Invasion der Mumien - Joan Unclear Fall 4   44

Romane/Serien · Amüsantes/Satirisches

Von:    Susan Quark      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 4. Februar 2004
Bei Webstories eingestellt: 4. Februar 2004
Anzahl gesehen: 2099
Seiten: 18

Diese Story ist Teil einer Reihe.

Verfügbarkeit:    Die Einzelteile der Reihe werden nach und nach bei Webstories veröffentlicht.

   Teil einer Reihe


Ein "Klappentext", ein Inhaltsverzeichnis mit Verknüpfungen zu allen Einzelteilen, sowie weitere interessante Informationen zur Reihe befinden sich in der "Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht":

  Inhaltsangabe / Kapitel-Übersicht      Was ist das?


Die Mumien, die aus dem Dimensionstor kamen, schwärmten blindlings in den Kugelhagel der Maschinengewehre. Die Jahrtausende alten Binden, in die sie eingewickelt waren, flogen wie ein morbider Konfettiregen in alle Richtungen. Die meisten wurden von den Geschossen regelrecht zerfetzt, doch die Toten liessen sich nicht aufhalten. Noch hatten die Monster die Reihen der Männer, die teils kniend, teils stehend aus allen Rohren feuerten nicht erreicht, aber es war nur noch eine Frage von Sekunden, bis die U.S. Marines unter einer Flut uralter Leichen begraben werden würden.

"Verdammt, tun sie endlich etwas!" brüllte Colonel O'Nail über das Staccato der MGs in das Ohr von Sandra Cartier. Die Physikerin starrte wie gelähmt auf das Chaos, das sich vor ihr abspielte. Als sie nicht reagierte richtete O'Nail sein Sturmgewehr erst auf sie, besann sich dann aber eines Besseren und schwenkte den Lauf auf die Konsole den Kontrollmechanismus des Tores. Dann jagte er seinen restlichen Clip in dessen gigeresken Innereien, die Blitze und Feuer sprühend auseinanderflogen...



Prinz Charles stoppte den Videorecorder und liess das Band fast bis zum Ende vorspulen bevor er die Wiedergabe fortsetzte. Über den Abspann der 295ten Folge von "Stargaze" liefen gerade noch die Namen der Beteiligten.



Ich und meine Assistentin Choco liessen uns wieder tiefer in die bequemen Ledersessel im Büro unseres Vorgesetzten, Chef des ABCDEF (Auxiliary Bureau Counter Demonic and Extraterrestrial Fiends) fallen.

"Frappierend echt, nicht wahr?" fragte uns seine Hoheit über die Schulter. Fürwahr. Ich fragte mich jedoch, was an dieser Serie, die wir gerade gesehen hatten, Besonderes sein sollte - Science Fiction mit Cthuloidem Hintergrund gab es schliesslich schon länger. Kein Grund, dass sich eine Spezialabteilung von New Scotland Yard wie wir damit abgeben musste. Doch meine Verschnaufpause währte nicht lange, denn der Prinz legte ein Standbild ein und deutete auf eine bestimmte Stelle in der Namensliste auf dem Bildschirm: "Produced by Abdul Alhazred" stand da zu lesen.

Das war allerdings etwas anderes. Choco und ich zogen die Luft ein. Unangenehme Erinnerungen kamen in uns hoch. Alhazred war einer der gefährlichsten Cthulhu Mythos Anhänger, wenn nicht DER Gefährlichste. Wir hatten vor einiger Zeit bereits mit ihm zu tun gehabt und es war nicht einfach gewesen, mit ihm fertig zu werden.
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[ siehe der 1. Fall "Die Todesputzen von London ] Damals hatten wir ihm gerade noch das Necronomicon, ein Buch, in dem neben der Wahrheit über den Mythos auch noch jede Menge Zauberformeln standen, abjagen können, bevor er die Welt damit in Brand setzen konnte. Wir konnten zwar seine Pläne durchkreuzen, aber der Kultist selber war uns entkommen.

Und niemand ausser mir wusste, was aus dem gefährlichen Buch geworden war. Man vermutete, es sei verschollen. In Wirklichkeit hatte ich es unbemerkt eingesteckt.



"Was wissen seine Hoheit Genaueres über den Verbleib von Alhazred?" wendete ich mich an Charles, der den Fernseher ausschaltete. Der Prinz rückte sich in seinem Sessel zurecht und blickte mich an.

"Nachdem Alhazred Ihnen entkommen war haben wir ihn einige Zeit aus den Augen verloren" erklärte mein Chef "aber wir wussten, dass er nicht aufgeben würde und haben die Augen offengehalten. Alhazred hat sein Vermögen und seine Verbindungen in der arabischen Welt genutzt um ein neues Projekt zu beginnen." Der Prinz öffnete eine in einer Weltkugel verborgene Bar und bot uns Drinks an. Ich nahm einen Scotch - Choco einen Badita di Coco.

"Er hat eine Filmgesellschaft gegründet und diese Pyramide als Filmstudio genommen."



" Dann ist der alt-ägyptische Hintergrund echt!" Choco, die bisher kaum etwas gesagt hatte war plötzlich hellwach "Aber das Dimensionstor! Das ist doch nur Kulisse.."

Charles lächelte Choco an "Wir fürchten nein. Das soll heissen, wir wissen es nicht genau, aber unsere Amerikanischen Freunde in Arkham meinten, es könnte sich um eine echtes Tor handeln, das nur inaktiv ist."

".. und mit aufwendiger Tricktechnik als funktionstüchtig dargestellt wird!" ergänzte Choco.



"Aber was sagen die Ägypter dazu?" In meinem Kopf drehte sich alles, was nicht nur dem hervorragenden Whisky zuzuschreiben war "Ich meine, die Ägyptische Regierung ist doch sonst immer so bedacht, ihre alten Monumente zu erhalten?"

Seine Hoheit nahm einen grossen Schluck und beugte sich vor - seine Ohren glühten wie immer, wenn er in seinem Element war "Tja, meine liebe Joan, da gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder hat er Unsummen für Bakschisch ausgegeben oder, was mir wahrscheinlicher erscheint, die Kultisten sind überall!"



