Die Verlorene Welt -2- Wilde Seele    84

Romane/Serien · Fantastisches · Sommer/Urlaub/Reise

Von:    Tis-Anariel      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 25. Juni 2010
Bei Webstories eingestellt: 25. Juni 2010
Anzahl gesehen: 2962
Seiten: 4

Diese Story ist Teil einer Reihe.

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   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


Wilde Seele





Still steht sie, wie erstarrt, nur der stetige Atem hebt ihr die Brust in einem heftigen Rhythmus. Ihr Gesicht hat sie gehoben, die Augen geschlossen um zu lauschen, um besser zu lauschen und tief hineinzuhören in die Wälder, in ihre Wälder.

Das bronzefarbene Licht fließt wie Wasser durch die Wipfel und an den Stämmen vorbei um helle Flecken zu erschaffen, die gleich Teichen sind aus flüssigem Licht. Daneben wirken die Schatten tiefer, dunkler, als sie eigentlich sind.

Hell singt der Wind zwischen den Ästen, als würde er auf ihnen Geige spielen. Gar spielerisch fährt er durch die Blätter und es klingt beinnahe wie ein Glockenspiel, oder wie Kinderlachen. Ein neckischer, manchmal stürmischer Freund und Geliebter ist der Wind, das weiß SIE. Dennoch ziert nun ein Lächeln ihr Gesicht.



Der wilde würzige Duft des Waldes, dieses ganz spezielle Gemisch aus verschiedensten Gerüchen, dringt auf sie ein und überwältigt fast ihre Sinne. Doch sie kann sich dem Bann noch einmal entwinden. Es ist etwas anderes, das sie heute sucht.

Sie hat etwas gehört, heute in ihrem Wald, der einzigen Heimat, die sie kennt. Sie, die sie eine der letzten Sommergeborenen Kinder ist, entsprungen aus den goldenen Teichen und Flammen der Sommersonnenwende. Eines der letzten Kinder der verlorenen Welt, eine Sommerjägerin. Eine der Letzten, nicht die Letzte, denn selbst in dieser lauten Zeit werden noch immer Kinder geboren, die Gaben haben und einige Wenige sind in der Lage den Schritt in die verlorenen Welt zu tun.

Und heute hat sie das Lied von so einem Kind gehört, die Schwingungen einer wahrhaftig unschuldigwilden Seele und eines feurigtapferen Herzens wahrgenommen.

Ihr Lächeln wird breiter, während die Sonne wandert und die Lichtflecken mit ihr.

Sie lauscht, denn irgendwo in diesen Wäldern, in ihren Wäldern war eine Schwesternseele und irgendwo gibt es eine Spur, einen Pfad, den eben dieses Menschenkind gefolgt war, oder gerne ging. Genau diesen Pfad hieß es nun zu finden und dann würde sie warten.



Ein Echo des Liedes hallt zu ihr, berührt sie ganz sacht, ganz zart. Der Wind hat es zu ihr getragen, in der Hoffnung, dass sie dann mit ihm spielen würde.

Sie schüttelt die sattbraunen Haare, eigentlich ist es eher eine fast Hüftlange Mähne, in der durch die Bewegung nun goldene und rote Reflexe aufblitzen.
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Sie lacht kurz auf und ihr Lachen perlt wie heller Glockenklang durch den stillen Wald.

Dann tritt sie aus dem Schatten heraus in einen der Lichtteiche und einen langen Augenblick schweigt der gesamte Wald ehrfürchtig.

Von einem Moment zum anderen erscheint ihre bronzefarbene Haut eher golden und das Licht bricht sich hart an den Spitzen ihrer perlweißen, gewunden Hörner, die der wilden Haarmähne entspringen. Ihr Löwenschweif peitsch erregt durch die Luft und ihre grüngoldnen, nicht ganz menschlichen Augen glühen kurz auf.

Der Wind hat ihr nicht nur das Echo des Liedes gebracht, sondern auch den Geruch des Menschenkindes.

Auf ihren zierlichen Pfoten vollführt sie einen eleganten Luftsprung und wirft die krallenbewehrten Hände in die Höhe.

Der Wind umspielt Sie.

Will sie nun spielen , fragt er leise.

Ja, antwortet sie, ein besonderes Spiel. Ein "Haschmichspiel", doch nicht Sie soll gefangen werden, sondern das wilde Kind.

