Die Geister, die ich rief.....   123

Schauriges · Kurzgeschichten

Von:    Shannon O'Hara      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 8. August 2004
Bei Webstories eingestellt: 8. August 2004
Anzahl gesehen: 2439
Seiten: < 1

Die Geister, die ich rief…





Was ist denn heute los? So viele Anfragen hatte ich ja noch nie!

Alle kommen sie von der Erde. Gibt es Krieg dort, oder eine Katastrophe?

Dieser eine Ruf scheint der eiligste, drängendste.

Ich teleportiere gedankenschnell, gelange zu einem verschütteten Mann im Zentrum Manhattans.

Ich stoppe nicht, um mir das Ausmaß des Schreckens anzusehen. Zu schmerzhaft spüre ich das Sehnen des Einen.

„Oh Gott, steh` mir bei!“

Schwere Mauerreste liegen auf seinem Körper, die Atemluft ist staubdurchwirkt.

Vorsichtig tauche ich in ihn ein. Seine Lebensflamme ist fast erloschen, erfährt ein Aufbäumen, als ich eindringe.

„Danke, dass du gekommen bist.“

Ein tiefer Seufzer entflieht seiner Brust.

„Ich kann dich spüren. Die Kälte entweicht.“

Der Körper zerschunden, die Organe verletzt, schreit die Seele nach Erlösung.

Schweres, kurzatmiges Husten.

„Sie werden es nicht mehr schaffen. ICH werde es nicht schaffen!“

Die Resignation zieht ihn in dunkle Sümpfe. Ich kann ihm durch meine Anwesenheit nur Halt geben.

„Aber ich bin nicht allein.“

Da ist etwas Mut. Schaffe ich es, diesen zu stärken?

„Halte mich, führe mich.“

Da ist etwas Hoffnung. Ich freue mich für ihn; er kann den Tod annehmen.

„Mein Leben war so kurz, reichte aber aus.“

Ich sehe Bilder, seine Erinnerungen: ein kleines Haus, Familie, Lachen und Weinen. Seine Arbeit, Freunde, Liebe und Streit. Ein schöner Urlaub, Feste feiern und Sorgen.

Ein erneuter Hustenanfall, schon geschwächter, unterbricht die Gedankenflut.

‚Fehler begangen, die ich zutiefst bereue. Entschuldigungen fielen nicht leicht, wollte wieder in den Spiegel sehen können.’

Er spricht nicht mehr, denkt seine Worte.

‚Was wird aus der Familie?’

Sorgen und Traurigkeit.

‚Ich bleibe bei dir,’ rufe ich ihm im Inneren zu.

Streichle sanft die Seele.

‚Lass´ mich nicht allein! Ich fürchte mich vor dem Unbekannten!’

Schwacher Atem, ein einzelnes Hüsteln, Atempausen.
Seite 1 von 2       


Bedecke die Seele, Wärme spendend. Die Flamme flackert – und verlischt.

‚Du Geist, den ich rief, begleite mich, führe mich an die Pforte.’

‚Ich bleibe bei dir, solange du mich brauchst. Bis zur Pforte und auch darüber hinaus.’





Shannon 0`Hara
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Punktestand der Geschichte:   123
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Kommentare zur Story:

  Oh, ist das schön! Eine der besten Geschichten, die ich je gelesen habe.  
   doska  -  24.05.09 20:07

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  bin voll begeistert,werd mehr von dir lesen
glg. die rippe des adlers  
anonym  -  06.01.09 21:38

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  ein wirklich schlner gedanke... auf so einen gedanken wär ich nie gekommen... gefällt mir sehr gut=)  
   nati  -  07.03.08 21:25

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  noch nie so was gelesen... gefällt mir echt gut!
lg darkangel  
darkangel  -  13.03.07 15:39

   Zustimmungen: 5     Zustimmen

  Es ist ein schöner Gedanke, nicht völlig Alleine sterben zu müssen, über die Pforte hinaus begleitet zu werden. For in that sleep of death what dreams may come, when we have shuffled off this mortal coil must give us a pause. Wie Shakespeare sagte. Tod ist ein Mysterium, lässt uns nachdenklich werden und verstummen.  
Janus  -  26.03.05 21:26

