Anna Haller Theaterstück Teil 1   7

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches

Von:    Robert Zobel      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 29. September 2003
Bei Webstories eingestellt: 29. September 2003
Anzahl gesehen: 3061
Seiten: 4

Diese Story ist Teil einer Reihe.

Verfügbarkeit:    Die Einzelteile der Reihe werden nach und nach bei Webstories veröffentlicht.

   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


Anna Haller





1 Szene



Eine Stube





An einem Holztisch sitzt Andreas Bohling. Die Ellenbogen auf dem Tisch und der Kopf ruht auf seinen Händen. Gedankenverloren schaut er an die Wand.



Andreas: Die Liebe geht durch den Magen. So spricht der Volksmund. Doch die meisten Köche in der Stadt sind unbeweibt. Und da meiner einer auch zur Gilde gehört, bin auch ich allein. Unglücklich allein. So unglücklich, dass ich schon seit Wochen keine neue Rezeptidee verzeichnen konnte. (träumt) Wie gern hätte auch ich eine Liebste. Würde mit ihr an den See fahren, Nacktbaden, ihre Brüste sehen und sie dann mit Zuckerguss bestreichen. (seufzt)



Es rumpelt in der Ferne. Wie von einer Tarantel gestochen hüpft Andreas auf und horcht.



Andreas: (flüstert) Potzblitz, das wird die Post sein. Solch ein Lied singt sie nur, wenn die Postkutsche voller Briefe ist und wird sie voll sein, wegen meinen Briefen, dann umarm ich die ganze Welt.



Man vernimmt Schritte, Andreas läuft hin und her, beißt sich vor Aufregung in die Faust, dann klopft es. Er schlägt die Tür auf.



Fjodor Dodrosch: (schrill) Post!!!

Andreas: (bietet einen Stuhl an und winkt) Herein, herein gutster Mann. Warte schon viel zu lange auf geschriebene Bilder. (hoch erfreut) Gut sie sind hier!! Sehen sie wie meine Hände zittern? (er zeigt sie ihm) Sie erwarten saftige Briefe.

Postmann: Umsonst. (gelangweilt) Sie werden weiter zittern müssen. Ich klingelte nur, um zu grüßen. Gruß und tschüß.



Fjodor geht und zieht die Tür hinter sich zu. Andreas steht mitten im Raum.



Andreas: Ach wie boshaft der Zeilenkurier doch ist. (wütend) Der Teufel mag ihm die Schienbeine nehmen. Sind sie doch nicht gut mir meinen Teil zu bringen. Schon gestern kam er, nur um zu salutieren. Er weiß, wie die ganze Stadt, von meinem Briefverhältnis zu Anna Haller, Köchin im fernen Bobitz. Längst müsste ein Brief meine Hände und mein Herz geschmeichelt haben, aber so ist er doch nicht hier. (besorgt) Die schrecklichsten Dinge mal ich mir nun aus. So hoffe ich doch ihr sei kein Unglück geschehen.
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Mir ist, als steckte ich hexengleich in engem, eisernem Jungfrauengewand. Als würden die Nägel schon einen Weg in meine Innereien gebohrt haben und das nächste Ziel ist mein Kern. Jeder weitere Tag ohne Nachricht bringt mich dem Tode Meilen näher. Ein Brief wäre Schlüssel genug. (schreit) Atmen will ich, Atmen ihre Zeilen.



Das Licht geht aus. Stille. Szenenwechsel.







2 Szene



Ein Marktplatz



Ein Einkaufsstand steht in der Mitte. Viele Körbe, Pelze und Gefäße.



Frau Kabrischke: (singt laut) Kommen sie heran liebe Leute. Prüfen sie ruhig meine Ware. Riechen sie an den Weichtieren, die Gott in meine Netze schickte. So frisch, dass sie sich noch bewegen. Die feinsten Leute kaufen hier. Den größten Feinschmeckern bearbeite ich den Leib. (von links kommt eine Frau mit Koffer) Sie da, achtbare Dame, sie sehen aus wie eine Köchin.



