dem Wasser, die nicht dort hin gehörten. Seltsam, soviele Bojen. Und seltsame Bojen dazu. Denn es waren aber Bojen die sich näher bewegten.

".. in eine sehr private Stelle gebisssen."

Vom ersten Gang, einer asiatischen Gemüsesuppe mit undefinierbaren Zutaten, war noch mein Glückskeks übrig, den ich nun, in Ermangelung einer besseren Beschäftigung auseinanderbrach, auf dem üblichen länglichen Zettel einen Spruch erwartend, in der Art wie "Gelassenheit ist zur Zeit Ihre Stärke" oder "Man wird Sie wie einen König behandeln", was zumindest bei meinem Chef recht passend gewesen wäre. Diesmal barg der Glückskeks aber eine echte Überraschung. Ich entschuldigte mich bei meinen Tischgenossen, stand auf, und ging nach draussen.









Choco erschrak fürchterlich, als plötzlich die Türe zum Treppenhaus mit einem berstenden Knall auseinanderflog. Eine Staubwolke wallte ihr entgegen und dahinter gewahrte sie eine schemenhafte Gestalt, deren Körpergrösse für einen Menschen bei weiten gross geraten schien. Die ungeschlachte Gestalt machte einen ungeschlachten Schritt vorwärts. Ein Aufschrei ging durch die Gäste.



"Kindchen, Sie sind ja zu Tode erschrocken!" meinte ein Herr mit einer silbergrauen, gezackten Haarsträhne, der am anderen Tisch sass zu Choco.
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"Bewahren Sie Ruhe und bleiben Sie bitte sitzen!" Alle Blicke richteten sich auf den Barkeeper, der dieses Kommando gegeben hatte. "Niemand verlässt den Raum!" Choco kam die Stimme des Mannes trotz des Bin-Laden Bartes und der dicken Brille bekannt vor. Es war Professor Zamorra!



Das Monster in der Türe rührte sich nicht vom Fleck. Zamorra ging zu ihm hinüber und tätschelte den Kopf des Monsters. "Meine verehrten Damen und Herren, verehrte Dämonenjäger und Investigators! Sie alle hier versammelt zu sehen, ist eine so einzigartige Gelegenheit, dass sie nicht ungenützt bleiben sollte." Das Ding auf der Schwelle schnaubte und glotzte bedrohlich in die Runde.

"Dass der diesjährige Kongress des IOC hier in Kapstadt stattfindet hat einen besonderen Grund. Es ist mir nämlich eine Ehre, sie an Bord meines Raumschiffs begrüssen zu dürfen!"

Zamorra war sichtlich stolz auf die gelungene Überraschung.

"Wir alle, die wir hier versammelt sind, werden heute zu einer grossen Reise aufbrechen. Wir werden zusammen die Abgründe hinter den Abgründen sehen, das herrliche, sinnenverwirrende, wahsinnigmachende Kosmische Chaos. Wir werden uns ins Zentrum des Universums begeben, jawohl, in den Schoss von Azatoth, dem wahnsinnigen einzig wahren Gott, dem Nabel der Welt, sich endlos windend, immer nur in den wimmernden Massen windend.. [usw. usw.]"



So war das also. Der Präsident der Vereinigung der Dämonenjäger war ein Oberkultist! Während er noch von den grossartigen Dingen, er uns zeigen wollte schwärmte, war Zamorra an die Bar zurückgegangen und es ertönte ein Geräusch, als ob irgendwelche Schalter umgelegt würden. Alle Blicke richteten sich auf den Barkeeper, der seltsame Operationen mit den Zapfhähnen und Armaturen vollführte. Ein Heulen als ob ein Düsentriebwerk gezündet worden wäre wurde immer lauter und in diesem Moment find die Rotation des Drehrestaurants, die bisher kaum wahrnehmbar gewesen war an, schneller zu werden. Ein Tumult brach aus. Teller, Blumenvasen, Gläser fielen von den Tischen.
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Noch war die Fliehkraft nicht so gross, dass die Gäste sich nicht mehr halten konnten. Aber was würde passieren, wenn die Beschleunigung anhielt?









