Andacht Nr. 73 und dieweil die Ungerechtigkeit wird überhand nehmen, wird die Liebe in vielen erkalten.   150

Kurzgeschichten · Nachdenkliches

Von:    martin suevia      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 29. Juni 2018
Bei Webstories eingestellt: 29. Juni 2018
Anzahl gesehen: 1809
Seiten: 4

Andacht Nr. 73



Matthäus 24.12



Und dieweil die Ungerechtigkeit wird überhand nehmen, wird die Liebe in vielen erkalten.





Ihr Lieben



Ich habe in meinem Fernseher 45 Sender als Favoriten abgespeichert und ich geb ´s zu, mein Fernsehverhalten ist wahrlich nicht empfehlenswert. Ich liege auf dem Bett und zappe munter von Kanal zu Kanal, manchmal vor, manchmal zurück, manchmal drüber weg … Kürzlich machte ich mir die Mühe eine Liste anzufertigen wie häufig Gewaltmomente auftauchen in dem Moment, in dem ich auf einen beliebigen Kanal tippte. Ihr werdet es nicht glauben, es waren 37 Kanäle in denen ich just in dem Augenblick mit Pistolen, Gewehren, Messern, Fäusten, wüstem Geschrei, Beleidigungen, Bomben, Drohungen von Menschen gegenüber Menschen konfrontiert wurde. Nochmal in Worten: SIEBENUNDDREISSIG Kanäle von FÜNFUNDVIERZIG abgespeicherten Kanälen, nicht mit eingerechnet dabei waren die Krimis bzw. deren Wiederholungen in der sich die Schauspieler gerade in einem Büro befanden und über einen Mordfall oder ein anderes Verbrechen sprachen … Die Faszination für Verbrechen scheint trotz der täglichen Realität ungebrochen hoch. Für mich absolut schizophren. Es ist beinahe so als würde Gott sagen: Ihr seit fasziniert von Verbrechen - gut - ich geb euch davon - schließlich wollt ihr ´s so - jeden Sonntag hockt ihr vor dem Bildschirm und fiebert dem "Tatort" entgegen ... die DVD Regale für Horrorfilme werden immer länger ... ihr WOLLT das Böse erleben, also BEKOMMT ihr das Böse - und ihr kriegt ´s sogar in der Realität (Sarkasmus?)



Als der RAF Terror in den 70er Jahren unsere Republik bewegte, war ich noch zu jung um zu verstehen um was es ging aber jedes mal wenn im Fernsehen darüber berichtet wurde, graute mir, ich empfand es als etwas „unheimliches, grauenvolles unbeschreibliches“ und ich ging wirklich freiwillig weg vom Fernseher. Auch als etwa zeitgleich der israelisch-palästinensische Konflikt einherging mit explodierenden, vorher gekaperten Flugzeugen und nicht zuletzt dem Massaker von den olympischen Spielen in München, spürte ich nur: Das ist das absolut Böse – es macht keinen Spaß, es ist nicht unterhaltsam, ja, es fühlte sich an, als läge in irgendeinem Teil der Wohnung eine Kobra und man wusste nicht ob man auf dieses Tier treffen würde.
Seite 1 von 4       


Der erste Amoklauf an den ich mich bewusst in den Nachrichten erinnere war 1996 das Massaker von Dunblane/Schottland als ein Mann dort 16 Kinder erschoss. Es war natürlich nicht das erste dieser Art. Die Zeitschrift -Spiegel- veröffentlichte im Internet eine Chronik der schlimmsten Amokläufe, die im Jahr 1964 beginnt und bis ins Jahre 2007 reicht. Seither gab ´s leider selbstverständlich weitere so genannter Amokläufe – man kann wirklich jährliche Listen anlegen und ich weiß nicht ob es nur mir so geht, ein gewisser Gewöhnungseffekt tritt ein. „Na ja, das sind halt so Sachen die in unserer Zeit passieren“, sagte mir mal jemand achselzuckend. Ich war beispielsweise verwundert wie schnell die Stadt Las Vegas nach dem Massaker mit über 50 Toten so schnell zu ihrer täglichen Routine zurück fand. Ich kann mich nicht an Gedenkgottesdienste, Demonstrationen etc diesbezüglich erinnern – es kann aber gut sein, dass sie mir einfach entgangen sind. Nach dem Massaker von Orlando mit ebenfalls fünfzig Toten gab es von Seiten der LGBTQ Community wenigstens eine sichtbare Demonstration die landes/weltweit im Fernsehen zu sehen war. Ich dachte mir: wenigstens die tun mehr als das übliche „pray for ...“ auf Twitter.