Anna Haller: Ich bin Köchin. (lobend) Für wahr können sie sich Menschenkenntnis zusprechen. Hätte ich nicht zu tragen würde ich ihnen applaudieren.



Frau Kabrischke: Alle Köche kaufen bei mir. Sie müssen von weit weg sein, denn ihre Hand ist mir fremd. Sie gab mir noch keinen Taler. (lehnt sich über die Ladentheke) Ich ernähre die Stadt. Bin Mütterchen der Mitbürger.



Anna Haller: (lacht) Und ernährt sich der Herr Andreas Bohling auch bei ihnen liebe Frau?



Frau Kabrischke: (enthusiastisch) Natürlich kauft er bei mir. Ich kenne ihn gut und sein Vater war ein Freund meines Vaters und mein eigener Taufpate. Sind sie wohl die neue Braut?



Anna Haller: Neue Braut? (lacht) Das wird man wohl sehen. Wie mir scheint, sind sie bestens vertraut mit seinem Wesen. Geben sie mir etwas schönes für ihn mit und meine Hand wird sich ihnen entjungfern. (sie nimmt einen Taler aus der Tasche) Ferner weisen sie mir dann auch den Weg. Die Gassen sind schwierig gelegt und ich gehe im Kreis.



Frau Kabrischke: (greift nach dem Taler, prüft ihn mit ihrem Gebiss) Der Hof ist nicht weit. Gehen sie der Kirchturmspitze hinzu und sie werden das Haus mit dem gelben Dach nicht verfehlen. Meist weist dazu auch noch Bratengeruch den Weg.
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Für den Herrn gebe ich einen ausgenommenen Marder mit. Tragen sie ihr Herz nicht offen, wenn sie es nicht verlieren wollen. Der Herr so sagt man sich, hatte lange Zeit keinen Mantel aus Zuneigung und stürzt sich auf alles, was Wärme verspricht.



Anna Haller: Sie sind ein gauziges Weib. Ich werde auf mich Acht geben. (lacht)



Sie nimmt das Bündel Fleisch aus der Hand der Alten und geht ab. Die Verkäuferin macht ein erstauntes Gesicht.



Frau Kabrischke: He, am Ende war es die Anna Haller. He Leute (schreit) des Bohlings Briefhure bringt sich selber. Die Anna Haller ist gekommen. (wieder leise) Sollen sie schön viele Stammhalter zeugen, damit dann meine Kinder ihnen verkaufen können. Drum Glück für mich ist des ihres.



Licht aus.











3 Szene



Stube des Briefträgers



Der Briefträger liegt mit seiner Uniform in seinem Bett. In den Händen hält er ein Foto. Daneben etliche Briefe verteilt am Boden.



Fjodor Dodrosch: Der erste schlecht verschlossene Brief war kein Zufall. Gott wies mir mein Weib in aller Herrlichkeit zu, Anna Haller. Welch eine Erscheinung, (er schaut das Foto) welch ein kluger Kopf (fährt mit dem Daumen über das Bild). Wie die Welt sieht und auf Papier bringt. Sofort war mir klar, sie wird mir gehören. Ich Briefträger (stolz) im 14. Jahr bin eine gute Partie. Leben gut und werde sie ernähren können. In meinen Arme wird ich sie schließen und nie mehr loslassen. Ein Glück, dass sie den Unterschied nicht bemerkte. Dass ich mich so gut in die Rolle des Koches hineinversetzen konnte. Nun bin ich es, dem sie Gefühle bringt und nicht er. All meine letzten Zeilen brachten sie dazu, hierher zu kommen. Ich bewegte sie und nicht der Koch. Mir steht sie zu. (erfreut) Heute kommt sie. Bevor sie das Haus des Koches erreicht, muss ich sie abfangen.



Er springt auf. Kramt in einer großen Kiste und zieht Hosen und Hemden heraus.