Sie kamen! Ihre Körper waren plump und leicht vornübergebeugt. Die Arme und Beine waren mit mehr Muskeln bepackt, als Arnold Schwarzenegger in seinen kühnsten Träumen erhoffen konnte. Es mussten Hunderte Tiefer Wesen sein, die an der gesamten Küste gleichzeitig an Land stampften. Der Anblick war faszinierend und grauenhaft zugleich. Die Menschen flüchteten. Autos krachten ineinander. Doch die Tiefen hatten ein bestimmtes Ziel. Einen silberglänzenden Pfeiler von 20 Stockwerken mit einem schüsselförmigen Objekt darauf.









Nur ein paar Sekunden waren verstrichen. Da die Bar im Zentrum des Restaurants lag, war Professor Zamorra von der Fliehkraft völlig unbehelligt. Sein irrsinniges Lachen war in dem Heulen des Triebwerks des Raumschiffs - denn um nichts anderes handelte es sich bei dem Restaurant - und dem Geschrei der Gäste kaum hörbar. Nur das Tiefe Wesen, das wie ein Felsen den Ausgang versperrte und dem sich niemand zu nähern wagte, stand wie ein Fels in der Brandung. Doch dann knickten seine Knie ein und es kippte nach vorne um.



Hinter der Bestie stand niemand anders als ich. In der Rechten hielt ich die rauchende Vektor5 Maschinenpistole aus meinem Gitarrenkoffer. Und hinter mir stand niemand anderer als Dr. Morton. Ich winkte Choco und Prinz Charles, zu mir zu kommen. Choco schrie und gestikulierte in die Richtung von Zamorra, aber ich verstand nicht, was sie wollte. Das Girl aus Rio musste selber handeln. Choco hangelte sich irgendwie zum Bartresen hinüber, erklomm die Theke und stürzte sich auf den Professor, der nur noch harte Spirituosen in sich hineinkippte. Sie schlug ihm das Glas aus der Hand und versuchte ihn dazu zu bringen, den Start abzubrechen. Es war vergeblich. Zamorra war entweder total wahnsinnig geworden oder so sturzbetrunken, dass selbst Gewaltanwendung sinnlos war.

Unser Chef bewies Geistesgegenwart. Er packte seine Begleiterin am Arm und zog sie zur Türe. Aber auch die anderen Gäste hatten die Chance zur Flucht erkannt und drängten zum Ausgang. Choco bedauerte es wieder einmal, dass sie kein Interesse an Sumo und Wrestling hatte.
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Wenn sie doch nur einen Bruchteil des Könnens von Joan gehabt hätte, dann wäre es ein Leichtes gewesen, den Weg freizukämpfen. Doch es ging auch so:

Dem Kerl mit einer gezackten silbergrauen Strähne im schwarzen Haar schlug sie mit dem Ellenbogen ein paar Zähne raus, als er sich vordrängeln wollte. Als Nicole Duval versuchte, an ihr vorbei zu kommen stellte sie ein Bein, so dass sie der Länge nach hinschlug. Die alte Tusse brauchte einige Zeit sich wieder aufzurappeln und gab ein hervorragendes Hindernis für die Nachfolgenden ab. So schafften Choco und Charles es, das Treppenhaus zu erreichen und rannten hinter mir her, die Treppe nach unten.









Während wir 20 Stockwerke hinunterrannten, erklärte ich Choco und unserem Chef, was in der Zwischenzeit geschehen war: der Inhalt des Zettels, den ich beim Dinner erhalten hatte, lautete "Erwarte Sie im Keller. Dringend. Stehe auf Ihrer Seite. M."

Ich hatte sofort verstanden, dass es der Absender Dr. Morton war und er sich im Keller des Ritz versteckt hatte. Ob er wirklich auf unserer Seite stand bezweifelte ich, aber wenn ich Licht ins Dunkel bringen wollte, musste ich auf seinen Vorschlag eingehen.

