Andacht - Angst, oder - wie man sich Feinde schafft ....   270

Kurzgeschichten · Nachdenkliches

Von:    martin suevia      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 2. Januar 2020
Bei Webstories eingestellt: 2. Januar 2020
Anzahl gesehen: 1402
Seiten: 4

Angst, oder – wie man sich Feinde schafft



2. Mose 7 – 12



7 Die Israeliten aber waren fruchtbar, und es wimmelte von ihnen, und sie mehrten sich und wurden überaus stark, sodass von ihnen das Land voll ward. 8 Da kam ein neuer König auf in Ägypten, der wusste nichts von Josef 9 und sprach zu seinem Volk: Siehe, das Volk der Israeliten ist mehr und stärker als wir. 10 Wohlan, wir wollen sie mit List niederhalten, dass sie nicht noch mehr werden. Denn wenn ein Krieg ausbräche, könnten sie sich auch zu unsern Feinden schlagen und gegen uns kämpfen und aus dem Land hinaufziehen. 11 Und man setzte Fronvögte über sie, die sie mit schweren Diensten bedrücken sollten. Und sie bauten dem Pharao die Städte Pitom und Ramses als Vorratsstädte. 12 Aber je mehr sie das Volk bedrückten, desto stärker mehrte es sich und breitete sich aus. Und es kam sie ein Grauen an vor den Israeliten.





Ihr Lieben



Kürzlich hielt ich wieder mal eine Art Lebensrückschau. An den genauen Anlass kann ich mich nicht mehr erinnern. Jedenfalls; man kommt bei solchen Rückschauen ganz schön „ herum “. In meinem Falle ging es bis ins Jahr 1984. In dem Betrieb in dem ich damals arbeitete, verstand ich mich mit einer Kollegin sehr gut. Als sie zur Abteilungsleiterin befördert wurde, gratulierte ich ihr herzlich. Innerhalb von drei Monaten veränderte sich – nicht nur unser – Verhältnis, zueinander, Gespräche am Mittagstisch fanden nicht mehr statt, vom Betriebsgelände zum Bahnhof hatten wir immer den gleichen Bus genommen und natürlich saßen wir dabei oft nebeneinander. Das hörte ebenfalls auf. Es gab seltenst ein „guten Morgen“, ihre Attitüde wandelte sich ins Schnippische, kurz, sie schien ein komplett neuer Mensch geworden zu sein.

Meine Sympathie für sie schwand, es baute sich eine gewaltige Mauer auf zwischen uns. Kurze Zeit später wechselte ich meine Arbeitsstelle und ich weiß nicht, was aus ihr wurde. Ich dachte jedoch oft an sie und hatte eine Ahnung für ihre Verhaltensänderung im Hinterkopf.



Sieben Jahre später, ich lebte damals in London und arbeitete in einem Hostel, wurde ich befördert zum „Supervisor“. Das klingt „erhaben“, die Realität sieht anders aus.
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Vorher war ich einer unter 12 KollegInnen. Wir kamen aus verschiedenen Ländern, die meisten um ihr Englisch zu verbessern. Unsere kleine Truppe verstand sich gut. Ab und an gingen wir abends sogar in einen Pub.

Aus irgend einem Grund beschloss die Managerin eines Tages, mir die Stelle des Supervisors zu geben. Es gab jemand, der sie ebenfalls gerne gehabt hätte und, wie ich fand, sie auch eher als ich verdient hätte. Er wollte nämlich in England wohnen bleiben während ich wusste, dass es für mich eines Tages wieder zurück nach Deutschland gehen würde.

Als Supervisor erhielt man ein eigenes Zimmer im Erdgeschoss des Hostels, hell, mit Fenstern, eigenem Bad und eigener Toilette, sowie mehr Gehalt(als einfacher Mitarbeiter lebte man in einem drei-oder vier Bett Zimmer, meistens im Keller) Ich war nun in einer Art Sandwich-Position.