"Soll das Ganze heissen, Alhazred dreht die Serie nur um Zugang zu dem Dimensionstor zu haben?" fragte ich.
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Unser Chef legte den Kopf schräg "Möglicherweise. Und genau das sollen Sie beide herausfinden! Sie werden unverzüglich nach Assuan fliegen und sich mit einem unserer Agenten dort treffen. Dort werden den Drehort als Reporterinnen besuchen, die einen Bericht für diverse Fernsehzeitschriften schreiben wollen. Aber nicht nur das.."

Charles blickte direkt in meine Augen ".. das Dimensionstor muss unbedingt unschädlich gemacht werden, bevor Alhazred etwas damit anfangen kann."



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Als ich in Assuan unter strahlend blauem Himmel und flirrender Hitze aus dem Flugzeug der Egypt Air stieg, konnte ich die phantastische Geschichte, auf die unser Chef uns angesetzt hatte noch immer nicht ganz glauben. Die Kultisten und wir bekämpften uns zwar verbissen, aber ganz im Geheimen, denn die Öffentlichkeit durfte nichts von den Schrecken des Cthulhu Mythos erfahren. Die Folgen wären unabsehbar gewesen. Dass ein Kultist wie Alhazred es wagte, seine Aktivitäten völlig öffentlich in einer Fernsehserie zu zeigen, war ein schlechtes Zeichen. Es konnte eigentlich nur bedeuten, dass er sich seines endgültigen Sieges völlig sicher war oder völlig wahnsinnig. Oder Beides.



Ganz zu schweigen davon, war ich alles andere als begeistert, mich ein zweites Mal in ein Unternehmen Alhazreds einschmuggeln zu müssen. Ich hatte Charles gegenüber meine Abneigung, mich einem solchen Risiko auszusetzen deutlich gemacht - ja fast hätte ich mich geweigert den Auftrag durchzuführen. Aber der Krieg, den das ABCDEF seit Jahrzehnten gegen die Mächte des Cthulhu Mythos führte, hatte die Ränge der Agenten schwinden lassen und im Moment waren nur ich und meine Assistentin verfügbar gewesen. Ersteres war kein Wunder, wenn Scotland Yard seine Agenten so verheizte wie uns gerade. Wir konnten nur hoffen, dass wir Alhazred nicht über den Weg laufen würden, da er uns zweifellos sofort erkennen würde.
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Seine Hoheit Prinz Charles, der sein ganzes Leben dieser Aufgabe gewidmet hatte und ihretwegen sogar auf den englischen Thron verzichtet hatte, hatte uns vor unserer Abreise nochmals persönlich für unseren Einsatzwillen gedankt. Wenn ich mich richtig erinnerte, war das bei den Kamikaze genau das gleiche gewesen.



Unser Kontaktmann erwartete uns bereits im Schatten des schäbigen Terminals. Er war ein unauffälliger Agent des ägyptischen Geheimdienstes, den wir Mohammed nennen sollten und der uns zum Drehort von "Stargaze" bringen würde. Wir waren ein wenig überrascht, als er uns statt zum Ausgang sofort zu einer einmotorigen Piper führte. Während er unser Gepäck in dem staubbedeckten Flugzeug verstaute deutete er wortlos auf einen kleinen Aluminumkoffer, der unsere Spezialausrüstung enthalten sollte - die Linienmaschine, mit der wir gekommen waren, war nicht geeignet, irgendwelche Waffen mitzunehmen. Er kramte in seinem Jackett (wie konnte man bei dieser Hitze ein Jackett tragen..) und zog einen kleinen Schlüssel hervor, den er Choco hinhielt. Mir fiel zum ersten Mal auf, dass die schokoladenbraune Brasilianerin sehr gut als Ägypterin durchgehen würde. Sie trug ein tailliertes rotes Sweatshirt mit Brusttasche und Kordelgürtel, das ihre schlanke Figur betonte Ganz im Gegensatz zu mir, mit meiner englischen Blässe und den dunkelroten Haaren. Ich trug einen eleganten grauen Hosenanzug mit Bügelfalten und leicht taillierter Jacke. Choco nahm Koffer und Schlüssel und setzte sich auf den Rücksitz des Flugzeugs. Ich zwängte mich mit meiner Umhängetasche mit Organizer Einteilung aus 100% Polyester neben sie.



Als erstes schauten wir nach, was das ABCDEF uns alles eingepackt hatte. Unsere wichtigste Waffe, den Dämonenzerstäuber hatten wir bei diesem Einsatz Zuhause lassen müssen. Das Ding war einfach zu sperrig und ausserdem ging es ja gar nicht gegen Dämonen. Aber immerhin lag meine gute alte Vector CP1 in dem Köfferchen; ich überzeugte mich, dass sie wie üblich mit geweihten Silberkugeln geladen war. Auch an Choco hatte man gedacht. Die Physikstudentin hatte letzthin einen Kursus über den Umgang mit Sprengstoff besucht, den sie jetzt brauchen konnte. In dem Köfferchen befanden sich 5 Pfund Plastiksprengstoff nebst einem elektronischen Zeitzünder.
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Genug, um das Dimensionstor in einen andere Dimension zu befördern.



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Der Motor der Piper dröhnte monoton als wir in der Luft waren. Unter uns erstreckte sich der gigantische Nasser Stausee auf unserem Kurs schnurstracks nach Süden. Beiderseits am Horizont konnten wir das hell schimmernde Band der Sandwüste sehen. Der Drehort von "Stargaze" lag ungefähr 200 Kilometer südlich von Assuan. Das Gebiet dort war völlig menschenleer und das Drehteam und die Darsteller lebten dort in einem Camp. Die Produktionsfirma machte ein ziemliches Brimborium daraus; jedenfalls hatte unsere Sekretärin Linda Jerkins ziemliche Mühe gehabt, überhaupt mit den Leuten in Kontakt zu treten. Ich erinnerte mich an mein letztes Gespräch mit ihr:



"Joan Schätzchen, mir ist nicht wohl bei der Sache" hatte Linda besorgt gesagt, "mir wäre lieber du bliebst bei mir in London".