Ich hatte Morton in einer schmutzigen und schlecht beleuchteten Ecke des Vorratskellers getroffen. Der Mediziner wollte mir etwas zeigen, das von grösster Wichtigkeit sei. Ich war skeptisch gewesen, ob dies nicht eine Falle war und beschloss extrem vorsichtig zu sein. Morton hattte mich über verschlungene Wege immer tiefer in den Keller hinein geführt, bis wir an eine massive Stahltüre gelangten. Er zog einen Schlüssel heraus und sperrte auf. Helles Neonlicht strahlte uns entgegen. Ich staunte nicht schlecht, ein geräumiges Physiklabor hier unten zu sehen. Schade dass Choco nicht dabei gewesen war; die angehende Physikerin hätte das bestimmt interessiert.

Ein Gewirr von Hohlleitern führte wie das Wurzelwerk eines riesigen Baumes von der Decke in eine Art Tank, der im Boden eingelassen war. Sollte ich Morton glauben, befand sich darin also die orgasmische Energie von Tausenden Gästen des Hotel Ritz. Rings herum standen Schränke mit flackernden Bildschirmen und hochgezüchteter Elektronik.Summen und das leise Klicken der Relais erfüllte den Raum.
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In dem Geheimlabor hatte sich der Mediziner versteckt, als ihm klar war, dass er im Verdacht stand, hinter den Attentaten zu stecken. Dies war auch tatsächlich der Fall, aber sie galten nicht Prinz Charles, wie ich angenommen hatte, sondern Professor Zamorra. Zamorra war ein Kultist! Ich fragte Morton, wie er auf diesen ungeheuerlichen Vorwurf käme. Er erklärte mir, dass Morton und Zamorra ursprünglich zusammengearbeitet hätten. Das ganze Hotel Ritz war ein Experiment, das er, Morton, sich vor langer Zeit ausgedacht hatte, um seine Orgasmusreflextheorie zu beweisen. Nach dieser Theorie könnte die beim Sex freiwerdene Energie, von ihm Orgon-Energie genannt, nutzbar gemacht werden. Mir kam diese Theorie nicht ganz neu vor. Ein gewisser Deutscher namens Wilhelm Reich hatte in den 40er Jahren als erster solche Gedanken formuliert.

In jedem Zimmer des Ritz befanden sich Orgon-Energie Sammler, deren Output seit Jahren im Keller des Hotels gespeichert wurde. Die beiden experimentierten zuerst gemeinsam auf dem Gebiet der interstellaren Antriebe. Hierzu bauten sie das Drehrestaurant auf dem Dach des Hotels in ein Raumschiff mit Orgon-Energie Antrieb um. Aber in Wirklichkeit hatte jeder der Wissenschaftler einen eigenen Plan. Morton wollte die Energie für sich selbst nutzen, um seine sexuelle Potenz, ins Übermenschliche zu steigern. Zamorra dagegen wollte mit dem Drehrestaurant zu seiner Gottheit Azatoth ins Zentrum der Galaxis fliegen und bei dieser Gelegenheit alle Feinde des Cthulhu Mythos als Opfer darbieten. Leider kamen sich die beiden Wissenschaftler gegenseitig auf die Schliche. Zamorra war überhaupt nicht begeistert, dass Morton ihm seinen Titel streitig machen wollte. Und Morton im Gegenzug wollte nicht, dass das geniale Raumschiff für einen solchen Kamikaze Einsatz geopfert werden sollte.

Die beiden Wissenschaftler hatten sich deshalb zu erbitterten Gegnern entwickelt, von denen jeder die Früchte des Erfolgs für sich ernten wollte. Heute war der entscheidente Tag. Zamorra plante, mit dem gesamten Kongress heute abend davonzufliegen. Morton wollte ihn aufhalten, hatte es aber nicht geschafft. Nun wurde mir einiges klar. Ironischerweise hatte auch Choco zu dem Experiment beigetragen.

Es stimmte offensichtlich, dass Dr. Morton nicht gerade wählerisch bei seinen Methoden war und ich konnte seinen Einsatz Cthuloider Kräfte nicht gutheissen.
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Im Moment aber blieb mir nichts anderes übrig, als mit Morton zusammenzuarbeiten.









Die Treppen führen schier endlos Stockwerk für Stockwerk nach unten. Es war uns ein wenig schwindelig, aber wir erreichten das Ergeschoss des Ritz ohne Hindernisse. Die Lobby war menschenleer und nur das Licht an der Rezeption brannte.

