Weg in den Untergang Teil II - Das Ende der Strasse   0

Romane/Serien · Nachdenkliches

Von:    Rüdiger Honk Jones      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 15. November 2017
Bei Webstories eingestellt: 15. November 2017
Anzahl gesehen: 1877
Kapitel: 0, Seiten: 0

Diese Story ist die Beschreibung und Inhaltsverzeichnis einer Reihe.

Verfügbarkeit:    Die Einzelteile der Reihe werden nach und nach bei Webstories veröffentlicht.

Wie lange ich im Krankenhaus gewesen bin kann ich nicht sagen. Wahrscheinlich ein oder zwei Tage. Vielleicht auch mehr. Wie schon beschrieben war mein Hirn nur ein einziger grauer Brei. Keine klaren Gedankenkonturen mehr da.

Man hatte mich aber zwischenzeitlich wohl verlegt, denn als ich – diesmal halbwegs klar – die Augen öffnete, war ich nicht mehr in dem schönen kleinen Krankenzimmer sondern in einem großen, verglasten Raum. Ich kam mir vor wie im Aquarium, weshalb ich auch beschloß, diesen Raum für mich so zu bezeichnen.

Ich lag in einem Krankenbett. Über mir die weiß gestrichene Decke, die ich unentwegt anstarrte. Ich fühlte mich nicht recht wohl und meine Arme fingen an zu schmerzen. Aber mein Unwohlsein mochte mehr an der Gesammtsituation liegen. Unfrei zu tun was man tun will und unfähig auch nur selbst auf s Klo zu gehen. Sie hatten mich an meinem Bett fixiert. Warum auch immer. Ich kann mir nur denken, das ich in meinem Tablettendelirium etwas wild geworden war, ohne es zu bemerken.

Ich versuchte meine Gedanken zu fokussieren und zu dem Punkt zurück zu kommen, an dem alles auseinander gefallen war. Aber es wollte mir zunächst nicht gelingen. Ich sah mich – soweit das möglich war – in dem Raum um. Abgesehen von mir lagen noch drei andere Personen hier. Allerdings konnten die sich frei im Raum bewegen.

Naja, egal. Ich konnte nichts weiter tun, so versuchte ich eben etwas zu schlafen. Aber weit gefehlt! Schlafen war nicht drin. Ein Pfleger kam auf mich zu und beäugte mich eingehend. Ich mochte ihn vom ersten Moment an nicht. Zwar versuche ich, niemals einen Menschen nach dem ersten Anschein zu beurteilen, aber in diesem Fall konnte ich nicht anders. Der Mann mochte etwa eins fünfundsiebzig groß sein. Seine Arme, jedenfalls der Teil, der zu sehen war, zeugten von massiver Kraft. Sein Gesicht, dessen markantestes Merkmal eine dicke schwarze Brille war, die auf seiner krummen Nase saß, flößte auch nicht gerade Vertrauen ein. Er machte einen verkniffenen Eindruck. Wäre ich ihm in irgend einer Spelunke begegnet, wäre sofort klar gewesen, er ist extrem auf Krawall gebürstet.

Und ich war nun diesem Wächter ausgeliefert. Es hätte keinen Unterschied gemacht, ob ich gefesselt bin oder nicht. Hier in diesem Etablisment hätte es nichts genutzt sich zur Wehr zu setzen, wenn man sich angegriffen fühlte.
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„Na, endlich wach?“ Knurrte der Pfleger, wobei er ein Glas und ein Becherchen mit Tabletten auf den Nachtkasten stellte.

Ich sah ihn nur stumm an. Seine Augen bohrten sich in die meinen und sein Blick schien zu sagen: „Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich die Scheiße aus dir heraus prügeln.“

Aber ich hielt seinem Blick stand, was ihm offenbar gefiel. Nach einigen Sekunden, die mir endlos zu sein schienen, zauberte er tatsächlich ein Lächeln in sein Gesicht.

„Werden wir brav sein?“ Fragte er schließlich

„Kommt darauf an...“ gab ich unentschlossen zurück. Ich wußte ja nicht, was dieser Kerl mit mir vor hatte.

„Ich werde dich jetzt los schnallen und dann wirst du brav sein und dich nicht wehren, verstanden?“

Ich nickte und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Nach dem der Pfleger die Fixationsgurte gelöst hatte, setzte ich mich vorsichtig auf und schwang meine Beine über die Bettkante. Ganz großer Fehler, wie sich herausstellte. Nur Sekunden nach dem ich aufrecht saß, wurde es dunkel um mich. Offenbar wollte der Kreislauf noch nicht so ganz mitspielen. Der Pfleger hatte mich vom Boden auf geklaubt und wieder ins Bett gelegt. Als ich wieder klar wurde, stand er grinsend neben meinem Bett.

