Wizard der Zauberer 2 - Die Reise   54

Romane/Serien · Fantastisches

Von:    Wizard27      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 11. Juli 2004
Bei Webstories eingestellt: 11. Juli 2004
Anzahl gesehen: 2167
Seiten: 11

Diese Story ist Teil einer Reihe.

   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


......wir sind alle auf einer grossen Reise.......durch viele Zeiten und Welten.......für Claudia, die " Herrin der Elche "





Die Reise



„Dieser Brief muss noch unbedingt heute raus“ sagte ihr Chef. Claudia setzte ein Lächeln auf und sagte „ Natürlich, kein Problem ! Geht heute noch raus.“

Ihre Arbeit machte ihr viel Spaß, aber in letzter Zeit schien ihr Chef öfters zu vergessen, das ihre Arbeitzeit um 16.30 Uhr zu Ende war.

Nun gut dachte sie, den Brief schaffen wir auch noch und fing an zu tippen.



20 Minuten später war sie schon auf dem Weg nach Hause.

Ich muss mich beeilen, dachte sie, sonst verpasse ich noch den Pressetermin. In ihrer Freizeit arbeitete sie gelegentlich für eine ansässige Zeitung. Heute hatte sie den Auftrag bekommen über die Einweihung eines Altenheimes zu berichten.

Wahrscheinlich würden wieder unzählige Politiker und Mitarbeiter der kommunalen Verwaltung versuchen allen Anwesenden und vor allem der Presse klar zumachen, wie großzügig und engagiert sie im sozialen Bereich tätig waren.



Als sie ankam, war der Saal in dem der Empfang stattfand schon ziemlich gefüllt. Politiker, Verwaltungsleute, der Bürgermeister, Vertreter der Kirchen und Sozialverbände und alles was Rang und Namen in dieser Stadt hatte oder meinte zu haben.



Schnell hatte sie sich orientiert, wen der Anwesenden sie eventuell noch im einzelnen befragen müsste um ihren Bericht abzurunden. Dann setzte sie sich an den für die Presse vorgesehenen Tisch und ließ die Welle der guten Botschaften und Profilierungen über sich ergehen.



Nach ungefähr einer Stunde waren die großen Reden beendet. Sie befragte noch einige der Redner um noch ein paar wichtige Details für ihren Bericht zu erhalten. Da einige der Befragten gegenüber der Presse immer sehr redselig und ausschweifend waren, zogen sich diese Gespräche noch eine Zeitlang hin.



Als sie endlich das letzte Gespräch beendet hatte, merkte sie das sie Hunger bekam. Nun ja, seit heute Mittag hatte sie nichts mehr gegessen. Also wandte sie sich kurz entschlossen dem Büfett zu. Leider war nicht mehr sehr viel übrig von den vielen leckeren Speisen.
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Aber sie fand noch genug um ihren Hunger zu stillen.



Jetzt fehlte nur noch etwas zu trinken. Gerade als sie dies dachte, sagte eine tiefe Stimme hinter ihr, „ Möchten Sie vielleicht ein Glas Sekt trinken ?“.

Sie drehte sich um. Vor ihr stand ein Mann mittleren Alters mit tiefschwarzem Haar und dunklen Augen. Irgendwie wirkte er auf sie unheimlich, andererseits strahlte er aber auch eine unbeschreibliche Ruhe aus, so als ob es nichts in dieser Welt gebe, was ihn aus dieser Ruhe bringen könnte.



„Ja gern“ sagte sie, „ ich bin nämlich schon fast am verdursten. Können sie vielleicht Gedanken lesen ?“

„Manchmal schon. Aber im Moment bin ein wenig aus der Übung.“ Dann lächelte er sie an und sagte „ Ich heiße übrigens Wizard .“

Eigenartiger Name, dachte sie.

„Ich heiße Claudia.“





Er reichte ihr eines der beiden Sektgläser, die er in seinen Händen hielt.

„Sie arbeiten für eine Zeitung ?“

„Ja, aber nur gelegentlich, hauptberuflich arbeite ich im Büro. Und was machen sie beruflich, wenn ich fragen darf ?“

„Ich löse Probleme „ antwortete er „ und bei einem dieser Probleme könnte ich Ihre Hilfe gut gebrauchen !“



Bevor sie noch etwas erwidern konnte, wurde ihr plötzlich schwindelig. Alles begann sich um sie zu drehen, immer schneller und schneller.