> Die Alarmsirenen von sämtlichen Häusern der Nachbarschaft heulten ununterbrochen. Vereinzelt waren Schüsse zu hören. Hoch oben auf dem Dach des Hotels dröhnte der Antrieb des Raumschiffs, das jeden Moment abheben musste. Hoffentlich würde das Gebäude dies aushalten!

Was mich im Moment ärgerte war, dass ich in meinem Leben schon immer so richtig Crayfish essen wollte, aber jetzt die Gelegenheit verdorben war.

Ich ging als erster durch die Drehtüre des Ausgangs.

Morton, Choco und seine Hoheit folgten. Es war warm und seltsamerweise windstill. Auch vor dem Hotel war niemand zu sehen. Es war stockdunkel bis auf das Licht, das die spärliche Aussenbeleuchtung spendete aber die Quelle des Lärms war höchstens noch einen Häuserblock entfernt. Das Ritz war eine Falle, um die sich der Ring der Angreifer geschlossen hatte!



Ich blickte an der Fassade des Ritz hoch. Das Drehrestaurant rotierte inzwischen mit mehreren Umdrehungen pro Sekunde. Ich fragte mich, wieviele Leute es hinter uns noch nach draussen geschafft hatten. Dann hob es ab! Ein paar herabfallende Eisenrohre krachten direkt neben uns in ein Blumenbeet.



Das Ufo schwebte erst bewegungslos einige Yards über dem Hotel. Dann stieg das Restaurant mit atemberaubender Geschwindigkeit in den Himmel. Ich hatte noch nie ein Flugobjekt gesehen, das zu einer solchen Beschleunigung fähig gewesen war. Das Ufo wurde rasch kleiner und kleiner und verschwand. Wohin es wohl flog? Sicher war Zamorra noch an Bord. Hoffentlich hatten es die meisten Gäste noch geschafft, dem Ding zu entkommen.



Als das Flugobjekt verschwunden war, war auch der Bann, unter dem wir gestanden hatten, gebrochen. Zum Glück hatte ich mir die Position des feuerroten Mc Farlan Cabriolet von meinem Zimmerfernster aus gemerkt. Wir rannten zu viert zu dem Wagen, der nur wenige Yards entfernt auf dem Hotelparkplatz stand. Ich sprang auf den Fahrersitz, Morton spielte den Beifahrer, Choco und Charles folgten auf den Rücksitz.
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Der Mc Farlan war ein chicer Oldtimer mit einem Reserverad, das links vor der Fahrertüre montiert war.

Ich drehte mich um "Die Schlüssel!"

Charles verstand nicht.

"Eure Hoheit, der Zündschlüssel!"

Die hoheitlichen Ohren fingen an zu glühen, wie immer, wenn er aufgeregt war.

"Tut mir leid. Die Schlüssel sind in meiner Suite."

Nur Charles konnte in dieser Situation immer noch Suite statt Zimmer sagen. Jetzt musste Choco ran. Sie legte sich von hinten über den Vordersitz und begann fieberhaft an den Drähten der Zündung zwischen meinen Beinen herumzufummeln. Die Berührung ihrer Arme und ihrer Brüste, die auf meinen Knien lagen, riefen die unpassendsten Gefühle in mir hervor, während Charles nicht versuchte, auf ihr Hinterteil zu sehen, das vor ihm in der Luft ragte. Ich spürte, wie ich zwischen den Beinen feucht wurde, was mir angesichts der Situation eher unangenehm war.



In diesem Moment sprang der Motor de Mc Farlan an und Choco rutschte wieder auf den Rücksitz. Ich kurvte halsbrecherisch zur Hotelauffahrt hinaus. Choco brüllte von hinten in mein Ohr:: "Joan, wohin fahren wir?"



"Zur Vicoria and Albert Werft! Dort wartet ein Schiff auf uns!" gab ich zurück. Was weder Choco noch Charles wussten war, dass unsere Dienstelle, der ABCDEF, sicherheitshalber eine Fregatte der Royal Moewles nach Kapstadt entsandt hatte, die als Touristenattraktion getarnt im Hafenbecken der Victoria and Albert Wharf auf uns wartete. Die Royal Moewles waren eine Schottische Traditionstruppe, die seit Generationen dem englischen Königshaus treu diente und auch besonders bei Einsätzen gegen Cthuloide Schrecken bewährt hatte (siehe "Stress am Loch Ness" ).



