Dunkle Geheimnisse Kapitel 4: Kinder der Nacht   296

Romane/Serien · Spannendes · Fan-Fiction/Rollenspiele

Von:    Lady Athos      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 13. Dezember 2011
Bei Webstories eingestellt: 13. Dezember 2011
Anzahl gesehen: 3119
Seiten: 9

Diese Story ist Teil einer Reihe.

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   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


Raoul blieb nicht ein einziges Mal stehen, immer weiter rannte er in die dunkle Nacht hinein, durch die nun völlig menschenleeren Gassen der ihm gänzlich unbekannten Stadt Tours, und hinter sich hörte er noch immer Mordaunts schnelle Schritte.

“Dummes Balg, wenn ich dich kriege, drehe ich dir den Hals um!”, drohte der blonde Mann ihm, und Raoul zweifelte nicht daran, dass er seine Drohung wahrmachen würde, wenn er ihn in die Finger bekam.

Mordaunt war viel schneller als er, und er hörte, wie dessen Schritte immer näherkamen.

Der Junge kam nun in die Nähe der Kathedrale von Tours, wo es viele kleine schmale Gassen gab, die fast alle miteinander verwinkelt waren, und er hoffte, seinen Verfolger dort abschütteln zu können. Er bog in eine enge Gasse ein, in der tagsüber die Bettler saßen, und vorbeigehende Passanten mit ausgestreckten Händen um ein Almosen anflehten, dann rannte er an der großen Kathedrale entlang und bog in eine weitere Gasse ab.

Da packte ihn auf einmal jemand am Arm, und zog ihn mit sich in ein heruntergekommen wirkendes leerstehendes Haus hinein.



“Psst, sei ganz leise, hier findet er dich nicht.”

Raoul hatte großes Glück, denn Mordaunt hatte nicht gesehen, wie er in das Haus gezogen worden war, und rannte einfach weiter. Seine Retter waren zwei etwa zehnjährige Jungen, die stark abgemagert waren und schmutzige, löchrige Hemden und Hosen trugen.

“So, vor dem bist du erst mal sicher, Kleiner”; sagte einer von ihnen, “musst nächstens beim Stehlen eben vorsichtiger sein. Ist sowieso nicht gut, wenn man ganz alleine auf Diebestour geht..”

“Aber ich habe doch gar nicht…”; protestierte Raoul, doch die Jungen ließen ihn gar nicht erst zu Wort kommen.

“Ich bin Jean-Luc und das ist mein Freund Martin. Wer bist du denn?”

“Ich heiße Raoul”, antwortete er, während er die Jungen schüchtern anblickte.

“Du solltest nicht alleine arbeiten, Raoul”; meinte Jean-Luc, ein magerer dunkelhaariger Junge mit dunklen Ringen unter den Augen, “du kannst mit uns kommen, unser Vater kann dir bestimmt helfen. Du bekommst auch was zu essen und einen Schlafplatz. Das ist doch viel besser als hier draußen schutzlos alleine rumzulaufen. Weisst du, es ist gefährlich, hier nachts alleine unterwegs zu sein.
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Raoul kannte die Jungen zwar nicht, aber immerhin hatten sie ihm geholfen Mordaunt zu entkommen, also sagte er sich, dass er ihnen bestimmt vertrauen konnte. Und es war ja nur für diese Nacht, gleich morgen früh wollte er nach einer Möglichkeit suchen wieder nach Hause zu kommen.



Also ließ er sich von ihnen bei den Händen nehmen und ging mit ihnen. Immerhin waren sie freundlich zu ihm und bestimmt nicht so gemein, wie Mordaunt, Jeanne und der grässliche Mann mit der Augenklappe. Sie verließen das Haus durch den Hintereingang, überquerten einen von Unkraut überwucherten Innenhof, dann kamen sie, nachdem sie eine von Fachwerkhäusern gesäumte Straße entlanggegangen waren, zum Vorhof der Kathedrale von Saint Martin.

