Ein schmaler Grad Kapitel 18 - 19 (Historisch)   263

Romane/Serien · Spannendes

Von:    Lilly      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 23. Juli 2010
Bei Webstories eingestellt: 23. Juli 2010
Anzahl gesehen: 2846
Seiten: 17

Diese Story ist Teil einer Reihe.

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   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


Kapitel 18

„Die Dummheit geht oft Hand in Hand mit Bosheit!“

Heinrich Heine



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Wilbert saß auf der Kante seines Bettes, er sprühte nur so voller Stolz und streichelte das kleine Köpfchen seiner Tochter, die in den Armen seiner erschöpften Frau lag. Ihr Gesicht war verschwitz, ihr Haar klebte zerzaust an ihrer Stirn, die er sanft küsste.

„Ich liebe dich“, murmelte er und erhielt als Antwort einen tiefen zufriedenen Seufzer.

„Du bist nicht böse?“

Fragte Tyra auf einmal und empfing einen wirren Blick ihres Mannes.

„Weshalb sollte ich auf dich böse sein?“

„Nun … sie ist kein … kein Sohn.“

Erklärte sie ihm mit trockener Stimme und liebkoste die kleinen zarten Finger ihres ersten Kindes.

„Aber eine wunderschöne Tochter, geboren von meiner wunderschönen Frau. Wie kann das weniger wert sein?“

Er legte sich etwas neben sie und ergriff zart das kleine Füßchen, es war runzelig und warm.

„Wird das noch besser werden?“

Wollte er über die faltige Haut seiner Tochter wissen und brachte damit Tyra zum Lachen.

„Oh Gott Wilbert, ich liebe dich auch.“

Er schmunzelte und deutete dies als ein ja.

Ein leises klopfen ließ ihn aufblicken und er erkannte Malcolm, der verlegen in der Tür stand.

„Was gibt’s“, wollte er wissen und blickte wieder auf seine Tochter.

„Ein Bote kam an.“

Das war alles was er sagte und es reichte vollkommen aus, denn Wilbert erhob sich und ging auf ihn zu. Malcolms Gesicht und seine Stimme, als er von dem Boten berichtete, verhießen nichts Gutes. Er nahm ihm den Brief aus den Händen, brach das ihm bekannte Siegel und las, nachdem er noch einmal auf seine Frau blickte, die sachte ihre Tochter wiegte. Sein sanftes zufriedenes Gesicht veränderte sich schlagartig als er die Zeilen las.

„Wilbert“, er hörte die erschöpfte Stimme seiner Frau:“ Willst du Jasona einmal nehmen, ich bin müde?“

Er nickte und gab Malcolm ohne Worte zu verstehen, das er gehen kann, dieser gehorchte sofort. Langsam trat er wieder neben ihr Bett und kniete sich daneben auf den harten Boden.
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Er faltete seine Hände wie zu einem Gebet und schien ins leere zu starren.

„Tyra.“

Sagte er leise, fast unhörbar und seine Frau blickte ihn unwissend an.

„Ich dachte …“ er zögerte kurz, räusperte sich laut und meinte dann:“ Vielleicht sollten wir ihr einen anderen Namen geben.“

„Was …? Weshalb?“

Sie war hörbar verwirrt und spürte auf einmal seine Hand auf ihrem Arm und als sie hinsah erblickte sie den Brief, sofort erkannte auch sie das Siegel. Ihr Herz blieb stehen.

„Vielleicht sollte wir sie …“, es viel ihm unsagbar schwer weiter zu sprechen:“ Leathendra nennen.“

Ihre Unterlippe begann zu zittern, Tränen schossen in ihre Augen und sie wimmerte:“ Nein, bitte nicht. Er hat gesagt, dass er sie beschützen wird, er hat es verdammt noch mal versprochen. Bitte sag, das es nicht war ist …! Bitte lieber Gott, das darf nicht passieren, das ist nicht gerecht.“

Sein Kopf ruhte nun auf der weichen Matratze und er erklärte ihr gedämpft:“ Noch ist nicht alles vorbei, sie ist … sie ist noch nicht ganz verloren.“

Ihr weinen war leise, unterdrückt und sie drückte ihre Tochter fest an sich.

„Wie konnte das …“ sie begann den Satz, doch er ließ sie nicht aussprechen:“ Sie haben ihre Schwester, Sybille.“

War alles was er sagte und Tyra versteifte sich.

„Oh mein Gott, ihre Schwester, sie haben ihre Schwester, aber wie … Was weißt du Wilbert? Du musst mir jetzt alles sagen und wage es ja nicht, mir etwas zu verheimlichen!“

Er nickte und blickte die ganze Zeit, während er sprach, auf die Matratze:“ Wir wissen schon einige Zeit wer ihnen hilft, ich wollte es dir nicht sagen, du warst so schon besorgt genug …“, er atmete tief durch und sagte auf einmal hastig:“ Ihr Bruder, Tyra, es ist ihr eigener Bruder.“

Ein zitterndes Klagen durchdrang ihre Kehle, sie war sprachlos, fassungslos, sie fand keinen Ton, kein passendes Wort.

„Ich werde noch heute aufbrechen, mit meinen besten Männern und ich verspreche dir, dass ich alles tun werde, alles was in meiner Macht steht.“

Sie nickte schluchzend und streichelte sanft sein Haar.

„Bring sie einfach nur wieder nach Hause, Will, egal wie, aber bring sie einfach heim …und bitte, gib sie nicht so schnell auf, denn sie wird kämpfen.
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MacNamara saß am flackernden Kamin und starrte in die Flammen. Er schien abwesend zu sein, denn auch als Kenneth aufgeregt den Saal betrat, laut polternd, reagierte er nicht.

„Wir haben etwas gefunden.“

Rief dieser Aufgeregt und erst jetzt blickte sein Laird auf. Er hatte seit zwei Tagen kaum geschlafen, fast nichts gegessen und war manchmal vollkommen verwirrt.

„Was?“

Fragte er knapp, sich hecktisch erhebend.

