Snorsch - I. Band / Kapitel 3 Ein Märchen für Kinder und jung gebliebene Erwachsene.    285

Romane/Serien · Herbst/Halloween · Für Kinder

Von:    Dieter Halle      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 2. Dezember 2010
Bei Webstories eingestellt: 2. Dezember 2010
Anzahl gesehen: 2950
Seiten: 5

Diese Story ist Teil einer Reihe.

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Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


“Du spinnst wohl!”, fauchte Uwe. Er war derart entrüstet, dass er sogar mit dem Fuß aufstampfte. „Du machst mir nämlich Angst mit deinen ollen schiefen Schwarzenbergers!“

„Die sind nicht schief“, verbesserte der Bettler den Jungen und rollte dabei die roten Augen, „sie tragen nur schwarze Mäntel und Hüte, weißt du, und die ziehen sie sich nur deshalb so tief ins Gesicht, damit man ihre grässlichen Fratzen nicht sehen kann! Mirjane ist schief! Du glaubst ja gar nicht, WIE schief die ist. Deswegen trägt sie wohl auch ihre langen, fettigen Haare offen. Die sind so verfilzt, das sich oft Fliegen drin verfangen, sage ich dir, und die wollen manchmal hinaus.“ Ein leichtes Zittern lief nun durch den rundlichen Körper des Penners. Dann gab er sich plötzlich einen Ruck. „Aber, wer wird sich denn vor solchen Leuten fürchten, pah! Wir doch nicht!“ Er machte eine lässige Bewegung mit seiner Krallenhand.

„ICH fürchte mich aber“, gab Uwe zu „und habe keine Lust, nur wegen dir solche bescheuerten Leute kennen zu lernen – so und nun lass` mich in Frieden!“

„Und wie heißt du?“, fragte der Bettler.

„Uwe!“, entfuhr es dem Jungen. Am liebsten hätte er sich für diese Antwort geohrfeigt und darum fügte noch rasch hinzu: „Und das wird dir gar nicht weiter helfen!“ Ohne sich umzudrehen, lief er einfach hinaus in die feuchte Kälte. Er schob sich an den vielen Leuten vorbei, die über den Bürgersteig hetzten. Niemand von ihnen hatte Zeit. Er sah, dass noch weitere Bettler auf den Bänken saßen und wurde immer schneller. Tränen schimmerten in seinen Augen. Ach, das war heute wirklich ein ganz grässlicher Tag. Dabei hatte er sich so darauf gefreut - auf Halloween! Endlich einmal stark sein, so stark, dass man selbst Erwachsene erschrecken konnte, und als ganze Bande machte das natürlich am allermeisten Spaß. Bei diesem Gedanken bog er gleich in die nächste Straße ein, denn er wollte zu Michi.

Ob dessen Mutter ihn wohl diesmal in die Wohnung lassen würde? Die fand nämlich immer, dass er nicht der richtige Umgang für ihren Sohn sei. Na, eigentlich hatte Uwe gar keine echten Freunde. Er lief nur immer mit dieser Gruppe mit, heftete sich an diese vier Jungs und dem einen Mädchen wie eine Klette.

Er ahnte, dass er ihnen im Grunde lästig war.
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Uwe schluckte bei diesem Gedanken und er wusste nun gar nicht mehr, ob es Tränen waren, die ihm über die Wangen rannen oder eher der Regen.

Nach kurzem Zögern klingelte er unten beim Hauseingang. Die Müllers wohnten Parterre und er erwartete, dass sich gleich wieder die Vorhänge bewegen würden, weil Michis Mutter ihn argwöhnisch beäugte. Diesmal tat sich jedoch nichts. Also war sie wohl nicht da. Der Summer brummte und Uwe lief in den Hausflur.

Er blickte die Stufen hinauf, wo sich auf der linken Seite die Tür öffnete. Michi erschien, hielt eine angebissene Stulle in der Hand und stutzte als er Uwe sah.

„He, du Sack,“ rief er kauend zu ihm hinunter, „du bist zu früh. Keine Uhr Zuhause? Was willst du schon hier?“ Er biss in die Stulle und kaute mit vollen Backen.

Uwe schob sich die Kapuze aus dem verregneten Gesicht. Ihn fröstelte. „Na, ich ... ich dachte, wir könnten ruhig schon jetzt los?“ Er kratzte sich verlegen im Haar. „Bin doch bloß eine Viertel Stunde zu früh dran und ... und bis wir alle Freunde zusammen haben, dauert es vielleicht länger bei diesem Matsch.“ Er blickte hinter sich, sah die nassen, grauen Tapfen im Hausflur und Reste vom Laub, die seine Stiefel mitgeschleppt hatten.