Meine bisherigen Mitarbeiter die ich teilweise sogar als meine Freunde ansah (in der Fremde muss man besonders froh sein Freunde zu haben)waren nun„unter“ mir, ebenso der langjährige Koch, während der stellvertretende Manager und natürlich die Hausmanagerin über mir waren und sie war streng, sehr streng. Sie forderte mich auf unnachgiebig gegenüber dem „Staff“ zu sein. Sie war eine Managerin der „alten englischen Schule“ mit knallharter „oben-unten“ Einstellung.Ich wollte meine Arbeit gut machen, den Job und natürlich mein Zimmer behalten, das an das Arbeitsverhältnis gebunden war. Ich merkte wie ich mich veränderte, meinen ehemaligen MitkollegInnen Anordnungen, Befehle erteilte, sie manches mal rügte und das eine oder andere Mal über´s Ziel hinausschoss. Aber das schlimmste war, wir entfernten uns von einander. Ich bekam mit, dass man hinter meinem Rücken über mich sprach; mit mir sprach kaum noch jemand.



Während diese kurze Episode dreißig Jahre später in meinem Gedächtnis wieder hochkam, fiel mir diese Stelle im 2. Mose auf.

Die Hebräer zogen einst wegen der Hungersnot von Kanaan nach Ägypten.

Der damalige ägyptische Pharao, der Josef zu seinem Verwalter und zum zweitmächtigsten Mann Ägyptens gemacht hatte gestattete dem Volk sich in seinem Reich nieder zu lassen und zu jener Zeit waren die Hebräer auch keine Sklaven.
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Das sollte sich mit dem Nachfolger, dem neuen Pharao gewaltig ändern. Dieser wusste nichts von der ehemals vertrauensvollen Beziehung die sein Vorgänger zu Josef, dessen Stammesfamilie und dem Volk hatte und es interessierte ihn auch nicht. Er erblickte in diesen Nichtägyptern keine Bereicherung mehr sondern eine Gefahr. Das Verhältnis änderte sich – wer den obigen Bibeltext aufmerksam ließt, erkennt den Urgrund:

Angst, Unsicherheit und Zweifel vor dem vermeintlichen Feind!





Markus 10/42

42 Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an.

43 Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein;

44 und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein.

Etliche Jahre später, ich arbeitete inzwischen im Reinigungsgewerbe, bekam ich ein wunderbares Beispiel dieses Markus-Spruches geliefert.

Mein damaliger Vorarbeiter war sich nicht zu schade auch selbst die Müllsäcke und den Papierabfall nach draußen zu schaffen. Ich denke noch heute an ihn. Er wird mir immer als Beispiel vor Augen sein.

Ein Chef sollte auch willens sein, in seinem Betrieb einmal selbst die schmutzigste, die niederste Arbeit zu verrichten.



In nahezu allen Fällen ist es in Wirklichkeit die Angst, welche die „Mächtigen“ mit Unterdrückung und Gewalt gegen die Völker agieren lassen. China mit seinem totalitären Überwachungssystem, das -saudi-arabische Königshaus mit seinen drakonischen Strafen und seiner Sittenpolizei (welches beim Thema Sitte selbst weitaus tolerantere Maßstäbe an sich legt als es seinem Volk zugesteht) ebenso wie sein Gegner Iran, (dessen Herrscher bestimmt nicht darben und knausern müssen.)welcher schon Minderjährige mit der Todesstrafe richtet und Frauen züchtigt weil sie ihre Haare nicht ordnungsgemäß bedecken. Von Afghanistan, Pakistan, dem grausamen, gesellschaftlichen Gesetz der indischen Kastengesellschaft, welches ein „wunderbar“ perfides Unterdrückungssystem ist – offiziell abgeschafft aber gesellschaftlich zu tief in den Köpfen und Seelen der indischen Nation eingewachsen, als dass sie sich einfach daraus befreien könnte … ganz zu schweigen.
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Auch, und vor allem dann wenn es etwas zu verbergen gilt, agieren Herrscher oft mit Gewalt und Niederdrücken. Verständlich, man muss schließlich den Diebstahl am eigenen Volk verbergen ….

Ich freue mich, dass es heutzutage Unternehmen gibt, die bewusst eine flache Hierarchiestruktur fahren, ich wünsche mir, dass Vorgesetzte nicht als Peitschentreiber fungieren müssen und im Sinne des Wortes ein „Herz aus Fleisch“ haben dürfen und nicht um ihre Position bangen müssen. Ich wünsche mir, dass Vorgesetzte und Mitarbeiter einander als Menschen sehen und versuchen sich in die Position des jeweils anderen hineinzuversetzen.

Im neuen, ach so viel beschworenen Zeitalter der Digitalisierung sind menschliche Herzen wichtiger denn je.

In diesem Sinne wünsche ich euch Gottes Schutz und Segen für die nächste Woche!
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