„Ich glaube wir wissen, wie sie ungesehen verschwinden konnte.“

Kenneth lief voran und er folgte ihm mit unbeschreiblich schnellen Schritten. Sie durchquerten den Hof und blieben vor der Vorratskammer stehen. MacNamara blickte ihn fragen an.

„Wir haben einen alten Tunnel entdeckt, wir sind ihm noch nicht gefolgt, ich wollte erst dich holen.“

Hastig betrat er den Raum und stieg hinab in den Keller. Dort, um eine offene Luke herum, standen schon Niall und Gordy mit einer Fackel in seiner Hand. Ungefragt nahm er ihm diese fort und beleuchtete das Loch unter seinen Füßen.

„Warum ist hier ein Tunnel?“

Man hörte seinen Unmut, seine Wut nichts darüber gewusst zu haben.

„Ich glaube, dass dies ein Fluchtweg war, früher, vor langer Zeit, wenn die Burg vom Wasser aus belagert wurde.“

Meinte Gordy während er sich am Kopf kratzte und skeptisch nach unten blickte. Er hörte das Quieken von Ratten in der nicht durchdringenden Dunkelheit.

„Komm“, meinte MacNamara knapp zu Kenneth und sie stiegen hinab. Während sie sich durch den schmalen Gang zwängten meinte Kenneth hinter ihm:“ Lass uns hoffen, dass sie uns einen Hinweis hinterlassen hat.“

„Sie hat“, sagte MacNamara erleichtert und zeigte auf die Wand. Beinahe wäre er vorbei gelaufen, beinahe hätte er es übersehen. Das Wasser hatte fast alles verwischt, doch er konnte es noch entziffern.

„Cait“, schnaufte er wütend und Sand löste sich dabei von der Wand und fiel bröckelnd zu Boden. Er quetschte seinen Freund unsanft gegen den kantigen Fels und stürmte den Gang zurück. Er kletterte wieder nach oben und hätte beinahe Gordy über den Haufen gerannt. Kenneth folgte ihm und sein Gesicht brannte vor Wut.
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Ahnte er doch immer, dass dieses Weib vom Teufel geritten wurde.

MacNamara stürmte über den Innenhof, schob unsanft einige seiner Männer zur Seite und eilte in die kleine Küche, in der Sally arbeitete, eine Freundin von Cait. Er hatte sich kaum mehr unter Kontrolle, als er sie am Kragen packte und unsanft gegen eine Wand presste. Ihr Atem stockte, sie war bleich wie der Tod und sie zitterte unkontrolliert am ganzen Leib. Die anderen drückten sich verängstigt gegen die gegenüberliegende Wand in der Hoffnung er würde sie übersehen.

„Wo ist Cait?“

Presste er wütend durch seine Zähne hindurch. Sie wollte antworten, doch ihre Kehle war wie zugeschnürt, ihre Lippen bewegten sich, aber nichts kam heraus.

„Seamas“, es war Kenneth, der nun in die Küche gestürmt kam und ihn am Arm packte:„Beruhige dich und lass sie los. Sie hat bestimmt nichts damit zu tun. Sie stirbt ja gleich vor Angst.“

Nur wiederwillig ließ er von ihr ab, er hätte ihr nie etwas getan, aber er war so verzweifelt, so wütend, das er sich kaum mehr unter Kontrolle hatte. Hastig wandte er sich von ihr ab und stützte sich schwerfällig auf einen Tisch neben sich, sein Atem ging bleiern.

„Wo ist sie?“

Kenneth versuchte es ruhiger und wartete einen Moment geduldig bis sie wieder zu Atem kam. Ihr ängstlicher Blick klebte auf MacNamaras Rücken, der gebeugt vor ihr stand. Sie bewegte ihre Lippen einige Male wie ein Fisch der verzweifelt nach Luft schnappte, bis sie endlich hörbar sagte:

“ Sie ist bei meiner Mutter … sie … sie wohnt zur Zeit bei uns.“

Kenneth blickte auf MacNamara, der sich langsam wieder aufrichtete.

„Wo steht euer Haus?“

Wollte er wissen, ohne sich umzudrehen und Sally antwortete ihm sofort:“ Neben der Schmiede … mein Laird …“, begann sie auf einmal unerwartet und trat mit wackeligen Knien auf ihn zu. Erbost blickte er über seine Schulter und abrupt blieb sie stehen, doch sie traute sich weiter zu reden, starr auf den Boden blickend flehte sie ihn an:“ Ich weiß nicht was Cait getan hat und meine Mutter auch nicht, bitte …“

„Es wird euch nichts geschehen.“

Versprach er ihr ernst und verließ die Küche.



Cait saß am Tisch des kleinen unscheinbaren Hauses und stickte.
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Sallys Mutter war weg, sie war endlich einmal für einen kleinen Moment allein, in dieser fürchterlich beklemmenden Hütte. Es war nun wirklich langsam an der Zeit, dass sie diese erbärmliche Stätte verlassen konnte und in ihr eigentliches Heim zurück kehrte. Bald, bald würde er kommen und sie zu sich zurück holen. Er brauchte sie, er konnte nicht ohne sie sein. Bald würde sie die Herrin von Eilean Donan sein und für ewig an seiner Seite leben. Sie brauchte seine Macht, seine Kraft, sie sehnte sich danach, seit sie ihm zum ersten Mal begegnet war.

Ein leises Klopfen riss Cait aus ihren Gedanken und sie blickte auf zur Tür. Wieder klopfte es. Langsam erhob sie sich, ging die drei Schritte auf diese zu und schob den hölzernen Riegel beiseite.

„Seamas“, säuselte sie gespielt überrascht. Er trat ohne ein Wort zu sagen an ihr vorbei ein und sie sah Kenneth und Adair, die auch draußen standen, aber keine Anstalten machten einzutreten. Sie konnte ihre leeren Gesichter nicht deuten.

