Spannendes · Kurzgeschichten

Von:    Mathis H      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 4. August 2008
Bei Webstories eingestellt: 4. August 2008
Anzahl gesehen: 1910
Seiten: 6

Black Tea.

die etwas andere Geschichte eines Verbrechens





PROLOGUE:



Wenn man es richtig betrachtet, zieht das Licht feine Linien durch den sonst so dichten Nebel Londons. Kalt und fahl fiel es von den Straßenlaternen hinab zu Boden und spendete begrenzt der einsamen Straße Licht, auf der ich in jener Nacht entlang fuhr. Es ist schon merkwürdig, wie sich die eigene Angst über die Schuldgefühle legt und dennoch erstickt wird wenn endlich jener Augenblick eingetreten ist, vor dem das eigene Gemüt stets mit Schweißausbrüchen und zitternden Händen gewarnt hatte.

Ich presste meinen Kopf gegen die Sitzlehne und schielte verschlagen hinaus auf die Straße. Inzwischen hatten sich mehr Farben zu dem dreckig scheinenden Licht gesellt, und so strahlten nun auch Rote und Blaue Lichtfetzen dem kalten Boden entgegen. Mit gellenden Rufen aus den Sirenen, raste der Streifenwagen, in dem Ich für die kurze Fahrt auf der Rückbank Platz genommen hatte, in Richtung des nächsten städtischen Reviers der Metropolitan Police. Zumindest war dies anzunehmen, wenn man einen gesuchten Verbrecher, sofern die Möglichkeit bestand diesem sein Delikt nachzuweisen, festgesetzt hatte. Auf dem Revier sollten nun die üblichen Befragungen auf mich warten, die Maßnahmen der Polizei die auf jene warteten die einen Lebensstil pflegten der nicht den allgemein gültigen Gesetzen entsprach.

Nun, da war ich also, auf der Rückbank des schäbigen Vehikels, die Hände in Handschellen gefangen. Und dennoch kann ich nicht von mir behaupten das mein Lebensstil, zumindest bisher, nicht den Werten und Normen Englands entsprach. Ich hatte es zumindest zu einem beträchtlichen Anwesen gebracht, von dem mich die werten Beamten mit ihrem äußerst "galanten" Automobil abgeholt hatten, auch wenn sie vorher nicht dafür um Erlaubnis ersucht hatten. Auch die teure Sirene hatten sie schon vor meinem Einstieg angeschaltet, und bescherten meinen Bediensteten ein freudiges Fest der Akustik.

Der Wagen nährte sich nun, mit jenem Geheule dem Parkplatz des Polizeireviers. Vor dem Eingang wartete schon angeregt der werte Inspektor John Carriger, in Ausübung seiner Amtspflicht. Seine kleinen Augen spiegelten den Glanz des Triumphes wieder, an diesem Abend schien der werte Gentleman mit der Welt im Reinen zu sein.
Seite 1 von 6       
Seine Kollegen führten mich standesgemäß über den von Nebel völlig eingehüllten Parkplatz vor den massigen Körper des Inspektors. Ich wollte der anstehenden Konversation eine gute Note geben, und so riss ich das erste Wort an mich.

"Guten Abend, ich begrüße voller Stolz und Anmut den ermittelnden Beamten und seine werten Helfer. Ich finde es ist ein schöner Abend, ganz im Zeichen des guten englischen Wetters, an dem wir Vier werten Herren uns hier zum Plausch getroffen haben."

Ich gebe zu, ich habe schon so manches Gespräch besser begonnen, aber zu einem wahrhaften Meisterstreich der Rethorik fehlte mir die Konzentration, unter meiner ruhigen, mit schwarzen Tee beseelten englischen Fassade tobte ein Sturm aus gemischten Gefühlen. Die Angst vor einer bevorstehenden Verhaftung hatte sich wahrhaftig gelegt, doch über das was jetzt auf mich zukommen sollte war ich mir keinesfalls gewiss. Dies wurde mir jedoch erst bewusst als sich ein grimmiger Blick Carrigers, als Antwort auf meine freundliche Begrüßung entpuppte. Er drehte mir und dem Nebel den Rücken zu und stolzierte aufrecht einen langen grünen Flur entlang. Begleitet von den beiden Polizeibeamten, die mich an den Armen hielten, als geleiteten sie mich zum Tanz, ging ich schweigend hinter Carriger. Vor einer morschen Holztür machte er Halt, und drückte sie hinauf. Zum Vorschein kam ein kleiner Raum, der kalte weiße Wände hatte, und einen Tisch aus Eisen und dazugehörige unbequeme Stühle beherbergte. Die Beamten wiesen mir meinen Platz zu, und verließen den Raum, dazu schlossen sie beim Herausgehen höflich die Tür. Carriger hatte an der anderen Tischseite Platz genommen, und legte ein paar Fotoaufnahmen vor sich auf den Eisentisch.