Dieser Wizard muss mir irgendetwas in den Sekt getan haben, war ihr letzter Gedanke bevor sie das Bewusstsein verlor.



*****



Als sie erwachte lag sie im Bett. Warme Sonnenstrahlen fielen durch ein Fenster auf ihr Gesicht. Manchmal träumt man schon verrückte Sachen dachte sie mit halboffenen Augen.

Aber war das überhaupt ihr Bett ? Nein ! Diese Erkenntnis brachte sie schlagartig in die Realität zurück.



Wo bin ich hier und wie bin ich hier her gekommen, dachte sie. War das doch kein Traum gewesen ?



„Nein, du hast nicht geträumt Claudia !“ sagte eine tiefe Stimme neben ihr.

Sie wandte sich nach links und sah in die dunklen Augen von Wizard, der gemütlich Pfeife rauchend, in einem Schaukelstuhl saß.
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„Keine Angst, ich werde dir nichts tun, das ist nicht mein Ziel. Wenn du aufgestanden bist und dich im Bad frisch gemacht hast, werde ich dir beim Frühstück alles erklären.“



Ohne ein weiteres Wort verschwand er durch eine Tür in einen angrenzenden Raum, aus dem es angenehm nach frischen Brot und Kaffee roch.

Nachdem sie sich im Bad etwas frisch gemacht hatte, folgte sie Wizard in den anderen Raum, in dem sie eine kleine gemütlich Küche mit einem alten Steinofen vorfand.

Dort stand Wizard, der gerade einige frischgebackene Brotlaibe herausholte.



„Geh bitte auf die Veranda, wir werden dort frühstücken, denn es ist heute draußen angenehm warm und das sollte man einfach ausnutzen. Magst du Kaffee oder lieber Tee ?“ fragte Wizard.

„Lieber Tee“, antwortete Claudia.

Sie ging auf die Veranda und sah hinaus auf eine weite grasgrüne Ebene. In der Ferne erblickte sie hohe Berge, einige davon mit weißen Spitzen.

Dann wandte sich ihr Blick wieder der Ebene zu. Viele kleine schwarze Punkte waren auf ihr zu sehen, die sich bewegten. Aber sie waren zu weit weg um genaues zu erkennen.



„Das sind Elche auf ihren Weg nach Norden. Sie müssen ihre traditionellen Weidegründe verlassen, weil die Menschen ihnen immer mehr davon wegnehmen. Irgendwann werden die Menschen alles um sich herum zerstört haben“, sagte Wizard.



„Beantworten sie immer Fragen, die noch gar nicht gestellt wurden. Außerdem möchte ich jetzt endlich wissen warum sie mich hierher entführt haben und was sie von mir wollen“, erwiderte Claudia ziemlich entrüstet.



„Ich beantworte alle deine Fragen, aber nun setz dich bitte an den Tisch und lass uns erst einmal in Ruhe frühstücken.“



Beim Frühstück sprachen sie kein Wort. Claudia wurde langsam klar, das Wizard nur ihre Fragen beantworten würde, wenn er es für richtig hielt.

Nachdem sie so einige Zeit schweigsam miteinander gefrühstückt hatten, holte Wizard seine Pfeife heraus.

„Ich bin ein Schamane und ich spreche mit den Geistern, den Tieren, den Pflanzen und Steinen. Meine Aufgabe ist es anderen zu helfen, damit die Welt im Gleichgewicht bleibt.
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Aber das ist manchmal nicht so einfach und auch für meine Fähigkeiten gibt es Grenzen.

Deswegen habe ich dich ohne deine Zustimmung hierher gebracht. Es tut mir leid, das ich so vorgehen musste, aber es gibt ein Problem, das dringend gelöst werden muss und bei dem du mir hoffentlich helfen kannst.“



„Bei den Elchen ist eine Krankheit ausgebrochen, die mir unbekannt ist. Daraufhin wurde ich von Almor , dem Anführer der Elche, um Hilfe gebeten.