„Was kann ich für dich tun?“

Wollte sie wissen, nachdem sie die Tür wieder geschlossen hatte und folgte ihm in den kleinen dunklen Wohnraum. Auf der anderen Seite des Tisches blieb er stehen, seine Hände auf dem Rücken verschränkt. Er betrachtete sie eine Weile regungslos.

„Seamas?“

Sie wurde etwas unsicher.

„Hm … vielleicht kannst du mir eine Frage beantworten?“

Sie legte eines ihrer bezauberndsten Lächeln auf und meinte:“ Oh natürlich, ich werde es zumindest versuchen.“

Er blickte ihr nun direkt ins Gesicht, seine Augen waren kühl, voller Wut und unbeschreiblich müde.

„Wo ist sie, Cait?“

Geschockt sah sie ihn für eine Sekunde an. Er wusste etwas, aber seine Stimme war so seltsam ruhig, nein, er konnte nichts wissen.

„Ich weiß nicht wovon du sprichst.“

Sie kämpfte mit ihrer Ruhe und das blieb ihm nicht unbemerkt.

„Ich gebe dir nun eine letzte Möglichkeit, Cait“, er war kaum noch in der Lage sich unter Kontrolle zu halten und das merkte sie:“ Du sagst mir jetzt wo ich Lea finden werde, oder bei Gott, ich schwöre dir, dass du eine Seite von mir kennenlernen wirst, die dir nicht gefallen wird.
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Noch immer blieb er seelenruhig auf seinem Platz stehen und auch sie rührte sich keinen Millimeter. Er konnte es nicht wissen, woher sollte er, er hatte keine Ahnung, wahrscheinlich nur eine Vermutung, nein, sie würde nicht einbrechen.

„Ich habe keine Ahnung! Und mich würde wirklich einmal interessieren, wie du auf diesen unsinnigen Gedanken kommst, dass ich eine Ahnung davon habe wo sich deine Verlobte aufhält? Sollte sie nicht an deiner Seite sein“, flötete sie sarkastisch:“ Aber was soll man auch von einer Engländerin erwarten.“

Fauchte sie ihn an dann auf einmal und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Ein erschreckend kaltes Lächeln huschte über sein Gesicht und er meinte:“ Wie du willst.“

Da flog auch schon der schwere Holztisch durch den kleinen Raum und Cait schrie hysterisch auf. Sie wollte fliehen, riss die Tür auf und rannte direkt in Kenneths Hände. Unsanft drehte er sie wieder herum und hielt sie an ihren Armen unnachgiebig fest. Sie wehrte sich, fluchte und schrie wie eine Furie. MacNamara trat aus der Hütte, er musste sich bücken, damit er durch die Tür passte. Langsam wurden alle um sie herum auf dieses seltsame Spektakel aufmerksam und beobachteten das laute Geschehen im sicheren Abstand.

„Was weißt du? Wo haben sie sie hingebracht, Cait?“

Sie hörte seine Wut, seinen Hass, doch entgegnete sie ihm weiterhin mit Lügen. Hysterisch schrie sie ihn an:“ Ich habe keine Ahnung.“

Jetzt stand er ganz dicht vor ihr, beugte sich zu ihr herab, seine Arme noch immer hinter seinem Rücken verschränkt. Vielleicht hatte er Angst, dass er ihr weh tun würde, vor allen Anwesenden sich vergessen könnte, wenn sie nicht endlich das tat, was er von ihr verlangte. Sie spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht, als er leise zu ihr sagte:“ Nun gut, du hast es nicht anders gewollt.“

Er wandte sich den Dorfbewohnern zu, die schockiert zu sein schienen und rief laut, damit alle es hören konnten:“ Hiermit klage ich Caitlin MacAnderson öffentlich des Hochverrates an. Sie wird sofort eingekerkert … und befragt.“

Seine Augen glitten über ihr Gesicht und sahen erfreut, dass sie wirklich geschockt zu sein schien. Denn sie wusste, was es hier bedeutete, wenn man jemanden „befragte“.
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Es gab keine Gnade, kein schonen, es war unerbittlich und oftmals äußerst grausam.

„Seamas, das kannst du nicht tun, nicht wirklich wollen!“

Sie weinte, doch er hatte keinerlei Mitleid mit ihr.

Noch einmal beugte er sich zu ihr herab, strich ihr mit ruhiger Hand eine Strähne ihrer blonden Haare hinters Ohr und umpackte auf einmal barsch ihr Kinn. Schmerzvoll sah sie ihn an, er tat ihr weh. Doch seine Stimme war weich, zart, wie in besseren Tagen:“ Dann sag mir wo sie ist, Caitlin … sag es mir und es bleibt dir erspart.“

Hecktisch nicke sie und erklärte ihm mit dünner Stimme:“ Sie ist auf … Brownan Castle.“

„Natürlich“, schoss es ihm durch den Kopf:“ Die MacFhinns und die MacBrownan.“

Dass er da selbst nicht drauf gekommen war, eine sehr alte Blutsbande verband diese Familien, sie würden ihre Türen nicht verschließen wenn einer um Hilfe bat, das ließ die Tradition nicht zu. Doch würden sie freiwillig so weit gehen und diesen Verrat mit anführen?

Er ließ sie noch immer nicht los, zu viele Fragen schwirrten noch immer in seinem Kopf umher.

„Was wollen sie von ihr, Cait?“

Seine Stimme wurde wieder härter.

„Ihren Namen … Seamas … bitte lass mich los, du tust mir weh.“

Doch er hörte ihr Jammern nicht, sein Griff verstärkte sich nur.

