Mortal Sin Herbst 2006- Drowning In The Night   0

Romane/Serien · Spannendes

Von:    JoHo24      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 13. Juni 2020
Bei Webstories eingestellt: 13. Juni 2020
Anzahl gesehen: 2067
Kapitel: 0, Seiten: 0

Diese Story ist die Beschreibung und Inhaltsverzeichnis einer Reihe.

Verfügbarkeit:    Die Einzelteile der Reihe werden nach und nach bei Webstories veröffentlicht.

Manche Menschen sind nie verrückt. Was für ein wahrhaft grauenvolles Leben müssen sie führen.

- Charles Bukowski





Die Geräuschkulisse um ihn herum war ohrenbetäubend und raubte ihm den letzten Nerv. Michael „Mickey“ Sufferts Ungeduld stieg minütlich, während der weiße Plastiksitz unter ihm immer ungemütlicher wurde.

Bereits seit einer halben Stunde wartete er im Trenton Transit Center auf seine Ankunft. Zwar freute er sich auf ihr Wiedersehen, doch der Lärm und die Anwesenheit von den vielen fremden Menschen, die gestresst an ihm vorbeihasteten, machten ihm zuschaffen. Er brauchte ein Mittel, das ihm helfen würde seine Stimmung zu heben. Eine Stimmung, die ihrem Zusammentreffen angemessen war. Der Rothaarige griff in die Tüte in seiner Hand und verschlang gierig den darin enthaltenen mit Schokolade überzogenen Donut mit Vanillecremefüllung, den er sich bei Dunkin' Donuts gekauft hatte. Vielleicht würde das seine Stimmung etwas heben. Der hohe Zuckergehalt in dem kleinen Gebäck drehte ihn tatsächlich in kürzester Zeit auf und ließ ihn unruhig mit dem rechten Bein wippen. Ja, das war schon besser!

Ein zufriedenes Schmunzeln breitete sich auf seinen schmalen Lippen aus, welches zu einem breiten Lächeln wurde, als er plötzlich in der Menschenmenge auftauchte. Schon von Weitem erkannte er ihn an seinen abgetragenen, schwarzen Mantel und den zurückgegelten dunkel-braunen Haaren.

Er hatte Jacob „Jake“ Freeman fast vier Jahre nicht gesehen und dennoch hatte er sich optisch kein Stück verändert. Mickey freute sich auf seinen alten Kumpel, da sie beide auf derselben Wellenlänge lagen und dadurch in der Vergangenheit immer eine Menge Spaß gehabt hatten. Aber sie hatten auch eine Menge Scheiße gebaut.

Als Jake ihn entdeckte, lächelte auch er und kam mit großen, eiligen Schritte auf ihn zu. Kurzerhand sprang der Killer auf und wartete, bis er ihn erreicht hatte und ihm gegenüberstand. Dann legte Mickey seine Hände seitlich an seinen Kopf, was Jake ihm gleichtat, ehe sie ihre Stirnen aneinander legten und sich in die Augen sahen. Es war ihr Begrüßungsritual, das sie seit den Anfängen ihrer Freundschaft pflegten.

„Ich kann nicht glauben, dass du wirklich hier bist, Mann.“ Der Rothaarige glotzte ihn un-gläubig an, als sei er eine Halluzination; ein Streich, den seine Augen ihm spielten.
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„Es ist echt verdammt lange her, Mickey.“ Anschließend fielen sie sich in die Arme und es fühlte sich so an, wie früher. Er hatte das Gefühl ein Teil seiner Heimat zurückzuhaben, die er tief in seinem Inneren vermisste.

„Trotzdem habe ich dich wiedererkannt“, lachte er, nachdem er die Umarmung gelöst hatte, und schaute instinktiv auf Jakes Markenzeichen: eine dünne Narbe über dem rechten Auge, die seine Braue durchzog und er von einer Messerstecherei damals in ihrem Viertel in South Boston davongetragen hatte. Oh man, waren das Zeiten gewesen! Ehe er noch weiter in Erinnerungen schwelgte und den Blick für das Hier und Jetzt verlor, beschloss er sich mit ihm auf den Weg zu machen.