Ich habe zwar großes Wissen und Macht über viele sichtbare und unsichtbare Dinge, aber bei dieser Sache dachte ich, ist es besser dich als Expertin hinzu zuziehen.“



„Ich soll eine Expertin sein ? Für was ?“ erwiderte Claudia fragend.

„Natürlich für Elche, deswegen habe ich dich doch hier hergeholt“, antwortete Wizard.

„Also ich habe zwar eine ganze Menge Elche zu Hause, aber keine lebenden, über die ich im übrigen relativ wenig weis. Ich würde sagen, da muss du dir einen anderen Experten suchen.

Ich bin jedenfalls keiner für Elche. Tut mir leid !“



„Mag sein das du keine Expertin für Elche bist, aber meine Wahl war richtig, denn als ich die Tiergeister befragte wer mir helfen könnte, führten sie mich direkt zu dir, zu der `Herrin der Elche`. Du muss auf jeden Fall Eigenschaften besitzen, die zur Lösung dieses Problems beitragen können. So und nun genug erzählt, Almor wartet schon! Übrigens wegen deinem Freund brauchst du dir keine Sorgen machen, er wird gar nicht merken, das du weg warst.“



Dieser Verrückte schien wirklich Gedanken lesen zu können, denn gerade hatte sie an ihren Freund

gedacht. Er würde sich sicher große Sorgen machen, weil sie sich gestern Abend nicht mehr bei ihm gemeldet hatte.



„Als erstes müssen wir Almor finden, er wird irgendwo zwischen hier und den Bergen im Norden unterwegs sein“, sagte Wizard.



„Die Ebene vor uns ist aber sehr groß, wie sollen wir ihn dort finden ?“ fragte Claudia.

„Das ist nicht schwierig, schließe bitte deine Augen!“

Was kommt denn nun ? Ein neuer Zaubertrick ? dachte Claudia. Aber sie schloss wie von Wizard gefordert ihre Augen.
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Kaum hatte sie die Augen geschlossen, riss sie sie wieder auf und schrie laut „Hilfe, Hilfe ! Ich stürze in die Tiefe!!!“ Aber sie stürzte nicht in die Tiefe, statt dessen saß Wizard ihr gegenüber grinsend am Frühstückstisch.



„Na, gefällt dir die Aussicht aus 300 hundert Metern Höhe nicht ? Keine Angst, du warst nicht wirklich dort, wenigstens nicht mit deinem Körper. Nur dein Geist erblickte die weite Ebene unter dir,“ erklärte ihr Wizard.



„Aber es war als ob ich dort war, wie hast du das nur gemacht,“ erwiderte sie.

„Nun ja, das ist ganz einfach. Alle Dinge auf dieser Welt sind miteinander verbunden, Menschen, Tiere, Pflanzen, Steine und die Erde selbst. Nur die meisten Menschen haben das vergessen. Und darum habe ich in Gedanken einen der großen Adler gebeten uns durch seine Augen sehen zu lassen, damit wir schneller Almor finden. Aber nun genug der Erklärungen, lass uns Almor suchen.“



Diesmal brauchte Wizard sie nicht aufzufordern die Augen zu schließen, denn nun war Claudia neugierig geworden. Mit den Augen eines Adlers sehen, dachte sie, was erwartet mich noch alles hier.



*****



Weit erstreckte sich die grasgrüne Ebene unter ihnen. Mit der Zeit hatte Claudia ihre Angst verloren und irgendwie machte ihr dieser ungewöhnliche Ausflug auch immer mehr Spaß.

Auf und ab ging der Flug über die weite Ebene.



Fast eine Stunde dauerte nun schon ihre Suche, als Claudia plötzlich durch die tiefe Stimme Wizards wieder in die Realität zurückgeholt wurde.

„Da unten ist er,“ rief Wizard.

Kaum hatte er dies gesagt, setzte der Adler zu einem Sturzflug an, das Claudia beinahe übel wurde.

Aber schon nach wenigen Sekunden stoppte der Adler seinen Sturzflug ab und schwebte von den aufsteigenden Windströmungen getragen in geringer Höhe über der Ebene.



Unter sich sahen sie einen großen Elch, der auf einem Hügel stehend zu ihnen herauf schaute.