„Na Herkules, das Gewicht der Welt war wohl doch zu viel auf einmal!“

Der Typ hatte ja sogar Humor. Wenn auch für meinen Geschmack einen etwas seltsamen...

Aber immerhin sah er mich nicht mehr so grimmig an wie zu beginn.

Nach einigen Augenblicken schließlich reichte er mir das Glas und das Pillendöschen.

„Hier,“ sagte er. „Die mußt du einnehmen, dann geht es dir bald wieder besser.“ Sein Grinsen wurde noch breiter und irgend etwas sagte mir das er log. Doch ich griff nach beidem und tat, wie mir geheißen war. Sich zu weigern hätte ohnehin keinen Sinn gehabt. Und eine Gelegenheit mich wieder zu fesseln wollte ich ihnen auch nicht geben. Einmal reichte mir vollkommmen.

Ich legte mich wieder hin, diesmal mit dem dringenden Wunsch zu schlafen. Nach einiger Zeit gelang mir das auch. So tief erschöpft wie an diesem Tag hatte ich mich – soweit ich sagen kann – noch nie zuvor gefühlt.

Zum Mittagessen wurde ich aufgeweckt.
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Dieses war, wie mir später erst klar wurde, der gesellschaftliche Höhepunkt des Tages. Alle Insassen dieses Aquariums wurden an den Tisch gebeten, der in der Mitte des Raumes stand. Was mir kredenzt wurde kann ich nicht sagen. Vermutlich sollte es irgendwas mit Gemüse sein. Doch auf dem Teller befand sich nur ein bunter Matschklumpen mit Petersiliengarnitur. Allerliebst. Ich kostete davon und bereute es sofort. Tapetenkleister mochte besser schmecken als dieser undefinierbare Kotzklumpen. Ich sah meine „Mitgefangenen“ interessiert an, wie sie sich das Zeug genüßlich in den Kadaver schoben. Ein alter Mann der neben mir im Nachbarbett lag, konnte seine Begeisterung ob dieses Festmahls kaum zügeln. Nur Augenblicke nach dem er den Fraß rein gedroschen hatte, übergab er sich quer über den Tisch hinweg. Mich traf er glücklicher Weise nicht. Aber unseren „Wärter“ mit der Brille erwischte es voll.

Ich konnte mir ein inneres Grinsen nicht verkneifen und sah zu, wie er wetternd und geifernd die Sauerei aufwischte und den Alten zurück in sein Bett verfrachtete. Wundervoll, dachte ich. Ich bin in meiner persönlichen Hölle gelandet!

Als er den Mann ins Bett gebracht hatte funkelte er mich böse an. Ich guckte demonstrativ aus dem Fenster in den Gang hinaus, und war bemüht, ihn zu ignorieren.

„Friss den Scheiß auf!“ Schrie er mich an und deutete auf meinen Teller. Aber ich hatte natürlich nicht die Absicht selbiges zu tun. Zumal auch von dem Alten M;ann einige Bestandteile seines Essens in meinem gelandet waren. Doch wer weis, vielleicht hatte das dem Ganzen sogar eine Aufwertung gegeben?

Der Pfleger, Randolf stand auf dem Namensschild zu lesen, schien kurz vor dem Platzen zu sein. Ich schob den Teller bei Seite und legte das Besteck daneben. Dann stand ich auf und legte mich wieder auf mein Bett.

Randolf kam zu mir herüber und schrie mehr als er sprach: „Warum ißt du nichts? Hungerstreik oder was?“

„Wenn ihr mir Nahrung statt Abfall gebt, dann esse ich auch wenn mir danach ist. Aber das Zeug da drüben ist ja wohl noch als Tapetenkleister zu schade!“

Ich hatte meiner Ärger Luft gemacht. Und das nicht gerade leise. Ein anderer Pfleger kam herein um zu sehen, was hier los war. Randolf drehte sich ohne weitere Worte zu verlieren um, und ging aus dem Raum.
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„Herr Rhotesheimer! Was war denn hier los?“

Ich sah ihn irritiert an. Ich dachte, er hätte es mitbekommen, wo er doch nur eine Rufweite vom Aquarium entfernt gestanden und herein geschaut hatte.