„Lass uns von hier verschwinden, Jake. Mir müssen schließlich unser Widersehen noch gebührend feiern.“

„Yeah! Ich kann es kaum erwarten, Mann“, freute er sich und schulterte seinen ausgebeulten Lederrucksack, der, sowie sein Mantel, seine besten Jahre bereits hinter sich hatte. Die beiden Freunde setzten sich in Bewegung und gingen Seite an Seite durch das Transit Center.

„Wie war eigentlich die Fahrt nach New Jersey?“, wollte der Killer auf dem Weg nach draußen beiläufig von ihm wissen. Auf seine Frage verdrehte er genervt die olivgrünen Augen.

„Echt beschissen, Mann.“

„Das kann ich mir gut vorstellen“, entgegnete er amüsiert und dachte daran, wie Jake mehrere Stunden in einem alten und engen Bus hockte.

„Das habe ich nur für dich in Kauf genommen. Du schuldest mir also was, Mickey“, erinnerte er ihn in einem bedrohlichen Unterton, den er nicht Ernst nahm. Das war nun mal ihre Art miteinander zu reden.

„Keine Sorge, Jake. Ich mache das wieder gut.“ Er klopfte ihm aufmunternd auf die linke Schulter, bevor sie durch die Türen des Haupteinganges in einen windigen Herbstabend tra-ten. Die letzten wärmenden Sonnenstrahlen fielen auf seine Haut und kündigten die anstehen-de Nacht an, die er persönlich bevorzugte.

„Und wie willst du das schaffen?“

„Hiermit.“ Mickey entriegelte demonstrativ seinen Wagen, den er unweit des Einganges ge-parkt hatte, und bekam prompt die Reaktion, die er erwartet hatte.

„Ach du Scheiße! Ich fass es nicht!“ Mit vor Begeisterung strahlenden Augen und einer he-runtergefallenen Kinnlade umrundete er das schicke Fahrzeug.
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„Du fährst einen Porsche! Das ist absolut irre!“ Aufgeregt hüpfte sein Kumpel herum, als sei er ein Kind, das sich über einen Haufen Süßigkeiten freute.

„Na los, Jake, steig ein! Jetzt zeige ich dir mal, was das Baby draufhat.“

„Das brauchst du mir nicht zweimal zu sagen.“ Voller Vorfreude öffnete er die Beifahrertür und ließ sich auf den weichen Ledersitz gleiten. Er konnte es kaum erwarten, dass es losging. Ja, Mickey Suffert würde ihm in den kommenden Stunden eine Welt voller Vergnügen, Adrenalin und Abenteuer zeigen. Er würde ihm seine Welt zeigen.



Der vorherrschende Lärm um ihn herum dröhnte in seinen Ohren, doch das störte ihn nicht. Ebenso wenig die Menge an Menschen, die dicht gedrängt mit dem schnellen Beat der Musik zu einer Masse aus Fleisch und Farben verschmolzen. Noch vor wenigen Stunden war ihm die Lautstärke im Transit Center auf den Sack gegangen, aber der Andrang im Club war für ihn etwas völlig anderes. Hier fühlte er sich wohl und es kratzte ihn nicht, dass man kaum sein eigenes Wort verstehen konnte.