"Ich nehme an sie wissen warum sie hier sind ?" fragte er mich, ohne von den Fotos aufzublicken die er sorgsam vor sich sortierte.

"Natürlich", antwortete ich kurz und knapp, ich wollte zwar nicht unhöflich erscheinen, doch mehr Ausführungen taten dem Gespräch zu diesem Zeitpunkt nicht gut (so zumindest meine Einschätzung). Während ich meinen Gedanken freien Lauf ließ, schaute Carriger zu mir hoch, sein graues Haar glänzte im elektrischen Licht. Er legte den schäbigen braunen Mantel ab und begann, nach dieser geschickt eingebauten Gesprächspause, die Unterhaltung erneut.
Seite 2 von 6       


"Sehen sie diese Aufnahmen ?", fragte er mich mit festem Blick. Ich wusste grad nicht ob der Inspektor an meiner Sehstärke zweifelte, doch ich unterdrückte eine unfreiwillige Fußnote bei meinen weiteren Ausführungen.

"Natürlich", antwortete ich erneut. Natürlich wies mich der Blick Carrigers darauf hin, das meine Antwort mehr als unzureichend war, doch ich fuhr fort.

"Dies sind Aufnahmen ... einer Leiche. Einer männlichen Leiche um genau zu sein." Ich musterte die Fotos mit meinen besonders analytischen Blick.

"Dazu sehe ich Schusswunden. Drei an der Zahl, abgegeben von einem höchst kleinen Kalliber."

Carriger nickte bestätigend, zog daraufhin seine buschigen Augenbraunen hoch und sagte mit ruhiger Stimme: "Die Kugeln wurden aus einer P.N.P. – Petticoat abgegeben. Einer Waffe die eher für eine Lady typisch ist."

"In was für einer Welt leben wir, in der auch noch die Frauen schwerstens bewaffnet sind ?", entfuhr es meinem spöttischen Mundwerk.

"Ja, und in dieser Welt haben sogar die Frauen männliche Fingerabdrücke", sagte Carriger daraufhin bestimmend.

Natürlich wusste ich, wer da seine Spuren auf der Tatwaffe hinterlassen hatte, und dazu noch äußerst ungeschickt, das muss ich zugeben. Da auch Carriger bewusst war wem die Abdrücke gehörten, hielt ich es für sinnlos weiterhin über diesen Aspekt zu debattieren und lenkte das Gespräch in eine andere Richtung.

"Wo haben sie die Waffe gefunden ? Falls ich fragen darf ?", warf ich in den Raum. "Im Handschuhfach ihrer Limousine." Diese Antwort hatte ich erwartet, hatte ich sie doch dort sorgsam deponiert, zugegeben es war nicht der geheimste Ort für eine Tatwache, doch erschien es zu jener Zeit in gewisser Weise logisch sie dort unterzubringen.

"In meinem Wagen ? Schock schwere Not, wie ist sie wohl dahin gekommen", sagte ich und benutzte mein ganzes schauspielerisches Talent um irgendwie betroffen auf mein Gegenüber zu wirken. Ich war mir zwar bewusst dass ich überführt war, doch für geständigere Wörter war es meiner Ansicht nach nicht der passende Zeitpunkt gewesen.
Seite 3 von 6       


"Sagen sie es mir", forderte mich der Inspektor auf, und legte seinen kleinen Kopf auf die fleischigen Hände.

"Woher soll ich das wissen ?" entgegnete ich sofort.

"Weil es allem Anschein nach ihre Waffe ist", gab mir der Inspektor auf meine (teilweise) unüberlegte Antwort zu verstehen.

"Leute in meiner Position, haben keine Waffen. Ich lasse für mich schießen", sagte ich daraufhin stolz, und lehnte mich bequem in den äußerst harten Klappstuhl (Es blieb jedoch leider nur bei dem Versuch eine bequeme Sitzposition einzunehmen). "Die Waffe ist aber auf sie zugelassen", erläuterte der Inspektor frech.