„Ich weigere mich diesen Scheiß da zu fressen!“ Gab ich angesäuert zurück und drehte mich auf die Seite.

Der Pfleger trug die Teller zusammen und brachte sie weg. Ich fragte mich einmal mehr, wie ich hier nur hin geraten konnte. Langsam kamen schlaglichtartige Erinnerungen in mir auf und ich mußte weinen. In der nun folgenden Nacht kam die totale Erinnerung zurück. Ich sah das Blut auf dem Küchenboden. Ich fühlte den Schmerz in mir und ich fühlte ihn auch an meinen zerschundenen Armen.

Ich durchlebte alles wieder und wieder. Doch ich blieb stumm. Keiner der Pfleger oder anderen Patienten sollte mitbekommen, wie es mir ging. Das war meine private Show. Nur meine. Sicher, man hatte mich hier in meine persönliche Hölle gebracht um mir zu helfen, das war mir schon klar. Aber dazu mußten sie erst einmal in mich hinein sehen können mit ihren Psychomethoden. Und eben das versuchte ich zu verhindern. Noch jedenfalls.

Mir wurde klar während der Nacht, so beschissen mein Leben auch gewesen sein mochte vor diesem üblen Tag, es war wesentlich besser als alles, was nun vor mir liegen mochte. Mein Kissen war naß von meinen Tränen. Die tiefste Traurigkeit, die man sich überhaupt nur vorstellen konnte, war in mich eingezogen.



Der Morgen begann um kurz nach fünf Uhr. Das Licht ging an und die Putzkolonne begann mit ihrer Arbeit. Ich nahm kaum Notiz davon. Zu erschöpft um zu reagieren lag ich einfach letargisch da und starrte die Decke an.

Etwa eine Stunde Später erschien ein Pfleger,Herold, hieß er und fragte wie es mir ginge. Ich sah ihn nur teilnahmslos an und schwieg.

Er schrieb etwas in sein Kurvenblatt und ließ mich wieder im Nichts versinken.

Frühstück.

Pillen.

Tee.

Ein Gang zur Toilette, deren Tür ich nicht absperren konnte und die ich auch zu allem Überfluß noch offen lassen mußte, während ich auf der Schüssel saß. Mehr Erniedrigung war eigentlich kaum noch möglich.

Der gesellschaftliche Höhepunkt, das Mittagessen, nahte unaufhaltsam.
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Niemals hätte ich mir träumen lassen, wie quälend langsam ein Tag dahin tropfen kann, wenn man nichts zu tun hat und nur wartet. Auf was auch immer.

Kurz vor drei Uhr am Nachmittag wurde unsere illustere Runde um weitere drei Seelen die gestrandet waren erweitert. Zwei Suizidanten, die – so wie ich – ihre Reise nicht angetreten waren. Oder besser, deren Tickets für ungültig erklärt, und sie somit aus dem Zug in die Ewigkeit geworfen wurden.

Der dritte im Bunde war – so erfuhr ich etwas später – so eine Art Dauergast. Alle paar Monate landete er hier auf der Geschlossenen um sich „reparieren“ zu lassen. Seltsamer Gedanke, diese Anstalt als Werkstatt zu betrachten. Doch im Grunde genommen war diese Bezeichnung so falsch auch wieder nicht. Sein Auto brachte man auch zur Reparatur, wenn es nicht mehr laufen wollte. Ich wollte auch nicht mehr laufen... Doch man läßt mich nicht gehen. Ich muß bleiben und leiden. Nur weil der liebe Staat mich vor mir selbst beschützen muß! Lächerlich!

Ich überlegte mir, ob ich nicht mit den beiden Suizis ein Gespräch beginnen sollte. Vielleicht brachte das etwas Abwechslung in die Einöde. Kaum zu glauben, wie schnell man in diesen Trott verfallen kann, wenn einem alles vollkommen gleichgültig ist. Dabei war heute erst der Zweite Tag hier. Zumindest der zweite bewußte Tag.

Während ich noch am überlegen war, kam einer der beiden zu mir herüber und betrachtete mich eingehend.

„Auch versucht die Flatter zu machen?“

Ich nickte.

„Ich bin der Karl. Oder auch Kalle, wenn dir das lieber ist“

„Angenehm“ gab ich zurück und schüttelte die Hand, die er mir hinstreckte. Meinen Namen verschwieg ich zunächst. War unhöflich, sicher. Aber ich war ob soviel Zutraulichkeit im Moment etwas überfordert.

„Und du hast auch einen Namen?“ Bohrte Karl schließlich, nachdem ich nach einigen Augenblicken noch immer nichts weiter gesagt hatte.