Die beiden Kumpel saßen seit gut einer Stunde in einer abgelegenen Ecke im 38° und gönnten sich eine Flasche herausragenden irischen Whiskey. Mickey lehnte sich in seinem gemütlichen, breiten Sessel zurück, der nicht mit dem harten Plastikstuhl von vorhin zu vergleichen war. Er genoss die hypnotische und intensive Atmosphäre des Clubs und die Wirkung, die der Alkohol in seinem Körper entfachte. Der Killer hatte das merkwürdige Gefühl, als zöge ein tonnenschweres Gewicht ihn nach unten, während er zeitgleich den Eindruck hatte zu schweben. Bin ich etwa schon besoffen?, fragte er sich verwundert, da er normalerweise deutlich mehr vertrug. Das kann nicht sein. Ich…

„Mir geht die ganze Zeit eine Frage durch den Kopf, Bro“, drang plötzlich Jakes Stimme ge-dämpft durch die heiße, schwüle Luft, die wie eine Mauer zwischen ihnen wirkte.

„Dann hau sie mal raus, Mann“, gluckste er leicht angeheitert, bevor er sich einen weiteren Schluck genehmigte.

„Wirft das Drogengeschäft echt so viel ab, dass du dir solch einen geilen Schlitten und flaschenweise teuren Alkohol leisten kannst?“, fragte er ihn ungläubig im Angesicht des Reichtums, der ihn umgab und den Mickey ihm förmlich unter die Nase rieb.

„Ich verticke nur noch ab und an Stoff.
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Ich habe schon vor Langem in ein anderes Metier gewechselt, in dem ich eine Menge Kohle verdiene.“ Jake wurde daraufhin hellhörig.

„Was ist das für ein Metier?“ Seine Neugier wuchs rasant, denn er wollte unbedingt erfahren, wie Mickey zu Geld gekommen war. Vielleicht auch, weil er hoffte selbst in dieses ihm noch unbekannte Metier einsteigen zu können.

Der Rothaarige überlegte sich zunächst, welche Details im Bezug auf seinen Job er seinem Freund gegenüber preisgeben wollte, ehe er zu einer Antwort ansetzte.

„Es ist auf jeden Fall eine ganz andere Nummer, als mit Drogen zu dealen. Für diesen einzig-artigen Job habe ich sogar Boston verlassen.“

„Ach, wenn wir schon beim Thema sind: Ich kann dir bis heute nicht verzeihen, dass du dich einfach verpisst hast, ohne dich zu verabschieden, Mann.“ Mickey hob nach seinen anklagen-den Worten die Hände als Zeichen der Kapitulation.

„Hey, es musste schnell gehen, okay? Ich konnte wirklich nicht länger bleiben, Jake.“ Sein Gegenüber machte ein ausspeiendes Geräusch und verzog im Anschluss spöttisch seinen Mund.

„Erzähl mir keinen Bullshit! Du hast einfach dein altes Leben aufgegeben und jeden, der ein Teil davon war, zurückgelassen“, kam es vorwurfsvoll und scharf über seine Lippen, was sei-ne Wut über sein damaliges Verschwinden verdeutlichte.

„Es ist mir nicht leicht gefallen Boston hinter mir zu lassen, aber ich musste meiner Bestimmung folgen.“ Er versuchte sich zu verteidigen und Jake zu beruhigen.

„Deine Bestimmung? Hörst du eigentlich, was für einen Scheiß du da laberst, Mann?“

„Du hast keine Ahnung, wovon ich rede, also halt gefälligst dein Maul“, schnauzte Mickey Suffert ihn ungehalten an, weil er sich angegriffen fühlte. Jake war nicht in seiner Lage; er hatte nicht das Privileg zum erwählten Kreis von Auftragskillern zu gehören. Jake lebte noch immer sein Leben wie vor vier Jahren und hatte sich nicht weiterentwickelt. Im Gegensatz zu ihm. Er war stärker und erwachsener geworden.