Als im Jahre 2001 Al Kaida für die Terroranschläge in Washington und New York verantwortlich gemacht werden konnte, stand der Name für das was er war: Terror. Wenige Jahre später sah man lachende, grinsende Leute mit einem Sweatshirt durch die Gegend laufen auf welcher der Name Al Kaida mit dem Coca Cola Schriftzug gedruckt war. Osama Bin Laden mutierte fast zum Comic Helden bei den Youngsters.



Als der zweite Irakkrieg begann, begleitet von „embedded“ Journalisten, die uns das ganze in Echtzeit mit der Kamera präsentierten, hielt ich noch den Atem an als ich auf dem Bildschirm die Lichter der Raketen und Bomben sah, die auf Bagdad fielen. Etwas in mir zeigte mir deutlich auf: Jetzt in diesem Moment sterben vor deinen Augen Menschen, werden Körper in Stücke gerissen, Gebäude stürzen ein, das Leben wie es mal war, gut oder weniger gut, existiert dort nicht mehr. Etwa zehn Tage später zappte ich weiter weil es mich einfach „nervte.
Seite 2 von 4       
“ Knapp zwei Jahre, nachdem der Syrienkrieg begann, befand ich mich gerade in Israel und wir waren in einem 4 Ländereck, wo man vor sich syrisches Staatsgebiet hatte, links davon den Libanon, rechts die roten Berge von Jordanien (bissl weiter weg aber gut sichtbar) und hinter und unter sich israelisches Gebiet. Vor uns sah alles so unfassbar friedlich und still aus und keine 50 Km weg, krachte und knallte es. Es erzeugte „nur“ ein gewisses Unbehagen in uns. Beim Wort Syrien verdrehen sich heute bei vielen nur noch gelangweilt die Augen: Ach ja, das Land wo Bürgerkrieg ist ...“ Wir erinnern uns aber hoffentlich daran, dass Syrien einst ein großes, kurlturell hoch interessantes Land mit vielen gebildeten Leuten war ...



Als im Jahre 2016 mit Maria L. der traurige Reigen ermordeter, vergewaltigter und erstochener Frauen seinen Auftakt nahm und seinen Höhepunkt zwischen April und Juni diesen Jahres (2018) seinen gefühlten Höhepunkt erreichte, war das Anfangs durchaus ein wochenlanges Thema. Mittlerweile gibt ´s angesichts solcher Horrormeldungen nur noch ein: Was denn, schon wieder eine? Ja, nun sind ´se halt tot ...“



Meine Großeltern, meine Großtante, sowie ein alter ehemaliger Kollege während meiner damaligen Ausbildungszeit, der im 2. Weltkrieg als Soldat auch Menschen erschoss, redeten oft über diese Zeit und ich wunderte mich immer ein wenig wie sachlich und teilweise kurz angebunden sie sich äusserten. „Ja, ich musste den jungen Kerl halt erschießen, sonst hätt er mich womöglich getroffen, war ja schade, aber ´s ging nicht anders … (Themawechsel) Auch wenn man Leute heute im Fernsehen in diesen Kriegsgebieten sieht die interviewt werden, einen oder zwei Tage, nachdem sie als einzige Überlebende bei einem Angriff davon kamen, erzählen oft erstaunlich sachlich dass sie nunmehr alleine seien, ihre gesamte Familie sei unter diesen Trümmern da hinten verschüttet, da wo die Bombe runterkam …



Kann es sein, dass wir uns an Gewalt gewöhnen? Wenn ja, was für Auswirkungen hat das auf uns? Wir laufen Gefahr, dem Leid anderer gegenüber gleichgültig zu werden, ja das Leid, den Horror anderer als Unterhaltungseinheit zu bewerten. Deutlichstes Beispiel sind die Gaffer die ihre Smartphones auf die Opfer von Verkehrsunfällen richten.
Seite 3 von 4       
Solche Taten kann man nur begehen wenn man selbst keinerlei menschlicher Gefühle, seelischer Regungen mehr in sich trägt, innerlich eiskalt, tot,seelenlos ist.