„Ihren Namen?“

Sie wollte nicken, doch sein Griff wurde immer unnachgiebiger und so sagte sie:“ Eine Verbindung.“

Abrupt ließ er sie los, wandte sich ab und glaubte gleich tot umfallen zu müssen. Auf einmal schrie er sie an:“ Warum Cait, warum?“

„Weil diese englische Schlampe dich nicht verdient hat, ich bin es, ich. Ich will an deiner Seite sein, ich will deinen Namen tragen, ich und nur ich allein habe dies auch verdient.“

Sie war so außer sich, dass sie zurückschrie, ohne darüber nachzudenken, was sie da zu ihm sagte. Seine Augen ruhten kühl auf ihr, als er noch einmal dicht an sie heran trat und ihr drohte:“ Gnade dir Gott wenn du mich belogen hast.“

Hastig wandte er sich ab und befahl barsch:“ Adair, in den Kerker mit ihr, um sie kümmern wir uns später. Kenneth, mach alles bereit, schicke einen Boten MacKneele entgegen und berichte ihm wo wir zu finden sind, wir brechen direkt auf.
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Adair brachte die schreiende, sich heftig währende Cait fort, während Kenneth sich um die Soldaten kümmerte. Erschöpft lehnte Seamas sich an die Wand einer Hütte und blickte hinauf in den verhangenen Himmel. Es war unangenehm kalt und der Himmel kündigte neuen Schnee an.

Die MacBrownan, schoss es ihm wieder durch den Kopf, eine große und mächtige Familie der Highlands, mit guten Kriegern und einer fast uneinnehmbaren Festung.

Er hoffte auf Wilbert, und sendete ein Stoßgebet zum Himmel, dass dieser schnell kommen würde.



Der eisige Wind peitschte ihnen kraftvoll ins Gesicht, ihre Muskeln schmerzten von der kalten Luft, doch ihre Mimik war hart und unnachgiebig.

Mit hundert Mann ritt MacNamara so schnell es das Wetter zuließ, Richtung Brownan Castle. Die anderen kamen zu Fuß, eine Truppe von fünfhundert Soldaten, sie bildeten die Nachhut. Geführt wurden sie von William Blair, der zweihundert seiner treusten Krieger dazusteuerte. Sofort bot er seine Hilfe an, als MacNamara ihm alles erklärte, er dachte keine Sekunde darüber nach.

Insgeheim hoffte MacNamara auf den Verstand der MacFhinns und dem Wissen, sich besser nicht mit dem Clan der MacNamaras anzulegen, denn dies endete schon immer tödlich für die, die es wagten ihn herauszufordern.







Kapitel 19



„Eines Tages wird alles gut sein,

das ist unsere Hoffnung,

heute ist alles in Ordnung,

das ist unsere Illusion!“

Voltaire



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Sibylles Kopf lag auf ihrem Schoss und schon fast monoton strich Lea über ihren wirren Lockenkopf. Sie kämpfte seit Stunden gegen ihre Tränen, gegen diese erschlagende Traurigkeit und ihre Angst an. Sie musste doch stark sein für ihre kleine Schwester, war sie doch ihre einzige Hoffnung!

Es war dunkel, kein bisschen Licht stahl sich durch die zugemauerten Fenster, nur etwas Luft pfiff durch das schnell errichtete Mauerwerk. Sie hatte kein Zeitgefühl mehr, sie wusste nicht, wie lange man sie nun schon in diesem Zimmer gefangen hielt. Ihr Kopf funktionierte kaum noch, die Einsamkeit und diese ständige Dunkelheit machte sie schier wahnsinnig und Sibylle schlief fast nur noch.
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Nicht zu wissen, ob Tag oder Nacht war, wie viel Zeit dahin sickerte, ohne das etwas geschah, raubte ihr fast den Verstand.

Lea dachte unweigerlich an Seamas MacNamara und an das, was sie als letztes von ihm sah. Sie sah Cait in seinen Armen, wie er sie stürmisch, fast schon aggressiv küsste. Und schon wieder verspürte sie diesen seltsamen Schmerz in ihrem Innern.

Warum weiß ein Mensch erst was ein anderer für ihn bedeutet hat, wie sehr man ihn braucht, wenn man ihn verloren hat?

Weshalb fällt es einem nur so schwer, sich einem anderen Menschen bedingungslos hinzugeben, ohne viel darüber nach zu denken? Man gibt sich doch nicht auf, man verschwendet nur wertvolle Zeit, die man hätte mit ihm verbringen können.

Wirr rieb sie sich durch ihr Gesicht und seufzte schwer.

Aber vielleicht war dies auch besser so. Vielleicht hätte sie niemals so leicht gehen können, wenn mehr passiert wäre. Vielleicht hätte sie ihm dann alles erzählt und das Leben ihrer Schwester gefährdet und vielleicht hätte sie erst zu spät bemerkt, was Cait ihm mit Leichtigkeit geben konnte und sie nicht. Vielleicht war ihr Herz deshalb jetzt noch nicht ganz verloren … vielleicht.

Wieder dieser harte Seufzer.

Aber vielleicht wäre sie auch einfach nur glücklich geworden. Sie mochte ihn … nein … es war mehr als nur mögen, sie hatte sich wahrhaftig in ihn verliebt, ohne es zu wollen. Er zog sie magisch an und obwohl sie krampfhaft dagegen ankämpfte, gegen seinen Hochmut, seine Arroganz, wurde es nur immer schlimmer. Denn genauso wie sie von ihm fort bleiben wollte, sehnte sie sich nach seinen Armen. Sie sehnte sich nach seinem Schutz, seiner Wärme, seiner dunklen Stimme und diesem seltenen Lächeln in seinen grauen Augen.

Aber retten konnte er sie nun auch nicht mehr, die Zeit lief davon. Viel zu schnell und rigoros nahm sie keine Rücksicht auf ihre Opfer. Bald würden sie kommen, sie holen und ihren Plan beenden und dann konnte nur noch das Schicksal entscheiden, was mit ihrer Schwester geschehen würde. Sie betete zu Gott, dass man Sibylle wirklich gehen ließ.

Wenn sie nur an die hungrigen Augen von Alek MacFhinn dachte, überkam sie eine fürchterliche Übelkeit.
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Er sah sie bei ihrem Verlobungsessen so durchdringend an, als wäre sie nackt und ein Stück Fleisch das man einem Löwen hinwarf. Sie ahnte nach was er gierte, denn anscheinend entsprach sie ganz seinem Beuteschema und das erfreute auch seinen Vater.