„Ich heiße Carl mit C. Seltsamer Zufall und ich verarsch dich nicht, falls du das denken solltest.“

„Seltsamer Zufall, allerdings.“

Mit diesen Worten zog Kalle sich zu seinem Bett zurück. Ich hatte das Gefühl, als sei er etws angesäuert.
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Aber das war mir in dem Augenblick offen gesagt recht egal. Schließlich wurde es 17:30 Uhr. Es gab Abendessen. Trockenes Brot mit Käse oder Wurst. Dazu wahlweise Pfefferminz oder Früchtetee. Selbstverständlich ungezuckert. Was für ein Hochgenuß! Der Rest des Abends war auch nicht viel besser als der gesammte Tag. Bohrende Langeweile. Das zurückgeworfen sein auf sein Selbst, ohne einen Ausweg. Ohne Fluchtmöglichkeit. Ablenkung gab es auch nicht wirklich. Aus dem Aquarium durften wir nicht heraus ohne Aufsicht. Also konnte man auch auf der Station nicht herumlaufen. Mein Musikgerät hatte man eingezogen. Ich könnte ja auf die Idee kommen, mich mit dem Kopfhörerkabel zu strangulieren. Auch ein sehr Guter Witz, wie ich sagen muß. Hätte ich mich aufknüpfen können, dann ware ich mit Sicherheit nichts hier gelandet sondern in der Hölle oder wo auch immer!

Es wurde langsam ruhiger auf der Station. Die Uhr über der Eingangstür zeigte 20:00 Uhr. Die Pfleger hatten gewechselt und die Medikamente waren verteilt worden. Ich wußte aber noch immer nicht, was ich daa eigentlich einwarf. Aber, so dachte ich bei mir, wird schon richtig sein. Ich hatte weder die Lust, noch die Energie diese Dinge zu hinterfragen.

Ich legte mich in mein Bett und beobachtete die Szenerie um mich herum mit mehr oder weniger Interesse.

Schließlich wurde das Licht ausgeschaltet.

Bettruhe.

Eine weitere Nacht, die sehr lang zu werden versprach.

Der alte Mann im Nebenbett – Franz hieß er – begann vom Krieg zu erzählen. Es dauerte allerdings eine ganze Zeit lang, ehe ich begriff das er mit mir redete. Er hielt mich für einen alten Kameraden. Dieser jedoch war lange schon tot. Erst zwei Tage später hatte mir ein Pfleger davon erzählt.

Ich ließ ihn einfach reden. Was wollte ich auch sonst tun? Irgendwann würde er einschlafen. Hoffte ioch jedenfalls. Doch das war leider nicht der Fall. Er nickte kurz ein und ich dachte mir es wäre nun Ruhe. Ein paar Minuten später schrak er auf, rief nach seinem Kameraden und meinte er brauche Hilfe, er sei verwundet. Der Nachtpfleger kam herein, beruhigte den Mann und ging wieder hinaus.

Franz begann erneut zu erzählen. Monolog folgte auf Monolog. Stunde um Stunde. Die Uhr zeigte halb drei Uhr früh als es endlich still wurde.
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Nur ab und an schlug irgendwo eine Tür und ein Patient irrte durch die Gänge.

Der dritte Tag verlief ähnlich dem vorher gegangenen.

Routine.

Langeweile.

Tageshöhepunkt und gesellschaftliches Muß, das Mittagessen. Und ob man es nun glaubt oder nicht, dieses mal war es ordentliches Futter. Semmelknödel mit Hirschgulasch und Salat. Als Nachspeise Quarkpudding. Für so einen Langweilertag gar nicht mal schlecht.

Ich war nach dem Mittagessen zum Psychologengespräch geschickt worden. Eine Abwechslung, aber eher eine der unangenehmen Art. Selbstreflektion im Angesicht der inneren Krise. Was für ein Schwachsinn. Ich muß mich nicht reflektieren. Ich weis ich hab ein Problem. Alles was damit erreicht werden soll ist doch nur mich weich zu kochen. Aber da will ich nicht mit spielen. Wenn ich reden will, werde ich es tun. Aber im Augenblick bringt es mir mehr, mich abzuschotten gegen alles und jeden.