„Und was, wenn nicht, huh?“ Jacob Freeman provozierte ihn, denn er war ebenso hitzköpfig und aggressiv, wie er selbst, was besonders gefährlich war. Der Killer erinnerte sich augenblicklich an Streitigkeiten zwischen ihnen, die regelmäßig eskaliert und in heftigen Schlägereien geendet waren. Für den Großteil der Menschheit war solch ein Benehmen nicht das Wort Freundschaft wert, aber bei ihnen gehörte es dazu; so waren sie aufgewachsen und es war für sie Normalität.
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„Dann bekommst du meine Wut zu spüren und du weißt genau, dass du den Kürzeren ziehen wirst“, war es nun an ihm seinem Kumpel zu drohen. In seinen Augen tauchte für eine Millisekunde ein Funke von Verunsicherung auf, da er sich an die vielen Male erinnerte, an denen er gegen den Rothaarigen verloren hatte. Er schien seine Optionen abzuwägen, während Mi-ckey seinen Einfluss auf Jake genoss, der ihm sicherlich nicht bewusst war. Zwar waren sie unter ähnlichen Lebensumständen aufgewachsen und glichen sich charakterlich sehr stark, dennoch unterschieden sie sich in manchen Punkten, die zu ihren unterschiedlichen Entwick-lungen beigetragen hatten und die beiden Männer voneinander trennten, die sonst wie Brüder waren.

Der Ire hatte in der Vergangenheit Grenzen überschritten, die Jake sich nicht getraut hatte zu übertreten. Es hatte sich dadurch immer deutlicher herauskristallisiert, dass Mickey macht-hungrig und kaltblütig war und sein Kumpel da nicht mithalten konnte oder wollte. Es schien, als sei der Killer anders gepolt; als käme er von einem anderen Planeten und deshalb war es für Jake unmöglich ihn zu verstehen.

„Wenn ich keine Ahnung habe, dann erkläre es mir, Mann. Was zum Teufel ist das für ein Job?“, drang er in seine Gedanken hinein und forderte eine Erklärung. Er wusste, dass sein Ärger sich steigern würde, wenn er keine Antwort von ihm bekam, aber er konnte ihm nicht die Wahrheit sagen.

„Das werde ich dir nicht sagen, Jake.“ Mickey Sufferts Miene war dabei eisern und streng, damit sein Gegenüber sah, wie ernst er es meinte und dass er nicht mit sich reden lassen würde.

„Warum nicht?“, brauste er aggressiv auf und haute mit der rechten Faust auf den gläsernen Tisch, der zwischen ihren Sesseln stand. „Was soll diese verfickte Scheiße, huh? Traust du mir etwa nicht?“ Jake fühlte sich von ihm offenbar beleidigt und hintergangen.

„Wir beide haben unsere Probleme mit dem Thema Vertrauen, egal, wie lange wir uns schon kennen, also komm mir nicht so“, jammerte er angesäuert. „Die Sache hat nichts mit dir oder unserer Beziehung zueinander zu tun. Ich will bloß meinen Job schützen, der alles ist, was ich jemals wollte.“ Der Rothaarige wollte ihm deutlich machen, wie viel ihm sein Job bedeutete und dass er ihn nicht gefährden würde.
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Einen Mitwisser konnten nämlich weder William, noch seine Kollegen gebrauchen. Außerdem gehörte das Leben als Killer ganz alleine ihm und er war nicht bereit es mit Jake zu teilen.

„Deutlicher kannst du gar nicht sagen, dass dir alles andere egal ist.“ Sein Kumpel wollte sich anscheinend nicht beruhigen und war auf Krawall aus, aber Mickey würde sich kein schlechtes Gewissen einreden lassen.

„Was sollte mir denn deiner Meinung nach noch wichtig sein?“ Provokant lehnte er seinen Oberkörper nach vorne und verringerte dadurch die Distanz zu ihm. „Spuks aus, Mann! Du scheinst ja besser über mich Bescheid zu wissen, als ich selbst, also mach das Maul auf!“

„Unsere Freundschaft! Ich!“, brüllte er ihm wild geworden und mit hochrotem Kopf entgegen.

„Weil ich einen neuen Weg gegangen bin, machst du mir ernsthaft Vorwürfe?!“ Mickey Suffert verzog sein Gesicht zu einer teuflischen Grimasse, die seinen Groll und seine Wut preis-gab.