Zielstrebig steuerten Jean-Luc und Martin mit Raoul im Schlepptau den von einer meterhohen Mauer umgebenen Garten hinter der Kathedrale an.

Martin brach einen großen Stein unten aus dem Mauerwerk, dann krabbelte er hinein, gefolgt von Jean-Luc und Raoul, anschliessend verschloss er die Lücke wieder, indem er den gelösten Stein wieder in die Mauer einfügte.

“Dürfen wir hier überhaupt hinein? Wem gehört dieser Garten denn?”; fragte Raoul, der sehr wohl merkte, dass es sich hier um einen Einbruch handelte. Allmählich kam die ganze Sache ihm merkwürdig vor, und er fragte sich, ob es nicht ein Fehler gewesen war, mit den Jungen zu gehen.

Da fingen die beiden Jungen an schallend zu lachen.

“Ob wir das dürfen, Raoul? Na du bist ja ein Spassvogel, du lebst wohl noch nicht lange auf der Straße? Da musst du aber noch viel lernen..”, meinte Martin lachend.

Die Jungen zogen ihn mit sich in eine kleine Kapelle, die sich am anderen Ende des weitläufigen Gartens befand. Mehrere Kerzen tauchten die Kapelle in helles Licht. Auf einer Wand befand sich ein riesiges Gemälde des heiligen Martin von Tours, davor stand ein Tischchen mit Kerzen und einer kleinen Marienstatue darauf. Der Boden bestand, was für eine Kapelle ungewöhnlich war, als mehreren ineinander übergehenden Holzplanken.

Jean-Luc kniete sich hin, und schob diese Holzbretter beiseite.



Raoul staunte, als dahinter eine Treppe zum Vorschein kam, die nach unten führte, wie tief es hinunter ging, konnte er nicht sagen, weil es so dunkel war, dass man das nicht erkennen konnte.
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“Komm mit, Kleiner, es ist jetzt nicht mehr weit”; meinte Martin, nahm Raouls Hand und betrat die Treppe.

“Was, wir müssen da runter? Da ists aber ganz schön dunkel”; meinte Raoul, und blickte ängstlich die Treppe hinunter, “richtig gruselig. Was wollt ihr denn da unten überhaupt?”

“Ach was, du brauchst keine Angst zu haben, es ist wirklich gemütlich dort. Und in unserem Saal ist es immer hell, wir haben acht Feuerstellen. Und heute morgen haben wir mehrere Hühner erbeutet, also gibts heute noch was Gutes zu essen. Du bekommst natürlich auch ein Stück Hühnchen, falls Vater erlaubt dass du bei uns bleibst…”

Erstaunt blickte Raoul die Jungen an.

“Was, euer Vater wohnt da unten?”

Er konnte sich so etwas gar nicht vorstellen. Warum sollte jemand unter der Erde leben wollen und eine Kapelle als Eingang in dieses merkwürdige Zuhause benutzen?

Er hatte irgendwie kein gutes Gefühl dabei, aber dann sagte er sich, dass es besser wäre, mitzugehen, denn dort unten würde dieser Mordaunt bestimmt nicht nach ihm suchen.



Und so ging er mit den Jungen die Treppe hinunter in die Dunkelheit. Ihm erschien die Zeit, bis sie endlich unten ankamen, wie eine Ewigkeit, obwohl es nicht länger als ein, zwei Minuten gedauert haben konnte. Sie befanden sich nun in einem Gang, in dem es so düster war, dass man kaum die Hand vor Augen erkennen konnte, und ein erdiger, schimmliger Geruch lag in der Luft.

Die Jungen zogen ihn mit sich den düsteren Gang entlang, und Raoul fröstelte, weil es hier unten sehr kühl war.