Der Wind lacht begeistert und wirbelt davon, Sie läuft in großen Sprüngen hintendrein.



Bald schon hat der Wind den Ort gefunden, da wo die unschuldigwilde Seele ging und Sie betrachtet mit glänzenden Augen die kaum sichtbaren Spuren. Diese wilde Seele weiß, wie sie sich durch die Wälder bewegen muss. Wie sie leise und ohne große Spuren zu hinterlassen zwischen den Bäumen herumstreifen kann. Das wird Ihr bald noch klarer, denn die Spur des Menschenkindes folgt keinem Weg und keinem festem Ziel, sondern ähnelt den wirren Pfaden, denen manchmal Füchse folgen. Während Sie den Spuren folgt, zeigt sich ein breites Grinsen auf dem Gesicht, der schönen Frau, das ihre scharfen, spitzen Raubtierfänge zeigt.

Die Wilde Seele, die Sie wahrgenommen hat ist im Körper längst kein Kind mehr, sondern eine erwachsene Frau. Im Herzen allerdings, da ist diese Menschenseele immer noch eine freies, unschuldigwildes Kind. So also wird sie vielleicht doch den Ruf, Ihr Lied hören können.



Sie folgt den Spuren weiter und findet endlich eine Ort, der die Schwingungen der Menschfrau sehr stark trägt.
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An diesem Ort ruht sie sich aus, das sieht die Waldfrau und an diesem Ort, da fielen vielen Worte, in Vers und Reim. Die Menschenfrau ist eine Poetin, denkt Sie. Und sie hat einen Begleiter, einen Hund, ein Wesen, dass sie heiß und innig liebt und geliebt wird. An diesem Lieblingsort sind auch Tränen geflossen und Sie weint fast mit, ob der tiefen Verzweiflung und der schrecklichen Trauer, die dieser wilden Seele manchmal das sanfte Herz zerrissen haben. An diesem Ort, da wurde auch Zweifel und Angst gesprochen, auch das nimmt Sie wahr. Die Menschenfrau zerbrach oft fast an der harten Welt dort draußen, außerhalb der wilden Wälder.

Sanft streicht Sie mit der Hand über den Baumstumpf, auf dem die wilde Seele sehr oft über die Jahre gesessen ist und fragt sich, wie es dieses Menschenwesen geschafft hat, sich diese wilde Unschuld der Seele zu erhalten, ohne dabei an der Welt zu zerbrechen.

Sehr stark muss sie sein, diese Menschenfrau, eine Geisteskriegerin vielleicht, vielleicht auch noch mehr.

Ist sie gar die Seele, auf die die verlorene Welt schon so lange wartet?

Ist sie die Wiedergeburt von Ihr, der Jägerin, der wilden, der ungezähmten, freien, mächtigen Wildfrau?

Der Königin, die einst vor so langer Zeit in die Welt der Menschen ging, um dort ihren Zauber zu wirken, sie zu retten und nie mehr wieder zurückgekehrt ist in die verlorene Welt?

Kann es sein?



Sie fragt den Wind, der es aber auch nicht weiß.

Sie fragt den Wald, doch so alt er auch ist, so ist er hier noch nicht alt genug um es zu wissen.

Sie fragt die Erde selbst und die weiß es, sagt es aber nicht. Geduld meint sie, die Erde und Glauben soll Sie haben. Sie würde es schon wissen, wenn es so sein solle. Und als Sie leise und unwillig knurrt, da lacht die Erde und summt besänftigend.

Sie beruhigt sich langsam, denn niemand zwingt die Erde zu etwas und wer es versucht, der trägt irgendwann die Rechnung. Die Erde ist geduldig, und sie hat Zeit, viel mehr Zeit als die kurzlebigen Völker. Sie seufzt leise, denn die Menschen begreifen es nicht, nicht in dieser Zeit. Doch einige wenige, die verstehen doch und das sind die Erwählten, jene die den Ruf hören, ihm folgen und selbst zu Kindern der verlorenen Welt werden. Doch meist erhörten nur die Kinder den Ruf, die Erwachsenen taten ihn als Einbildung ab.
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Doch dieses Herz, dieses besondere Herz, dieses würde vielleicht doch hören und folgen.

Vielleicht?

Ein Vielleicht war schon immer ein Mehr als ein Nicht oder Niemals, also beschloss Sie es zu versuchen.