„Hast du wirklich geglaubt, dass ich den Rest meines Lebens in Boston verbringe?“

„JA!“, spie er Speichel spuckend. „Du hast schließlich selbst immer davon geredet, dass du in Boston sterben wirst und das hast du mit Stolz gesagt.“ Jake ereiferte sich, ihn an seine Worte aus der Vergangenheit zu erinnern.

„Damals wusste ich nicht, was ich sage. Ich war dumm und dachte, dass aus mir nichts anderes, als ein Drogendealer werden würde, aber da lag ich falsch. Ich war zu Höherem berufen.“

„Du warst nicht nur ein Drogendealer. Du warst der Beste, Mann. Hat dir das gar nichts be-deutet?“ Mickey Suffert lachte daraufhin bitterböse auf.

„Seit wann quatschst du über Gefühle und so einen Scheiß, Freeman?“, triezte er ihn und lehnte sich wieder in seinem Sessel zurück.

„Seit mein Kumpel den Verstand verloren hat!“, erwiderte er verärgert.

„Ich bin bei klarem Verstand, glaub mir, Jake.“ Seine Stimme und Miene verdunkelten sich schlagartig. Er hatte es Leid mit ihm zu diskutieren. Er hatte es Leid sich mit Jakobs Engstirnigkeit auseinanderzusetzen.

Seine Sichtweisen sind starr und eingeschränkt, darum wird er niemals aus seinem nichtssagenden und eintönigen Leben herauskommen. Er wird in Boston versauern, weil er nicht im Stande ist seinen Horizont zu erweitern; weil er keine Veränderungen zulassen will.
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Jakob hat Angst und ist gleichzeitig eifersüchtig auf mich, weil ich etwas aus mir gemacht habe und eine Menge Geld besitze. Ich bin nicht mehr der Mickey Suffert, der mit ihm durch die Straßen gezogen ist und nichts mit sich anzufangen wusste.

Ja, wir beide haben viel gemeinsam, aber jetzt sehe ich überdeutlich, dass die wenigen Unterschiede, die zwischen uns existieren, gravierend sind und unsere Freundschaft letzten Endes vernichten werden.

„Und warum erkenne ich dich dann nicht mehr wieder?“, wisperte sein Kumpel nachdenklich und mit erheblich reduzierter Lautstärke.

„Je länger ich hier mit dir sitze, umso weniger sehe ich den Mickey vor mir, mit dem ich meine Jugend verbracht habe.“

„Es sind viele Jahre vergangen“, meinte der Killer nüchtern. „In dieser Zeit ist einiges passiert und ich habe mich verändert, Jake. Das gehört nun mal zum Leben dazu. Man kann nicht stehen bleiben und sich keinen Meter bewegen.“ Für seine Verhältnisse klang er sehr weise und tiefgründig, was bei seinem Gegenüber erneut Misstrauen hervorrief und ihn in seinen An-sichten über Mickey bekräftigte.

„Willst du mir echt ´ne Lektion erteilen, Mann?“ Seine Wangen blähten sich vor Empörung. „Verdammt, du spielst dich hier auf wie ein verschissener Besserwisser, der mir erklären will, wie das Leben funktioniert. Aber weißt du was? Ich gebe einen verfickten Scheiß auf das, was du sagst! Ich bin nicht hierher gekommen, um mich von dir vollquatschen zu lassen! Ich wollte bloß mit dir abhängen und mich bis zur Besinnungslosigkeit besaufen!“, beschwerte sich Jake pausenlos, was dem Rothaarigen den letzten Nerv raubte und ihm Kopfschmerzen bereitete. Mickey massierte sich seine Schläfen und schloss für einen kurzen Moment die Augen.

Auch er hatte sich ihr Wiedersehen anders vorgestellt. Der Abend bereitete ihm schon längst kein Vergnügen mehr, sondern löste bei ihm nur noch Stress und Wut aus.