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  aahmmm - - - "stundenhotel" wurde -glaube ich- im Forum bereits als notorischer Besserwisser und Nörgler geoutet. Das ist er auch!
Mehr als motzen ist ihm nicht gegeben. Dein Reply liebe Shan war erste Shane -Verzeihung: erste Sahne!-
Und ich finde es gut, was du geschrieben hast. Das kommt sehr gut herüber.  
Kuft Wildebrunn  -  20.12.04 23:10

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  Mir persönlich gefällt die Geschichte auch sehr gut. Jeder stirbt seinen Tod, und das ist nun einmal jedes Mal anders, einzigartig, vielleicht halt eben auch diffus. Stefan hat es schon gesagt: Mit wenigen Worten eine schöne Geschichte erzählt.
Gruß  
Charly  -  23.10.04 21:58

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  Der Hinweis ist berücksichtigenswert, stundenhotel, allerdings: wieviele Sterbende hast du bereits begleitet?  
Shan  -  10.10.04 15:32

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  ich find den text etwas diffus. ich fände konkretere gedankenfetzen ergiebiger als dieses allbekannte an freunde, familie usw. denken. beschreib doch einen konkreten moment der erinnerung.

gr.
h.  
stundenhotel  -  10.10.04 14:13

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  Ungewöhnlich! Noch nie sowas gelesen.
War das sein Schutzengel? Oder gar der "Big Boss" (auch Gaia usw genannt)? Der sterbenden Mann steckte wohl in einem der Twin Towers am 11. September 2001. Diese Story ist der Beweis, dass man DOCH gut auf ganz wenigen Seiten schreiben kann.
Alle Fünfe.  
Stefan Steinmetz  -  28.08.04 22:10

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  vielen Dank euch Dreien für diese beflügelnden Kommentare.
Wenn du magst, salzi, ich habe noch einige Stories in der Art auf Lager.
Lurchy, danke auch dir, hier steht gerade noch REM von mir. Ich lade dich herzlich dazu ein.
Danke auch dir, Damien. Ob Schutzengel oder empathisches Geistwesen, keine Ahnung, sind im Endeffekt noch nur Titel, oder?  
Shan  -  13.08.04 23:35

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  Die Geschichte ist dramatisch aufgebaut, aber hat auch etwas beruhigendes. Meine Lieblingspassage ist das Eindringen in den Verletzten und das dieser dann spuert nicht allein zu sein. Auch hast du meiner Meinung nach das Umfeld sehr gut dargestellt (staubige Luft, das Atmen faellt schwer). Besonders gut gefaellt mir das du die Dramatik sofort am Anfang beschreibst, indem du das Wesen so viele Stimmen hoeren laesst. Dadurch und durch die Wahl des Ortes (Manhatten) hast du es geschafft das Aussmass des Chaos' sofort bildlich darzustellen. Die Erinnerungen des Sterbenden sind durchaus nachvollziehbar. Mir gefaellt die Geschichte sehr gut, da sie sehr menschlich, aber auch sehr spirituell geschrieben wurde. Ist das Wesen der Schutzengel des Sterbenden? Shan, ich bin begeistert. Das Lesen dieser Geschichte ist ein wahrer Genuss.  
Damien  -  13.08.04 23:18

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  Ja, die Story ist toll. Wirklich wert weiterempfohlen zu werden. Ich hoffe bald wieder was von dir zu lesen, Shan.  
Lurchy  -  13.08.04 22:42

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  Mein erster Gedanke: Nie einen so schönen Tod gelesen. Liebe Shan, mit wundervollen Worten gibst Du anhand eines tragischen Ereignisses und eines furchtbaren Einzelschicksals einen Funken Hoffnung. Mein Lieblingssatz: Streichle sanft die Seele. Ich danke Dir für diesen Text. Liebe Grüße, salzhering  
salzhering  -  13.08.04 22:04

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Kommentar von "Marie" zu "optimistischer Pessimist"

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