"Ach Linda, du weißt doch, dass du keine Chancen bei mir hast" versuchte ich zu scherzen, aber die pummelige Lesbe schien sich ehrliche Sorgen zu machen.

"Weißt du, ich habe Erfahrung mit Leuten am Telefon. Das Gespräch mit dieser Alhazred Productions Firma war seltsam. Zuerst wollten die Filmfritzen überhaupt nichts von uns wissen, aber als ich deinen Namen nannte, hiess es plötzlich, es sei alles kein Problem."

"Du hast ihnen doch hoffentlich nur die Story von der Fernsehzeitung erzählt?" warnte ich.

Linda sah mich durch ihre Brillengläser beleidigt an. "Natürlich, was glaubst du denn, dass ich ihnen sage, hier kommen zwei Spezialagentinnen?" Sie nahm demonstrativ einen Schluck von dem grauenhaften Kaffee, den sie immer zubereitete und für den sie in ganz Scotland Yard berüchtigt war. Ich lächelte sie an, was sie wieder versöhnte.

"Passt gut auf euch auf, meine Süssen, es wäre wirklich schade um euch.."

"Wird schon klappen Linda, ich schreibe dir auch einen Ansichtskarte von der Sphinx" versprach ich ihr und verliess das Büro.



Für einen Moment war ich drauf und dran dem Piloten zu sagen, dass er umkehren sollte.
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Aber der Moment ging vorüber und ich starrte nur noch auf das kleine Aluminiumköfferchen auf Chocos Knien.

Der Flug hatte nur eine Stunde gedauert, aber er war mir viel länger vorgekommen. Mohammed deutete auf etwas am Horizont vor uns. Wir streckten uns um besser sehen zu können. Zunächst war da nur ein dunkler Fleck inmitten des hellen Sandes aber er kam schnell näher und schon bald raubte uns sein Anblick den Atem: eine Pyramide aus glänzendem schwarzen Stein. Ihre Höhe war schwer zu sagen, da ihre Basis von Sand verschüttet war, ich schätzte sie auf die eines 6 stöckigen Gebäudes. Ich kannte die Bilder der Pyramiden von Gizeh und anderer. Aber obwohl diese Pyramide kleiner war, so strahlte sie aufgrund ihrer Farbe und Glätte eine weitaus grössere Faszination aus. Sicherlich war sie in ihrer Art einmalig und mir kam es weitaus wahrscheinlicher als noch vor einer Stunde vor, dass sich in ihrem Innern ein echtes Dimensionstor befand. Ein Cthuloides Überbleibsel aus uralten Zeiten. Direkt neben der Pyramide war eine Ansammlung von rechteckigen weissen Kästen auszumachen - das Camp der Filmleute. Ich sah einen Wassertank, irgendwelche Gerätschaften und Fahrzeuge, die verstreut herumstanden. Ein paar Menschen bewegten sich wie Ameisen dazwischen. Und ein Stück abseits lag eine Landepiste, auf die unser Pilot zuhielt.



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Eigentlich war die "Landebahn" nur ein Streifen Boden, den man von Steinen gesäubert hatte und dementsprechend stellte sie eine Herausforderung an jeden Piloten. Doch unserer erwies sich als erstaunlich geschickt. Vorsichtig setzte er auf und bremste relativ schnell wobei es ihm gelang, die Maschine geradeaus zum Stehen zu bringen. Wir waren am Ziel. Noch während der Propeller ausdrehte, kam ein unglaublich dürrer Mensch mit Sonnenbrille auf uns zugelaufen. Panama Hut, Sonnenbrille, Schweissperlen, weisses Hemd, viel zu weite Hose - Boris Karloff und die Mumie in einer Person.



Mit unüberhörbaren russischen Akzent rief er uns schon von weitem zu "Miss Unclear und Miss Choco, ich darf Sie im Namen von Alhazred Productions willkommen heissen, Rogoff mein Name, Regisseur!"

Wir kletterten aus dem Flugzeug und gingen ihm entgegen. Hinter uns knatterte der Motor wieder los.
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Wir trafen uns gerade in dem Moment, als Mohammed startete und einen kleinen Sandsturm um uns entfachte, was die Begrüssung etwas chaotisch ablaufen liess. Über das Dröhnen des Motors hinweg brüllte uns Rogoff zu, ihm zu folgen.

Während unser Zubringerflugzeug schnell leiser wurde, stapften wir hinter der Gestalt her und ich dachte kurz nochmals über unsere Abmachung mit Mohammed nach. Unser Agent sollte versuchen, irgendwo in der Nähe zu landen und sich bereitzuhalten. Choco hatte einen kleinen Sender, mit dem sie ihn jederzeit rufen konnte um uns abzuholen. Hoffentlich würde er nicht zu lange brauchen, falls es brenzlig wurde. Selbst ein paar Minuten waren eine verdammt lange Zeit, wenn man es mit Mythosschrecken zu tun hat. Oder sich im Hauptquartier von Abdul Alhazred befand.



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Das Camp war für mich nicht besonders interessant aber wir versuchten trotzdem unserer Rolle als Reporterinnen einer grossen englischen Fernsehzeitschrift gerecht zu werden. Choco gelang das weitaus besser als mir und machte fleissig Fotografien und stellte dumme Fragen, während mir fast nichts einfiel. In solchen Momenten beneidete ich das Girl aus Brasilien um ihre unkomplizierte Art. Vielleicht lag das auch daran, dass die Studentin diese Fernsehserien öfter ansah als ihre Chefin, die vor lauter Beschäftigung mit Dämonen, Monstern und Kultisten langsam etwas weltfremd zu werden begann.



"Jede Folge von Stargaze wird alleine in den USA von 3 Millionen Menschen gesehen" dozierte unser dürrer Reiseführer gerade "und wir exportieren die Serie in 18 Länder, darunter sogar Taiwan, China und Russland.."

Choco fragte scheinheilig warum man sich die Mühe machte, die Serie inmitten der Wüste zu drehen statt in einem Studio.