Ein dumpfes Klopfen gegen das Holz ihrer Tür ließ sie aufblicken, riss sie aus ihren dunklen Gedanken und auch Sybille schreckte auf.

Wer klopfte da an? Wer beendete diese dumpfsinnige Dunkelheit und Stille in diesem überschaubaren Gefängnis?

Doch da ging die Tür schon auf und Alek betrat den Raum. Er blieb inmitten des Zimmers stehen und sah sich neugierig um, als wäre er zum ersten Mal in diesem Zimmer.

Fest klammerte sich Sybille an ihre Schwester und traute sich nicht ihn anzusehen.

„Geht es Euch gut?“

Wollte er überzogen freundlich wissen und blickte endlich zum Bett.

„Nun, die Aussicht könnte etwas besser sein.“

Gab Lea kurz zurück und das brachte ihn zum Lachen. Es war ein abscheuliches grunzendes Geräusch und der Gedanke daran, dies öfter hören zu müssen, ließ wieder diese Übelkeit aufsteigen.

„Ihr habt einen ausgesprochen angenehmen Humor.“

Gab er wider, nachdem sein Grunzen beendet war, doch Lea schwieg. Seine Augen funkelten seltsam, als er sich etwas auf die beiden zu bewegte.

„Gut, ich wollte nur nach Euch sehen und Euch sagen, dasS wir in Kürze vor dem Priester stehen werden, er ist endlich eingetroffen .... Ich habe etwas für Euch.“

In diesem Moment ging die Tür auf und eine ältere Magd kam herein. Sie hatte ein weißes Kleid über ihre Unterarme gelegt und hielt es Alek entgegen. Er nahm es, hob es an und sagte:

„Euer Brautkleid, ich hoffe es gefällt Euch. Ihr habt eine Stunde!“

Er schmiss das Kleid auf das Bett vor sie, nachdem Lea keine Anstalten machte es ihm aus den Händen zu nehmen und ging, doch in der Tür hielt er noch einmal inne, blickte sich um und sagte seltsam klingend:“ Ihr seid eine überaus angenehme Überraschung für mich Lady Bradley … Wir werden sehr viel Spaß miteinander haben.“

Dann war die Tür auch schon wieder verschlossen und wieder rang Lea mit ihrer Fassung, die ihr immer mehr zu entgleiten schien.
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Sie konnte den Schmerz und die Pein, die auf sie wartete, erahnen und glaubte schon jetzt, daran zu Grunde zu gehen.

Sie war ein Freigeist, dachte und lebte wie sie wollte. Ihr Mund gehorchte kaum ihr selbst, wie dann einem Mann oder einer Familie, die sie verabscheute. Lea wusste, dass dies eine fürchterliche, erniedrigende und sich selbst aufgebende Zeit für sie werden würde. Sie würde sich verlieren und bald nur noch ein Schatten dessen sein, was sie einmal war. Doch tat sie dies für einen Menschen den sie überalles liebte und der noch sein ganzes Leben vor sich hatte.

Niemals, nicht eine Sekunde, hätte sie daran glauben können, dass sie einmal so mutig und selbstlos sein würde.

MacNamara hatte recht, sie war doch mehr wie ihr Vater, als sie jemals sich hätte vorstellen können. Sie bedauerte nur, dass ihr das erst jetzt klar wurde … jetzt in dieser ausweglosen Situation, denn es hätte ihr viel ersparen können.

„Lea“, begann Sibylle etwas zögerlich und holte sie mal wieder aus ihren fernen Gedanken zurück:“ Was heißt das?“

„Nichts Liebes“, versuchte Lea sie zu beruhigen und küsste ihre Stirn:“ Ich muss mich nur an eine Abmachung halten, mehr nicht.“

Ihre kleine Schwester runzelte die Stirn. Sie war noch viel zu jung um diese Falten zu tragen, doch sie nickte und dann drückte sie sich wieder an sie.

„Ich will endlich nach Hause.“

Flüsterte sie gegen ihre Brust und Lea antwortete nur:“ Ich weiß … bald mein Engel, bald.“



Das Kleid saß leider perfekt, es war lang und umspielte fast schon zärtlich Leas schlanke Figur. Sie wollte immer solch ein Kleid tragen wenn sie einmal heiraten sollte, doch nun hasste sie es. Sie hasste die teure Spitze, den edlen Stoff und diesen festlichen Schnitt mit dieser langen Schleppe. Sie hasste, dass es passte, den Geruch und das wozu sie es tragen musste.

Da ging die Tür auf und die "Narbe" betrat den Raum. Er hielt an und begutachtete sie mal wieder von Kopf bis Fuß, bevor er murmelnd sagte:“ Ihr seht wirklich … hübsch aus.“

„Lass dieses Heuchelei… das hast du nicht nötig. Tu was du tun musst und bring mich zu ihm, denn ich will es endlich hinter mich bringen.
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Hatte sie ihn etwa gekränkt? Sein Gesicht verfärbte sich, die Narbe schien zu wachsen und er packte sie äußerst grob an ihrem Ellenbogen. Lea blickte noch einmal zu ihrer Schwester, die verängstigt im Bett saß und den Tränen nahe zu sein schien. Sie erkämpfte sich ein mutiges Lächeln und war auch schon vor dem Zimmer. Geduldlos zerrte er sie neben sich her, hinunter in die große Halle. Es waren nicht viele Gäste anwesend, doch genügend, die diese Ehe bezeugen konnten. Ihr Herz begann zu rasen, als sie vor der Tür stehen blieben und sie hinein sehen konnte. Der Priester ordnete gerade seine Kutte und räusperte sich so laut, dass es wiederhallte und das aufgeregte Flüstern der anwesenden Zeugen war auch nicht zu überhören.