„Das ist aber ein stattlicher und schöner Elch,“ sagte Claudia ganz fasziniert. „ Gut wir haben ihn gefunden Wizard , aber wie kommen wir jetzt zu ihm hin ? Wir sind fast eine Stunde geflogen, zu Fuß wird das ein langer und anstrengender Marsch.
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„Kein Problem, „ erwiderte Wizard, „wozu habe ich die Kräfte eines Schamanen.“



Bevor Claudia noch etwas fragen konnte, wurde ihr wieder schwindelig, genau so, wie in dem Moment, wo Wizard sie entführt hatte.

Aber dann bemerkte sie plötzlich, das sie festen Boden unter den Füßen hatte und auf der grasgrünen Ebene stand, die sie gerade noch überflogen hatten.



Vor ihr standen Wizard und Almor, und daneben hockte auf der Erde, der große Adler, der sie hierher geführt hatte.



Wizard grinste sie an und sagte, „ irgendwann wird dir bei dieser Art zu reisen nicht mehr schwindelig werden. Mit der Zeit gewöhnt man sich daran.“



„Du bist also Claudia, freut mich dich kennen zulernen“, sagte der große Elch,“ ich bin Almor der Anführer der Elche. Ich hoffe das du uns helfen kannst, da selbst die Kräfte unseres Freundes Wizard nicht auszureichen scheinen.“



„Hallo Almor“, erwiderte Claudia „ ich will versuchen euch zu helfen, aber um ehrlich zu sein ich weis nicht wie. Wizard hat mir erzählt, das eine Krankheit bei euch ausgebrochen ist. Vielleicht solltest du uns erst mal etwas darüber erzählen.“



„Nun ja“, begann Almor , „ alles begann im letzten Frühjahr, die Jungtiere, die seit dieser Zeit geboren wurden, sind ganz apathisch und reagieren überhaupt nicht auf das was ihnen die Älteren sagen. Wohin soll das bloß führen ? Wenn das so weiter geht, dann wird es keinen Zusammenhalt mehr in den Herden geben und dann wird unser Volk untergehen.“



„ Aber durch irgendetwas muss doch diese Krankheit ausgelöst worden sein „ sagte Claudia.



„ Wizard hat heraus gefunden, das der große Fluss uns krank gemacht hat “, fuhr Almor fort, als wir auf unserem Weg nach Norden aus ihm tranken.“



„Nein, nicht der große Fluss hat euch krank gemacht,“ erwiderte Wizard, „ sondern etwas das in seinem Wasser ist. Ich habe Wasser aus dem großen Fluss getrunken und danach war ich mehrere Tage krank, obwohl ich als Schamane Kräfte besitze um jegliches Gift zu neutralisieren. Das Wasser des großen Flusses ist vergiftet !“



Alle schauten Wizard erschrocken an und alle in dieser Runde dachten das gleiche.
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Wer würde so etwas schreckliches tun und warum ?



Wizard brach das Schweigen um auf ihre unausgesprochenen Gedanken zu antworten.

„ Die Menschen sind es, die da für verantwortlich sind. In ihrer Gedankenlosigkeit zerstören sie mit ihren Erfindungen und künstlichen Dingen nach und nach die gesamte Natur. Irgendwann werden sie sich selbst zerstören, aber dann wird es die Welt wie wir sie kennen nicht mehr geben.“



„Und kannst du das Gift im Fluss nicht neutralisieren, wie du es auch bei dir gemacht hast, „ fragte Claudia.



„ Nein, leider nicht Claudia. Das Gift ist von Menschen geschaffen worden und darum kann ich nicht darauf einwirken. Meine Kräfte wirken nur auf die natürlichen Dinge in dieser Welt.

Und ich hatte Glück, das ich nur sehr wenig davon getrunken habe, sonst hätte ich es sicher nicht überlebt ! Das einzige was wir tun können, ist alle zu warnen, nicht aus dem großen Fluss zu trinken.“



Claudia sah Wizard an und sagte „Warum hat aber das Gift nicht auf die älteren Elche

gewirkt ?“



„Wahrscheinlich war die Konzentration des Giftes im letzten Frühjahr noch nicht so hoch wie jetzt. Aber das Gift muss schon da gewesen sein, denn sonst wären die jungen Elche nicht krank. Und hier müssen wir eine Lösung finden, denn sonst lösen sich die Herden der Elche auf, was irgendwann dazu führen wird, das die Elche aussterben , weil sie als Einzelne nicht überlebensfähig sind. Garr, du wirst mit den anderen Adlern alle warnen, die vom Wasser des großen Flusses trinken. Sage ihnen, das der Fluss vergiftet ist und das sie auf andere Wasserstellen ausweichen sollen.“



Kaum hatte Wizard dies gesagt, da erhob sich Garr schon mit seinen mächtigen Flügeln in die Luft. Claudia sah ihm noch eine Weile nach, bis er nur noch als kleiner schwarzer Punkt am Himmel zu sehen war.



