Ein phänomenales Faschingskostüm   98

Amüsantes/Satirisches · Kurzgeschichten

Von:    Michael Brushwood      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 10. Februar 2012
Bei Webstories eingestellt: 10. Februar 2012
Anzahl gesehen: 2903
Seiten: 3

„Das darf doch nicht wahr sein! Diese Kirschtorte bewegt sich doch!” staunte Häschen Osi nicht schlecht, kurz nachdem es fluchtartig die Aldi - Filiale des Shopping-Centers verlassen hatte.



Um vor dieser schneidenden sibirischen Kälte zu fliehen, war Ösi gewillt, nach einem kuschligen Örtchen Ausschau zu halten, und hatte dieses prompt gefunden.

Doch Ösi schien nicht der einzige gewesen zu sein, der denselben Riecher hatte.

Und er sollte Recht behalten.

Ein ganzes Heer seiner Leidensgenossen grinste bereits verstohlen aus den lauschigen Unterschlüpfen der Regale, um mal so richtig auszuspannen, ohne zu wissen, dass diese gemütlichen Nester nicht nur für sie gezimmert worden waren.



Hasi jedoch, hat diese raue Tatsache erst geschnallt, als eine langer, ausgestreckter Arm eines Lebewesens der Spezie Mensch auf ihn zugerast gekommen ist. Gott sei Dank! In wirklich allerletzter Sekunde war es Osi mit einem spektakulärem Satz gelungen, diesem martialischen Räuber seine banale Absicht gründlichst zu versalzen. Wieder einmal war Hasi dem fast schon sicher geglaubten Tod von der Schippe gesprungen. Mit dieser Gefahr hatte er, aber auch seine anderen Artgenossen wahrlich nicht gerechnet, wahrlich nicht rechnen können, zumal das Osterfest, das in jedem Jahr stets neue Gefahren für deren Leib und Seele heraufbeschwören lässt, noch in weiter Ferne liegt.

Doch einige von jenen selbstgefälligen Tierliebhabern der Gattung Homosapien waren wiedermal anderer Meinung und wollten diesen niedlichen Tierchen mit ihrem verführerischen Lächeln einfach kein langes Leben gönnen. Verhielt es sich anders, würden die Kassen vor Leere förmlich erstarren und die Verführung zum Gähnen, wenn nicht sogar zum Verfall in einen unvorhersehbar langen Winterschlaf, wäre umso größer, wenn die Häschen nicht früh genug über die Förderbänder der Supermärkte schlittern würden.



In der knackigen Kälte angekommen, nahm Osi all seinen Mut in seine Pfötchen und ging schnurstracks auf dieses überaus wacklige Torte zu, um mal eine Kostprobe von diesem mystischen Stück zu nehmen.

Plötzlich fing die cremige Kirschtorte an zu sprechen:

„Was willst du nur hier, du dummes Häschen!”

„Waaas, du kannst sprechen.
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Ich habe doch gedacht, du bist nur eine Torte, und Torten können doch normalerweise gar nicht sprechen”, staunte Osi, der vor Schreck für einen blitzkleinen Moment erstarrte wie ein menschlicher Politiker, dem jeder gute Rat zu teuer ist.

Osi staunte weiter:

„Ich bin auch keine Torte. Ich habe nur vom Herrscher dieses Reviers, dem ehrwürdigem Herrn Wolf die Diplomarbeit, die dem Thema „Wie bekämpft man kleine Schädlinge“ sich gewidmet hatte, geklaut und alle Passagen dieses Textes wörtlich übernommen. Zur Strafe hat mich Herr Wolf mit dieser köstlichen Torte eingeseift. Doch ich mache mir nichts daraus. So kann ich mir wenigstens das Geld für ein teures Faschingskostüm sparen und dieses nach Fasching selbst auffressen“, sagte das seltsame Tier selbstsicher, ohne dabei eine auffällige Kerbe in seine Miene zu schlagen.

Meister Langohr hatte aufmerksam zugehört, hatte aber keine passende Antwort in seinem Osimäulchen liegen.



