Nachdenkliches · Kurzgeschichten

Von:    Robert Zobel      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 20. Januar 2004
Bei Webstories eingestellt: 20. Januar 2004
Anzahl gesehen: 1994
Seiten: 2

Horst, das Hotel und Sandra



Wenn Horst sich mit Sandra ums Geld streitet, schlägt er die Haustür zu und schläft einfach im Hotel. Das kann dazu führen, dass er im Monat drei Nächte außer Haus gastiert.

Gerade eben ist er hochgegangen, hat der Rezeptionsfrau zugelächelt und sich einen Wein mit aufs Zimmer genommen. Man kennt sich, man weiß warum er hier ist und er beschwert sich nie. Morgen wird er rechtzeitig sein Zimmer geräumt und keinerlei größere Unsauberkeit hinterlassen haben.

Ein Gast, den man gerne beherbergt.

Er macht den Fernseher an, zieht die Gardinen zu und springt aus den Schuhen und seiner Hose. So weich ist das Bett zuhause nicht.

Das Handy nimmt er aus seiner zusammengefallenen Hose und legt es auf den Nachttisch. Gleich wird Sandra anrufen und Horst wird nicht rangehen. Soll sie sich doch wieder Sorgen machen.

Vom Telefon ruft er unten in der Rezeption an und lässt sich den Pay-TV-Kanal freischalten. Neben dem Bett hat er das Programm gefunden und den Film hat er noch nicht gesehen. „Glück im Unglück“ denkt er sich. Warm, in seine Decke eingekuschelt versinkt er in die Filmwelt. Draußen streift der Regen Tropfennarben ans Fenster und der Wind bläst ein unerkennbares Lied.

Bei der Hälfte des Films angelangt, nimmt er ein Vibrieren auf dem Nachttisch wahr. Natürlich blinkt das Handy „Sandra“. Das war wieder klar. Würde er jetzt abnehmen, könnte er sich erst einmal zum Regen draußen, ein Gewitter anhören. Dann würde sie irgendwann ausgepumpt sein und dann scharf fragen, wo er denn sei.

Damit das vibrierende Plaste-auf-Holz-Geräusch aufhört, legt er es neben sich auf das große Ehebett. So auf dem Kopfkissen summt es nur.

Der Film ist gut, sehr gut. Wäre er jetzt zuhause, müsste er sich mit seiner Frau streiten, sich versöhnen und ihr dann in den Allerwertesten kriechen, weil sie halt nicht nachgeben würde. Niemals im Traum könnte er dann noch einen Film sehen und diesen hier sowieso nicht, weil es ihn nur auf Video gibt. Auch ausleihen dürfte er sich den Film nicht, weil es halt dann wieder zuviel kosten würde.

Mit einem lauten „Ahhh“ vertreibt er diese Gedanken, fasst nach unten und findet die Weinflasche sofort. Im Nachttisch ist ein Öffner, das weiß er mittlerweile.
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Es ist ein Rotwein. Kein guter, aber ein passabler. Auf jeden Fall besser, als das billige Bier was er sich sonst kaufen muss.

Den blöden Schluss des guten Filmes ertränkt er mit dem ersten Glas. Zärtlich streichelt das Rot seinen Hals, wandert in seinen Bauch und später, nach ein paar Gläsern mehr, klettert es in seinen Kopf. Ein schöner Tag.

Horst ruft noch mal unten bei der hübschen Frau an, lässt ausrichten, er würde gerne um 07:00 Uhr geweckt werden und schläft dann ein.



„Es ist 7 Uhr, Herr Lerast. Guten Morgen.“ Schlaftrunken legt er den Hörer wieder auf. Vom Nachttisch her lächelt ihn, die leere Weinflasche an.

Irgendwas kribbelt an seinem Bauch. Da, schon wieder, was ist das? Verwundert greift er an sich herab, erkennt dann und macht „Ohh“ und zieht sein Handy zwischen der Decke und sich hervor.

Wieder „Sandra“.

Er drückt sie weg und sieht, es wundert ihn gar nicht, dass sie mittlerweile schon 29 mal angerufen haben muss. Das erklärt auch seine merkwürdigen Träume.



Als Horst ausgecheckt hat, geht er an das Telefon und siehe da, Sandra ist total nett, lammfromm, weint und fragt, wann er denn nach Hause kommen würde und er sagt „Gleich“.

Zwei Wochen später wird sie sich wieder mit ihm streiten. Sie sieht zwar nicht, dass er im Hotel war, aber dass viel Geld weg ist. Horst wird wieder in seinem Hotelzimmer schlafen, sie wird Angst haben, dass sie ihn an die Frau verliert, bei der er gerade ist und so weiter und so weiter...

Würde Sandra nicht so ein Trubel wegen des Geldes machen, würde ihr Mann auch in kein Hotel gehen und sie..........

Aber das erkennt wohl nur der Leser. Sandra nicht.
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Punktestand der Geschichte:   6
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Kommentare zur Story:

  Welch psychische Grausamkeit von ihm!
Welch psychische Grausamkeit von ihr!
Er erkennt ihr Bedürfnis nach Kommunikation nicht, sie nicht seines nach Ruhe. Ein klassisches Problem in Beziehungen.
Mit dem letzten Satz nimmst du dem Leser die Möglichkeit, sich eine eigene Meinung zu bilden. Das nimmt dem Ende die Qualität, daher nur drei Punkte.

Grüße vom Grafen!  
Graf Zahl  -  14.02.06 19:44

   Zustimmungen: 3     Zustimmen

  Die Geschichte beschreibt eine große Krankheit in Beziehungen. Nicht reden... weglaufen...
gefällt mir, für mich ein guter Spiegel, aug meine Komunikation aufzupassen.  
Grainne  -  22.10.04 19:44

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

  Dem Leser wir durch den letzten Satz versucht zu verdeutlichen,dass Sandra diejenige ist, die nicht "erkennt". Es sind aber meiner Meinung nach beide, die nicht erkennen. Horst erkennt nicht, dass vielleicht Kommunikation wetvoller ist als Flucht.
Zum Schreibstil möchte ich sagen, dass mir deiner gefällt.  
Jana Kühle  -  20.01.04 18:05

   Zustimmungen: 0     Zustimmen

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Interessante Kommentare

Kommentar von "Buchwurm" zu "PK Chat Story 2 - return to life - (1-22)"

Echt super krass gut!

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