Ich beschloss kurzerhand, auf volles Risiko zu gehen: ich würde versuchen, den Ring der Angreifer zu durchbrechen und die Hauptstrasse an der Seaside entlang zu brausen. Dies war der kürzeste Weg.



Die Strasse ging zum Meer hin leicht bergab. Im Grunde mussten wir nur zwei oder drei Häuserblocks überwinden, bevor wir die Hauptverbindung erreichen würden. An der ersten Kreuzung trafen wir auf unsere Gegner.
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Es waren nicht eines oder zwei Tiefe Wesen, sondern ein ganzer Trupp, der uns entgegenstürmte. Der Motor des Wagens dröhnte laut auf, als ich ihn beschleunigte. Wenn wir hier durchbrachen, hatten wir vielleicht freie Bahn bis zum Hafen.



Prinz Charles hatte seinen aktiven Dienst zwar bereits 1976 beendet, aber seine militärische Laufbahn - immerhin hatte er die Ränge eines Generalmajors in Armee und Luftwaffe sowie eines Konteradmirals der Navy - machte sich nun bezahlt. Seine Hoheit packte die Vektor5, stellte sich in den Fond des Cabrios und feuerte im Stehen, was das Zeug hielt. Und das war nicht von schlechten Eltern. Ehrlich gesagt, hätte ich dem Royal nicht zugetraut, ein solcher Rambo zu sein.



Eines der Tiefen Wesen stand direkt vor uns auf der Strasse. Ich konnte einen direkten Zusammenprall nicht riskieren da wir nicht angegurtet waren und seine Hoheit sogar stehend mitfuhr.



Das Biest hatte schon mehrere Treffer abbekommen, grüner Schleim troff aus den Einschusslöchern auf seiner Brust, aber es stand noch immer schwankend im Weg. Wir hatten nur noch wenige Sekunden. Am Strassenrand war eine Lücke zwischen zwei parkenden Autos. Ich trat auf die Bremse und zog nach links, gleichzeitig kuppelte ich aus und zog die Handbremse. Das Heck des Mc Farlan machte eine schlitternde Drehung, Reifen quietschten und qualmten, der Schlag mit dem wir die Bordsteinkante überfuhren ging voll auf die Knochen - ein Wunder, dass die Achsen das aushielten. Seine Hoheit landete unsanft auf seinem königlichen Hinterteil. Einen Sekundenbruchteil später riss ich das Steuer wieder rechts herum und gab Vollgas. Der Motor heulte auf, der linke Kotflügel schrammte über die Hauswand, aber ich kriegte die Kurve. Ein kurzes Stück donnerten wir über den Gehsteig und gleich darauf landeten wir mit einem weiteren Schlag wieder auf der Hauptstrasse.



Nun war der Weg frei, doch nur, was die Tiefen Wesen anging. Die Strecke zur Victoria & Albert war nur eine Sache von ein paar Minuten.









Von den Tiefen Wesen war nichts zu sehen, als wir am Hafen ankamen. Victoria & Albert war ein reines Geschäftsviertel, das grösstenteils aus Restaurants und einer riesigen Einkaufsmeile bestand.
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Die Geschäfte hatten bereits zu, aber in den Restaurants mit den bunten Lichtern war noch jede Menge los. Noch war alles friedlich, aber ich war sicher, dass die Monster früher oder später hierherfinden würden. Ich hielt den Mc Farlan vor einem der Nobelrestaurants an, dessen Rückseite direkt am Hafenbecken lag. Wir kletterten aus dem Oldtimer und stürmten an dem völlig verblüfften Türsteher vorbei der gerade noch rufen konnte

"Feuerwaffen sind im Restaurant verboten!"

Wir stürmten an den völlig verblüfften Gästen vorbei und zur anderen Seite wieder hinaus. Vor uns lag das beleuchtete Hafenbecken und direkt vor uns, an einem hölzernen Steg vertäut, lag die Lady Rosemary.