Plötzlich wurde ihr bewusst, das sie gar nicht mehr auf das Gespräch zwischen Wizard und Almor geachtet hatte.



„Nun gut Almor, dann wollen wir uns einmal einen der jungen Elche genauer anschauen, vielleicht finden wir doch noch eine Möglichkeit ihnen zu helfen“, sagte Wizard gerade.
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„Wie weit ist es von hier zu deiner Herde ?“



„Ungefähr eine Stunde in Richtung Norden“, antwortete Almor.



Und so machten sie sich auf den Weg zu Almors Herde.



*****



Am frühen Nachmittag erreichten sie die Herde. Claudia zählte ungefähr 50 Elche. Diese schönen Tiere sollen zugrunde gehen, wenn wir keine Lösung finden, dachte sie. Nein, das durfte nicht passieren.



Almor führte sie zu einem jungen Elch, der auf dem Gras der Ebene liegend von zwei anderen Elchen bewacht wurde.



„Das ist Rahim, ich bitte euch, helft ihm und den anderen Elchen“, sagte Almor.



„Gut, lass uns bitte allein mit Rahim“, erwiderte Wizard.



Almor und die beiden anderen Elche entfernten sich. Schweigend setzten sich Wizard und Claudia vor Rahim auf das grüne Gras. Rahim bewegte sich nicht, aber seine Augen schauten ängstlich zu Claudia und Wizard.



„Du brauchst keine Angst zu haben. Wir wollen dir nur helfen und werden dir nichts tun“, sagte Claudia und rückte noch etwas näher an Rahim heran.

Dann legte sie ihre rechte Hand auf den Rücken Rahims und streichelte sein Fell.



Zuerst zuckte Rahim zwei, dreimal zusammen, dann aber wurde er wieder ruhiger und lies sich von Claudia streicheln.



„Er gewinnt Zutrauen zu dir, Claudia, mach bitte so weiter, während ich Rahim untersuche“, sagte Wizard.



Wizard begann nun intensiv Rahim zu untersuchen. Der junge Elch wehrte sich nicht dagegen und lag dort vor ihnen ohne sich zu rühren.



Als es fast schon zu dämmern begann, erhob sich Wizard plötzlich und sagte, “ich weis jetzt, was ihm fehlt! Er reagiert nicht auf Almor und die anderen Elche, weil er taub ist! Das Gift im großen Fluss, hat Rahims Mutter nicht geschadet, aber es hat Rahims Gehör zerstört bevor er geboren wurde.“



„Und kannst du sein Gehör nicht heilen“, erwiderte Claudia.



„Nein, das Gift hat Rahims Gehör total zerstört und ich vermute, das auch die Untersuchung der anderen Elche, zu keinem anderen Ergebnis führen wird.
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Aber noch werde ich nicht aufgeben. Ich kann Rahim nicht heilen, aber vielleicht finden wir eine Möglichkeit wenigstens den Fortbestand der Elche zu sichern“, sagte Wizard.



„Aber wie können wir eine Lösung finden, wer kann uns helfen“, fragte Claudia.



„Niemand kann uns helfen. Wir sind hier, weil einer von uns beiden die Lösung schon kennt, wenn sie uns auch noch nicht bewusst ist, ist sie in dir oder in mir verborgen. Wir müssen sie nur finden.“



„Und wie finden wir sie“, erwiderte Claudia.



„In dem wir auf eine Reise gehen“, sagte Wizard. Er fasste sie an der Hand und zog sie mit sich. Bevor Claudia so richtig klar wurde wie ihr geschah, hatten sie sich schon sehr weit von der Herde entfernt. Als sie sich einmal umdrehte waren die Elche im Dämmerlicht kaum noch zu erkennen.