„Dich, mein süßes Häschen, habe ich zum Fressen gern!“, fuhr das Tortentier mit schwärmerisch glamourösen Augen fort. Osi fühlte sich im siebten Himmel und schenkte dem gütigen Tier zur Belohnung ein liebliches Lächeln, ein Lächeln, das sich derart in die Breite zog, dass die Schmetterlinge, die im Bauch dieses mystischen Wesens angefangen hatten zu flattern, keinen Halt mehr kannten. Beflügelt vom unwiderstehlichen Charme, den seine neue Liebe ausstrahlte, ging alles federleicht.

Es passierte nämlich etwas Sensationelles, nicht aber etwas Ungewöhnliches. Eine neue Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Oder etwa nicht?...



Wupp, der Osi kriegt 'nen Riesenschreck

Happs...

„Das liebe Häschen ist nun weg!”, scherzte das festlich kostümierte Phänomen, nachdem es seinen genüsslichen Liebling mit seinen kräftigen Beißerchen zermalmt hatte, um es in seinen ungesättigten Magen rutschen zu lassen.

Gutti, so hieß dieser ungewöhnlich, schlaue Fuchs, der seinem hohen Intelligenzquotienten geschuldet, Geniestreiche am laufenden Band produzieren konnte – wenn er nur wollte – hatte, und das beileibe nicht zum ersten Male, ganze Arbeit geleistet.
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Hierbei handelte es sich natürlich um echte deutsche Wertarbeit, der Osi es zu verdanken hatte, dass er diese grausige Bibberkälte, der er jedes Jahr von Neuem wehrlos ausgeliefert war, sich fortan nicht mehr antun musste.



Die Moral von der Geschicht':



Hände weg von jeder fremden Torte

Denn in ihr schlummert doch oft nur

So manch' gefährlich' süße Sorte
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Punktestand der Geschichte:   98
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Kommentare zur Story:

  Hallo Petra, Evi, Dieter, Else, Doska und Ingrid,
vielen Dank für die netten Kommentare!
Petra: In jeder Torte steckt natürlich nicht irgendein Prominenter aus der Politik oder dem Showgeschäft
Evi: So etwas kommt natürlich nur sehr selten vor, und wenn, dann meistens nur im Märchen.
Dieter: Diese Zweideutigkeit habe ich auch beabsichtigt, weil dadurch die ganze Sache noch witziger wird.
Else: Wünschenswert wäre es ja!
Doska: Du hast Recht. Beides gehört auch irgendwie zusammen.
Ingrid: Deinen Kommi finde ich besonders humorvoll. Du hast ja auch irgendwie Recht. Ob man aber in diese Torte, die diesen Medienstar eingehüllt hatte, auch wirklich reinbeißen sollte? Dieses könnte im Endeffekt nämlich sogar noch ein böses Erwachen haben!
Du weißt sicher, worauf ich bei dieser Geschichte hinaus will.
LG. Michael  
   Michael Brushwood  -  14.02.12 17:48

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  Ja, das stimmt, man weiß ja nie , was in so einer Torte drin steckt. Süße kleine Schmunzelstory.  
   Petra  -  13.02.12 20:19

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  Gefällt auch mir. Also muss ich mich beim nächsten Fasching vor Torten vorsehen.  
   Evi Apfel  -  12.02.12 20:56

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  Da macht sie einfach einen auf süß, diese Torte und schwupp wird er verschlungen, der Hase. Schön zweideutig deine kleine Kurzgeschichte.  
   Dieter Halle  -  11.02.12 21:39

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  Eine originelle Österwintergeschichte. Vielleicht räubert sich die Torte ja zum Fasching einen Pfannkuchen?  
   Else08  -  11.02.12 20:33

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  So ein süßes Pech aber auch. Na eigentlich gehören Torten und Schokohasen ja irgendwie auch zusammen.  
   doska  -  11.02.12 19:59

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  und die moral von der geschicht:
traue keiner torte nicht! ;-)  
   Ingrid Alias I  -  10.02.12 19:44

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