Schon von weitem hörten sie Gelächter und Stimmengewirr, und dann kamen sie schliesslich zu einem großen, höhlenartigen Gewölberaum, in dem mehrere Feuerstellen brannten, die die einzige Lichtquelle in diesem unterirdischen Raum bildeten. An die acht Feuerstellen drängelten sich etwa dreißig Kinder im Alter zwischen ungefähr vier bis etwa vierzehn Jahren. Mehrere kleine Mädchen waren damit beschäftigt, Hühner zu rupfen, auszuweiden und dann an den Feuerstellen am Spieß zu braten, einige Jungen rauften miteinander, andere versuchten ein paar Ratten, die hier unten zahlreich herumliefen, zu fangen.
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Alle Kinder trugen einfache graue oder braune Kleidung aus derbem Leinenstoff, die meisten hatten fettiges Haar und verschmutzte Gesichter.

Raoul gefiel es hier überhaupt nicht, das alles erinnerte ihn an das Gasthaus.

Nein, hier wollte er auf keinen Fall bleiben, noch nicht einmal für eine Nacht.



“Hier wohnen wir!”; erklärte Martin ihm so stolz, als ob es sich um einen prächtigen Palast handeln würde, und das da hinten ist unser Vater.”

Mit diesen Worten zog er Raoul mit sich zu einem Mann mittleren Alters, der auf einem Holzschemel an einer der Feuerstellen saß, und seine derben, prankenartigen Hände an die wärmenden Flammen hielt. Er war mindestens genauso verdreckt wie die Kinder. Mit seinem schmutzigen Gesicht und dem langen, verfilzten Bart, in dem noch einige Essensreste hingen, wirkte er auf Raoul nicht gerade vertrauenerweckend.

Doch dann erinnerte er sich daran, dass der Vater ihm einmal gesagt hatte, dass man Menschen niemals nach ihrem Äußeren beurteilen durfte. Also sagte er sich, dass dieser Mann ja vielleicht trotz seines abschreckenden Aussehens ein netter Mensch sein konnte. Er musste an diese Jeanne denken, die so bildschön, aber trotzdem so gemein zu ihm gewesen war, also hatte sein Vater in dieser Hinsicht wohl recht, und das Aussehen sagte nichts über den Charakter aus.

“Vater, das hier ist Raoul, wir haben ihm auf der Straße geholfen, als ein Mann ihn verfolgte”; erklärte Martin dem Mann, “er weiss nicht wo er hin soll, da haben wir ihn mitgebracht.”

Der Mann musterte Raoul abschätzend, und dem Jungen wurde unter diesem forschenden Blick ganz unbehaglich zumute. Sein Vater hatte ihn einmal zum Viehmarkt in Orleans mitgenommen, und der Blick dieses Mannes erinnerte ihn an den eines Bauern, der auf dem Markt eine Kuh kaufen will.

“Gut, er kann bleiben”; meinte der Mann schliesslich, nachdem er ihn lange schweigend betrachtet hatte, “morgen könnt ihr anfangen ihn anzulernen…”

Dann wandte er sich wieder an Raoul.

“Ich bin übrigens Bartholomäus, dein neuer Vater. Ja, ihr seid alle meine Kinder, und ich sorge für euch, wenn ihr für mich sorgt. Die anderen werden dir schon beibringen, wie man hier nach meinen Regeln lebt.
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Wenn du genug Beute machst, wird es dir hier immer gutgehen.”

Raoul war entsetzt, als dieser Mann sich einfach als sein neuer Vater bezeichnete. Was fiel ihm eigentlich ein? Er hatte doch einen wunderbaren Vater, und er wollte keinen neuen.

“Aber ich habe doch einen Vater, und der macht sich schon große Sorgen um mich. Ich will doch nur eine Nacht hierbleiben, morgen früh gehe ich dann wieder…”

“Wein, bringt mir Wein!”; brüllte der Mann in die versammelte Kinderschar hinein, und es dauerte nicht lange, bis eines der Kinder, ein höchstens vier oder fünfjähriges Mädchen, ihm einen Becher mit Wein brachte.