„Wohin gehen wir“, fragte sie. Aber sie bekam keine Antwort. Irgendwie vertraute sie Wizard ja, aber andererseits war er ihr auch manchmal recht unheimlich.



*****



Nach ungefähr einer Stunde stoppte Wizard plötzlich und unerwartet. Er drehte sich zu ihr um und drückte sie mit beiden Händen zu Boden, so das sie sich hinsetzen musste. Dann setzte er sich genau vor sie hin und nahm ihre Hände.



„Wir werden jetzt auf eine Reise gehen, wenn es gefährlich werden sollte, halte dich immer zwischen mir und dem großen Elch, dem du auf unserer Reise begegnen wirst. Der große Elch ist dein Krafttier. So nennen wir Schamanen die Tiergeister, die uns in der Traumwelt beschützen. Merke dir alles was du auf dieser Reise siehst. Bitte, das ist sehr wichtig!“



Bevor Claudia etwas erwidern konnte, begann Wizard mit einem recht eintönigen Singsang.

Sie verstand keine Worte, da war nur die fast hypnotische Stimme Wizards und plötzlich saßen sie nicht mehr auf der Ebene, sondern standen unter einem leuchtenden Sternenhimmel vor dem Eingang zu einer Höhle.



Wizard nahm ihre Hand und ging auf den Eingang der Höhle zu. Nach einigen Metern, erweiterte sich der Gang, durch den sie in die Höhle eingedrungen waren, zu einer riesigen Kammer, die hell erleuchtet war.
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Und dort stand ein riesiger Elch vor ihnen, größer noch als Almor.



„Kommt, wir haben nicht viel Zeit“, sagte er, lief durch die große Kammer und verschwand in einem anderen Tunnel, der aus der Kammer führte.



Wizard schob Claudia in die gleiche Richtung und so folgten sie dem großen Elch in den Tunnel.



Auf und ab ging der Tunnel, manchmal wand er sich nach links und manchmal nach rechts.

Doch dann erweiterte sich der Tunnel plötzlich wieder zu einer großen Kammer.



Claudia blickte sich staunend um. Das konnte doch alles nicht real sein. Die Wände der Kammer schienen nur aus Händen zu bestehen. Und die Finger dieser Hände bewegten sich ständig und formten Zeichen und ganze Worte. Die Hände hatten eine Botschaft für sie und nur sie, konnte sie verstehen. Denn diese Zeichen waren ihr nicht fremd. Es waren eindeutig Zeichen aus der Gebärdensprache für Gehörlose.



`Benutze dein Wissen!` gebärdeten sie. `Mein Wissen benutzen`, dachte sie, was soll das denn nun wieder bedeuten.



Weiter kam sie in ihren Überlegungen nicht, denn plötzlich ertönte ein Gebrüll von der gegenüber liegenden Seite der Kammer. Und was sie dort sah, lies ihr fast das Blut gefrieren.

Ein riesiges Untier mit einem unförmigen Körper und einem mit scharfen und langen Zähnen besetzten Maul, wütete zwischen den Händen und zerfleischte eine nach der anderen.



Der große Elch griff das Untier an, aber er konnte nicht viel ausrichten. Dennoch griff er es immer wieder an. Aber er wurde immer weiter zurück gedrängt und immer mehr Hände fielen dem grausigen Tier zum Opfer.



Dann sah Claudia einen riesigen Schatten, der an ihr vorbei zog. Ein riesiger Bär kam dem Elch zu Hilfe und beide drängten das Untier in den Tunnel zurück, in dem sie dann auch verschwanden.



„Schnell, das ist unsere einzige Chance die Höhle zu verlassen“, rief ihr Wizard zu.



Sie rannten beide den Weg zurück, den sie gekommen waren. Und dann standen sie wieder vor dem Eingang der Höhle unter dem leuchtenden Sternenhimmel.
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„Das war sehr knapp“, sagte Wizard. „Aber mit Hilfe des Bären konnten wir noch einmal alles zum Guten wenden.“



„War das dein Krafttier“, fragte Claudia.