Meine Tage plätschern so dahin. Ich komme aus dem Aquarium nicht raus. Sie könnten mich noch nicht inm ein Zimmer verlegen, sagen sie. Eineinhalb Wochen sitz ich jetzt hier drin. Alles was gegen die Langeweile hilft ist, mit den anderen beiden Suizidis Karten zu spielen. Stundenlang spielen wir Mau Mau. Mit wechselndem Gewinnerglück. Ich habe nie zuvor soviel und vor allem so lange ein so stupides Spiel gespielt. Aber irgendwie scheint es der Situation angemessen.

Donnerstag Nacht, weitere zwei Wochen später. Ich liege wach in meinem Bett und höre den anderen beim Schlafen zu. Opa Franz säuselt im Schlaf vor sich hin. Sie haben ihn sediert, damit einmal Ruhe einkehrt in der Nacht. Andere Mitgefangene beklagten sich wegen der nur schwer zu findenden Nachtruhe.

Mir selbst war das schon vollkommen egal geworden. Mein Pegel an Gleichgültigkeit gegenüber den anderen Patienten, sowie den Dingen, die um mich herum geschahen, stieg von tag zu Tag. Ich weis nicht, ob es an den Drogen lag, die ich einwerfen mußte, oder ob ich generell in dem Laden begann abzustumpfen.

Nun, in besagter Nacht gab es ordentlich Trubel. Ich konnte von meinem Bett aus sehen, wie vier Polizisten und zwei Krankenpfleger einen Mann herein brachten auf einer Bahre. Der Mann tobte undd schrie man wolle ihn umbringen und sie seien hinter ihm her ,er müsse fliehen, hilfe sie bringen mich um.
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Sie bringen mich um.

Man holte das letzte leere Bett aus dem Aquarium und schnallte den Mann mit mühe darauf fest. Zu dem bereits vor Ort befindlichen Personal mußten noch zwei weitere kräftige Pfleger geholt werden um den Mann festhalten zu können. Er tobte und wand sich, versuchte sich zu befreien. Aber alles vergebens. Ein Arzt kam schließlich und gab ihm eine Spritze. Danach wurde er erheblich ruhiger.

Ich schaute mir das alles in unglaublicher Langeweile und Gelassenheit an. Ich nahm es zur Kenntnis, aber es berührte mich nicht. Es fühlte sich für mich inetwa so an, als zertrete irgend jemand eine Ameise.

Hätte man den Mann übelst gefoltert oder gequält, selbst das wäre an mir vollkommen abgeperlt. Es war mir einfach egal. Vollkommener mentaler Overload. Nichts ging da mehr hinein ins Gefühlszentrum.

Alles Tot.

Leer.

Wie ein zugefrohrener See im Winter.

Dies nun war der Höhepunkt für die nächsten Wochen. Etwa vier Tage danach wurde ich – zusammen mit Kalle – in das kleine Aquarium überstellt, von wo aus es endlich auf ein Zimmer gehen sollte. Dauerte aber auch noch einmal eine gute Woche.



Insgesammt mußte ich gut acht Monate in der Klinik bleiben, ehe man mich wieder mir selbst überlassen konnte.

Diese gewisse Gleichgültigkeit gegenüber meinen Mitmenschen und dem, was um mich her geschah, die wurde ich nie wieder los.

Ich funktionierte wieder. War repariert worden um meinen Platz im System erneut einnehmen zu können. Mehr aber auch nicht. Medikamente mußte ich weiterhin schlucken. Sie sagten, ohne würde ich nicht weiter existieren können, ohne Gefahr für mich selbst oder andere. Na ganz großartig! Aber irgendwann würde ich sie wieder weg lassen, wenn ich über die ärztliche und psychologische Indoktrination einmal hinweg gekommen sein werde.

Das sollte, wie sich herausstellte, noch einmal acht Monate dauern. Solange glaubte ich es eben. Und bei jedem Besuch beim Psychiater wurde es mir wieder eingebleut. Nur die Dosierung veränderte sich in dieser Zeit. Meine Gespenster jedoch wurde ich trotz der Medikation nicht los. Sie verfolgten mich weiter.

Der Tag, als ich im Krankenhaus aufwachte, und die Nacht in der Nervenklinik, in der die Erinnerung an alles zurück kehrte, die stehen mir immer wieder vor Augen, wenn ich nicht schlafen kann.
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Und die Küche, in der Ellen in meinen Armen starb, von ihr träume ich beinahe jede Nacht. Ich wache schweißgebadet auf und beginne zu weinen. Die Vergangenheit sollte tot sein. Aber sie ist es nicht. Sie verfpolgt mich jede Nacht in meinen Träumen. Wahrscheinlich bis ich selbst nur mehr ein Gedanke im Wind sein werde, vergessen von der Welt.
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