Der Evangelist Matthäus übertrieb nicht als er diesen Satz formulierte der auf jede Zeit passen könnte in der Gewalt über einen längeren Zeitraum herrscht.

Doch angesichts dieser „Gaffer“ und solcher, die Rettungskräfte behindern stellen sich mir noch ganz andere schlimme Fragen. Kann es sein, dass unsere Gesellschaft mit all ihrer Aufgeklärtheit, all ihrer hochgelobten Freiheit an „gesellschaftlichem Aids“ leidet? Aids ist eine Krankheit die hauptsächlich das Immunsystem des Menschen angreift und dort genau die Zellen zerstört die Krankheitserreger bekämpfen, also den Körper beschützen und die Gesundheit wieder herstellen sollen.



Menschen mit Emphatie versuchen tagtäglich anderen zu helfen, für Hilfesuchende da zu sein, ein wenig Licht, ein wenig Wärme in eine immer kälter werdende perfektionierte hochtechnologisierte Gesellschaft zu bringen – doch auch sie sind letzlich nur Menschen mit einer begrenzten Kraft. Diese Kraft gilt es zu schützen, zu hegen, zu pflegen. Denn auch diese geistlichen „Immunzellen“ drohen immer mehr in der heutigen Zeit vernichtet zu werden.



Ich wünsche euch Gottes Kraft und Schutz, den heutigen gesellschaftlichen „Viren“ - Gleichgültigkeit-Sensationslüsternheit, Ignoranz etc.eure heilenden, helfenden „Zellen“ entgegen zu setzen sowie …





SEINEN SCHUTZ und SEGEN für die kommende Woche.
Seite 4 von 4       
Punktestand der Geschichte:   150
Dir hat die Geschichte gefallen? Unterstütze diese Story auf Webstories:      Wozu?
  Weitere Optionen stehen dir hier als angemeldeter Benutzer zur Verfügung.
Ich möchte diese Geschichte auf anderen Netzwerken bekannt machen (Social Bookmark's):
      Was ist das alles?

Kommentare zur Story:

Leider wurde diese Story noch nicht kommentiert.

  Sei der Erste der einen Kommentar abgibt!  

Stories finden

   Hörbücher  

   Stichworte suchen:

Freunde Online

Leider noch in Arbeit.

Hier siehst du demnächst, wenn Freunde von dir Online sind.

Interessante Kommentare

Kommentar von "Lisa" zu "Endlich aufgewacht..."

Ich habe keine Probleme damit, den Text zu verstehen. Mir gefällt er gut, denn wenn man aufwacht, ist das immer etwas Positives. Gruß Lisa

Zur Story  

Aktuell gelesen

  In Arbeit

Funktion zur Zeit noch inaktiv. Über ein Konzept zur sicheren und möglichst Bandbreite schonenden Speicherung von aktuell gelesenen Geschichten und Bewertungen, etc. machen die Entwickler sich zur Zeit noch Gedanken.

Tag Cloud

  In Arbeit

Funktion zur Zeit noch inaktiv. In der Tag Cloud wollen wir verschiedene Suchbegriffe, Kategorien und ähnliches vereinen, die euch dann direkt auf eine Geschichte Rubrik, etc. von Webstories weiterleiten.

Dein Webstories

Noch nicht registriert?

Jetzt Registrieren  

Webstories zu Gast

Du kannst unsere Profile bei Google+ und Facebook bewerten:

Letzte Kommentare

Kommentar von "Michael Brushwood" zu "Sich fühl'n wie Seifenblasen"

Liebe Rosmarin, der Hase stammt übrigens aus der Oberlausitz. Diese Art von Volkskunst finde ich besonders amüsant. Da Ostern diesmal mit der Zeitumstellung einhergegangen ist, und die Kinder ...

Zur Story  

Letzte Forenbeiträge

Beitrag von "Redaktion" im Thread "Winterrubrik"

Feiert schön und lasst es euch gut gehen. Wer Schnee an diesem Tage hat, sollte sich freuen. Selbst in Berlin hatte es nachts geschneit. Jetzt ist er allerdings fast weggetaut. Trotzdem, so ein bissc ...

Zum Beitrag