Trauriges · Kurzgeschichten

Von:    Robert Zobel      Mehr vom Autor?

Erstveröffentlichung: 5. Dezember 2003
Bei Webstories eingestellt: 5. Dezember 2003
Anzahl gesehen: 2256
Seiten: 2

Es war einmal ein großes, hohes und stark gebautes Bücherregal. Es lebte in einem Bücherladen in einer Kleinstadt und interessierte sich für die Gefühle der Menschen. Die konnte man in den Büchern finden.

Annika, Petra und Julia arbeiteten im Buchladen. Stellten Bücher in das Bücherregal oder holten sie heraus. Dieses Bücherregal enthielt und trug die Sachbücher. Ein Teil war in Philosophie und der andere in Psychologie eingeteilt. Laufend kamen und gingen die Bücher. Das Bücherregal grüßte bei Ankunft freundlich, umarmte die Buchdeckel mit Holz und wünschte gute Weiterreise, wenn das Buch dann verkauft wurde.

In diesen beiden Themengebieten war das Regal zum Gelehrten geworden. Ganz genau konnte es herbeten, was denn Angst ist, woher die Wut kommt und wo das Sein liegen sollte oder auch nicht. Alles was das Regal zusammenhielt, war der unbändige Wissensdurst.

Jeder Tag wurde durch neue Aspekte, in neu bestellten Büchern, bestimmt. Bis eine alte Frau aus Versehen das falsche Buch neben Erich Fromm und Xenophanes stellte. Das änderte alles.

Neugierig las das Regal darin. Schon die ersten Worte fesselten wie nie. Eine ganz andere Welt tat sich auf, das Regal war auf einmal Mensch und konnte die Menschen verstehen. Das war ein Roman, erkannte es und knarrte vergnügt. Davon hatten die anderen Regale erzählt. Es war hin und weg und so kam es wie es kommen musste, das Regal verliebte sich in das Buch und erkannte dabei, was Liebe ist.

Die anderen Bücher ließ es stehen und blätterte nur noch in diesem einen Roman. Er steckte in einem harten roten Umschlag und ein Menschenpaar war darauf zu sehen. Sie waren fast nackt und das Haar der Frau wehte im Nachthimmel. Das sah fast so aus, wie das Bild an der Wand. Drüben neben den Kunstbüchern. Nur die Muschel fehlte und es war nicht Nacht. Das Regal las das Buch, doppelt, quer, von der Seite und rückwärts. Alles was in dem Buch steckte wollte es haben. Es besitzen, hegen, beschützen und pflegen. Da wo das Buch stand, war das Holz besonders warm und weich. Das Leben nach dem Wissen war für das Regal nun unnütz. Hier steckte alles, was es wissen musste. Hier, in diesem einzigen Buch. Durch die Holzfasern leuchtete Liebe, wenn es an das Buch dachte. Eifersucht stieg auf, wenn ein Kunde das Buch in die Hand nahm, Erleichterung blitzte, wenn er es zurückstellte und eines Tages wurde es nicht gleich wieder zurückgestellt und die Eifersucht veränderte sich zu Angst, Traurigkeit und Wut.
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Es war die alte Frau, die jetzt das Buch suchte, dass sie Wochen vorher fehlverlegt hatte. Die Schmerzen waren schlimmer, als bei der Zuschneidung. Während die alte Frau, den Schatz, das Buch in den Händen hielt und überlegte, kippelte das Regal von links nach rechts und in seinem Innern pochte alles.

Die alte Frau schüttelte den Kopf, das Regal wurde 20 kg leichter und Annika stellte das Buch wieder an seinen alten Platz. Der wurde auf der Stelle wieder warm. Zärtlich liebkoste das Holz das Papier.

„Ach ich glaub, ich nehm es doch“. Diese alte Hexe, das Bücherregal traf ein Schlag. Da kam Annika wieder, griff nach dem roten Einband. Mit aller Kraft hielt das Regal das Buch. Sie konnte es nicht herausnehmen. Julia und Petra mussten dazu kommen. Die hölzernen Kräfte schwanden, fest drückte sich das Holz an das Papier und das Bücherregal zerfiel.

Unter den Holzteilen fand man dann das Buch. Die alte Frau kaufte es und wunderte sich lange darüber, dass alle Wörter, Satzzeichen und Seitenzahlenfehlten. Es war innen weiß wie Schnee.
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Interessante Kommentare

Kommentar von "Sebastian Krebs" zu "Ein Wort zum Valentinstag"

Durchaus nette Geschichte, die einen wohl wahren Kern behandelt. Fünf Punkte und ein Trullala!

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Kommentar von "Dieter Halle" zu "Einfach toll "

Da musste ich lachen. Ja, so geht es einem. Imer wieder neue Bilder schießen und dann guckt man die sich doch nicht mehr an.

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