Diese Kinder schienen dem Mann wie dressierte Hunde zu gehorchen. Irgendetwas war hier ganz gewaltig faul, das spürte Raoul.

Und das, was der Mann ihm dann sagte, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.

“Nach Hause? Das hier ist jetzt dein Zuhause, Junge. Du kennst jetzt unser Versteck, und deswegen darfst du nicht mehr gehen. Du bist jetzt eines von Vater Bartholomäus Kindern. Jean-Luc und Martin werden dir das Beutelschneiden, das richtige Betteln und alle anderen Tricks und Kniffe, die du unbedingt können musst, beibringen, damit du hier auch zu was nutze bist.”

Als Raoul das hörte, fing er an zu weinen, das war einfach zu viel für ihn. Zuerst war er der Gefangene von Mordaunt, Jeanne und dem Mann mit der Augenklappe gewesen, und nun hatte er, wie es schien, nur eine Gefangenschaft gegen eine andere getauscht.

“Nein, ich will nicht hierbleiben! Ich will nach Hause zu meinem Vater!”

Ohne es zu merken, war Raoul in die Fänge eines skrupellosen Mannes geraten, der Kinder zum Stehlen abrichtete. Und wer einmal in seine Fänge geriet, der entkam so schnell nicht wieder. Raoul war verzweifelt, denn nun befürchtete er, seinen Vater niemals wiederzusehen.



Jeanne irrte alleine durch die nächtlichen Straßen und stand Todesängste aus. Hinter jeder Ecke vermutete sie die Schergen des Grafen, die ihr nach dem Leben trachteten. Sie wäre lieber mit Rochefort zusammen gegangen, aber er hatte darauf bestanden, dass sie sich getrennt auf die Suche machten, weil so die Chancen, den Jungen zu finden, viel größer waren.

“Wenn ich dieses dumme Balg finde, gerbe ich ihm ordentlich das Fell”; schimpfte sie und ihre Augen funkelten vor Hass.
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Eigentlich hätte sie dem Jungen ja dankbar sein müssen, denn seine Flucht hatte sie vor einer Nacht mit dem grässlichen alten Kaufmann, den Mordaunt angeschleppt hatte, bewahrt. Aber in ihr gärte ein jahrelang gewachsener Hass auf diesen Jungen und seinen Vater, ein Hass, der von Mardaunt und Rochefort immer weiter geschürt worden war.

Jeanne war davon überzeugt, dass ihr Leben heute ganz anders aussehen würde, wenn ihre Mutter noch am Leben wäre. Dann hätte die Mutter sie und Mordaunt bestimmt irgendwann zu sich geholt, so wie sie es ihnen immer versprochen hatte, und sie wären eine richtige Familie geworden, so wie sie es sich immer gewünscht hatte. Und sie hätten zusammen irgendwo auf einem schönen Gut gewohnt, und wären sehr glücklich geworden. All das war mit dem Mord an ihrer armen, unschuldigen Mutter für immer zerstört worden, und dafür wollte sie ihn leiden lassen, und seinen Sohn ebenfalls. Sobald sie das Grafenbalg in die Finger bekam, wollte sie ihm eine ordentliche Tracht Prügel verpassen.



Doch dann geriet sie in arge Bedrängnis, als in einer kleinen Gasse auf einmal drei Betrunkene auftauchten und sie umzingelten.

“Na, du süßes Täubchen, was tust du denn so ganz alleine hier draußen? Du fühlst dich bestimmt einsam, da wollen wir dir doch gleich etwas Gesellschaft leisten..”

Die lüsternen Mienen der Männer verhießen nichts Gutes, ihr wurde sofort klar, worum es ihnen ging, und sie war sich sicher, dass der Graf diese Männer geschickt hatte, um sie erst zu schänden und dann zu töten. Sie schrie laut auf und schlug wild um sich, als einer der Männer sie an sich zu ziehen versuchte. Das waren sie nun also, die Schergen des Grafen, vor denen Mordaunt und Rochefort sie immer gewarnt hatten. Nun wurden ihre jahrelang gehegten Ängste wahr, und Mordaunt und sein Vater waren nicht da um sie zu beschützen. Sie schlug wild um sich und schrie wie am Spieß, als einer der Männer an ihrem Kleid zerrte, und der andere mit einer Hand unter ihren Rock zu gelangen versuchte.