Die Fregatte "H.M.S. Lady Rosemary" war eine schmucke 200 Tonnen Fregatte aus dem 18. Jahrhundert, liebevoll gepflegt und in Schuss gehalten. Ihre 20 Geschütze sahen aus, als wären sie Attrappen, aber dies war eine Tarnung, genauso wie die Besatzung, die in historischen Kostümen gekleidet war. Die Touristen auf der Victory und Albert Werft glaubten sicher, die Rosemary sei eine reine Sehenswürdigkeit, aber für die Besatzung war dies kein Spass, sondern treuer Dienst am englischen Königshaus.



An Deck waren die Royal Moewles in ihren bunten, traditionellen Highlander-Uniformen zu sehen. Wir rannten sofort zu der Landebrücke, die vom Steg auf das Deck der Fregatte führte.

"Stop! What is the colour of the Moewle?" schallte es uns von Deck entgegen.

Offenbar war dies eine Art Parole, mit der ich aber nichts anfangen konnte.

"Seine Royal Highness Prinz Charles Philip Arthur George, bittet darum, an Bord gehen zu können!" rief ich entgegen und ging einige Schritte auf der Landebrücke. Doch ich hatte es mir entschieden zu leicht vorgestellt, das Schiff zu betreten. Ein Matrose mit in Kniestrümpfen, Schottenrock und kariertem Umhang stellte sich mir mit einem uralten Karabiner im Anschlag in den Weg. Ich blieb unsicher stehen und brachte im Moment kein Wort hervor, besonders, weil ich durch den Gedanken abgelenkt war, was es war, das sich da unter dem Kilt abzeichnete.



Es war unser Chef, der die Situation rettete. Prinz Charles trat vor und stiess ein martialisches Gebrüll aus, das sich anhörte wie "The colour of the Moewle is black!"

Sofort trat der Uniformierte zurück und gab den Weg frei.
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Erschöpft stolperten wir an Deck, froh, endlich in Sicherheit zu sein.









Von wegen Sicherheit! Mehrere Dinge geschahen gleichzeitig. Seine Hoheit gab gerade den Befehl, die Leinen los zu machen und abzulegen, als Panikschreie vom Land her schallten. Die Tiefen Wesen hatten uns erreicht und mischten die Gäste auf. Nur unsere Matrosen setzten ungerührt ihre Arbeit fort. Choco geriet angesichts der stoischen Ruhe ausser sich:

"Isto é terrível! Devemos ajudar estas pessoas aí!"

Der Lärm vom Ufer nahm immer mehr zu. Menschen rannten in Panik umher. Die ersten Tiefen Wesen tauchten zwischen den Häusern auf. Glas klirrte, Schüsse fielen.

"Choco, wir sind für die Sicherheit seiner königlichen Hoheit zuständig!"

ermahnte ich meine Assistentin.

Die Brasilianerin wandte sich ab und hielt sich an einem der Masten fest. Ich befürchtete, dass sie einen Nervenzusammenbruch bekommen könnte oder gar permanent wahnsinnig würde, doch da sah ich ein weiteres Unheil auf uns zukommen.



Draussen auf dem dunklen Meer, knapp über den Wellenkämmen, kam ein Objekt auf uns zu, das im Mondlicht silbrig glitzerte und aussah, als würde es rotieren. Es war schätzungsweise noch 1 Meile entfernt und mir war augenblicklich klar, dass es das Drehrestaurant des Ritz war. Und es raste auf uns zu! Professor Zamorra musste irgendwie unseren Fluchtplan mitbekommen haben und schickte sich jetzt an, für seinen missglückten Coup Rache zu nehmen.



Ich wusste nicht, was Zamorra vorhatte. Wollte er uns rammen? Das Segelschiff hatte sich noch kaum von der Stelle bewegt und lag wie auf dem Präsentierteller. Sollten wir wirklich durch ein wild gewordenes Drehrestaurant versenkt werden?



Choco kreischte entsetzt auf denn plötzlich klatschte eine flossenbewehrte Pranke vor mir auf die Reling, gefolgt von einem hässlichem Kopf, der halb Frosch, halb Fisch war. Ich bekam aus den Augenwinkeln mit, dass unser Schiff auch an anderen Stellen geentert wurde. Ich drehte mich kurz um, verdammt, wo steckte der Prinz?