„Ja, und deswegen sind wir auch zu zweit gereist, denn die Kraft eines einzelnen hätte nicht gereicht um das Gift zu besiegen, das sich uns in der Kammer als Untier zeigte. Aber nun erzähle mir, welche Botschaft, du von den sprechenden Händen erhalten hast“, sagte Wizard.



„Sie sagten immer nur `Benutze dein Wissen`“, antwortete Claudia. „Wenn ich nur wüsste, was das bedeuten soll ?“



„Nur du konntest die Botschaft verstehen, da du die Bewegungen der Hände als Gebärden erkanntest. Hier muss der Schlüssel zur Lösung unseres Problems liegen“, sagte Wizard nachdenklich.



„Wenn die Elche Hände hätten, könnte ich ihnen die Gebärdensprache beibringen, dann könnten sich alte und junge Elche miteinander verständigen. Aber sie haben nun mal keine Hände“, sagte Claudia.



Claudia war enttäuscht. Sollte alles so enden. Nein, sie würde nicht aufgeben. Sie dachte an Almor und Rahim und all die anderen Elche, die sie heute gesehen hatte. Anmutige Tiere mit ihren großen Geweihen. Geweihe?



„Natürlich, das ist die Lösung ! Die Elche könnten sich durch unterschiedliche Gebärden mit ihren Geweihen verständigen“, sagte Claudia lächelnd. „ Wir müssen wahrscheinlich einige Gebärden, den Möglichkeiten der Elche anpassen, aber das dürfte nicht schwierig sein.“



Wizard sah sie grinsend an und sagte, „Ich wusste doch gleich das du eine Expertin für Elche bist und scheinbar auch für viele andere Dinge. Siehst du, die Antwort war schon immer da, sie musste nur gefunden werden.“



*****



Der Wecker riss Claudia aus ihren Träumen. Ach war das ein schöner Traum gewesen. Obwohl der Traum irgendwie sehr real gewirkt hatte. Aber es war eben nur ein Traum gewesen, nichts anderes.



Der Wecker klingelte ein zweites Mal. Nun musste sie aber aufstehen, denn sonst würde sie es nicht mehr rechtzeitig zur Arbeit schaffen.
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Eine halbe Stunde später verlies sie das Haus und schaute noch schnell in den Briefkasten. Rechnungen, Werbung und ein Brief. Auf dem Umschlag stand in goldenen Lettern:



`Für die Herrin der Elche`



Überrascht öffnete sie den Umschlag und holte ein Papier heraus, das auch mit einer goldenen Schrift beschrieben war.



`Dank deiner Hilfe konnten die Elche gerettet und die Welt wieder ins Gleichgewicht gebracht werden. Von Almor soll ich dir ausrichten, das er und die anderen Elche dir immer dankbar sein werden, für das, was du für sie getan hast. Lebe wohl `Herrin der Elche`, vielleicht sehen wir uns einmal wieder, wenn ich wieder die Hilfe einer Expertin benötige`



WIZARD



Sprachlos stand sie mit dem Brief in der Hand vor dem Haus. Also hatte sie doch nicht geträumt. Ob sie Wizard und die Elche wiedersehen würde ? Nun ja, jedenfalls wusste sie nun, das es nichts gab, was sie nicht in ihrem Leben erreichen konnte, denn alles was sie dazu brauchte, war schon in ihr selber vorhanden, sie musste es nur entdecken.



Sie packte den Brief wieder in den Umschlag und ging lächelnd zu ihrem Auto.





xxxxxxxxxxxx



Claudia ist Gebärdendolmetscherin und engagiert sich ehrenamtlich in ihrer Freizeit für Menschen mit Behinderungen und sie sammelt Elche in jeglicher Form,

weswegen sie von von mir den Titel " Herrin der Elche " erhalten hat.
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Kommentare zur Story:

  Hallo Andreas,
auch diese Geschichte ist sehr schön geschrieben. Vieles läßt beim Lesen darauf rückschliessen, dass Du ein Mensch bist der weiß, dass die Kraft der Lösungen von einem selbst geschaffen wird.
Danke und lieben Gruß an Dich
Andrea  
Andrea  -  28.11.04 17:37

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Wunderschöne Geschichte! :-))))  
Metevelis  -  22.11.04 21:46

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Mach weiter so Wizard

Lieben Gruß aus dem Norden
Alina  
Alina  -  27.08.04 18:13

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