Das war es nun also, dachte sie von Todesangst erfüllt, so sah also ihr Ende aus. Ein weiterer panischer Schrei entfuhr ihr, doch die Männer lachten nur und versuchten sie zu Boden zu zerren, einer von ihnen hielt ihr den Mund zu, um ihre Schreie zu unterdrücken.
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d ártagnan war seit zwei Tagen in Tours, um hier alles für den Besuch des Königs in zwei Wochen vorzubereiten. König Louis kränkelte schon lange, und der fromme Herrscher erhoffte sich Heilung, indem er am Grab des heiligen Martin für seine Genesung betete. d ártagnans Aufgabe war es, die Musketiere in der Kaserne in Tours auf den königlichen Besuch vorzubereiten, und mit ihnen alle Sicherheitsvorkehrungen durchzusprechen.

Obwohl er tagsüber viel zu tun hatte, hatte er abends noch genug Elan, um durch die Straßen von Tours zu ziehen und verschiedene Gasthäuser aufzusuchen, um zu sehen, wo es die schönsten Frauen gab. Für ein kurzes Abenteuer war der mittlerweile dreißigjährige Gascogner immer zu haben, unzählige schöne Frauen hatten in den letzten Jahren sein Lager geteilt, doch seit Constances Tod war es keiner von ihnen gelungen, sein Herz zu erobern, und so wechselte er die Frauen so schnell wie die Hemden. Und er behandelte jede Frau als ob sie eine Prinzessin wäre, auch wenn er sie nicht liebte, und vielleicht war es gerade diese galante Art, die die Frauen so in seinen Bann zog.

Doch in dieser Nacht sollte es anders kommen.

Als er einen lauten Schrei, der Stimme nach der Schrei einer Frau hörte, rannte er in die Richtung, aus der der Schrei kam, und sah sich plötzlich drei Betrunkenen gegenüber, die gerade dabei waren, eine sich heftig wehrende blonde Frau zu Boden zu stoßen, um ihr Gewalt anzutun. Und da griff er natürlich sofort ein, denn niemals hätte er eine Frau in Not im Stich gelassen.

“Lasst sofort die Frau los!”; brüllte er die Männer an und zog seinen Degen, “sonst steht ihr gleich eurem Schöpfer gegenüber!”

Die betrunkenen Männer waren einfache Tagelöhner und unbewaffnet, und als sie die Musketieruniform sahen, waren sie schwer beeindruckt, denn jeder wusste, dass man sich mit einem Musketier besser nicht anlegte. Und so ließen sie sofort die Frau im weißen Kleid los, die ohnmächtig liegen blieb, und rannten davon.

d ártagnan folgte ihnen, denn er wollte sie für das, was sie der Frau hatten antun wollen, zur Rechenschaft ziehen, doch dann verlor er ihre Spur in einer der dunklen Gassen und kehrte zu der Frau zurück.
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Die blonde Frau war noch immer ohnmächtig, ihr Kleid , ihr roter Mantel und ihre Stiefel waren verschmutzt. Als d ártagnan näher heranging und bei ihr niederkniete, erstarrte er vor Schreck, als er ihr Gesicht im Mondschein genauer betrachtete, und sofort fühlte er sich zwölf Jahre in die Vergangenheit versetzt. Denn jene Frau, die dort ohnmächtig zu seinen Füßen lag, war niemand anderes als Mylady, jene Mylady, deren Reizen er damals rasch erlegen war, und sich damit in tödliche Gefahr gebracht hatte, als er die Lilie auf ihrer Schulter entdeckte. Wie konnte das sein? Sie waren doch dabei gewesen, als der Henker Mylady den Kopf abschlug…