„Hey!“ Jakobs Gebrüll beendete abrupt und brutal seinen Moment der Ruhe, was ihn rasend machte. Mickey hob seine Lider und strafte seinen Kumpel mit einem tödlichen Blick, der ihn in seine Schranken weisen sollte, allerdings reagierte Jake nicht auf seine nonverbale Warnung.

„Verdammt, sieh mich an, wenn ich mit dir rede, Suffert!“ Er polterte weiterhin ungehalten und laut seinen Unmut über ihn heraus.
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Er wusste einfach nicht, wann Schluss war, also wür-de er es ihm zeigen müssen. Ohne ein Wort schoss er von seinem Sessel in die Höhe, packte sein Gegenüber grob an seinem ausgeblichenen dunkelgrünen T-Shirt und bugsierte ihn durch die Menge an tanzenden und fröhlichen Menschen.

„Was soll…“

„Halt deine Klappe, Jake“, zischte er ihm unwirsch ins Ohr.

Jacob Freeman wurde Meter um Meter unruhiger und sein Widerstand gegen Mickeys Griff verstärkte sich. Er versuchte ihn abzuschütteln, aber der Killer war unerbittlich und ließ ihn nicht entkommen. Mickeys Geduld war am Ende und nun griff er zu härteren Mitteln, damit er endlich kapierte mit wem er es zu tun hatte.

Der Rothaarige führte ihn aus dem Seiteneingang, der sich am Ende eines schmalen Flures befand, in die kalte Nacht. Draußen stieß er ihn so heftig von sich, dass er beinahe auf den harten Asphalt gestürzt wäre.

„Jetzt wird Klartext geredet, Mann!“, sagte er schroff und achtete in keinster Weise auf den entsetzten und zornigen Gesichtsausdruck seines Kumpels. „Du hältst von jetzt an deine Schnauze, ist das klar? Du stellst mir keine Fragen mehr über meine Job. Du hörst auf über mich und mein neues Leben zu urteilen. Und du wirst mich nicht mehr beleidigen.“ Mickey holte nach seiner Ansage erstmal tief Luft. In diesem kurzen Moment fletschte Jake seine Zähne und ballte die Fäuste, bevor er ihn tatsächlich attackierte. Er wollte ihm gezielt ins Gesicht schlagen, allerdings hatte er nicht mit seinen schnellen Reflexen gerechnet. Der erfahre-ne Killer wich leichtfüßig seinen Schlägen aus, ehe er ihm einen Leberhaken verpasste, der ihn qualvoll stöhnend auf die Knie sinken ließ.

„ARGH!“ Seine Schmerzen reichten ihm bei Weitem nicht aus. Er hatte erst angefangen. Wenn er mit Jake fertig war, würde dieser sich wünschen niemals nach New Jersey gekom-men zu sein.

„Du willst es echt nicht verstehen, oder Freeman?“, ächzte er naserümpfend und verpasste ihm im Anschluss mehrere Faustschläge, die sein Gesicht mit Hämatomen und Schwellungen verunstaltete. Blut lief aus seiner Nase und dem Mund und tropfte auf den Asphalt, was Jake irritiert beobachtete. Ungläubig glotzte er auf die tiefrote Flüssigkeit, als habe er sie niemals zuvor gesehen.

„Du hast keine Chance gegen mich, Jake“, belehrte er ihn mit leicht geneigtem Kopf und verschränkten Armen.
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„Das war schon immer so, also versuch es erst gar nicht.“ Seine Stimme strotze vor Abschätzigkeit und Spott gegenüber seinem alten Kumpel, der von seiner Überheblichkeit alles andere als begeistert war. Trotz der Aggression und Gewalt gegen ihn gab er nicht klein bei. Das war typisch für ihn. Das war typisch für sie beide, darum überraschte es ihn nicht, dass Jake sich aufrappelte und einen zweiten Angriff startete. Der Rothaarige schmunzelte sogar vergnügt, als er energisch auf ihn zustürmte.