"Ach, DIE Waffe", sprudelte es überrascht aus mir heraus, und mein schauspielerisches Talent leistete mir weiterhin gute Dienste.

"Diese Waffe gehört mir ... doch. Äh, ja. Diese Waffe befindet sich noch nicht allzu lang in meinem Eigentum als das ich sie als mein Eigen bezeichnen würde ", sagte ich mit nötigem Ernst.

"Auf der Waffe befinden sich ebenfalls ihre Fingerabdrücke ", sagte der Inspektor scharf.

"Natürlich ! Wir haben ja auch grad festgestellt dass sie mir gehört", sagte ich herausfordernd.

"Ich erwähne das nur beiläufig, da ihre Fingerabrücke die einzigen auf der Tatwaffe sind", ergänzte Carriger ruhig.

"Selbstverständlich, die Waffe gehört ja auch nur mir", sagte ich schnell und setzte mein bestes Siegerlächeln auf. Daraufhin stand der Inspektor auf und umrundete den eisernen Tisch.

"Lassen wir das, Sie und ich sind uns doch darüber bewusst was hier vorgeht", sagte er und schaute mir dabei fest in die Augen. "Sind sie also geständig, den armen Teufel aus dem Leben entlassen zu haben ?" fragte er, für meinen Geschmack etwas zu poetisch.

"Geständig ?" fragte ich und riss meine Augen auf, die zur selben Zeit voller Trauer, Demut und Verzweiflung, den Tränen nahe, in das Gesicht des Inspektors blickten. Ich fuhr fort: "Nein, Nein. Keinesfalls. Hier kann gar keine Spur von einem Geständnis sein. Hatte ich noch nicht erwähnt das mir die Waffe gestohlen wurde ?" Mit dieser List hoffte ich den Inspektor abermals aufs Glatteis führen zu können.
Seite 4 von 6       


"So, wurde sie das ? Wieso haben sie das nicht gemeldet ?", fragte Carriger.

"Na, weil ich es nicht für nötig gehalten hatte. Diese Waffe bedeutete mir gar nichts", gab ich dem frechen Inspektor zu verstehen. "Also, lassen sie mich kurz resümieren ", sagte Carriger nach einer kurzen Pause, "Die Tatwaffe befand sich also zu erst in ihrem Besitz ..."

"Nein, Eigentum !", unterbrach ich den Beamten, solche Ungenauigkeiten konnten ohne eine adäquate Berichtigung nicht in der Welt bleiben.

"Gut, in ihrem Eigentum, aber nur bis sie ihnen angeblich gestohlen wurde ?", fragte mich der Inspektor und musterte mich aufällig.

"Ja, bisher ist alles richtig, außer das ein Diebstahl rein gar nichts an einer Eigentumslage ändert", sagte ich nachdenklich.

"Gut, und im Anschluss hat der Dieb, gegen den sie keine Anzeige erstattet haben, die Waffe zurück in ihre Limousine gebracht. Ist das auch richtig ?", fragte der Inspektor interessiert weiter.

"Ja genau richtig", sagte ich, und geriet langsam ins Schwitzen. Carriger war ohne Frage gewitzt, doch ein Geständnis sollte er noch immer nicht zu hören bekommen, und so musste ich eine noch größere Lüge folgen lassen. "Sie haben es genau richtig erkannt und kombiniert werter Herr Inspektor, die Waffe wurde in meinem Wagen gefunden, der mir im übrigen auch gestohlen worden ist", sagte ich und bemühte mich um ein verschmitzes Lächeln.

"Auch davon, ist hier bei uns nichts bekannt. Melden sie überhaupt einen Diebstahl der sie betrifft ?" sagte der Inspektor genervt. Es wirkte sowieso eher wie eine pathetische Aussage, mit der er nur auf das äußerst komplexe Lügenkonstrukt einzugehen schien das ich grad um die Ereignisse sponn, obwohl er wusste das ich nicht die Wahrheit sprach.

"Nun, um ehrlich zu sein nicht. Ich ermittele gern auf eigene Faust", gab ich Carriger zu verstehen.

"Ach ja ? Und warum sollten sie derartiges tun ?", fragte der Inspektor und verdrehte genüsslich die Augen nach oben.