Sie hebt das Gesicht und beginnt zu singen. Ein altes Lied, ein sehr altes Lied, dessen Strophen selbst die Menschen kannten:





“Komm zu uns hübsches Menschenkind,

Dort wo wild und frei die Wasser sind.

Wir wissen was ersehnt dein Herz,

in einer Welt so voller Trauerschmerz.



Komm mit uns, schönes Menschenkind,

dort wo die Wälder tief noch sind,

wo unverbaut das weite Land

und nicht gezeichnet von Menschenhand.



Komm folg uns wildes Menschenkind,

dort wo die Wiesen hoch noch sind.

Wir rufen dich zu uns hinfort,

komm folg uns zum wilden Ort.”







Die Klänge Ihrer sanften Stimme heben sich empor, hallen leise durch den Wald, durch die Flur, am Bach entlang und durch die Sommerheißen Wiesen. Schließlich verfangen sich die Töne in einem Spinnennetz in der Nähe und hängen dort nun glitzernd wie frische Tautropfen, darauf wartend, dass die wilde Seele vorübergehe und sie sich erneut erheben würden. Das tat das Lied in allen Spinnennetzen, das es auf seinen Weg durch Ihr Reich gefunden hat.

Zufrieden wendet sie sich ab. Die wilde Seele würde das Lied hören und wenn sie noch fähig wäre ein Wesen der verlorenen Welt zu werden, dann würde sie eine Antwort rufen, singen oder anderweitig geben. Wie auch immer diese geartet wäre, Sie oder ein anderes Wesen der verlorenen Welt würde das wilde herz hören und ihm helfen hinüberzutreten.

Der Wind umwirbelt Sie.

Spielen, fragt er hoffnungsvoll.

Ja, hasch mich, ruft sie frohgemut und läuft davon.

Der Wind verfolgt sie kichernd durch den wilden, weiten, alten Wald der verlorenen Welt.



Nicht weit entfernt starrt eine junge Menschfrau über die Schulter zurück auf den Wald, den sie gerade verlassen hat. Etwas ist seltsam, als würde sie etwas rufen, so erschien es ihr.
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Ein sanftes, wehmütiges Lächeln huscht über ihr Gesicht und doch wendet sie sich ab, streichelt ihren Hund und beginnt Nachhaus zu gehen. Doch Zuhause, so kann man den Ort wohl nicht mehr nennen, er fühlt sich nicht mehr so an. Der Wald und der Bach und die Wiesen dagegen sehr.

Und während sie also so zurückgeht in die Menschenwelt summt sie ein seltsames kleines Lied vor sich hin:



“Komm zu uns hübsches Menschenkind,

Dort wo wild und frei die Wasser sind.

Wir wissen was ersehnt dein Herz,

in einer Welt so voller Trauerschmerz.



Komm mit uns schönes Menschenkind……”







Anariel 09
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Punktestand der Geschichte:   84
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Kommentare zur Story:

  Sooo..nun gibt es auch ein hübsches Bild dazu. Musste ich erst eines suchen.

Huhu Jochen,
freut mich, dass du auch die Fortsetzung interessant findest.
Nun wird sie oder wird sie nicht....so schnell werde ich diese Frage nicht beantworten.;) Soll ja spannend bleiben.
Aber ich kann jetzt schon sagen, es wird abenteuerlich.

Liebe Petra,
wie schön, dass du auch am nächsten Teil gefallen findest.
Hmm...ja das Lied hat sie wahrgenommen, aber so ganz drauf einlassen kann sie sich wohl noch nicht. Ja großer Kummer, aber auch das klärt sich erst in den nächstne Teilen. Nun bekommt meine Sommerjägerin erst mal Verstärkung.

Liebe Grüße  
   Tis-Anariel  -  26.06.10 23:08

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  Also hat sie das Lied gehört, die kleine Menschenfrau. Sonst würde sie nicht das gleiche Lied singen. Aber was hat sie für einen Kummer, dass sie sich am liebsten in die verlorene Welt begeben, und nicht mehr zu den Menschen zurück möchte? Wunderschön romantisch und märchenhaft.  
   Petra  -  26.06.10 19:35

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Sehr interessant. Das Löwenwesen und die gesamte Natur will die Menschenfrau in seine Zauberwelt locken. Bin gespannt, ob sie darauf eingehen wird.  
   Jochen  -  25.06.10 22:28

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Interessante Kommentare

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