Nun ergriff jemand anderes ihren Arm und als sie hinsah erblickte sie den alten MacFhinn. Er lächelte ihr übertrieben freundlich zu und meinte:“ Du musst Lächeln mein Kind, es ist doch der schönste Tag in deinem Leben und schließlich gehörst du bald meiner ehrenwerten Familie an.“

„Pha, das ist eine Schmach, mehr nicht“, entgegnete sie ihm mutig:“ Und um einmal ehrlich zu sein, dann gehöre ich zu einer Familie von Verrätern, Mördern und Größenwahnsinnigen.“

„Nun, wenn das deine Sicht der Dinge ist, dann muss ich schon sagen, dass ich mich persönlich fürchten würde und versuchen würde keinen einzigen Fehler zu begehen.“

Seine Augen ruhten kalt in den ihren und erhofften sich eine Regung, doch Lea blickte stumm einfach wieder nach vorne. Dennoch hatte er recht und sie verstand seine Drohung, auch ohne Worte, nur mit diesem Blick, hätte sie es verstanden.

„Ihr denkt an die Bedingung?“

Fragte sie hastig und er antwortete, mit einem von ihr unbemerkten tiefgründigen Lächeln:

„Aber natürlich meine Liebe, es wird sich gerade schon darum gekümmert. Sobald diese Ehe beschlossene Sache ist, kann deine Schwester gehen.“

Er hörte wie sie einmal tief durchatmete und es war ihm, als würde sie erleichtert zu Boden blicken. So konnte er sich ein sardonisches Lächeln, das ihr verborgen blieb, nicht unterdrücken.

„Nun komm, jetzt wird Geschichte geschrieben.
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Fordernd legte er ihre Hand in seine Armbeuge und sie durchschritt mit ihm die Halle. Sie sah keinen der Anwesenden, ihre Augen waren nur starr nach vorne gerichtet. Sie wollte nicht sehen, wer sich diesem Verrat anschloss und sie wollte auch nicht sehen, wenn jemand Bekanntes in diesen Reihen stand.

Vor dem Priester, der auf dem Podest vor dem „Thron“ stand, hielten sie an und er übergab sie seinem Sohn, den Lea nicht eine Sekunde ansah. Wieder räusperte sich der Priester und irgendwie klang es äußerst nervös. Lea blickte zu ihm auf und erkannte Schweißperlen auf seiner viel zu hohen Stirn, die nur darauf zu warten schienen, endlich herab fallen zu dürfen. Da sah sie auch, dass seine Hände zitterten, als er diese für den Segen auszusprechen anhob. Er hatte nackte Angst.

„Enomine patre et Spiritus et Sanctus … amen.“

Er blickte auf Lea und sie entdeckte Mitleid in seinen fleischig umrandeten Augen. Doch die Predigt begann ohne irgendwelches Zögern seinerseits. Sie hörte nicht ein Wort von dem was er sagte, doch dann fragte er sie auf einmal und das wohl schon zum zweiten Mal:“ Lady Leathendra Bradley, habt Ihr einen Trauzeugen?“

Sie wollte gerade etwas verwirrt verneinen, doch da ertönte eine, ihr wohlbekannte Stimme, die sagte:“ Natürlich hat sie das!“

Hastig blickte sie links neben sich und da stand er, Marc. Ihr Herz begann zu rasen, ihre Wut keimte mit jedem schwerfälligen Atemzug mehr auf. Am liebsten wäre sie ihm an die Gurgel gesprungen, hätte ihn auf der Stelle getötet. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie sich noch nicht einmal bewusst, dass sie zu so etwas überhaupt in der Lage war und sie hätte es wirklich getan und das ohne Mitleid und ohne zu zögern. Jedoch Aleks bedrohlich klingende Stimme an ihrem Ohr, brachte sie wieder der Realität nahe, indem er sagte:“ Denkt an Eure junge Schwester.“

Es kostete sie all ihre Kraft, sich wieder dem Priester zuzuwenden, sie zitterte am ganzen Leib. Er sah die Tränen in ihren Augen und Lea meinte mit kläglich klingender Stimme:

„Mein … Bruder.“

Ihre Kiefermuskulatur schmerzte, weil sie ihre Zähne so fest aufeinanderbiss, um nicht lauthals loszuschreien. Nun etwas stotternd und auf einmal seltsam zögernd, fuhr der Priester fort:“ So … so frage ich Euch Alek Durban MacFhinn, zukünftiger Erbe des Clans der MacFhinns, wollt Ihr die hier anwesende Leathendra Bradley zu der Euren nehmen.
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Sie … sie lieben, ehren und … und bewahren, bis das der Tod … der Tod Euch scheidet? So antwortet: Ja, mit Gottes Hilfe.“

„Ja, mit Gottes Hilfe.“

Wiederholte er kraftvoll und blickte nun auf Lea, die starr die Steine vor ihren Füßen zu zählen schien.

„Und so frage ich Euch … Lady Leathendra Bradley, wollt Ihr den … den hier anwesenden … Alek Durban MacFhinn zu … zu dem Euren nehmen. Ihn … ihn ehren und bewahren, bis … bis …“, der Priester schluckte schwer und blickte ängstlich zum alten MacFhinn, dessen Augen vor Wut nur so sprühten, bevor er hecktisch weiter sprach:“ Bis das der Tod Euch scheidet? So antwortet auch Ihr mit … mit: Ja, mit Gottes Hilfe.“

Bis das der Tod, schoss es Lea durch den Kopf, das könnte die Ewigkeit eines Lebens sein, oder die kürze eines Moments.

Der Wert ihres Lebens betrug nun null.

Sie war eine Frau, das was gerade mit ihr geschah, passierte den Frauen schon eh und jeh. Auch sie würde dies überstehen müssen, auch sie würde das heimlich starke Geschlecht sein, obwohl sie immer glaubte, so etwas niemals erleben zu müssen. War sie doch immer frei, freie Gedanken, einen freien Willen, all das würde sie ab jetzt ablegen müssen, es war zu Ende. Ob tot oder lebendig, es war zu Ende …

„Lady Bradley?“

Sie hörte die besorgte Stimme des Priesters, der ungeduldig etwas auf sie zutrat. Erschrocken blinzelnd sah sie auf, als hätte man sie gerade aus einem tiefen Traum erweckt. Nur dass dieser Traum ein Alb -und ihre Realität war.