"Ein Mann, in meiner Position kann es sich nun einmal nicht leisten beklaut zu werden. Was würde das für ein schlechtes Licht in der Öffentlichkeit auf mich werfen.
Seite 5 von 6       
Wenn ich die Polizei damit beauftragen würde, die Schurken dingfest zu machen die sich an meinem Eigentum vergehen, beauftrage ich im selben Zug die Medien über grad kürzlich beschriebene Ermittlungen gegen die Schurken Bericht zu erstatten der der gesamten Öffentlichkeit zugänglich ist. In welchem Licht stünde ich dann ? Ich kann ihnen sagen, dann befindet sich mehr Schatten auf meiner Seite als Licht vorhanden ist", erläuterte ich und nickte im Anschluss bestimmend in Carrigers Richtung. Das Gesicht des Inspektors hatte sich in der Zwischenzeit, in der ich meine präzisen Ausführungen formulierte, zu einer finsteren Miene verzogen.

"Finden sie das eigentlich lustig ? Ich erzähl ihnen auch mal einen Witz. Sie stecken so tief in der Scheisse das ihr Kopf grad noch rausguckt, und hier marschieren sie erstmal nichtmehr raus", sagte er mit ernster Stimme. Bevor ich mich auch nur in irgendeiner Art dazu äußern konnte, oder wenigstens nach meinem Anwalt fragen konnte, hatte der Inspektor kopfschüttelnd den Raum verlassen und knallte die Tür theatralisch in ihre Scharniere.

So saß ich also allein in diesem kahlen Raum, an dem sperrlich gedeckten eisernen Tisch, auf dem nur die paar Fotos von dem armen toten Jonah Platz fanden. Ich war mir meiner Schuld bewusst, und konnte trotzdem nicht zugeben ungerecht gehandelt zu haben.



Natürlich ist der Tod nie gerecht, doch muss man meines Erachtens die speziellen Umstände beachten die einen Menschen veranlassten aus dem Leben zu treten (oder treten zu müssen). Ich war niemals ein grausamer Mensch gewesen, soviel schon einmal an dieser Stelle ...

Auch wenn es zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht so erscheinen sollte. Es kam nicht umsonst zu meiner verachtenswerten Tat, denn in ihrem Vorfeld sollte ich den schlimmsten Albtraum meines Lebens erleben.
Seite 6 von 6       
Punktestand der Geschichte:   6
Dir hat die Geschichte gefallen? Unterstütze diese Story auf Webstories:      Wozu?
  Weitere Optionen stehen dir hier als angemeldeter Benutzer zur Verfügung.
Ich möchte diese Geschichte auf anderen Netzwerken bekannt machen (Social Bookmark's):
      Was ist das alles?

Kommentare zur Story:

  Stelzig, verbreitet aber Atmosphäre. Weshalb nicht weitergeschrieben? Blockade in London? LG Dublin ;0))  
anonym  -  04.11.08 14:20

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

Stories finden

   Hörbücher  

   Stichworte suchen:

Freunde Online

Leider noch in Arbeit.

Hier siehst du demnächst, wenn Freunde von dir Online sind.

Interessante Kommentare

Kommentar von "Simone Cyrus" zu "Zertreten"

hi rosmarin! da du dich ja schon vorab für meinen kommentar bedankt hast ;-), nicht wahr, lass ich hier jetzt auch mal meinen senf ab. wie kommt es eigentlich, dass du uns immer verwechselst? ...

Zur Story  

Aktuell gelesen

  In Arbeit

Funktion zur Zeit noch inaktiv. Über ein Konzept zur sicheren und möglichst Bandbreite schonenden Speicherung von aktuell gelesenen Geschichten und Bewertungen, etc. machen die Entwickler sich zur Zeit noch Gedanken.

Tag Cloud

  In Arbeit

Funktion zur Zeit noch inaktiv. In der Tag Cloud wollen wir verschiedene Suchbegriffe, Kategorien und ähnliches vereinen, die euch dann direkt auf eine Geschichte Rubrik, etc. von Webstories weiterleiten.

Dein Webstories

Noch nicht registriert?

Jetzt Registrieren  

Webstories zu Gast

Du kannst unsere Profile bei Google+ und Facebook bewerten:

Letzte Kommentare

Kommentar von "Michael Brushwood" zu "Kalt und heiß"

Vielen Dank, liebe Rosmarin! Auch ich wünsche dir aus ganzem Herzen, frohe und besinnliche Ostertage!

Zur Story  

Letzte Forenbeiträge

Beitrag von "Tlonk" im Thread "Account nicht erreichbar"

klappt ja dann auch!

Zum Beitrag