"Sehen Sie," erklärte ihr der Russe mit seinem schrecklichen Akzent, "die Serie hat diesen ägyptisch-mythologischen Hintergrund. Es ist wesentlich billiger in der echten Wüste zu drehen und einen echte Pyramide zu verwenden, als alles künstlich zu bauen. Ausserdem haben wir hier ein einzigartige Atmosphäre, die zu dem grossen Erfolg von Stargaze beigetragen hat."



Ich hörte eigentlich nur halb zu und betrachtete statt dessen den imposanten Bau der Pyramide, die neben uns aufragte.
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Endlich bemerkte der Regisseur mein Interesse.

"Miss Unclear" wendete er sich an mich, "sicher sind sie an dem einzigartigen Studio im Innern der Pyramide interessiert. Ich werde es ihnen gleich zeigen."



Rogoff führte uns zu der Pyramide hinüber. Von weitem hatte sie perfekt ausgesehen, aber aus der Nähe konnte man den Zahn der Zeit erkennen, der an ihren Flanken genagt hatte. Teilweise war die schwarzglänzende Verkleidung abgebrochen und darunter kamen hässliche, ockerfarbene Steine zum Vorschein. Aber auch an den Stellen, wo die Fassade noch intakt war, zeigten sich viele blinde Stellen. Nichtsdestotrotz war die Pyramide faszinierend.

Eine Stahlrampe führte in 4 oder 5 Metern Höhe zu einem viereckigen Schacht - der Eingang zur ehemaligen Grabkammer.

"Die verschollene Pyramide des Schwarzen Pharao auch 'The lost Pyramid of Khotep' genannt!" erklärte uns Rogoff stolz.

"Im Jahre 730 vor Christus haben die Nubier Ägypten erobert. Es folgten die Dynastie der Schwarzen Pharaonen von Kush. Die Fünfundzwanzigte. Sie währte aber nur 60 Jahre."

Der Russe war erstaunlich gebildet. Der Begriff "Schwarzer Pharao" hatte in mir sofort beunruhigende Assoziationen mit Nyarlathotep, einer der grossen Gottheiten des Cthulhu Mythos geweckt. Eine der vielen Gestalten dieser Gottheit wurde auch "Schwarzer Pharaoh" genannt. Sollte diese Pyramide ihm zu Ehren gebaut worden sein? Wenn das stimmte, dann standen wir vor einem cthuloiden Bauwerk höchster Potenz. Plötzlich hatte ich Angst vor der Pyramide. Der Mythos war hier zum Greifen real.



Meiner Assistentin dagegen schien nichts aufgefallen zu sein. "Sie haben die gesamte technische Ausrüstung reingeschafft" stellte Choco pragmatisch fest.

Rogoff schien seine Aufgabe als Fremdenführer zu geniessen. Kein Wunder bei dem Publikum. "Stimmt, und jetzt verrate ich Ihnen ein kleines Geheimnis! Das Dimensionstor, also gewissermassen unser Hauptdarsteller, war schon vor uns da, gehört also zu der Pyramide!"

Das war es! Choco und ich wechselten bedeutungsvolle Blicke - genau das hatten wir herausfinden sollen. Das Tor war echt! Wir folgten Rogoff, der die Rampe hinaufstieg.
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Wir waren nun im Innern der schwarzen Pyramide. Rogoff führte uns durch einen schräg nach unten gehenden Gang, der von trüben Glühbirnen beleuchtet war. Ich fragte mich, was es wohl an Bestechungsgeldern gekostet haben musste, diese Pyramide zu mieten und umzubauen. Oder wurde die Operation von Kultisten in höchsten Kreisen der ägyptischen Behörden gedeckt? Nicht auszudenken, wenn DAS wahr war. War doch die ganze Tarnung hier als Filmstudio sowieso unverschämt, denn es war offensichtlich, dass der grösste Teil von Stargaze in ganz normalen Filmstudios in Hollywood gedreht wurde. Vielleicht zu Karloffs Zeiten hätte die technische Ausstattung gereicht, aber dies hier war alles viel zu primitiv. Überhaupt Karloff - Rogoff hatte tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit ihm. Oder hatte ich den Mann irgendwo anders schon mal gesehen?



"Und hier ist sozusagen das Allerheiligste." Wir betraten eine etwa 20 Schritte im Durchmesser messende Halle. Ungewöhnlich gross, für das Innere einer Pyramide. Dies konnte niemals eine Grabkammer gewesen sein. Und es war auch klar weshalb, denn eine Wand wurde vollständig von dem Dimensionstor eingenommen. Der vorsintflutliche Apparat war rund und hatte etwa 3 Meter Durchmesser - gigantisch! Von der Form erinnerte er an eine Kameralinse. Eingefasst war es in einen breiten messingfarbenen Metallring, der über und über mit Hieroglyphen bedeckt war. Und das Innere des Rings war von einem schwarzen Verschluss aus Metallfacetten verdeckt. Davor waren ein paar futuristische Geräte und Konsolen aufgebaut, die auf dem ersten Blick als Staffage erkennbar waren. Aber das Tor war anders. Ihm haftete die Erhabenheit eines Jahrtausende alten Artefaktes an. Schon oft hatte ich von den sagenhaften Dimensionstoren der GROSSEN ALTEN gehört, mit dem man zu entfernten Punkten des Universums reisen konnte - allerdings in lebensfeindliche und verwirrende Welten, die in den Irrsinn führen konnten. Ich versuchte in den Spalt zwischen dem Tor und der Wand zu spähen. Er war leer..



Rogoff war unsere Faszination nicht entgangen. "Unsere Künstler richten die ganze Serie nach dem Tor aus. Wir haben schon diverse Preise für unser Design erhalten!"

Choco deutete auf einen Konsole, die an eine Sonnenuhr erinnerte.
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"Sicher. Hier ist zum Beispiel eingraviert 2800 B.C." Ihr Sarkasmus konnte dem Regisseur nicht entgangen sein, denn er wirkte plötzlich leicht genervt. Ich schickte mich an, ihn wieder einzulullen.

"Das ist ja alles sehr interessant, Mr. Rogoff, und ihre Kenntnisse über ägyptische Geschichte sind beneidenswert. Wir würden uns sehr freuen, wenn wir noch einige Fotos machen und dann vielleicht mit ein paar der Darstellern reden könnten?"