Kaum befand er sich in seiner Reichweite, da wich er blitzschnell zur Seite aus und beförderte ihn mit einem heftigen Tritt in seine rechte Kniekehle zurück auf den schmutzigen Boden.

„Du verfluchter Wichser“, schrie er, während er erbärmlich auf allen Vieren kroch. „Dich mache ich fertig.“

Mickey Suffert hockte sich neben ihn, zog seinen Colt Government und presste dessen Lauf gegen seine Schläfe, was ihn schlagartig erstarren ließ.

„Tut mir Leid, Mann, aber das glaube ich nicht.“ Jacob Freeman wagte es nicht sich zu bewegen oder zu atmen. Einzig seine grünen Augen fixierten ihn gnadenlos.

„Hey, sieh mich nicht so an, ja? Du hast es schließlich provoziert. Ich hatte keine andere Wahl“, verteidigte er seine Reaktion.

„Du willst mir die Schuld dafür geben, dass du mir eine Knarre an den Kopf hältst?“, zischte er tollwütig. „Du bist echt ein mieser Dreckskerl.“

„Ich bin ein Dreckskerl, das ich ja ganz was Neues“, meinte er sarkastisch und fing an wie eine Hyäne zu lachen. Im ersten Moment war Jake irritiert und nicht begeistert von seinem Lachflash, doch dann zeigte er ein schmallippiges Lächeln.

„Es ist wie in alten Zeiten, Mickey. Wir beschimpfen uns und schlagen aufeinander ein. Es hat sich nichts verändert.“ Erneut stand das Thema Veränderung zwischen ihnen, das diesen Streit erst zugelöst hatte. Sie beide hatten unterschiedliche Sichtweisen und würden niemals auf einen Nenner kommen. Der Killer sah die Realität, indes Jake in einer Illusion lebte; in einer vergangenen Zeit, die er nicht loslassen wollte. Er beschloss es dabei zu belassen und keine weitere Auseinandersetzung zu provozieren. Immerhin waren sie beide ins 38° gegangen, um zu feiern und zu saufen und dies würden sie auch tun.

Mickey Suffert steckte den Colt zurück in seinen Hosenbund, stand auf und hielt ihm die rechte Hand hin.
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Sein Kumpel zögerte keinen Augenblick in seine Hand einzuschlagen und sich aufhelfen zu lassen. Als er wieder auf den Beinen stand, schwankte er leicht womöglich aufgrund der Schläge und dem Alkohol, den er bereits zu sich genommen hatte.

„Mach langsam, Freeman.“

„Halt die Fresse, Mann“, gab er lachend zurück und legte ihm einen Arm um die Schulter. Es sollte ein Zeichen der Freundschaft sein, aber er wusste es besser. Jake suchte insgeheim eine Stütze, damit er nicht stürzte und seine akute Schwäche aufgedeckt wurde.

„Lass uns wieder reingehen. Nach der Sache hier schuldest du mir noch ein paar Drinks“, sagte er augenzwinkernd, was durch sein geschwollenes Gesicht recht merkwürdig aussah.

„Das lässt sich machen, Bro.“

Als augenscheinliche Einheit traten sie durch die Tür zurück in den Club, doch sie hatten sich entfremdet. Sie waren so weit voneinander entfernt, wie niemals zuvor. Keiner von ihnen beabsichtigte diese Tatsache anzusprechen, dabei spürten sie es deutlich, wie ein unerträglicher, anhaltender Schmerz, der Besitz von ihnen ergriffen hatte und ihre Körper lähmte. Ihre Freundschaft war nicht mehr dieselbe. Sie war verloren.
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Kommentar von "Sabine Müller" zu "Die Lebenswippe"

Hallo, sehr schöne, wahre Gedankengänge! 5 Punkte von mir. lg Sabine

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