Zum Glück hatte ich noch die CP1 im Halfter unter meinem Blazer.
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Einen Augenblick später klafften 4 Löcher in der schuppigen Haut des Tiefen Wesens. Ich hatte die geweihte Silbermunition geladen, aber gegen cthuloide Schrecken machte das, wie ich wusste, keinen Unterschied. Das Biest schien die Kugeln wegzustecken, war aber so überrascht, dass es einen Moment innehielt. Die war meine Chance, meine Sumo Technik einzusetzen. Mit einem astreinen Abisetaoshi schleuderte ich den Angreifer zurück ins Wasser, wo er mit einem grossen Platsch versank.

"Mistvieh!" schimpfte ich hinterher.



Die Besatzung der Lady Rosemary hatte zusammen mit Dr. Morton indessen den Kampf gegen die Bestien aufgenommen - und immer noch raste das Drehrestaurant auf uns zu! In wenigen Sekunden würde Zamorra uns voll seitlich rammen und wahrscheinlich atomisieren. Der Gedanke kam mir, ob ich über Bord springen sollte und ich hätte es wahrscheinlich getan, aber in dieser Situation zeigte sich der Wert der Disziplin und Kampferfahrenheit der Highlander Traditionstruppe gegen Cthuloide Schrecken.



Das Deck unter mir erbebte, ein Knallen und Rumpeln erschallte, die Rosemary legte sich zur Seite und eine Wand aus Pulverdampf stieg auf, als sie eine volle Breitseite auf das Ufo abfeuerte. Die Geschütze mochten veraltet sein, aber ihre Wirkung war immer noch die gleiche wie bei einem Seegefecht zu Lord Nelsons Zeiten. Das heranfliegende Raumschiff wurde regelrecht zerfetzt. Durch die Pulverdampfschleier konnte ich gerade noch wahrnehmen, wie seine Trümmer wenige hundert Fuss neben uns ins Wasser schlugen.



Als sei dies ein Signal gewesen, gaben die Tiefen Wesen, von denen inzwischen ein halbes Dutzend an Deck war auf, drehten sich um und sprangen über Bord. Der Kampf war vorüber.



Hinter mir hörte ich die Stimme unseres Chefs, wie er beruhigend mit Choco sprach, die nervlich ziemlich angegriffen wirkte. Sie musste sich wohl daheim in London einmal mit einem Psychiater unterhalten - ein Schicksal, das fast eine Berufskrankheit unter uns Agenten des ABCDEF war. Charles war die ganze Zeit auf der Brücke gestanden, wie es sich für einen Konteradmiral gehörte. Auch Dr. Morton gesellte sich wieder zu uns. Er hatte auf unserer Seite gekämpft, aber mein Misstrauen bestand immer noch.
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"Kommen Sie, Miss Unclear." wendete sich Charles lächelnd an mich

"Das nenne ich einen Spass. Ich glaube, ich werde auf diesem wunderbaren Schiff noch eine Weile bleiben."



Jaja, das alte Kämpferblut. Charles, wenn das deine Mami wüsste! Choco und ich zogen es vor, mit dem Flugzeug heimzukehren.
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Kommentare zur Story:

  Oh, da ist mir wirklich etwas durcheinander geraten. Danke für den Hinweis, ist schon korrigiert.  
Susan  -  11.03.04 10:47

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  Wieder mal hervorragend.
Bei der Bemerkung:ich spürte wie ich zwischen den Beinen feucht wurde. Habe ich laut lachen müssen. Immer wieder genial wie Du die Groschenromanhelden in einer geschichte unterbringst.
Eine Szene im Drehrestaurant ist mir nicht ganz klar. Du schreibst: Zamorra sitzt am Tisch mit Duval. Dann aber heißt es:...es war zuviel für ihn, er (Zamorra) ließ sich das Essen auf dem Zimmer servieren. Ist Dir was durcheinandergeraten, oder war ich beim lesen etwas durcheinander?
Die Storie ist mir wieder 5 Punkte wert.  
NewWolz  -  11.03.04 07:06

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Kommentar von "Sabine Müller" zu "verkaufte Seele"

Hallo, sehr berührend. Gefällt mir gut, auch wenn es sehr traurig ist. Gruß Sabine

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