"Selbstverständlich" erwiderte Rogoff sichtlich geschmeichelt. Ich setzte alles auf eine Karte.

"Ich schlage vor, dass Miss Choco die Fotos macht, während wir schon mal vorgehen. Natürlich nur, um Zeit zu sparen. Sie kann ja dann sofort nachkommen."

Rogoff nickte und ich dachte, dass es doch immer wieder erstaunlich einfach war, Männer herumzubekommen.

Wenig später sollte sich herausstellen, dass es genau umgekehrt war.



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Wieder im Freien schritt unser Führer zielstrebig auf ein grosses weisses Zelt zu, das inmitten des Camps aufgebaut war. Dort angekommen, schlug er die Plane am Eingang zurück und liess mich eintreten.

Ich glaubte, unvermittelt in einen arabischen Harem versetzt worden zu sein; der nachte Wüstenboden war mit kostbaren Teppichen bedeckt, eine bunte Laterne hing von der Decke und das spärliche Mobiliar bildeten hauptsächlich Kissen, deren vorwiegender Farbton Rot war. Und inmitten eines solchen Haufens räkelte sich niemand anderes als unser grösster Gegner - Abdul Alhazred, der wahnsinnige Araber!



Ich war vor Überraschung einfach stehengeblieben, aber schalt mich sofort eine Idiotin, dass ich nicht auf diese Begegnung vorbereitet gewesen war. Alhazred, der übrigens mit seinem weissen Anzug in dieser Umgebung gar nicht schlecht aussah, lächelte mich strahlend weiss an und erhob sich, um mir galant die Hand zu küssen, was ich verblüfft über mich ergehen liess.

"Miss Unclear, wie schön, dass wir uns wieder begegnen! Ich kann mich noch gut an Sie erinnern."

Er bedeutete mir, mich neben ihm auf einem der Kissen niederzulassen.

"Wissen Sie, ich gehöre zu ihren Bewunderern" fuhr der Wüstensohn fort - ich erwachte aus meiner Erstarrung und nahm Platz.
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Rogoff war lautlos verschwunden, aber ich war sicher, dass er vor dem Eingang wartete.

"Darf ich Ihnen einen kleinen Schluck Champagner anbieten - der Anlass scheint mir passend" säuselte Alhazred weiter und zauberte eine Flasche aus einem silbernen Sektkühler hervor. Ich wusste noch nicht, was er genau vorhatte und beschloss deshalb, sein Spiel einstweilen mitzuspielen.



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Choco befand sich alleine in der Kammer mit dem Dimensionstor. Sie wusste nicht, wieviel Zeit sie haben würde, die Sprengladung anzubringen aber auf jeden Fall musste sie sich beeilen, bevor Rogoff misstrauisch wurde. Das Girl schlüpfte hinter das Dimensionstor. Verdammt eng war es hier - und staubig. Choco legte ihr Köfferchen auf die Einfassung, die von hinten ein schlichter Metallring war, und öffnete es. Dann begann sie mit der Arbeit. Damit der Sprengstoff das Tor, das immerhin aus einem unbekannten Metall bestand, sicher zerstören würde, musste sie ihn irgendwie in das Innere des Mechanismus hineinbringen. Die Brasilianerin suchte nach einem Hohlraum oder einer Öffnung.

Plötzlich ertönten schlurfende Schritte, die näherkamen. Choco musste sich zusammenreissen, nicht in Panik zu geraten. Wenn sie entdeckt würde, wäre dies das Aus für ihre Mission. Ihre Position hinter dem Dimensionstor war eigentlich schon ein ganz gutes Versteck, aber andererseits auch das Naheliegenste. Choco packte den Aluminiumkoffer und sah sich schnell in dem Raum um. Dort drüben an der Wand stand ein Sarkophag (sicher eine Attrappe), den sie bisher übersehen hatte. Flink wie eine Katze sprang sie hinüber, öffnete den Deckel - der Sarg war leer - , stellte sich hinein und schloss ihn wieder von innen. Der Deckel rastete mit einem leisen Klicken ein. Geschafft! Witzigerweise befanden sich zwei Sehlöcher anstelle der Augen durch die sie hinausspähen konnte.

Da kam Rogoff zurück. Allerdings nicht mehr so freundlich wie vorher, denn im Anschlag hielt er eine Maschinenpistole. Das Girl versuchte, keinen Mucks zu geben. Der Russe schaute sich suchend im Raum um. Da! Er schaute in den Zwischenraum hinter dem Dimensionstor! Das war ja gerade nochmal gut gegangen.
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Misstrauisch drehte sich Rogoff nun um seine eigene Achse; die MPI beschrieb einen Kreis und deutete genau auf Choco! Sie sah ihm direkt in die Augen. Konnte er sie durch die Sehschlitze des Deckels ausmachen? Dem Girl wurde plötzlich heiss in dem engen Sarkophag, was sicher auch auf die Aufregung zurückzuführen war. Doch dann setzte sich der Mann in Bewegung und verliess die Kammer. Langsam verhallten seine Schritte.



Die Brasilianerin atmete auf. Jetzt aber raus hier und schnell ans Werk! Aber verflucht, der Sargdeckel liess sich nicht mehr öffnen! Was war jetzt wieder los? Choco drückte so stark sie konnte, aber der Mechanismus hielt sie gefangen.



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Abdul Alhazred liess den Korken elegant knallen und verzichtete nicht auf den Luxus, zwei Champagnergläser mit Eis vorzukühlen. Während er die Gläser mit leichtem Klirren schwenkte blickte er mich glutvoll an. Wahnsinn oder Leidenschaft? In der Tat, er war ein äusserst gutaussehender Araber..

"Meine Liebe Joan - ich darf doch Joan sagen? - Sie sind schon immer mein Ideal gewesen."

Mir wurde langsam mulmig und ich dachte an die 9mm Parabellum unter meiner Weste. Ich versuchte irgend etwas nichtssagendes zu erwidern.

"Vielleicht verstehen wir etwas Unterschiedliches darunter."