„Mann, du Penner, du machst hier alles dreckig!“, murrte Michael genervt. „Kannst du nicht besser aufpassen? Aber okay , ich komme! Wirst staunen, als was ich mich verkleiden werde. Aber du gehst erst mal hier raus und wartest draußen. Und versteck dich so`n bisschen. Weißt ja, Mama will nicht, dass du mich besuchst.“

Es dauerte ein Weilchen und dann war Michi da. Er war sehr stolz auf seine Vampirzähne und die schwarzen Augenränder, die er sich ins Gesicht gemalt hatte. Uwe lobte ihn zwar, aber er fand das nicht sonderlich gruselig.

Als sich Uwe die Maske aufsetzte erschrak sich Michi. Was Uwe insgeheim freute, doch als Michi den zerfetzten Umhang gesehen und deshalb einen Lachkrampf bekommen hatte, war Uwes Freude schon wieder dahin - zerplatzt wie eine wunderschöne Seifenblase. Ach, der blöde Bettler, dem hatte er diese Schmach zu verdanken. Ob seine Freunde ihn wohl alle auslachen würden? Sie spotteten doch so gerne über ihn und seine Familie.

Diese Befürchtungen wurden leider wahr.
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Als man seinen zerrissenen Umhang sah, wurde gleich darauf getuschelt, in einem fort gelästert und gekichert. Auch während sie durch die Straßen zogen, gaben sie keine Ruhe. Schließlich wurde aber an den Türen geklingelt und sie hatten genug zu tun, ihre Sprüchlein aufzusagen.

Am besten gefiel den Leuten meistens Erika. Mit ihrem feenartigen Hexenkostüm sah sie so entzückend aus, dass sie sehr gerne Süßigkeiten der kleinen Bande überreichten. Uwe bekam meistens nichts, denn er stand ja immer ganz hinten, damit man nicht seinen zerfetzten Umhang sehen konnte.

Als die kleine Bande schon überlegte nach Hause zu gehen und dann doch anders entschied, weil Michi noch unbedingt seine Lieblingsschokolade erbeuten wollte, sahen sie plötzlich eine rundliche Schattengestalt mit weitem Mantel hinter sich. Diese war wohl schon die ganze Zeit hinter ihnen her getrottet, nur hatten sie nicht darauf geachtet.

„Wer ist denn DAS?“, keuchte Michi angeekelt, da die Gestalt torkelte, jedoch war er auch ein bisschen erschrocken, denn das schien ein ziemlich großer, kräftiger Mann zu sein, der im Scheine der Laternen immer näher kam.

„Huch, beschützte mich, Michi!“, wisperte Erika, kaum, dass sie den düsteren Kerl gesehen hatte, und kuschelte sich an dessen Seite.

Uwe schwante Übles, denn allzu bekannt waren ihm Gang und Körpergröße dieser Gestalt. Na, dieser Penner hatte ihm noch gefehlt! „Hau ab!“, rief er in seiner Verzweiflung. „Ich habe dir doch gesagt, dass du mich in Ruhe lassen sollst!“

„Das geht nicht“, hörte er Schnorsch von weitem schnaufen. „Mann, seid ihr Kinder schnell. Konnte euch kaum einholen.“

„Häh?“, riefen Michi und all die anderen und ihre Blicke wanderten mal zu Uwe und dann wieder zu der taumelnden Gestalt. „Du kennst den?“

„ In keinem Märchen ist das so“, protestierte der Bettler ungerührt von weitem, „dass sich der Gerettete undankbar zeigt. Uwe, du stehst jetzt unter meinem Schutz!“

„Deinen blöden Schutz will ich aber gar nicht haben! Ich komme allein klar. Kapierst du das nicht?“

„Uwe kennt den tatsächlich?“ Erika kicherte. „Der Penner passt zu diesem Trottel! Bestimmt hat der eine Fahne!“ Und schon lachte alles los.
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Ganz automatisch schossen Uwe die Tränen in die Augen. Warum musste nur ihm wieder so etwas passieren? Bestimmt war er jetzt bei allen völlig unten durch. Genügte wohl nicht, dass er so eine Familie hatte, um die sich die Sozialfürsorge kümmern musste. Die ganze Klasse lästerte bereits darüber. Er war auch noch dazu verdonnert, dass ihm ein blöd maskierter Trinker ständig hinterlief und dumme Sprüche klopfte.

„Hau ab!“, kreischte er deshalb entsetzt.