Prächtig mach ich mich für den ersten Kuss. Er soll ihr haften bleiben. Wenn unsere Augen sich treffen, wird ihr egal sein, wer nun Koch oder Briefträger ist.
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Wieder springt er zum Bett, nimmt das Foto und küsst es überschwänglich ein paar Male.



Der Herrgott hat es so gewollt. Anna Haller du bist mein.



Er geht ab.









4 Szene



Marktplatz



Der Stand steht und eine Kundin unterhält sich mit der Verkäuferin.



Kundin: (eifersüchtig) Wirklich ein Ding. Unsere Stadt mit Hallerinhalt. Aber der Herr Bohling (schwärmt) ist ja auch apart...



Frau Kabrischke: Ja das ist er. Ein aparter junger Koch!



Kundin: (eifernd) Und was für ein Koch!!



Frau Kabrischke: Man sollte jedoch beachten, dass jeder Koch nur so gut ist, wie der Laden ist, in dem er kauft. (sie deutet auf ihren Laden)



Kundin: (nickt zustimmend) Letztens war ich im „Gasthof zum Moor“



Frau Kabrischke: (erinnert sich) Stimmt, für die kocht er ja auch.



Kundin: Da hab ich ein schönes Waschbärensteak gegessen. Das war so gut gewürzt, dass ich mir das Rezept geben lassen wollte....



Frau Kabrischke: (gelangweilt) Das hat er ihnen nicht gegeben und nun sind sie deswegen bei mir.



Kundin: (lächelt) Genau.



Von fern hört man ein trampeln, Kabrischke schaut in die Richtung.



Frau Kabrischke: (aufgeregt) Ohh, Ohh schnell gehen sie weiter. Schnell hinfort.



Kundin: (verstört) Wieso was? Häh?



Frau Kabrischke: Der Herr Bohling kommt des Weges. Wenn er hört, was wir hier bereden... Kommen sie morgen wieder. Schnell weg.



Die Kundin läuft nach links weg und von rechts kommt Andreas Bohling.



Ach der Herr Bohling!! (ruft gespielt freundlich)



Andreas: Ach die Zutatenbeschafferin Frau Kabrischke!!



Frau Kabrischke: (stolz) Hab gerade geschorene Giraffenhaut im Angebot. 8 qm Haut für 8 Taler und Bandwurmaugen.



Er bleibt stehen und überlegt



Andreas: Bandwürmer haben Augen?



Frau Kabrischke: (rechthaberisch) Nein, nein das sind Bandwurmhoden, die so glasig sind wie Augen.
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Andreas: Das klingt interessant. (träumt) Da lässt sich sicher eine gute Suppe draus machen.



Frau Kabrischke: Vielleicht. Was haben sie mit dem Marder gemacht?

Andreas: Marder?



Frau Kabrischke: (überrascht) Na ihre Braut, die Haller bat um ein kleines Geschenk und wenn nun der Marder ein wenig wie ein Hund aussieht ist das nur ein Versehen.



Andreas: Man kann nichts für sich behalten. Nun wissen sogar sie von der Haller, aber was erzählen sie von ihr?



Frau Kabrischke: Sie war hier und kaufte Mader für sie.



Andreas: (traurig) Betrügen sie nicht mein Herz. Es ist schon halb zertrümmert. Wie sie sicherlich auch wissen, es gibt ja keine private Sphäre mehr, hab ich seit 2 Monaten keine Post mehr bekommen.



Frau Kabrischke: (erstaunt) Aber man sieht doch den Postboten jeden Tag in ihr Haus wandeln.



Andreas: Er grüßt nur.



Frau Kabrischke: (bekräftigend) Glauben sie mir, Anna Haller war hier und fragte nach dem Weg.



Andreas: Warum sollte sie....(er überlegt) Eine Überraschung? Wann war sie hier Kabrischke?



Frau Kabrischke: Vor einer halben Stunde.



Er eilt hinfort und Kabrischke schreit.



Hab da noch getrocknete Schimpansennasen. Die hatten sie doch bestellt. Herr Bohling?



Licht aus.
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