Ihm kam ein entsetzlicher Gedanke. War es möglich, dass Mylady mit dem Teufel im Bunde stand, und dieser sie wieder zum Leben erweckt hatte? Schliesslich war es auch immer ein Rätsel geblieben, wie sie damals, als Athos sie aufgehängt hatte, überlebt hatte. Und Mylady sah noch genauso aus wie damals, nicht um einen Tag gealtert, obwohl sie mittlerweile bereits siebenunddreißig Jahre zählen musste. Ihr blondes Haar, das engelsgleiche Gesicht, sie war es, ganz eindeutig.



Er musste Gewissheit haben…sofort. Und so bekreuzigte er sich rasch, bevor er sich zu der Ohnmächtigen hinunterbeugte, und ihre Schultern freilegte, auf der damals das Lilienmal gewesen war. Sein Herz pochte heftig, und er hatte wirklich panische Angst. Falls das hier Mylady war, falls sie wirklich von den Toten auferstanden war, musste sie eine enorme Macht besitzen, eine Macht, gegen die niemand ankommen konnte…in diesem Fall wären alle, an denen Mylady sich rächen wollte, verloren.

Er atmete erleichtert auf, als er eine völlig makellose Schulter entdeckte, auf der nicht die geringste Spur eines Lilienmales zu sehen war. Also war es doch nicht Mylady. Doch woher kam diese Ähnlichkeit? Diese junge Frau war wirklich ganz und gar Myladys Ebenbild. Und da fiel ihm ein, dass Athos damals, am Tag der Hinrichtung, gesagt hatte, dass diese Frau nicht einmal in der Stunde ihres Todes nach ihren Kindern fragte, und als er später mehr wissen wollte, hatte Athos ihm erzählt, dass Mylady einen Sohn und eine Tochter mit Lord Winter gehabt hatte.
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Das hier musste diese Tochter sein, nur so ließ sich diese Ähnlichkeit erklären.

“Mademoiselle? Könnt Ihr mich hören?”; fragte er sie und berührte behutsam ihre Wange.

Doch die junge Frau schien in tiefer Ohnmacht versunken zu sein, reagierte gar nicht darauf.

Und so hob er sie schliesslich behutsam auf und nahm sie mit zu seinem Zimmer in der Kaserne. Er sagte sich, dass sie ja nichts für ihre Mutter konnte, und bestimmt nicht so böse war wie diese, und er brachte es einfach nicht fertig sie mitten auf der Straße liegen zu lassen.



In der Kaserne angekommen, legte er sie vorsichtig auf sein Bett und deckte sie zu. Für eine Nacht konnte er auch auf dem Boden schlafen, das würde schon gehen. Er fragte sich, was die junge Frau wohl mitten in der Nacht alleine auf der Straße gemacht hatte, und nahm sich vor, sie gleich am Morgen danach zu fragen…

In dieser Nacht fand er keinen Schlaf, wälzte sich unruhig hin und her. Immer wieder stand er auf um die Fremde zu betrachten, die Myladys Ebenbild war, und fühlte sich dann wieder an jene Nacht erinnert, als Mylady ihn hatte umbringen wollen. Er glaubte zwar nicht, dass die Fremde genau wie Mylady war was den Charakter betraf, dennoch zog er es vor, seinen Degen und seinen Dolch unter dem Teppich, auf dem er schlief, zu deponieren, denn Waffen wollte er lieber nicht in der Nähe der jungen Frau wissen…weil er sich noch genau daran erinnerte, wie schnell Mylady zur Waffe griff..

Erst gegen Morgen fiel er in einen unruhigen Schlaf.
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Punktestand der Geschichte:   296
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Kommentare zur Story:

  Diese Fortsetzung ist ja beinahe noch spannender als der erste Teil. Gute Unterhaltung.  
   Else08  -  13.12.11 21:23

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