Michi achtete jetzt nicht weiter auf den Trinker. Sollte sich doch Uwe mit dem weiter beschäftigen. Der war doch so ein Volltrottel, das nächste Mal würde er den nicht mitnehmen. Völlig peinlich das Ganze. Auch die anderen hatten das Interesse n dieser Sache verloren. „Los, wie ziehen weiter!“, sagte auch Erika. Hatte es an Dieter gelegen, dass sie einfach beim nächstbesten Häuserblock klingelten?

Jedenfalls blickten sie sich nicht um, als sie Uwe hinter sich schnaufen hörten. „Mensch, so wartet doch!“, rief dieser verzweifelt ihnen hinterher. „Ich habe ihn abgehängt, hört ihr?“ Schnell stiefelten sie in den großen, geräumigen Flur und schon waren sie die Treppen hochgelaufen und Uwe keuchte immer hinter ihnen her. Der Fahrstuhl überholte sie. Eine Haustür öffnete sich wenig später und ein nettes, älteres Ehepaar zeigte sich ihnen.

Die beiden runzeligen Gesichter lächelten freundlich, nachdem die Kinder ihr Sprüchlein aufgesagt hatten. „Na, das war aber fein“, sagte die Frau. „Dafür bekommt ihr jeder etwas Süßes!“

„Ich will aber nur meine Lieblingsschokolade!“, schmetterte Michi ein wenig gelangweilt hervor.

„Und die wäre?“, fragte der alte Mann, überrascht von soviel Verwöhntheit.

Michi nannte die betreffende Sorte.

„Wir sind zwar kein Laden, aber du hast Glück“, erwiderte der Mann. „Diese Sorte haben wir gerade dabei, weil unsere Enkelin die auch immer so gerne isst.“

„Huch?“, quiekste die Frau neben ihm erschrocken. „Wer ist den DAS?“ Sie deutete dabei zitternd hinter die Kinder. Dort musste wohl jemand stehen, der sie so sehr erschreckte, dass sie ganz allmählich käseweiß im Gesicht wurde. „Iiiist der echt?“, stammelte sie und schluckte.
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„Nein, das kann doch gar nicht sein? So etwas gibt es doch gar nicht!“

Alle Kinder wendeten sich nun um und erstarrten vor Schreck. Niemand von ihnen wagte zu schreien, so grässlich war das, was sie da mit eigenen Augen wahrnahmen.

Die Gestalt hatte die Kapuze zurückgeschlagen und ein Drache von übelstem Aussehen starrte ihnen entgegen. Er hatte kleine, hervortretende Augen in seinem Reptiliengesicht, die zu leuchten schienen wie glühende Kohlen. Die dicke Hornhaut schimmerte von grau bis moosig grün. Spitze, kurze Ohren rechts und links zuckten an seinem keilförmigen Kopf, gelbes, buschiges Haar wuchs dort und ein einziges rotes Horn ragte aus dem Nasenrücken. Sein grässliches Maul, hatte er jetzt zu einem kleinen Lächeln verzogen und deshalb konnte man einige seiner langen, messerscharfen Zähne sehen. Und dann zu allem Übel kräuselte sich auch noch ganz allmählich aus den gelb eingefassten Nüstern feiner Rauch, der sich nun bis zur Decke des Hausflurs empor kringelte.

Fortsetzung folgt:
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Punktestand der Geschichte:   285
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Kommentare zur Story:

  Schade, zum Vorteil scheint es nicht Uwe zu gereichen, dass sich ihm der sonderbare Bettler an die Fersen geheftet hat.  
   Petra  -  01.02.11 20:15

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  Hallo,
ich danke euch für die netten Kommentare.
@Jochen, es freut mich, dass du auch den dritten Teil spannend findest.
@Birke,ich danke auch dir, für deine lieben Worte.
@Ingrid schön, dass auch du dran bleibst. Ja, Kindheit ist nicht immer schön.
Wollen wir mal sehen, was Snorch anstellt.
Liebe Grüße an euch Drei  
   Dieter Halle  -  10.12.10 17:04

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  kinder können so grausam sein, und der arme uwe tut mir leid.
bin aber trotzdem gespannt, was der snorsch jetzt tut... ;)
lieben gruß  
   Ingrid Alias I  -  06.12.10 09:33

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  Wunderschöne Geschichte spannend und gut geschrieben, gefällt auch mir.LG Birke  
   Birke  -  02.12.10 15:18

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  Das hat sich aber gelohnt, auch den dritten Teil zu lesen. Du schreibst dich ja immer mehr ein und es wird spannend! Wirklich nicht nur für Kinder gut.  
   Jochen  -  02.12.10 15:12

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Nathanahel Compte de Lampeé" zu "Manchesmal"

... welch ein wunderschöner text ! lg nathan

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