Dort stand er, dicht neben ihr, ihr Bruder. Beinahe berührte er sie und lächelte fast schon vergnügt auf sie herab. Das gleiche Blut floss durch seine Adern hindurch und doch brachte er es fertig so etwas von ihr zu verlangen und Sibylle in diese wahrscheinlich ausweglose Situation zu bringen.

Er war nicht der Sohn ihres Vaters und auch nicht ihrer Mutter, diskutierte sie mit sich selbst, das konnte er gar nicht sein. Doch sie war ihre Tochter, eine Bradley aus Fleisch, Blut, Willen und Verstand. Sie war eine Kämpferin und so antwortet sie mit erhobenem Haupt und mit unglaublich fester Stimme:“ Ja … mit Gottes Hilfe.
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Es klang abwertend, doch dagegen konnte sie nichts tun, sie begann nämlich gerade den Glauben an Gott zu verlieren. Wo war er? Warum half er ihr nicht? Sie war nicht bereit um eine seiner, in ihren Augen, sinnlosen Prüfungen zu bestehen, sie war nicht eines seiner Kinder, sie war Leathendra Bradley, ein Mensch mit einer Last wie Millionen anderer.

„Gut“, meinte der dicke Priester vor ihnen hörbar erleichtert und Lea glaubte, dass sein Leben, von ihrer Antwort abhing, weshalb auch immer.

„Somit erkläre ich Euch, kraft des von Gott mir anvertrauten Amtes, zu Ehemann und Eheweib.“

Unsanft drehte Alek Lea unvermittelt zu sich, umpackte fest ihre Oberarme und suchte ihre Augen. Doch Lea starrte regungslos auf sein ausladendes Kinn. Aber das störte ihn nicht, er stahl sich einen harten und flüchtigen Kuss, bevor er sagte:“ Jetzt bist du mein.“

Noch immer rührte sie sich nicht. Jetzt mussten sie noch das Schreiben der Kirche unterzeichnen, damit ihre Ehe auch dokumentiert war. Zuerst unterschrieb Alek MacFhinn, dann Lea, deren Hand erstaunlich ruhig die Feder führte und dann die beiden Zeugen, Marc Bradley und der alte MacFhinn.

Der alte MacFhinn trat nun dicht neben sie, drehte sie wie eine willenlose Puppe zu sich und küsste herzhaft ihre Wangen.

„Meine neue, meine erste Tochter“, und dann rief er euphorisch laut:“ Unsere Zukunft.“

„Meine Schwester“, warf Lea störrisch ein und hielt seinem Blick stand.

„Aber natürlich.“

War alles was er sagte und zeigte zur Tür, aus der langsam alle „Gäste“ verschwanden.

„Vater, du willst doch nicht wirklich“, begann Alek, doch sein Vater viel ihm belehrend ins Wort:“ Schweig … ich weiß schon was ich tue.“

Er ging voraus und Lea folgte ihm, dicht gefolgt von ihrem aufdringlichen Ehemann und Marc. MacFhinn stieg eine steile Treppe nach oben, bis hinauf auf ein Dach. Der Wind dort oben war eisig kalt und pfiff laut um sie herum. Es lag frisch gefallener Schnee und Lea versank Knie tief. Schnell stahl sich das kalte Nass durch ihr Kleid und schien sich durch ihre Haut zu fressen. Doch Lea überging diesen Schmerz, denn sie verstand nicht, was sie hier oben wollten. Auch wenn sie nicht wusste wo sich befand, war es doch eine Erleichterung endlich einmal etwas von der Umgebung zu sehen.
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Auch wenn alles durch den Schnee gleich aussah, versuchte sie sich dieses Bild einzuprägen. Wer weiß wann sie es einmal wieder zu sehen bekam.

„Was soll das?“

Fragte Lea nach kurzer orientierungssuche wütend klingend. Was hatte das Dach mit ihrer Schwester zu tun?

„Oh, verzeih, aber ich dachte du wolltest sehen wie deine Schwester geht.“

„Wie bitte?“

Es war kaum mehr als ein verzweifeltes Hauchen, doch er hörte es und zeigte nach unten, in Richtung des schweren Tores. Lea folgte seiner deutenden Hand und erstarrte. Sie vergaß zu atmen, sie wollte nicht mehr atmen, denn dort stand Sibylle, in ihrem dünnen Kleidchen, ohne Umhang, vor dem geöffnetem Tor. Die Narbe, sie blickte hinauf zu ihnen, hielt sie unnachgiebig an ihrem Oberarm fest und Lea war sich sicher, dass Sibylle weinte.

„Was tut Ihr da?“

Lea schrie MacFhinn lauthals an, doch der zuckte gelassen mit seinen Schultern und erklärte ihr:“ Ich erfülle nur deine Bedingung, sie darf gehen.“

Fassungslos blickte sie von ihm auf ihre kleine Schwester, die frierend im Schnee stand.

„Das … um Himmels Willen, das könnt Ihr doch nicht tun, bitte … nicht so, oh mein Gott, sie wird erfrieren … bitte nicht.“

Noch nie in ihrem Leben hatte sie um etwas so sehr gefleht, gebettelt, wie in diesem Moment. Tränen rannen ihre Wangen herab und hinterließen eine kalte Spur auf ihrer glühenden Haut. MacFhinn reagierte aber nicht, er hielt einfach starr seinen siegreichen Gesichtsausdruck bei. Da wandte sie sich ihrem Bruder zu und umpackte den Kragen seines Hemdes. Ganz dicht war sie nun seinem Gesicht und sie fauchte ihn an:“ Marc, das kannst du nicht zulassen, sie ist doch noch ein Kind, unsere Schwester … Sie hat mit deinen Geschäften nichts zu tun“, er reagierte nicht:“ Ihr Blut klebt dann an deinen Händen, das Blut eines Kindes, deiner Schwester, verdammt noch mal.“