Alhazred ging darüber hinweg, kippte das Eis fort und schenkte uns ein. Dann reichte er mir mein Glas und liess sich ebenfalls auf den Kissen nieder. Ich rückte ein wenig weg. Der Kultist musterte mich missbilligend über den Rand seines Glases hinweg. Verdammt, was sollte dieses Theater, er wusste doch genau, mit wem er es zu tun hatte! Ich setzte einen herausfordernden Gesichtsausdruck auf. Wenn er nicht bald zur Sache kam, würde ich ihn umnieten. Alhazred schien meine Gedanken erraten zu haben.

"Vergessen Sie Ihre Waffe, Joan"

Wie auf Kommando trat Rogoff ins Zelt. Er hielt eine Kalaschnikow im Anschlag. Das Spiel war aus.



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Ich blickte den spindeldürren Russen verächtlich an. "Das Tor.." begann ich

".. wurde noch nie geöffnet." Ergänzte Alhazred. "Seit langem versuche ich die richtige Beschwörung zu finden, ohne Erfolg.
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Aber nun haben wir ja Sie - fast ein Geschenk des Himmels." Der Araber feixte.

"Joan, meine Liebe, Sie wissen genau, was ich von Ihnen zurück haben möchte. Und ich bin Ihnen wirklich unsagbar dankbar, dass sie so nett waren, es gleich mitzubringen.." der Araber deutete auf meine Reisetasche neben mir.

"Ich weiss nicht, was ich dabei haben soll, was für Sie nützlich sein könnte" versuchte ich mich herauszureden, aber ich wusste, dass diese aussichtslos war.

"Finden Sie nicht, dass es gewagt ist, das Necronomicon mit auf Reisen zu nehmen?" triumphierte der Kultist.

"Sie gestatten!?"

Er nahm meine Tasche und zog ein eingewickeltes Paket heraus. Woher hatte dieser Irrsinnige gewusst, dass ich das Necro dabei hatte? Das Necronomicon war von einem seiner Vorfahren gleichen Namens vor über 1200 Jahren geschrieben worden und er betrachtete es als sein Eigentum. Es enthielt Zaubersprüche, die eine schreckliche Waffe darstellten. Ich war nahe daran mich auf ihn zu stürzen aber Rogoff hielt mich im Visier. Der Russe brauchte nur den Finger zu krümmen und ich würde durchsiebt werden.



"Und nun, meine Schöne, werde ich das Dimensionstor öffnen während Sie sich der Gesellschaft meines hervorragenden Regisseurs und Vertrauten erfreuen dürfen."

Er bemerkte Rogoffs fragenden Gesichtsausdruck.

"Nein Illia. Ich möchte sie mir ein wenig aufheben. Sie ist einfach zu entzückend."

Er verliess das Zelt mit dem Necronomicon unter dem Arm. Rogoff schnappte sich die Champagnerflasche und nahm den Platz seines Chefs ein, die MPI stets auf mich gerichtet. "Stargaze" war eine einzige grosse Falle, die Abdul Alhazred uns gestellt hatte.



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Choco war nahe an einer Panik. Sie versuchte ihre Gedanken zu ordnen und nicht loszuschreien. In ihrer rechten Hand hielt sie immer noch den Koffer mit dem Sprengsatz. Da waren doch auch ein paar Werkzeuge drin! Die Studentin versuchte den Koffer zu öffnen ohne seinen Inhalt zu verschütten, was in der Enge ziemlich schwierig war. Immerhin gelang es ihr, den Deckel einen Spalt aufzubringen, so dass sie mit der linken Hand hineinschlüpfen konnte.
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Sie tastete umher. Der Sprengstoff fühlte sich kalt und weich an. Drähte, der Zeitzünder, eine Zange. Dann bekam sie einen Schraubendreher zu fassen und fingerte ihn aus dem Behälter. Aus der Hüfte heraus zwängte sie das Werkzeug in den Türspalt und versuchte einen Hebel anzusetzen. Der Sargdeckel bog sich einen oder zwei Zentimeter auf aber das Schloss hielt der Belastung stand. Choco zog ihr rechtes Knie an und stemmte es gegen die Türe, den Fuss an der Rückwand abstützend. Mit einem Knall sprang der Deckel auf. Das Girl war frei, aber sie hatte wertvolle Zeit verloren.



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Der wahnsinnige Araber stapfte durch den Sand zur Schwarzen Pyramide. Die Bewohner des Camps hatten sich in ihre Wohncontainer verzogen. Die Sonne ging bereits unter. Das Licht der glutroten riesigen Scheibe warf lange Schatten. Wind war aufgekommen, der Sandfahnen wie tastende Tentakel gegen die Seiten der Schwarzen Pyramide trieb, wo sie leise herab rieselten. Der Wüstensand machte seltsame Geräusche, die an entfernte Schreie erinnerten. Die Araber nannten dieses Phänomen Al Azif, das Gebrüll der Dämonen. Ein grimmiges Lächeln umspielte den Mund des Arabers. Wie passend, dass der arabische Titel des Buchs, das Alhazred unter dem Arm geklemmt hatte, genauso lautete. Heute noch würde er den Mächten, die seit Äonen jenseits des Dimensionstores warteten, den Zugang zu unserer Welt öffnen.



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Chocos Angst war Genervtheit gewichen. Mit Gedanken die in die Richtung gingen, dass immer sie es war, die die handwerkliche Arbeit machen musste, während ihre Vorgesetzte sich mit Höherem beschäftigte, machte sie den Zeitzünder der Sprengladung scharf. Sie war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie nicht bemerkte, dass erneut jemand den Raum betreten hatte. Plötzlich wurde sie darauf aufmerksam und sofort erkannte sie den Mann - es war Abdul Alharzred! Und als sie das Buch erkannte, das er bei sich trug, war ihr sofort klar, dass etwas schief gegangen war. Der Araber hatte das Girl hinter dem Dimensionstor zum Glück noch nicht bemerkt. Aber als er sich direkt davor aufbaute, das Buch aufschlug und mit lauter Stimme anfing auf arabisch zu zitieren, war dies einerlei.
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Choco verstand die Worte nicht, aber sie konnte sich denken was, der Kultist im Begriff war zu tun: das Dimensionstor zu öffnen! Und dann würde was immer auch dahinter lauerte, freien Zugang zu dieser Welt haben! Verdammt, wenn sie doch nur bewaffnet gewesen wäre. Choco hatte nur wenig Möglichkeiten. Sie stellte den Zeitzünder auf 10 Minuten ein und machte ihn scharf. Dann versuchte sie, so schnell wie möglich an der Wand entlang zu entwischen. Aber der Araber war schneller als die Brasilianerin und fing sie ab.