Schmerzvoll umpackte er ihre Hände und erklärte ihr herzlos, während er sie von seinem Kragen löste:“ Geschäft ist Geschäft, Lea! Du hättest dich nicht verstecken sollen, dann hätten wir nicht zu solchen Mitteln greifen müssen. Du bist Schuld, du allein wirst mit dieser Last leben müssen.
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Erschüttert starrte sie ihn an, nur gedämpft nahm sie sein schiefes Lächeln wahr. Abrupt ließ er sie wieder los und Lea drehte sich wieder zögerlich dem Tor zu. Gerade in diesem Moment schubste die Narbe Sibylle vor das Tor und Lea schrie völlig hysterisch:“ Nein, Sibylle!“

Hastig sah sich ihre Schwester um und sah Lea auf dem Dach stehen, die vollkommen hysterisch schrie. Sibylle umschlang sich zitternd mit ihren kurzen Armen, blickte zum Tor das sich langsam schloss und schluchzte leise vor sich hin. Der Schnee stach ihr wie kleine Nadeln in die Beine und durchnässte langsam ihre dünn ledrigen Schuhe.

„Sibylle“, hörte sie ihre Schwester immer wieder verzweifelt rufen und sie sah nur noch wie man sie festhielt, bevor das Tor fest zuschlug. Jetzt stand sie alleine in der Kälte, hörte nur noch die Schreie ihrer Schwester und den kalten eisigen Wind. Ein letzter Blick zum Tor und dann nach vorne in den kahlen Wald. Weinend, verzweifelt und alleine lief sie los und sie wusste auch mit ihren jungen Jahren, dass sie dies nicht überleben würde.

Unsanft schob man die geschockte Lea die Stufen nach unten und durch die Burg hindurch.

Ihre Beine gehorchten ihr kaum noch, ihre Füße schienen taub zu sein. Bleich wie der Tot schob man sie in ihr Zimmer und verschloss hinter ihr die Tür. Eine Weile stand sie still und bewegungslos da, starrte ins Leere, nur ihre Tränen bewegten sich. Nach einem schier endlosen Augenblick blickte sie auf einmal ihre Hände an, drehte sie ganz langsam vor ihren Augen hin und her, es schien ihr als wären sie fremd. Ruckartig wanderten mit einem mal ihre Augen zu den vermauerten Fenstern. Wutentbrannt rannte sie auf eines dieser Fenster zu, und schlug so lange gegen das harte Gestein bis die Haut ihrer Hände riss und Blut zu fließen begann. Sie verspürte keinen Schmerz, bemerkte nicht, wie etwas Warmes an ihren Handgelenken und dann ihre Arme herab lief und ihr weißes Kleid verfärbte. Nach einem Moment ließ sie davon ab, drehte sich um und sah einen Stuhl da stehen. Sie schnappte ihn an seiner Rückenlehne und zerschlug ihn schreiend, mit einer unwahrscheinlichen Kraft, an den zugemauerten Fenstern. Das Holz zersprang laut berstend und flog durch den ganzen Raum und etwas streifte ihren Arm. Sie blutete erneut und der Ärmel war zerrissen, doch sie spürte noch immer nichts.
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Der Schmerz in ihrem Herzen war so groß, so überwältigend, dass alles andere daneben verblasste.

Nach dem Stuhl flog eine Vase gegen das harte Gestein, nur Scherben flogen nur so durch den Raum und ein Fragment streifte auch ihre Wange. Dann flog noch ein Stuhl, doch diesmal gegen die verschlossene Tür. Unmittelbar darauf sprang diese auf einmal auf, und die Narbe stürmte ins Zimmer, gefolgt von Alek. Überrascht blieben sie stehen. Stumm blickten sie Lea an, denn sie sah seltsam aus. Ihr Haar war zerzaust, sie blutete an verschiedenen Stellen ihres Körpers und ihr Augen waren wirr. Doch nur für einen kurzen Atemzug, bevor die Narbe auf sie zulief. Plötzlich hatte Lea ein spitzes Stück Holz in ihren Händen und hielt es ihm wütend schnaufend entgegen. Überrascht blickte er darauf und sah, dass sie nicht zitterte, dann schaute er auf in ihr Gesicht, bevor er verhalten lachte und sagte:“ Legt es beiseite, bevor Ihr Euch noch mehr verletzt.“

„Oh keine Sorge, das ist mir egal.“

Fauchte Lea zurück und als sie das sagte, drehte sie das Holzstück blitzschnell um. Nun zeigte die Spitze auf ihren Bauch und sein hämisches Gesicht wurde plötzlich bitter ernst.

Leas Atem ging ruhig, selbst ihr Herz schien kaum noch zu schlagen. War sie etwa schon tot? Mit wutentbrannter Stimme, die sie krampfhaft kontrollieren wollte, erklärte sie ihnen: „Ihr habt mich betrogen und nun werdet Ihr nicht weiter von meinem Namen profitieren.“

„Nein“, rief Alek erschrocken aus, doch Lea holte unbeeindruckt aus, blickte noch einmal in die Gesichter der beiden entsetzten Männer, lächelte herzhaft und vollbrachte es.

Das Holz raste auf ihren Bauch zu, doch noch bevor es sie auch nur berühren können, sprang die Narbe einen Schritt vor und schlug sie mit einem gezielten Fausthieb bewusstlos. Mit einem lauten Schlag, knallte ihr Körper auf dem harten Boden auf.
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Kommentare zur Story:

  Ich danke dir Petra, das du immer soooo toll kommentierst und es freut mich, das sie dir noch immer gefällt.  
   Lilly  -  13.08.10 12:49

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Spannend. Sind dir wirklich geglückt deine beiden historisch- romantischen Kapitel. Toll die verschiedenen Charaktere geschildert, auch die ganze Situation hast du prima hingekriegt. Atemberaubend, gefiel mir sehr.  
   Petra  -  05.08.10 09:34

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

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Kommentar von "Marie" zu "optimistischer Pessimist"

Mir gefällt es, egal, was andere denken. Auch die berschrift lockt. Gruß marie

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