"Ja wen haben wir denn da!" Alhazred riss das Girl brutal an sich. Choco versuchte verzweifelt dem Griff des Kultisten zu entkommen.

"Deixe - me ir! Dê - me o livro em uma vez!" Wie immer wenn sie besonders aufgeregt war, verfiel Choco in ihre Muttersprache, doch alles was sie erntete war ein irres Gelächter des Arabers.



Aber dann bemerkte Choco, dass der Grund für sein Gelächter ein ganz anderer war. Der Verschluss des Tores hatte sich geöffnet und gab den Blick auf eine Fläche frei, die wie eine von innen beleuchtete Wasserwand aussah. Und hinter der Wand bewegten sich Schatten! Plötzlich wurde die Wand von Gestalten durchbrochen die aus ihr herauskamen! Es waren Mumien! Genau wie in dem Video, das sie in London gesehen hatten, nur dass es diesmal echt war! Eine Armee von alten zerfledderten, braunen stinkenden Mumien!

Alhazred liess Choco loss und sank auf die Knie "Oh Nyarlathotep, Schwarzer Pharao, Willkommen auf dieser Welt! Dein Heer geht dir voraus, deine Ankunft mit Chaos und Schrecken verkündend!"



Choco rannte um ihr Leben.



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Der Champagner schmeckte mir nicht mehr. Mein Gehirn arbeitet auf Hochtouren. Ich hatte bei näherem Hinsehen erkannt, dass es sich bei Rogoffs Waffe um einen billigen Nachbau einer AK47 aus China handelte, auch Killer-Kalaschnikov genannt. Eine Waffe, die völlig unter meinem Niveau war. Der minderwertige Stahl war gerade mal gut genug, einmal jemanden umzulegen. Danach konnte man das Ding wegwerfen. Aber im Moment war es genau auf mich gerichtet. Ausserdem konnte ich mich nicht auf meine Flucht konzentrieren, da der Name meines Bewachers mich beschäftigte. Illia Rogoff. Ja, ich kannte ihn von Werbeplakaten aus Apotheken.
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Wenn ich mich nicht irrte, hatte der Mann früher mit Knoblauchpillen, die angeblich das Leben verlängerten, Geschäfte gemacht. Er selber war der angebliche Beweis für die Wirksamkeit seiner Medizin. Wenn es stimmte, was er behauptete, dann musste er mindestens 125 Jahre alt sein. Nun gut, im Grunde sah er auch so aus. Mir dünkte jedoch, dass er seine hohe Lebenserwartung weniger dem Knoblauch als dem Cthulhu Mythos verdankte.



Plötzlich wurde ich in meinen Gedanken unterbrochen. Irgendetwas ging draussen vor sich. Wir hörten Rufen und Schreien. Rogoff, der mich nicht aus den Augen liess, wurde nervös, wagte aber nicht aufzustehen und nachzusehen.



Auf einmal teilte sich die Zeltplane am Eingang und eine schmutzig braune Gestalt stolperte herein - eine Gestalt aus Bandagen und Stofffetzen. Ihr Gesicht war teilweise entblösst so dass ihre leeren Augenhöhlen und Knochen sichtbar waren. Eine Mumie!

Der Russe stiess einen keuchenden Schrei aus, schwenkte seine Kalaschnikow herum und drückte ab. Die MPI -Salve zerfetzte die Mumie wie ein Reisswolf. Ganz zu schweigen von dem Zelt, dass gleichermassen durchsiebt wurde - ein Umstand der uns vor einem gefährlichen Hagel von Querschlägern bewahrte. Aber schon bewegte sich der Vorhang erneut und eine weitere bandagierte Klaue tastete nach innen.

Rogoff heulte auf und zog einen zweiten Clip aus seiner Jacke. Ich liess mich sofort hinter den Kissenstapel, auf dem ich gesessen hatte, fallen denn ich wusste, was passieren würde. Die Kalaschnikow hämmerte wieder los aber plötzlich gab es einen lauten Knall. Ich blickte mit gezogener Vector hinter meinen Kissen hervor. Für die Mumie hatte es zwar noch gereicht, aber der Überlebenskünstler lag übel zugerichtet inmitten eines Kissenstapels und hielt sich die Hände vor das Gesicht. War ihm die Knarre doch tatsächlich um die Ohren geflogen. Immerhin lebte er noch. Aber wahrscheinlich nur, bis ihn die Untoten finden würden..



Ich rappelte mich auf, fegte eine weitere Mumie, die gerade hereinkommen wollte mit einem schnellen Hatakikomi zu Boden und sprang ins Freie.

Draussen im Camp war die Hölle los. Die Sonne war fast untergegangen und der Sandsturm hatte an Intensität zugenommen. In dem unwirklichen, roten Licht konnte man kaum etwas sehen, aber das Wenige genügte.
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Überall torkelten und stapften halb verweste Gestalten herum, aber auch vereinzelte Menschen rannten ziellos umher, verfolgt von den Untoten. Die Mumien zerstörten blindlings alles, was ihnen in den Weg kam. Dabei nahmen sie weder auf Personen noch auf sich selbst Rücksicht. Ich sah zwei Mumien, die einen Kistenstapel umwarfen und unter ihm begraben wurden. Eine andere zertrümmerte die Fenster des nächstgelegenen Wohncontainers und kroch durch die Scherben hinein, wobei lange Streifen ihrer Bandagen hängen blieben. Eine Dritte riss eine elektrische Stromleitung auseinander, fing dabei Feuer und taumelte als brennende Fackel gegen einen LKW, der sofort ebenfalls in Flammen aufging.



Wo steckte nur meine Assistentin in all dem Chaos?

"Joan!" Das war Chocos Stimme! Ich versuchte in dem Staub etwas zu erkennen. Die Stimme war aus der Richtung der Pyramide gekommen. Ich setzte mich in Bewegung. Eine zerfledderte Gestalt baute sich vor mir mit erhobenen Armen auf und verstellte den Weg. Ich schoss aus kürzester Entfernung direkt in ihr hässliches Haupt. Die geweihten 9mm Geschosse rissen den Kopf des Monsters weg, das in sich zusammensackte. Nach einem kurzen aber aufgrund des Sandbodens anstrengenden Spurt erreichte ich Rampe, die zur Pyramide hoch führte. "Joan!" Diesmal kam die Stimme direkt von unterhalb der Rampe. Ich warf mich neben meiner Assistentin in den Sand. Irgendwo im Lager explodierten Treibstoffvorräte. Choco schaute nervös auf ihre Armbanduhr

"Das Flugzeug - Mohammed muss jeden Moment hier sein!" Choco hatte unseren Piloten alarmiert.

"Wenn er die Landebahn findet!" entgegnete ich. Immerhin war unser Versteck relativ sicher. Die Sekunden verstrichen zäh wie Sirup. Aus dem Camp waren immer noch die Geräusche der Zerstörung zu hören und über uns kamen immer noch mehr Mumien aus der Pyramide die Rampe herab.

Dann hörten wir endlich das Geräusch der Piper. Ich zog meine Assistentin hoch und wir rannten in Richtung der Landepiste los. Diesmal verstellten uns gleich zwei der Monster den Weg, eines von links und eines von hinten rechts. Ich brüllte Choco zu weiterzulaufen und schoss auf das Ding vor mir. Obwohl ich keine Einschläge wahrnahm mussten die Kugeln getroffen haben, denn der Tote verschwand mit den Armen rudernd in einer Staubwolke.
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Dafür legte sich mir ein dürrer bandagierter Arm von hinten um die Kehle. Ich versuchte meine Wrestling Technik einzusetzen. Es gelang mir in einer anstrengenden Drehung einen Shoulder Breaker auszuführen und nachfolgend das Monster mit dem linken Arm zu covern . Dann setzte ich ihm meine Vector CP1 an die Schläfe und zerblies seinen Schädel. Dann sprang ich auf und rannte Choco nach, die bereits winkend auf das gelandete Flugzeug unseres Freundes Mohammed zulief.



Mohammed hielt die Türe von innen auf und wir fielen mehr in die Maschine als dass wir einstiegen. Sofort gab unser Pilot Gas und wendete die Einmotorige mit soviel Schwung, dass wir gegen die Kabinenwand krachten und uns einige blaue Flecken holten. Die Maschine heulte auf und schlingerte über die Piste, Choco und ich versuchten uns vergeblich aus dem Knäuel, zu dem wir geworden waren zu befreien. Die Kiste holperte wie verrückt. Mein Kinn machte unangenehme Bekanntschaft mit Chocos Ellenbogen. Ich fürchtete schon, das Fahrwerk würde unter der Belastung zusammenbrechen, da hob der Vogel endlich ab.



Ich setzte mich endlich in meinem Sitz zurecht und blickte nach unten. Von der Schwarzen Pyramide war nur noch ein Schatten zu sehen. Doch dann loderte an ihrer Flanke eine orangerote Feuerwolke hervor. Choco blickte auf ihre Armbanduhr

"Exakt" stellte sie fest. Mohammed drehte sich zu uns um und ich fand den Ägypter zum ersten Mal richtig sympathisch.



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Wir sassen in einem einfachen kleinen Cafe in Assuan und warteten auf unseren Rückflug nach London. Egypt-Pop von Mohammed Mounir spielte aus verborgenen Lautsprechern. Choco blickte mich über den Rand ihrer Tasse Tu-Gou, einer ägyptischen Kaffespezialität an.

"Warum hast du eigentlich das Necro mitgenommen?" fragte sie mich. Ich wusste, dass sie diese Frage schon seit unserer Flucht von der Schwarzen Pyramide gequält hatte. Ich wich ihrem Blick aus

"Ich.. kann es schlecht erklären. Ich glaube, das Buch wollte dorthin. Auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen, aber Alhazred ist vielleicht doch sein Eigentümer. Es hat seltsame Kräfte.."

"Als wir es Alhazred abgenommen hatten, hättest du es vernichten sollen!" sagte Choco bestimmt.
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Das war typisch für meine Assistentin. Ich hob meine Augen wieder von der abgenutzten Platte des Kaffeetisches und sah sie an

"Natürlich. Du hast recht. Es tut mir leid. Ich konnte nicht. Es ist das Böse."



Ich wusste wirklich nicht, was in mir vorgegangen war. Manche Dinge sind stärker als eine Geheimagentin von New Scotland Yard.



ENDE



Fortsetzung folgt
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Punktestand der Geschichte:   44
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Kommentare zur Story:

  Wieder mal gut hinbekommen. Stargate aus dieser Perspektive betrachtet, warum sollte es nicht wirklich so sein, wenn es das große runde Tor gäbe. Auch die detailierten Beschreibungen die zwischendurch wie zufällig wirken, was Kleidung, Taschen und deren Inhalt betrifft, kommen mir bekannt vor. Erinnert mich an die alten SW-Folgen von -Die Unbestechlichen- und die nackte Kanone Filme. Lieg ich da richtig?
Was die Mumien betrifft, ein Thema ausgereizt bis zum geht nicht mehr. Mumien kommen in Vielen Filmen vor. 4 Punkte ist mir die Storie wert. Kann nicht verstehen das so wenig andere Leute deine Geschichten lesen. Vielleicht haben sie ja und fanden nicht die richtigen Worte zum kommentieren.
Viele hier haben nicht den Sinn für Humor dieser Art, ist mir schon seit langem aufgefallen.  
NewWolz  -  07.03.04 14:31

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Interessante Kommentare

Kommentar von "weltuntergang" zu "Abschied nehmen"

Schweres und schönes Gedicht. Gefällt mir sehr total. Ganz liebe Grüße

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